Protocol of the Session on February 7, 2003

Um die aktuelle Verwirrung zu beseitigen, möchten wir die Landesregierung auffordern, hierbei Klarheit herbeizuführen. Ich hoffe, dass man aus den Erfahrungen gelernt hat, dass nicht wilder Aktionismus gefordert ist, sondern eine sehr sorgfältige, solide Gesetzgebungsarbeit geleistet werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kosmehl, bitte.

Sehr geehrter Herr Dr. Polte, zunächst vielen Dank für Ihr nochmaliges Plädoyer für eine Kommunalreform nach den Vorstellungen der SPD, nämlich mit Zwang. Sie haben den Fraktionsvorsitzenden der FDP zitiert. Sie können mir sicherlich Recht geben, dass in dem Zeitungsartikel nichts von Zwang steht, sondern von einem freiwilligen Zusammengehen von Kreisen und Kommu

nen, so wie das jetzt nach der Aufhebung der Vorschaltgesetze möglich ist und so wie es FDP und CDU jederzeit freundlich begleiten werden.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Eine zweite Anmerkung sei mir gestattet, Herr Dr. Polte. Finden Sie es nicht etwas eigenartig, dass es Gemeinden und Städte gibt, wie zum Beispiel Wolfen, die am 26. Januar gewählt haben, bei denen die Wahlvorbereitungen ohne Probleme geklappt haben? Nur in einem einzigen Fall klappte es nicht. An diesem wollen Sie nun ein Exempel statuieren.

Ist es nun eine Panne oder ist es keine Panne? Ich denke, es ist legitim, den Ursachen nachzugehen. Wir sehen die Ursache darin, dass für die Leute, die damit Umgang haben, keine gesetzliche Klarheit erkennbar ist.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU)

Das waren auch Mitarbeiter in der Verwaltung; das ist richtig. Aber ich kenne das, es gibt so viele Gesetze unterschiedlicher Art und unterschiedlicher Quellen. Wer soll das bis zum Ende überschauen? Das ist manchmal recht problematisch. Damit sind wir bei dem, was vorhin das Thema war, nämlich bei der Reduzierung der Bürokratie.

Wie lautete der zweite Teil Ihrer Frage? Nennen Sie bitte ein Stichwort.

Das war nur die Anmerkung, dass Herr Lukowitz nach wie vor von einem freiwilligen Zusammenschluss von Kreisen, so wie das die CDU und die FDP immer unterstützt haben und immer unterstützen werden, spricht, nicht aber von einem Zwang, wie Sie das in Ihrer Reform vorgesehen haben.

Es war bis zum November letzten Jahres eine lange Periode für die Freiwilligkeitsphase vorgesehen. Das hat dazu geführt, dass viele Dinge auf den Weg gebracht worden sind. Ich denke, es greift die Verantwortung des Landtages für die Angelegenheiten des Landes, wenn die Gefahr besteht - diese sehe ich -, dass die Verwaltungsstrukturen zu teuer sind. Das ist der Ansatz und dann ist der Landtag gefragt. Nichts können wir davon zurücknehmen.

Was freiwillig funktioniert, ist natürlich immer besser. Dafür plädiere ich auch. Aber Sie werden nie alle unter einen Hut bekommen. Es ist doch etwas dran an dem, was gestern gesagt worden ist: Zwei Arme ergeben noch keinen Reichen; aber wenn sie zusammengehen, dann wird ein Teil der Miete gespart. Ich denke, das ist der Grundansatz, den wir brauchen, um im Land insgesamt weniger Verwaltungskosten zu haben, um Spielräume für die Investitionen zu bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Dr. Polte, wären Sie bereit, eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Rothe zu beantworten? - Bitte, Herr Rothe.

Herr Dr. Polte, anknüpfend an die Frage von Herrn Kosmehl: Können Sie bestätigen, dass die in § 11 der Landkreisordnung in der Fassung des Ersten Vorschaltgesetzes enthaltene Möglichkeit, dass Landkreise Fusionen über Vereinbarungen anstreben können, durch das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung gestrichen worden ist, sodass jetzt nur noch die Kompetenz des Landtages enthalten ist, per Gesetz Kreise zu fusionieren?

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch nicht schlimm, oder?)

Das muss ich erstens leider bestätigen, und zweitens kann ich Herrn Kosmehl noch weitere Beispiele bringen,

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch nicht schlimm!)

in denen sich Kommunen über Kreisgrenzen hinweg freiwillig zu Einheitsgemeinden vereinigen wollen und der Kreis dies verhindert.

(Herr Gürth, CDU: Ja!)

Der aufnehmende Kreis will es, er stimmt zu und der abgebende Kreis lässt das natürlich nicht zu. Es hilft doch nicht auf Dauer, dass man diese Situation beklagt, sondern man muss etwas ändern, man muss gesetzliche Möglichkeiten dafür schaffen, dass größere Einheiten gebildet werden können. Darin sind wir uns doch einig; Sie nicken doch. Das ist doch prima.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Dr. Polte. - Damit ist die Debatte beendet und wir treten in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 4/493 ein. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe Zustimmung bei der SPD. Gegenstimmen? - Gegenstimmen bei PDS -, CDU- und FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 28:

Beratung

Mehrgefahrenabsicherung

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/497

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/545

Zunächst erteile ich als Einbringer dem Abgeordneten Herrn Krause das Wort. Bitte sehr, Herr Krause.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich denke, es braucht nicht näher erläutert zu werden, dass die Landwirtschaft wie kein anderer Wirtschaftszweig den Unbilden der Witterung ausgesetzt ist. Globale Klimaveränderungen und Witterungsextreme verursachen immer größere Schäden in der Landwirtschaft. Auch für Außenstehende zeigt sich immer offensichtlicher, dass in den letzten Jahren - vielleicht auch gerade im letzten Jahrzehnt - die Risiken für die Landwirtschaft immer

größer geworden sind und sogar existenzbedrohende Ausmaße erreichen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist auch der Hintergrund unseres Antrages. Es geht uns um die Einrichtung eines Versicherungssystems, mit dem die Risiken für die Landwirtschaft geschmälert werden können. Dieses System der Mehrgefahrenabsicherung sollte so geschneidert sein, dass der Bund, das Land und die Landwirte mit einer finanziellen Zuwendung in die Pflicht genommen werden.

Sie erinnern sich, im Juni 2000 hatten wir diesen Gedanken schon einmal aufgegriffen. Wir nannten es damals „Nothilfefonds“. Inzwischen sind die Vorstellungen zu diesem Vorhaben und insbesondere zu seiner Finanzierung weiter gereift. Nicht unwichtig ist die Feststellung, dass die vorliegenden Überlegungen zu diesem System der Mehrfachabsicherung EU-konform sind.

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir sollten in der Bundesrepublik in diesem Zusammenhang nicht den Zug verpassen. Andere Länder sind schon im Tritt. Auch in den USA, die die Fördermechanismen in Europa bekanntlich sehr kritisch beäugen, werden schon jetzt 60 % der Prämien vom Staat bezahlt.

Kurzum: Für die Landwirtschaft, die sich an diesem Versicherungssystem beteiligt, wird das Risiko berechenbarer. Die Landwirte brauchen nicht länger als Bittsteller aufzutreten, sondern können auf einen berechenbaren Ausgleich bauen. Das Agrarunternehmen weiß, was es im extremen Schadensfall zu erwarten oder was es nicht zu erwarten hat, wenn es sich nicht beteiligt.

Der Vorteil liegt auch beim Staat. Es ist allgemein bekannt, dass der Bund und das Land zulasten anderer geplanter Ausgaben immer geholfen haben, wenn extreme Witterungsverhältnisse Existenzen gefährdet haben. Diese Praxis war auch für das Land mit einer gewissen Unberechenbarkeit verbunden. Mit der Mehrgefahrenversicherung könnte letztlich auch mehr Planungssicherheit garantiert werden. Insofern geht es bei diesem Vorhaben nicht vorrangig um mehr Geld, sondern um mehr Berechenbarkeit der Risiken auch für die öffentliche Hand.

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Er nimmt die Landesregierung etwas konsequenter in die Pflicht, letztlich Ergebnisse auf den Tisch zu legen. Das soll aber nicht heißen, dass wir, wenn der PDS-Antrag nicht die erforderliche Mehrheit erhält, den Änderungsantrag der CDU-Fraktion ablehnen.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Krause. - Meine Damen und Herren! Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Zunächst hat für die Landesregierung Ministerin Frau Wernicke um das Wort gebeten. Bitte sehr, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema ist nicht neu. Bereits am 22. September 2000 wurde es auf der Agrarministerkonferenz behandelt. Dort wurde ein Beschluss gefasst, welcher das BMVEL bittet, die Möglichkeiten einer Mehrgefahrenversicherung auf nationaler Ebene zu prüfen und darzustellen.

Anlässlich der Agrarministerkonferenz am 21. September 2001 wurde der Bericht des Bundesministeriums vorgestellt und zur Kenntnis genommen. Das BMVEL wurde gebeten, die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet auf europäischer und auf internationaler Ebene in enger Abstimmung mit den Ländern zu verfolgen und in die Prüfung der längerfristigen Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik einzubeziehen.

Die Bestandsaufnahme des Bundesministeriums zeigt, dass die in den einzelnen Staaten angewandten Versicherungssysteme hinsichtlich abgedeckter Risiken und staatlicher Unterstützung stark differieren und innerhalb der Europäischen Union durchaus Wettbewerbsverzerrungen entstehen können.

Die Kommission hat sich dieses Themas in einem Arbeitspapier angenommen und kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen in den Mitgliedstaaten bei Bedarf lediglich ein EU-weit geltender Rahmen für nationale Versicherungssysteme vorgegeben werden kann.

Weiterhin geht die Agrarministerkonferenz davon aus, dass öffentliche Hilfen bei der Einführung von Mehrgefahrenversicherungssystemen im Zusammenhang mit einem zukünftigen Abbau von Stützungsmaßnahmen in den Marktordnungen von der EU zu finanzieren sind.

Die Konferenz der Amtschefs hat sich am 16. Januar 2003 in Berlin nochmals mit dem Thema befasst. Wir als Landesregierung stehen den Überlegungen zu einer Mehrgefahrenabsicherung durchaus positiv gegenüber und unterstützen die Forderung, dieses Thema weiter zu verfolgen.

Am gleichen Tag, am 16. Januar 2003, fand in Berlin eine von Sachsen initiierte Informationsveranstaltung statt. Auf dieser Informationsveranstaltung kam zum Ausdruck, dass der Bund der nationalen Einführung einer durch den Bund und die EU subventionierten Mehrgefahrenversicherung ablehnend gegenübersteht.

Ich denke, wir sollten uns durchaus mit den ernst zu nehmenden Argumenten der Bundesregierung auseinander setzen. Die Haltung des Bundes wurde von Herrn Dr. Thalheim begründet. Der Bund befürchtet, dass die Mehrgefahrenversicherung bei einer EU-weiten Ausrichtung eine verstärkte Inanspruchnahme durch südliche Länder innerhalb der EU zur Folge haben könnte, und meint, dass dies mit der derzeitigen Nettozahlerposition Deutschlands nicht vereinbar wäre. Der Bund befürchtet trotz Mehrgefahrenversicherung weiterhin eine zusätzliche Beteiligungspflicht bei katastrophalen Witterungsereignissen.

Die Landesregierung schätzt wie auch der Bund ein, dass die relativ geringen Modulationsgelder - für den Fall, dass wir die Modulation dafür verwenden würden - nur einen geringen Teil des Finanzmittelbedarfs abdecken würden.

Das System der Freiwilligkeit begründet Zweifel in Bezug auf eine hohe Beteiligung der Landwirte. Es gibt bisher auch keine Aussagen vom Berufsstand. Der Bund hat beim Berufsstand und bei den interessierten Ländern Stellungnahmen abgefordert, in welchem Umfang sie zu einer finanziellen Beteiligung bereit wären.