Ich will an dieser Stelle gerade in Bezug auf den positiven Trend betonen: Das ist insbesondere dem engagierten Wirken von Polizistinnen und Polizisten zu verdanken. An dieser Stelle möchte ich den Kolleginnen und Kollegen den Dank meiner Fraktion aussprechen. Trotz zum Teil schwierigerer Arbeitsbedingungen und geringerer Entlohnung als in den alten Bundesländern ist dieses gute Ergebnis erreicht worden.
Bei aller Freude über diese Entwicklung muss dennoch gesagt werden: Jede Straftat ist eine Straftat zu viel. Es bedarf weiterer Anstrengungen, um die Zahl der Straftaten weiter zu verringern. Es ist immer noch so: Die beste Kriminalitätsbekämpfungspolitik ist eine gute Sozialpolitik. Ich will an dieser Stelle aber auch vor Wunschdenken warnen; denn es gibt keine kriminalitätsfreie Gesellschaft.
Diese kontinuierliche positive Entwicklung ist nicht zuletzt durch die Umsetzung der im Jahr 1995 durch SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS beschlossenen Polizeistrukturreform und des Flächenpräsenzprogramms erwirkt worden. Aber auch die Tatsache, dass der Polizeihaushalt im Gegensatz zu anderen Haushalten in den letzten Jahren weitestgehend unangetastet blieb und im Jahr 2002 angesichts der schrecklichen Ereignisse am 11. September 2001 sogar einen nicht unerheblichen Aufwuchs erfuhr, spricht dafür, dass wir die Belange der öffentlichen Sicherheit in unserem Land ernst nehmen.
Das ist der entscheidende Fakt: Gute Statistiken können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einen großen Unterschied zwischen der objektiven Sicherheitslage und dem subjektiven Sicherheitsgefühl von Bürgerinnen und Bürgern gibt. Das müssen wir sehr ernst nehmen. Dem subjektiven Sicherheitsbedürfnis von Bürgerinnen und Bürgern muss mit Präsenz, präventiver Arbeit und weiterhin hoher Aufklärungsquote, mit Sicherheitspartnerschaften und Transparenz entsprochen werden. Dies bleibt eine dauerhafte Aufgabe.
In diesem Zusammenhang betone ich: Wer meint, mit der flächendeckenden Installierung von Kameras in den Innenstädten unseres Landes werde dem Sicherheitsbedürfnis entsprochen, der irrt meines Erachtens. Die Kamera kann nämlich nicht herunterkommen und den Straftäter stellen. Deshalb gehören die Polizisten, die vor den Bildschirmen sitzen und die Videoaufzeichnungen überwachen, nicht an diesen Platz, sondern auf die Straße, um Präsenz zu zeigen.
Das fordern Bürgerinnen und Bürger immer wieder. Das heißt, dass darauf gedrungen werden muss, dass Polizeibeamtinnen und -beamte noch mehr als bisher den Streifenwagen verlassen und als Fußstreifen Präsenz zeigen.
Zudem ist es ohnehin problematisch, wenn mittlerweile das Zentrum von Magdeburg einem großen Big-BrotherContainer ähnelt und Zigtausende unbescholtene Bürgerinnen und Bürger dadurch in das Visier der Polizei geraten. Ein vernünftiges Maß ist hier nicht mehr ge
währleistet. Zudem wird die Kriminalität damit nicht bekämpft, sondern nur in andere Stadtteile verdrängt, wie es sich bei der Auswertung des Modellprojektes in Halle gezeigt hat.
Ich will in sechs Punkten zusammenfassen, was aus der Sicht der PDS-Fraktion notwendig ist, um auch künftig die öffentliche Sicherheit im Land Sachsen-Anhalt zu gewährleisten bzw. zu erhöhen.
Erstens. Die Grundstruktur der Polizei des Landes hat sich bewährt. Im Zuge der anstehenden Gebietsreform muss sie an die neu entstehende kommunale Struktur effektiv angepasst werden. Dies scheint im Bereich der Polizei ohne große Probleme möglich. Ansprechpartner der Landratsämter sollten in jedem Fall die Polizeidirektionen sein.
Zweitens. Die Personaldichte der Polizei des Landes sollte sich entsprechend dem fortgeschriebenen Personalentwicklungskonzept entwickeln. Sie ist nicht isoliert von der demografischen Entwicklung zu betrachten. Wir sehen auch in der gegenwärtigen Sicherheitslage keine Notwendigkeit, von dieser Zielstellung abweichen.
Personalbedarf und Personalstruktur sollten entsprechend dem Personalentwicklungskonzept so gestaltet werden, dass Aufgaben im operativen Bereich Priorität behalten, dass sich also das Verhältnis von Vollzugsund Verwaltungsbereich zugunsten des Ersteren verschiebt. Für die Umsetzung des Personalentwicklungskonzeptes erachten wir eine Konsenssuche im Bündnis für Arbeit als den richtigen und unverzichtbaren Weg, der auch in der nächsten Legislaturperiode fortgeführt werden sollte.
Drittens. Die PDS-Fraktion war in dieser Legislaturperiode die Partei, die sich konsequent, auch mit Anträgen im Landtag, dem Ziel verpflichtet sah, einen verbindlichen Plan zur Angleichung der Dienstbezüge zu erreichen. Im Rahmen der Tarifgemeinschaft der Länder kann nach Auffassung der PDS-Fraktion ein solcher verbindlicher Plan zügig vereinbart und umgesetzt werden. Ein verbindlicher Plan kann allerdings nicht allein den Polizeibereich umfassen. Hierfür sind übergreifende Ansätze nötig.
Viertens. Die PDS-Fraktion tritt für die Beibehaltung der freien Heilfürsorge und der ungeminderten Versorgung für Polizeibeamtinnen und -beamte ein. Eine wichtige Forderung der PDS bleibt die Anerkennung der geleisteten Vordienstzeiten. Die Stellenbewertung im Bereich der Polizei muss in einem mittelfristigen und nachvollziehbaren Konzept erfolgen und so weitgehend fern von Zwängen und Zufällen der jährlichen Haushaltsdebatten gestaltet werden. Die PDS-Fraktion setzt sich für einen Stellenbewertungsplan für die Dauer der Legislaturperiode ein.
Fünftens. Die PDS-Fraktion lehnt Privatisierungen im Kernbereich der Polizei ab. Lediglich in wenigen klar umgrenzten Bereichen scheint nach gründlicher Prüfung eine Privatisierung möglich.
Auch in anderen Bereichen hat sich eine OutsourcingPolitik nicht als eine geeignete Einsparalternative erwiesen. Gerade im sensiblen Bereich der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sind Skepsis und Vorsicht vor solchen Plänen geboten.
Sechstens. Wir halten die gesetzlichen Grundlagen im Polizeigesetz des Landes Sachsen-Anhalt, dem SOG,
für ausreichend und sehen uns nach den ersten Erfahrungen in unserer Kritik an den erweiterten Befugnissen zur Videografierung, zur Schleierfahndung und zum Aufenthaltsverbot bestätigt. Die Diskussion über ein Wegweisungsrecht in Fällen häuslicher Gewalt ist in der PDS noch nicht abgeschlossen. Allenfalls in diesem Punkt scheint eine Novellierung des SOG aus der Sicht der PDS vorstellbar.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Zum Abschluss will ich es nicht versäumen, etwas zu dem grob fahrlässigen Verhalten von Bundesgrenzschutzbeamten nach dem brutalen, von polizeibekannten Nazi-Skinheads verübten fremdenfeindlichen Überfall auf einen Äthiopier am 31. Januar 2002 im Regionalexpress von Halle nach Eisenach zu sagen. Aus unserer Sicht ist das ein absolut nicht nachvollziehbares Verhalten, das personelle Konsequenzen nach sich ziehen muss. Die betreffenden Beamten müssen unverzüglich vom Dienst suspendiert werden. Es ist ein Skandal, dass die Täter, von denen einer mehrfach vorbestraft ist, nach dieser schweren, offensichtlich fremdenfeindlichen Tat laufen gelassen wurden.
Wir erwarten darüber eine umfangreiche Aufklärung und gehen davon aus, dass der Innenminister, auch wenn er nicht der direkte Dienstvorgesetzte ist, dafür Sorge tragen wird, dass alle Fakten auf den Tisch kommen und sich so etwas nicht noch einmal wiederholt. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Gärtner, Sie haben gesagt, ich hätte den Vorwurf hinsichtlich der Veränderung der Statistik nicht begründet. Ist Ihnen entgangen, dass ich Folgendes gesagt habe: In die Statistik des Jahres 2001 sollen in Magdeburg von den bis Dezember 2001 begangenen Straftaten nur die aufgeklärten Straftaten eingeflossen sein, nicht aber die unaufgeklärten. Diese sollen in das Jahr 2002 hinübergedrückt worden sein, was dann zu einer Steigerung der Aufklärungsquote im Jahresdurchschnitt um ungefähr 4 % geführt hat. Ist Ihnen entgangen, dass ich das gesagt habe?
Das Problem ist, dass Sie sagen, Sie haben von einem Polizeiführer gehört... Das ist so etwas wie: Ich habe von meiner Tante gehört, über Dritte gehört, dass...
Des Weiteren haben Sie gesagt: sollen hinübergeschoben worden sein. Dazu sage ich: Das ist nicht eine Frage, die auf dem „Bild“-Zeitungs-Niveau im Parlament diskutiert werden darf. Das gehört in den Innenaus
schuss und sollte dort nachgefragt oder auch als Kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet werden.
Danke sehr. - Ich erteile nunmehr für die FDVP-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Weich das Wort. Bitte, Herr Weich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts dessen, dass wir offenbar über gefälschte Statistiken diskutieren sollen, ist Aufklärung zunächst dringend angesagt. Deshalb möchten wir unseren Beitrag zu Protokoll geben. - Danke schön.
Das Thema ist zu ernst, als dass man daraus eine Jubelveranstaltung der roten Genossen von der SPD machen kann. Aber Sozialisten, die den Frieden herbeibomben, sind zu allem fähig. Leider wünscht man sich hier vergeblich: „Schuster bleib bei deinen Leisten, Herr Fikentscher.“
Der Aussagewert der polizeilichen Kriminalstatistik ist begrenzt, weil diese Datensammlung nur einen Ausschnitt aus der gesamten Kriminalität erfasst. Lediglich ein Teil aller begangenen Straftaten wird überhaupt entdeckt; von den entdeckten Straftaten wird wiederum nur ein Bruchteil zur Anzeige gebracht. Die Anzeigebereitschaft ist minimal, weil doch ohnehin nichts dabei herauskommt.
Der von den Strafverfolgungsbehörden registrierten Kriminalität steht je nach Art des Delikts ein mehr oder weniger großes Dunkelfeld gegenüber. Von den bekannt gewordenen Straftaten kann letztlich nur ein Bruchteil aufgeklärt werden. Nur ein Teil der ermittelten mutmaßlichen Täter wird rechtskräftig verurteilt. Die polizeiliche Kriminalstatistik vermittelt also nur ein unvollständiges und verzerrtes Bild der Kriminalitätsentwicklung. Noch fundamentaler ist die Kritik am Etikettierungsansatz, wonach sich in den offiziellen Statistiken nur das Ergebnis des willkürlichen Zuschreibungsprozesses durch die Verfolgungsinstanzen niederschlägt.
Dennoch kann man trotz mancher Einschränkungen den offiziellen Statistiken brauchbare Indikatoren für die Beurteilung der Kriminalitätsentwicklung entnehmen, und zwar insbesondere im Bereich der schweren Kriminalität. Hervorzuheben ist, dass Vergehen im Straßenverkehr nicht mehr in der polizeilichen Kriminalstatistik berücksichtigt werden. Aus dem Vorgenannten ist daher zu folgern, dass die Kriminalitätsstatistik alles und nichts belegt. Wegen weitgehend fehlender objektiver Kriterien kann man der Statistik das entnehmen, was man für eigene Positionen benötigt, und eben das haben die Genossen von der SPD getan.
Während sich der Innenminister in der Öffentlichkeit um objektive Positionen bemühte, kann man das vom sozialistischen Fraktionsvorsitzenden nicht gerade bekunden. Die Kriminalitätsstatistik 2001 beweist eben nicht, dass im Land eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung statt
findet. Sie belegt nur, dass eine bestimmte Anzahl von Straftaten realisiert und nach dem jeweiligen Stand der Ermittlungen ein gewisser Prozentsatz aufgeklärt wurde.
Geradezu unsinnig ist die Begründung des sozialistischen Antrages unter der Maßgabe, dass anderweitig mehr Kriminalität vorzufinden ist als im Lande. Die Fraktion der SPD hat bei dieser Aussage doch nicht mehr und nicht weniger getan, als die Koordinaten verschoben. Mit welchen Ländern wurde die Kriminalitätsentwicklung im Lande verglichen? Welche Deliktgruppierungen wurden einbezogen? Welcher Personenkreis wurde verglichen? Und welcher volkswirtschaftliche Schaden wurde in die Wertung einbezogen? Gar nichts von dem ist aufbereitet worden.
Nur thesenhaft wird bekundet, dass die Sicherheit im Lande gewährleistet sei. Stellt man die Gewährleistung der Sicherheit auf das Abzocken von Autofahrern ab, so kann man den Sozis zustimmen.
Dass die Polizei unter den jeweiligen Umständen noch erfolgreich arbeitet, grenzt an ein Wunder - werden ihr doch durch diese Landesregierung im Verbund mit den Kommunisten der PDS nur alle erdenkbaren Knüppel zwischen die Beine geworfen, um eine erfolgreiche Arbeit zu verhindern.
- Schutzwesten mussten erbettelt werden, - mannstoppende Munition wurde nach Bedrängung beschafft, - unzureichende gesetzliche Grundlagen werden sanktioniert, - keine Verdachtskontrollen auf übergeordneten Straßen, - kein polizeitypisches prozessrechtliches Festnahmerecht, - dienstliche Belastung der Polizei bis zur Schmerzgrenze, - Kernkrafteinsätze und Terrorismusfahndung, - Dienstruinen fallen mit Beamten zusammen, - Polizeialtruinen werden belegt, - Polizeineubauten unterbleiben, - Hundezwinger sind komfortabler als Diensträume der Polizei.