Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung ist an das geltende Recht gebunden. - So lautete die lapidare Antwort auf die im Rahmen einer Kleinen Anfrage gestellte Frage, welche Haltung die Landesregierung zur Einführung eines Zwangspfandes auf Einweggetränkeverpackungen einnimmt.
Das war vor reichlich zwei Jahren, als die Änderung der Verpackungsverordnung und die angedrohte Einführung des Pflichtpfandes eines der Sommerthemen darstellten. Unser Bekenntnis würde somit reichlich spät kommen. Außerdem dürfte sich von einer etwaigen Beifallsbekundung des Landtages kein einziger Richter der Verwaltungsgerichte beeindrucken lassen, die über die in Scharen eingegangenen Eilanträge von Händlern gegen das Dosenpfand befinden müssen.
1 700 solcher Anträge sollen allein den Verwaltungsgerichten in Berlin und Potsdam in den letzten Wochen auf den Tisch geflattert sein. Als einziges Verwaltungsgericht - das hatte die Frau Ministerin bereits gesagt - hat bisher das Düsseldorfer den Eilanträgen stattgegeben. - Es wäre nun interessant zu erfahren, ob auch in Sachsen-Anhalt geklagt wurde oder wird.
Wie sind Handel und Wirtschaft bei uns auf die neue Situation eingestellt? Welche Folgen sind für das Sammelsystem des grünen Punktes und die in Vorbereitung befindlichen Verträge des Dualen Systems Deutschland zu erwarten? - Diese Fragen berühren sowohl die Kommunen als auch die mittelständische Entsorgungswirtschaft in unserem Land. Und was passiert, wenn die großen Handelsketten einfach nicht mitmachen?
Zum Applaudieren ist angesichts eines drohenden Vollzugschaos, wie es einer der Umweltminister am Rande der Umweltministerkonferenz in der letzten Woche drastisch formulierte, wahrlich kein Grund.
Nur unter diesem Blickwinkel ist eine Berichterstattung der Landesregierung wirklich sinnvoll. Diese müsste in den Ausschüssen für Umwelt sowie für Wirtschaft und Arbeit, im letzteren federführend, sogar noch vor dem Jahreswechsel erfolgen; denn der Countdown läuft. Am 1. Januar 2003 um 0 Uhr soll eigentlich der Start des Pflichtpfandes erfolgen. Ob das Zwangspfand nun tatsächlich die gewünschten Effekte bringt oder vielleicht doch eher die befürchteten konträren Entwicklungen eintreten, wird die nahe Zukunft zeigen.
Ich hatte eigentlich die Absicht, einen Änderungsantrag zu stellen, der sinngemäß dem Alternativantrag entsprochen hätte. Deshalb empfehle ich der PDS-Fraktion, dem Alternativantrag zuzustimmen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Dr. Köck. - Für die FDP-Fraktion erteile der Abgeordneten Frau Dr. Hüskens das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle sind seit Jahren Mülltrenner im unbezahlten Außendienst. Ich gehe davon aus, dass dies alle mit großem Elan machen und mit Begeisterung für die ökologische Sache. Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, wird sich unsere Nebenbeschäftigung demnächst etwas ändern. Bisher konnten wir nämlich wählen, ob wir Mehrwegverpackungen ins Geschäft oder Einwegverpackungen in den Container bringen wollten. Zukünftig wird uns die Bundesregierung diese Entscheidung abnehmen. Wir bringen dann alle Verpackungen ins Geschäft zurück.
Auf den ersten Blick kann man das begrüßen. Man kann auch der Meinung sein: Dies geschieht dem Handel
recht; die Mehrwegquote ist über Jahre hinweg unterschritten worden; soll er sehen, was er davon hat.
Es sind aber nun einmal seit dem In-Kraft-Treten der Verpackungsverordnung ein paar Jahre vergangen. Was damals als eine sinnvolle Maßnahme erschien, um die Menge der Verpackungen zu reduzieren - das hat auch außerordentlich erfolgreich funktioniert -, das gilt heute nicht mehr in diesem Maße.
Anfang der 90er-Jahre haben die Grünen die schlichte Formel gehabt: Mehrweg gleich gute Verpackung, Einweg gleich schlechte Verpackung. - Der Wissensstand über Stoffkreisläufe und über das Abfallaufkommen hat sich seitdem aber deutlich verbessert.
Neben dem reinen Abfallaufkommen werden heute der Energieverbrauch, der Wasserverbrauch, eventuelle Abprodukte, Transportwege und dergleichen betrachtet und in eine Gesamtökobilanz einbezogen. Dabei schneiden Einwegverpackungen - auch wenn das die Grünen noch so ungern hören - häufig genauso gut ab wie Mehrwegverpackungen, zum Teil sogar besser. Das muss auch Herr Trittin langsam zur Kenntnis nehmen, zumal die meisten Ergebnisse aus seinem Umweltbundesamt kommen.
Es fällt mir deshalb sehr schwer, den Ernstfall der Verpackungsverordnung nun auch noch zu begrüßen, zumal - das werden wir demnächst alle merken - die entsprechenden Produkte in den Geschäften verteuert werden. Wir brauchen uns diesbezüglich nichts vorzumachen: Der Handel wird die Kosten, die ihm dadurch entstehen, wundervoll auf uns abwälzen.
Es kommt ein weiterer Punkt dazu. Wenn man mit Vertretern des Handels, auch hier in Sachsen-Anhalt, redet, dann erfährt man, dass es nicht vorgesehen ist, zukünftig zwei Rückholsysteme zu betreiben. Vielmehr wird der Handel nur ein Rückholsystem aufbauen und sich auf dieses System konzentrieren. Das wird mitnichten das System der Mehrwegverpackungen sein, sondern das System der Einwegverpackungen; denn das ist deutlich leichter.
Das heißt, die Anwendung, der Ernstfall der Verpackungsverordnung in diesem Fall, sorgt nicht dafür, dass die Mehrwegquote demnächst wieder steigt. Sie wird die Mehrwegquote vielmehr auf ein bisher nicht da gewesenes Niveau absenken. Das Ergebnis ist damit das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollten. Den Schaden haben neben den Verbrauchern - sie bezahlen den Spaß - die Firmen, etwa eine Reihe von Brauereien, die bisher ausschließlich oder überwiegend in Mehrwegflaschen abfüllen.
Die Regelung zum Schutz der Mehrwegverpackungen dürfte sich am Ende in das Gegenteil verkehren. Deshalb ist es meiner Meinung nach sinnvoll, wenn sich der Fachausschuss einmal mit den Auswirkungen des Dosenpfandes nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Maßstäben beschäftigt. Die Fraktion der FDP wird deshalb den Antrag der SPD-Fraktion ablehnen und bittet darum, den Alternativantrag zu unterstützen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Oleikiewitz, es war sicherlich taktisch pfiffig, mit dem Umweltpreisträger Töpfer zu beginnen, um einen Konsens aufzubauen. Allerdings wurde dieses Gesetz von ihm im Jahre 1991 auf den Weg gebracht. Seitdem haben sich die Zeiten ganz gewiss geändert, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen.
Auf die Verbraucher und Unternehmen in unserem Lande kommen nach der Einführung des Dosenpfandes ohne Zweifel nicht zu unterschätzende Mehrkosten zu. Allein bei der Einführung wird mit einem einmaligen Kaufkraftentzug in ganz Deutschland von 4 Milliarden € gerechnet. Wieder trifft Deutschland auf dem Tiefpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung ein Gesetz aus dem Hause Trittin mit völlig falscher Richtung und absolut zur Unzeit.
Trotzdem einige Anmerkungen zu dem Thema. Sämtliche Einweggetränkeverpackungen sollen mit einer fälschungssicheren, maschinenlesbaren Kennzeichnung versehen werden. Das Getränkepfand soll durch einen einheitlichen Zuschlag auf Getränkeverpackungen - ausgenommen sind Wein-, Sekt- und Schnapsflaschen, warum auch immer - finanziert werden. An dieser Stelle gibt es wiederum eine Ausnahme, wie wir sie von anderen Gesetzen aus dem Hause Trittin bereits kennen.
Dieser Zuschlag ist vom Importeur oder vom Abfüller zu entrichten und im Preis an den Endverbraucher weiterzugeben. Auch die systembedingten Kosten der Industrie müssen an den Verbraucher weitergegeben werden.
Die Arbeitsgemeinschaft Verpackungen, in der Unternehmen des Handels, der Entsorgungs- sowie der Verpackungsindustrie vertreten sind, hat die Einführung des Dosenpfandes als eine Herausforderung erkannt und wohl oder übel angenommen. Die sich daraus ergebenden Chancen will die Wirtschaft bei allen vorhandenen Schwierigkeiten für sich nutzen, auch als Wettbewerbsvorteil in Europa.
Doch kommen wir damit schon zu einem großen Problem. Das ist eine Bedingung, die sich seit 1991 geändert hat. Deutschland nimmt an dieser Stelle wieder einmal völlig unnötig eine Vorreiterrolle ein. Schon melden sich unsere EU-Partner Frankreich, Österreich und Luxemburg und bringen förmlich ihre Bedenken bei der EU-Kommission gegen die Benachteiligung ihrer Unternehmen vor. Kritisch geäußert haben sich auch bereits Italien und Großbritannien. Dosen aus dem Ausland haben nämlich nicht die entsprechende Kennzeichnung für das Dosenpfand in Deutschland. Wenn sie diese erhalten sollen, bedeutet das Mehrkosten für die Hersteller, die diese auf die Verbraucher umlegen.
Herr Trittin glaubt doch nicht im Ernst, dass der Weinbauer in Südfrankreich das deutsche Dosenpfand mitfinanziert, wenn er sich in der Pause eine Büchse Mineralwasser gönnt. Was soll das eigentlich? Warum werden solche grundlegenden wirtschaftlichen Entscheidungen nicht vorab mit den Partnern in der EU abgestimmt?
Doch entscheidende Probleme mit dem Dosenpfand haben wir auch in Deutschland selbst. Das Dosenpfand zieht nämlich einmal mehr einen Rattenschwanz an Verwaltung und Bürokratie nach sich, den wir alle bezahlen müssen. Wenn man nur daran denkt, dass nur dafür
beim DSD - das bisher eigentlich beim Dosenrecycling zu aller Zufriedenheit funktioniert - eine zentrale Clearingstelle zu schaffen ist, die für den Ausgleich der eingenommenen und ausgegebenen Pfandgelder zwischen allen Verkaufsstellen von Getränken sorgen soll, sträuben sich mir die Nackenhaare.
Neben der Ökobilanz gibt es auch noch eine volkswirtschaftliche Bilanz, und die hat Vorrang. Wir können uns in Deutschland eigentlich solche Sachen nicht mehr leisten.
Wie meine Vorredner schon bemerkten, sind derzeit noch einige Gerichtsverfahren anhängig, die eine Verunsicherung des Marktes zur Folge haben. Die Einführung zum 1. Januar 2003 steht deshalb, wie bereits erwähnt, noch infrage. Die Fachleute von Handel und Getränkeindustrie haben zudem erst kürzlich eingeschätzt, dass für den Aufbau des Systems Dosenpfand mindestens neun Monate erforderlich sind.
Deshalb fordern Handel und Industrie von der Bundesregierung und von den für den Vollzug der Verpackungsverordnung zuständigen Landesregierungen, nach der abschließenden Gerichtsentscheidung und der Klärung nicht unerheblicher kartellrechtlicher Probleme erforderlichenfalls eine ausreichende Übergangsfrist zu gewähren. Hierin sollte unsere Landesregierung die Unternehmen unterstützen.
Noch ein kleines Schmankerl zum Schluss, das ich Ihnen nicht vorenthalten will. Sie können einmal mitrechnen. Die Produktion einer Dose kostet 14 Cent. Als Pfand bekommen Sie 25 Cent. Die Frage ist: Wie lange müssten wir, wenn wir eine landeseigene Dosenfabrik hätten, Dosen produzieren, um unser Haushaltsloch zu stopfen?
Wie aus den Ausführungen der Ministerin Frau Wernicke und an meinen wenigen Beispielen zu erkennen ist, besteht seitens der Bundesregierung dringender Handlungsbedarf. Darüber und über die entsprechenden Maßnahmen sollten wir uns von unserer Landesregierung berichten lassen.
Zu begrüßen gibt es eigentlich bei der ganzen Sache nichts. Ich bitte daher um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Stadelmann. - Jetzt hätte noch einmal Herr Kollege Oleikiewitz die Möglichkeit zu sprechen. - Er verzichtet, sodass wir zur Abstimmung kommen.
Wir stimmen zunächst über den Antrag der SPD-Fraktion in Drs. 4/288 ab. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Das ist die Mehrheit. Wer enthält sich der Stimme? - Eine Reihe von Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag der SPD-Fraktion abgelehnt.
Wir stimmen nun über den Alternativantrag der Fraktionen der FDP und der CDU in Drs. 4/342 ab. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Das ist die Mehrheit. Wer stimmt dagegen? - Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Stimmenthaltung der SPD-Fraktion. Damit ist der Alter
Den Fall, dass zu einem Antrag zwei Alternativanträge vorliegen, hatten wir bisher noch nicht. - Ich bitte zunächst Herrn Oleikiewitz, die Einbringung vorzunehmen.