Ich habe das gleich zur Pflichtlektüre für die Mitglieder meiner Fraktion gemacht - denn wir wissen doch nicht, was Sie im nächsten Jahr wieder probieren werden -, damit sie dann wenigstens gewappnet sind.
Übrigens sieht der Landesrechnungshof diesen Taschenspielertrick genauso wie wir; auch für ihn ist es eine Erhöhung der Nettoneuverschuldung. Da der Finanzminister schon immer gegen Schattenhaushalte war, können wir gespannt sein, welchen Dreh er sich für das Jahr 2004 ausdenken wird.
Bekanntermaßen soll der Umfang der Neuverschuldung im kommenden Jahr noch einmal um die Hälfte reduziert werden. Spannend wird sein, um welche Hälfte es sich handelt und was die Landesregierung überhaupt unter „Hälfte“ versteht. Seit Jahrtausenden wird immer wieder über die Frage diskutiert, ob es eine größere und eine kleinere Hälfte gibt. Dieser Landesregierung scheint endlich die Lösung des Rätsels gelungen zu sein;
denn Hälfte ist in diesem Fall nicht gleich Hälfte. Gehen wir von Ihren behaupteten 750 Millionen € aus, dann wären es 375 Millionen €. Gehen wir von 1 Milliarde € aus, dann wären es 500 Millionen €. Ich prophezeie schon heute, dass Ihnen auch auf dieser Etappe die Luft ausgehen wird. Wir stellen uns jedenfalls eher auf neue Tricks von Ihnen ein als auf eine echte Haushaltssanierung.
Meine Damen und Herren! Des Weiteren muss richtig gestellt werden: Die Personalkosten steigen gegenüber dem Jahr 2002 insgesamt um mehr als 50 Millionen €, wenn man das Personal der Universitäten berücksichtigt. Den Versuch, die Personalausgaben der beiden Universitäten in Globalhaushalte zu verschieben, haben wir Ihnen nicht vorgeworfen; das habe ich Ihnen auch gesagt.
Wir beobachten mit Interesse das Bemühen der Landesregierung, tatsächlich zu Zielvereinbarungen mit den Universitäten zu kommen, die überhaupt die Voraussetzung für Globalhaushalte sind. Allerdings lehnen wir die Zielvereinbarungen in der jetzigen Form ab - um das schon an dieser Stelle klarzustellen. Dann beginnen Sie wieder mit einer neuen Rechnungsweise, mit der Rechnung 90 plus x. Wir werden sehen, was das wieder heißt.
Lieber Herr Paqué, in Bezug auf den Gesamthaushalt von Personalkosteneinsparungen zu sprechen, ist schon reichlich ungeniert und nahezu peinlich. Die Ergebnisse beim Personalabbau sind, gemessen an den Ankündigungen, ohnehin mehr als dürftig. Rund 1 240 Stellen werden Sie in diesem Jahr abbauen. Sie haben uns gerade erklärt, was Sie damit meinen. Trotzdem ändert das nichts an der Tatsache: Die SPD-Landesregierung lag in den letzten Jahren im Schnitt bei 2 000 Stellen pro Jahr.
Damit wir uns nicht missverstehen: Wir reden nicht einem überzogenen Personalabbau das Wort. Aber gemessen an Ihren eigenen Zielen sind Sie auch hier in einem Maße gescheitert, dass es fast schon weh tut.
Eines ist Ihnen auf alle Fälle gelungen, nämlich Irritationen zu erzeugen. Ständig geisterten andere Zahlen zum Stellenabbau durch die Welt: 8 000, 5 000, 2 400. Hinzu kommt die ominöse Titelgruppe 96. Ich bin gespannt, in welcher Form diese Titelgruppe 96 bei einem Ländervergleich 2003 auftauchen wird. „Überholen ohne einzuholen“ ist schon zu DDR-Zeiten misslungen; das wird auch hier misslingen.
Selbst die Fraktionen der CDU und der FDP misstrauen diesem neuen Element der Personalsteuerung und wollen eine monatliche Berichterstattung.
- Also haben Sie es schon wieder zurückgenommen. - Wir schließen uns diesem Antrag an, weil wir auch nicht erkennen können, was eine Titelgruppe 96 mit einem sozialverträglichen Personalabbau zu tun haben soll.
Auf das, was Sie zum Einstellungsstopp gesagt haben, wird mein Kollege Bullerjahn noch eingehen; er hat dann hoffentlich Zeit dafür.
Meine Damen und Herren! Bei einer Veranstaltung klagte Minister Dr. Rehberger kürzlich über die Haupterblast der alten Regierung. So etwas habe ich eben schon wieder gehört. Er meinte den Personalüberhang und dozierte anschließend über die Lockerung des Kündigungsschutzes.
Eine Lockerung des Kündigungsschutzes hat es Anfang der 90er-Jahre in Sachsen-Anhalt schon einmal gegeben; ich meine das Sonderkündigungsrecht im öffentlichen Dienst. Im Gegensatz zu den Landesregierungen von Sachsen und Thüringen hat die damalige Landesregierung von Sachsen-Anhalt es aber versäumt, diese Möglichkeit zu nutzen.
Wenn man in dieser Frage überhaupt von einer Haupterblast - das ist ein komisches Wort - sprechen kann,
- Das ist nicht unehrlich. - Meine Damen und Herren! Halten wir fest: Diese Landesregierung tut sich äußerst schwer mit der Begrenzung der Personalausgaben.
(Herr Gürth, CDU: Die SPD hat das in den ersten Jahren hintertrieben und uns beschimpft! Das ist unehrlich! Einfach unehrlich!)
Um dies zu kaschieren, Herr Gürth, wird der neue Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst lautstark kritisiert und anschließend der Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder - Sie waren bei der Veranstaltung dabei - angedroht. Vor manchem Auditorium ruft dies Beifall hervor. Herr Paqué hat das erst am Dienstagabend wieder ausprobiert. Eines verschwiegen er und auch der Ministerpräsident in ihren Interviews und Reden allerdings: Der Ausstieg ist frühestens in 27 Monaten möglich, also zum Auslaufen dieses abgeschlossenen Tarifvertrags. Also war alles, was Sie gemacht haben, nur Theaterdonner und Effekthascherei.
Es würde aus der Sicht Sachsen-Anhalts auch überhaupt keinen Sinn machen, aus der Tarifgemeinschaft auszusteigen; denn würden wir in der Folge niedrigere Gehälter als andere Bundesländer zahlen, würde das die Abwanderung insbesondere guter junger Leute noch forcieren.
Lieber Herr Rehberger, wenn Ihnen das Wort „Haupterblast“ so gut gefällt, wenden Sie es doch lieber auf eine Meldung des Statistischen Landesamts von gestern an, die heute in der „MZ“ steht. Danach hatte das Land im
letzten Jahr das größte Wirtschaftswachstum aller Länder. Das ist eine positive Haupterblast, wenn man von einer solchen sprechen kann.
Meine Damen und Herren! Keine Substanz, sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank, werden auch die viel zu hoch angesetzten Erlöse aus Beteiligungsverkäufen haben. Wer unter Druck Tafelsilber verkauft, wird keine vernünftigen Preise erzielen.
Ein Wort muss auch zur Investitionsquote gesagt werden. Aus der eigenen Finanzierung heraus hätte das Land eine rückläufige Investitionsquote, nämlich von 20,7 auf 19,9 %. Einzig und allein dem Umstand der Hochwasserkatastrophe ist es geschuldet, dass im Jahr 2003 375 Millionen € zusätzlich für Investitionen in den Kassen Sachsen-Anhalts bereitstehen. Dies ist keine Leistung dieser Landesregierung. Dies verdanken wir den solidarischen Entscheidungen der Bundesregierung vom letzten Sommer.
Der Vergleich der Investitionsquoten der Jahre 2003 und 2004 wird zeigen, wo wir wirklich stehen und ob das gestern noch in einer Pressemitteilung des Ministerpräsidenten geäußerte Ziel, die Investitionsquote dauerhaft bei 20 % zu halten, zu erreichen ist.
Meine Damen und Herren! Noch ein weiteres gravierendes Beispiel zum Thema „versprochen und gebrochen“:
das Abschmelzen der Kommunalfinanzen im Ergebnis um mehr als 300 Millionen €. Tatsächlich sind damit die mit Abstand größten Kürzungen in der Geschichte Sachsen-Anhalts vorgenommen worden.
Noch nach der Wahl wollte der Innenminister bekanntermaßen keine Abstriche bei den Kommunalfinanzen zulassen. Den Kommunen wird damit in einer sehr schwierigen Situation die Luft zum Atmen genommen, ohne dass die Landesregierung irgendeine Perspektive bieten würde, wie die Kommunen wieder finanzielle Spielräume zurückerobern könnten.
Ich möchte ein Thema, mein Leib-und-Magen-Thema Kommunalreform hier nicht breit auswalzen; aber so richtig der Satz ist, dass zwei Arme noch keinen Reichen machen, so richtig ist auch der Satz, dass zwei Arme, die in eine Wohnung ziehen, Miete sparen.
Meine Damen und Herren! Die Kommunalreform hätte auch eine finanzpolitische Perspektive für die Landkreise, Städte und Gemeinden geboten. Sie hätte den Weg für eine echte Reform auch der Landesverwaltung bereitet mit entsprechenden Einsparpotenzialen. Die Übertragung von Aufgaben vom Land auf die Kommunen sowie die interkommunale Funktionalreform setzen nun einmal bestimmte Mindestgrößen der Kommunen voraus.
Wir alle hätten im Frühsommer schon gewarnt sein müssen, als der Ministerpräsident sagte, dass finanzielle Not der beste Zuchtmeister der Kommunen ist. Dass er aber so schnell zur Knute greifen würde, hat damals wohl niemand geahnt.
Meine Damen und Herren! Die Landesregierung in Person des Innenministers hat nun für 2004 angekündigt, 400 Millionen € aus den Zweckzuweisungen in die allgemeinen Zuweisungen umzuschichten. Ich würde mit solchen Versprechungen vorsichtiger sein. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich frage Sie konkret: Auf welche Programme wollen Sie denn verzichten? Wo macht eine Umschichtung Sinn? Gehen vielleicht dort Drittmittel verloren?
Eines bleibt jedoch festzuhalten: Eine Umschichtung bedeutet in toto auch nicht mehr Geld für die Kommunen. Fakt ist, was das Land auf Kosten der Kommunen einspart, werden die Bürgerinnen und Bürger durch höhere Beiträge und Gebühren oder Leistungsverzicht bezahlen müssen.
Meine Damen und Herren! Die Situation in den Kommunen ist dramatisch. Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes formulierte es so:
„Dieses Jahr überschreiten wir den Rubikon. Ungefähr jede zweite Kommune wird ihren Haushalt in diesem Jahr nicht mehr ausgleichen können.“
Vor diesem Hintergrund hat die SPD einen Solidarpakt Land/Kommunen vorgeschlagen, einen Sechspunkteplan, der den Kommunen für die nächsten zwei Jahre faire Möglichkeiten garantiert und die Belastung durch Steuermindereinnahmen gleichmäßig auf Land und Kommunen verteilt. Nach unserem Vorschlag für das Jahr 2003 sollen die Kommunen 190 Millionen € mehr erhalten für Maßnahmen, die ich jetzt nicht weiter aufführen möchte. Sie wissen, was ich vorgeschlagen hatte. Ich komme an anderer Stelle noch einmal kurz darauf zurück.