Ich habe mir das ja angehört, und ich habe von Herrn Lukowitz, den ich sehr schätze, gehört, es gibt einen Paradigmenwechsel. Ich werde auch jetzt wieder sagen: Es gibt keinen Paradigmenwechsel. Wer an einem Haushaltsvolumen von 11 Milliarden € einen Paradigmenwechsel festmachen möchte, der hat entweder die Zahlen nicht gelesen oder vergleicht den Paradigmenwechsel sozusagen mit einer kleinen Veränderung einer Kurve.
Gehen wir doch die Hauptgruppen einmal durch, Herr Lukowitz. Machen wir es jetzt einmal nicht in der Reihenfolge, wie es ein Haushälter machen würde. Fangen wir doch mit der Verschuldung an. Auch hierbei, Herr Professor Paqué, fordern wir mehr Redlichkeit. Zwei Drittel der angesammelten Schulden sind unter CDU und FDP entstanden.
Ich werfe Ihnen nicht vor, dass die Schulden gemacht wurden, weil ich davon ausgehe, dass die Mittel sinnvoll verwendet wurden für Investitionen und andere Maßnahmen. Aber bitte, stehen Sie dann auch dazu.
(Herr Scharf, CDU: Dann stehen Sie dazu und unterscheiden zwischen Fondsfinanzierung und Länderfinanzausgleich!)
(Herr Scharf, CDU: Die hatten auch nicht Ihre Regierung! - Herr Dr. Püchel, SPD: Es gab eine Vorgängerregierung! Das haben Sie vergessen!)
- Wissen Sie, Herr Scharf, wieso ist das eigentlich so schwer, das, was Sie von uns verlangen, auch zu machen und sich einfach einmal verantwortlich zu fühlen für das, was man macht. Was tut da so weh?
Das ist anscheinend nur eine SPD-Angelegenheit. Für Sie ist das anscheinend überhaupt kein Thema. Bei der Nettoneuverschuldung, sage ich einmal, gab es eine mittelfristige Finanzplanung, mit der die SPD wahrscheinlich ähnlich wie Sie bis 2007 bei null gelandet wäre. Da ist nichts anderes passiert.
Sie haben doch mit der enormen Nettoneuverschuldung im Nachtragshaushalt dafür gesorgt, dass das alles viel schwieriger und viel schlimmer wird. Das verschweigen Sie aber auch gern.
Ich bleibe bei dem Wort des Ministerpräsidenten von der Redlichkeit, Herr Gürth. Ich weiß, Sie müssen sich Ihre 60 % als parlamentarischer Geschäftsführer, genau wie ich es machen muss, ehrlich erarbeiten.
- Das will ich gern machen, Herr Paqué. Diese Zahl 9 000 werde ich öffentlich nicht mehr verwenden. - Aber
zu suggerieren, es gäbe an dieser Stelle einen Paradigmenwechsel, das ist falsch. Ich kann mit Ihnen trefflich darüber streiten, ob es nun 1 000 oder 2 000 Personen waren. In der gleichen Zeit - das wird hier verschwiegen - haben Sie nach den Wahlen schnell Stellen, die nichts kosten, abgebaut und haben über 650 Stellen wieder besetzt mit Personen von außerhalb der Verwaltung.
(Herr Gürth, CDU: Da sind die Lehrlinge mit da- bei! Da sind die Anwärter der Polizeischule dabei! Da sind 40 Leute der Hochschule mit dabei!)
Vorhin hat der Finanzminister gesagt, es gibt einen Einstellungsstopp, keiner kommt rein und die Landesregierung baut das viel besser ab als die Vorgängerregierung.
Auch hier gilt: Warum ist es eigentlich so schwer zuzugeben, dass auch Sie beim Personalabbau gewissen Zwängen unterliegen.
Wenn Sie genauso wie wir mit dem natürlichen Abgang der Beschäftigten rechnen, dann weiß ich nicht, warum sie während Ihrer Regierungszeit eher sterben sollen. Es wird nach den gleichen Mechanismen laufen.
Deswegen zum Personal. Herr Paqué, wir sind uns doch, glaube ich, darin einig, dass es darum geht, Personal abzubauen, um Personalkosten zu sparen. Das ist ja der wichtige Effekt, weil wir beide wissen, wenn wir ähnliche Strukturen wie westdeutsche Haushalte haben, werden uns die Personalkosten neben den Zusatzversorgungskosten ziemlich schwer zu schaffen machen. Dann sind wir nämlich bei über 40 %. Das ist etwas, was viele Leute verkennen.
Sie haben heute früh erzählt, es gebe einen Paradigmenwechsel und die Investitionsquote steige. Dazu kann ich nur sagen: Lesen Sie bitte selbst Ihren Haushaltsplanentwurf. In dem Haushaltsplanentwurf ist die Investitionsquote unter 20 % gesunken. Sie wird auch im nächsten Haushaltsplan sinken. Wenn Sie mir nicht glauben, so schauen Sie doch bitte in Ihre eigene mittelfristige Finanzplanung. Dort haben Sie schön für jedes Jahr aufgeführt, wie die Investitionsquote um einen oder 1,5 Prozentpunkte nach unten geht. Das ist bei jeder Regierung so. Also auch da bitte ich einfach - auch da hat mir Herr Paqué eine Vorlage gegeben - um Redlichkeit.
Ich könnte jetzt noch zwei, drei Punkte bringen: Kommunalfinanzen, Hochschulfinanzierung. Zu den Kommunalfinanzen ist schon viel gesagt worden. Dabei ergibt
sich das Problem, dass Sie abbauen. Das haben wir auch gemacht. Ihr Problem ist nur - das wird Sie noch lange einholen -, dass Sie den Leuten etwas anderes versprochen haben. Das ist noch gar nicht so lange her.
Sie haben im Wahlkampf erzählt, Sie haben nach der Wahl erzählt - Herr Jeziorsky weiß das noch -: Wir werden dreistellige Millionenbeträge drauflegen. Auch jetzt wieder suggerieren Sie den Bürgern, mit dem nächsten Haushaltsplan die Kommunalfinanzen eventuell wieder anzuheben, vielleicht auf die ominösen 26 %. Das würde dann 400 Millionen € ausmachen. Jeder im Haus, der mit Finanzen zu tun hat, weiß, dass das unredlich ist.
Ein Wort noch zu den Hochschulfinanzen - ich komme damit auch zur Bereinigungssitzung -: Es war fast schon ein Zufall, dass diese Debatte entstand. Eingeweihte wissen, warum. Daraus entstand aber eine ziemlich lebhafte politische Diskussion. Es war Ihr politischer Wille. Wir hatten darauf gedrungen, Globalhaushalte erst aufzustellen, wenn es die Zielvereinbarungen gibt. Da hat doch jemand nachgefragt, ohne zu wissen, was er damit auslöst.
Uns wurde dann gesagt, die Vereinbarungen werde es bald geben. Daraufhin haben wir gemerkt, dass es innerhalb kürzester Zeit eine Scheindiskussion gab, bei der die Rektoren gefragt waren, ob sie sich auf einer Grundlage 100 minus x - so will ich es einmal definieren - vorstellen könnten, dass sie im Jahre 2006, glaube ich, mit 10 % weniger auskommen würden.
Dann gab es aber anscheinend im Kabinett eine weitere Beratung. Frau Kuppe wird morgen sicherlich etwas dazu sagen. Auf einmal wurde aus 100 minus x 90 plus x.
- Herr Scharf, lassen Sie diese billigen Tricks. Das wird Frau Kuppe morgen sicherlich erzählen. Ich glaube nicht, dass Sie da lachen werden; denn das ist eine Ihrer Lobbys, die Sie im Wahlkampf sehr stark hinter sich gebracht haben. Ich denke nur an den Personalabbau an der Universität in Halle. Da wissen Sie, was Ihnen in den nächsten Wochen blühen wird. Da werden Sie schon noch ein Lied davon singen können.
Auf einmal hieß das Ganze also 90 plus x. Jeder, der das ein bisschen nachvollziehen kann, weiß, dass es darum geht, schon in den Jahren 2004 und 2005 Geld zu sparen. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Sie werden mit den Hochschulen keine Zielvereinbarungen hinbekommen; denn die riechen den Braten auch. Am Ende muss wahrscheinlich der Finanzminister mit dem MP im Rücken dem Kultusminister gesagt haben, wo es langgeht. Bedauerlich für die Hochschulstrukturen!
Ich komme noch einmal zum Verfahren während der Bereinigungssitzung. Wie oft musste ich mir gerade von Herrn Scharf - er wird das aber nicht mehr wissen - anhören, dass dieses ganze Verfahren bei SPD und PDS eine einzige Katastrophe gewesen sei. Diese schwache Landesregierung hat das eingebracht; dann haben sich die Fraktionäre erdreistet, doch nachzudenken und zu sagen, wir machen jetzt etwas anderes. Das wurde uns minuziös aufgezeigt. Sie haben eventuell sogar noch Einsparungen gebracht und anderswo etwas
draufgelegt. Das Ganze wurde dann in einer heimlichen Bereinigungssitzung zwischen PDS und SPD ausgekungelt.
Ich war von Anfang an gespannt, wie das jetzt bei Ihnen laufen wird. Ich will Ihnen, liebe Kollegen von CDU und FDP, Respekt dafür zollen, wie Sie das im Finanzausschuss, gerade weil Sie neu waren, fachlich hinbekommen haben. Das muss ich ehrlich sagen. Nicht funktioniert hat aber, Herr Scharf, dass Sie ein anderes Verfahren gefunden haben.
Ich möchte Herrn Schomburg jetzt nicht vors Loch schieben. Ich hoffe, er ist nicht hier. Da gab es im Kulturausschuss doch eine glatte Verweigerungshaltung: Das mache ich nicht mit! - Sie, Herr Scharf, als Aufpasser der Fraktion haben immer schön aufgepasst, dass die Kollegen im Finanzausschuss das so machen, wie Sie wollten.
Dann haben die Koalitionäre das Blatt umgesetzt, das sie mitgenommen haben, nämlich drastische Kürzungen bei der Kultur - mit der Bitte von uns, bis zur Bereinigungssitzung noch einmal zu überlegen, ob das so bleiben sollte. Aber ich denke, das geschah nicht nur unseretwegen. Da gab es auch andere Probleme.