Protocol of the Session on February 22, 2002

Sicherlich, rein rechtlich gesehen steht auf allen Antragsformularen zur Unterschrift dabei: „Eigenhändig und gesetzlicher Vertreter“. In meinem Antrag habe ich eindeutig formuliert, dass es im vorliegenden Falle nur um eine falsche Unterschrift und nicht - ich muss es wiederholen - um einen falschen Verwendungszweck geht. Die Unterschrift hat der Geschäftsführer der Muttergesellschaft geleistet.

Die Gesellschaft hat sich dann an das Finanzministerium gewandt mit der Bitte, aus so genannten Billigkeitsgründen von der Rückzahlung Abstand zu nehmen. Bisher - das geht aus dem Antrag hervor - ist eine Zahlung in Höhe von 900 000 DM inklusive der Zahlung im Januar geleistet worden. Offen sind noch ein Betrag von mehr als 1 Million DM und eine Zinsforderung in Höhe von 508 000 DM, die daraus resultiert.

Wie gesagt, dieser formale Fehler hat die Gesellschaft bisher bereits 900 000 DM gekostet. Wir sind der Überzeugung, dass das eigentlich Strafe genug für eine falsche Unterschrift sein sollte.

Das Finanzministerium verweist auf die Entscheidungsbefugnis und auf das für das Unternehmen zuständige Finanzamt Genthin. Ich sage einmal keck Folgendes: Wenn der Finanzminister die Entscheidung an den Leiter des Finanzamtes delegiert, kann ich mir angesichts der Hierarchie von Finanzbeamten nicht vorstellen, dass ausgerechnet der Leiter des Finanzamtes Genthin eine Entscheidung fällen wird.

Korrekt ist, dass der Gesellschaft in einem gemeinsamen Gespräch die Möglichkeit eingeräumt wurde, den Betrag nicht auf einmal, sondern in monatlichen Raten von 100 000 DM bzw. rund 50 000 € zu zahlen. Dieser Verpflichtung kommt das Unternehmen auch regelmäßig nach.

Ich würde mir gern die Ausführungen der anderen Fraktionen anhören, ehe ich in meinem zweiten Beitrag noch einmal darauf eingehe. Ich muss dazu sagen, dass sich das Unternehmen von einem reinen Bauunternehmer zu einem Dienstleistungsunternehmen entwickelt hat. Wir alle wissen, dass gerade die reinen Bauunternehmen in unserem Land - damit meine ich die Bundesrepublik Deutschland insgesamt - krisengeschüttelt sind.

Mein regionaler Kollege Helmut Halupka, der sich in der Bauindustrie auskennt, kann bestätigen, dass wir am Standort Genthin wieder ein ganz leises Wegsterben von Unternehmen zu verzeichnen haben, wodurch 25 Arbeitsplätze wegfallen. Am Standort Gommern geht es jedoch um 360 Arbeitsplätze.

Ich bin durch die Geschäftsführung ermächtigt zu sagen, dass die Liquidität schon über lange Zeit sehr angespannt war. Das bedeutet, dass das Unternehmen auf seinem Weg von einem reinen Bauunternehmen zu einem breit gefächerten Dienstleistungsunternehmen nicht gerade unterstützt wird. Das, denke ich, sollten wir

uns auch angesichts der gestrigen Regierungserklärung des Ministerpräsidenten nochmals vor Augen führen.

Ich gehe davon aus, dass wir hier keine finanztechnische Entscheidung treffen können. Es geht um eine politische Entscheidung. Das hat uns auch bewogen, diesen Fall per Antrag in das Hohe Haus einzubringen. Ich bitte die Fraktionen, unserem Antrag zuzustimmen und sich damit dafür einzusetzen, dass von einer weiteren Rückforderung Abstand genommen wird. Denn das Unternehmen würde dadurch deutlich in Gefahr gebracht. Wie gesagt, die Zinsforderungen in Höhe von 508 000 DM gehen allein auf die Rückforderung zurück. Es geht also noch einmal um eine halbe Million D-Mark, die gefordert wird; ich habe es nicht in Euro umgerechnet.

Ich würde es damit zur Begründung unseres Antrages bewenden lassen. Ich werde im zweiten Redebeitrag noch einmal darauf eingehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Herr Kollege, für die Einbringung. - Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion in der Reihenfolge CDU, DVU, FDVP, SPD, PDS vereinbart worden. Als Erstem erteile ich jedoch für die Landesregierung Minister Herrn Gerhards das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag bringt mich in eine schwierige Situation, Herr Czeke. Das, was Sie angeführt haben, kann ich weder bestätigen noch dementieren; denn all das unterliegt dem Steuergeheimnis. Man kann an dieser Stelle über diesen Fall nicht konkret reden. Man kann nur allgemein über die Regeln reden, nach denen so etwas abläuft.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber irgendeine Aussage zu den Verhältnissen des Unternehmens, das in dem Antrag angesprochen ist, und zu den steuerlichen Vorgängen, die über Allgemeines hinausgeht, kann ich hier nicht treffen; es sei denn, die Firma hätte vorher darauf verzichtet, das Steuergeheimnis zu wahren. Das ist bislang nicht der Fall. Wir haben auch nicht darum gebeten. Ich glaube, es wäre für die Firma nicht förderlich, wenn ihre Verhältnisse im Landtag breitgetreten würden. Dafür gibt es ja das Steuergeheimnis.

(Herr Czeke, PDS, nickt mit dem Kopf)

Ich kann auf Ihren Antrag also nur sehr allgemein eingehen und sagen: Es gibt ein Problem für viele Firmen, weil sie des öfteren Formvorschriften nicht beachten. Ich kann Ihnen die Zahl der Fälle jetzt nicht nennen. Ich habe sie regelmäßig auf dem Tisch, wenn so etwas schief gegangen ist. Das kommt immer wieder einmal vor. So war es auch in diesem Fall.

Das ist in der Rechtsprechung sehr genau, sehr präzise austariert worden. Die Regeln sind außerordentlich streng. Es ist für Nichtsteuerjuristen - ich habe zwar früher einmal die Juristerei erlernt, war aber kein Steuerjurist - schwer nachvollziehbar, warum hier diese Formstrenge herrscht.

Ich habe mich aber inzwischen davon überzeugen lassen, warum das der Fall sein muss: weil es in sehr vielen Fällen in der Vergangenheit geschehen ist, dass

diejenigen, die Anträge und die Verpflichtung unterschrieben haben, dass sie die Verwendungszwecke akzeptieren, nicht dieselben Personen gewesen sind, die später über die Verwendung der Investitionen entschieden haben.

Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen anschließend zweckwidrig, also entgegen dem öffentlichen Zweck, für den die Förderung durch Investitionszulage überhaupt gewährt wurde, mit den Investitionen verfahren worden ist, in denen innerhalb der Sperrbindung die Dinge veräußert worden sind und dergleichen.

Wenn man das verhindern möchte, dann muss man darauf achten, dass diejenigen, die die Verantwortung für die spätere Verwendung tragen, die gleichen Personen sind, die den Antrag unterschreiben. Nur dann kann man nämlich notfalls auch mit strafrechtlichen Sanktionen denjenigen, der unterschrieben hat, entweder daran hindern oder im Nachhinein deswegen verfolgen, weil er rechtswidrig verfahren ist.

Das ist ein sehr strenger Grundsatz. Auf den müssen wir schon deshalb Wert legen, weil es hierbei um Wettbewerbsgerechtigkeit geht. Ich meine, es ist sehr leicht für Unternehmen, etwas zu unterschreiben, und jemand anderes entscheidet später, ob er sich an die vereinbarten Regeln hält, die gesetzlich vorgeschrieben sind, oder ob er es nicht tut.

Wir müssen verhindern, dass sich Unternehmen - in dem Fall durch eine Investitionszulage - Subventionen holen und sich so einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem sich die anderen daran halten, sie aber nicht. Dafür muss das Strafrecht auch zur Anwendung kommen. Darum sind die Regeln so streng, auch in diesem Fall.

Das ist deshalb keine Formalie, von der man sagen kann, man kann davon einmal leichtfertig abweichen. Das hat die Firma in diesem Fall auch akzeptiert. Die Rückforderung ist rechtmäßig, sie ist bestandskräftig und sie ist überhaupt nicht im Streit.

Ich möchte nur so viel sagen: Es geht bei der Frage, ob eine Rückforderung vorgenommen wird oder nicht, nicht nur um die Frage eines formalen Fehlers. Das muss ich dazusagen, ohne in die Details hineinzugehen. Insofern ist der Ausgangspunkt der Überlegungen in Ihrem Antrag schon falsch.

Das Zweite. Man kann im Nachhinein bei rechtskräftigen Bescheiden die Rückforderung aus Billigkeitsgründen erlassen. Dafür müssen entweder persönliche oder wirtschaftliche Billigkeitsgründe vorliegen. Persönliche Billigkeitsgründe liegen vor, wenn aus irgendwelchen Umständen der Betroffene, die Firma oder wer auch immer, dafür nichts konnte und ansonsten in Schwierigkeiten geraten würde.

Der andere Fall ist, dass wirtschaftliche Gründe dafür sprechen, weil nicht nur die Firma daran hängt, sondern weitergehende Investitionen, Arbeitskräfte, möglicherweise auch die wirtschaftliche Situation in der Region und was alles.

Dafür ist aber zum Beispiel die Klärung der Frage wichtig: Gerät die Firma wirklich in Turbulenzen, wenn man ihr jetzt nicht entgegenkommt? Dazu werde ich in diesem Fall nichts sagen. Ihre Ausführungen zu der Wirtschaftskraft der Firma unterscheiden sich von unseren Erkenntnissen. Das möchte ich jetzt im Interesse der

Firma sagen, weil es gefährlich ist, zu sagen: Die Firma gerät in Schwierigkeiten, wenn wir ihr nicht helfen. Sie müssen sich überlegen, was eine solche Aussage im Außenverhältnis für die Firma bedeutet. Das werde ich nicht tun. Ich kann nur sagen: Nach unseren Erkenntnissen ist das nicht der Fall, auch nicht in dem konkreten Fall.

Bleibt die Frage, ob man neben Rücknahme und Erlass noch etwas tun kann, ob man nämlich zum Beispiel mit einer Stundung helfen kann. Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass das hier so gemacht wird. Die Stundung erfolgt, um die Liquidität zu erhalten und den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, auf schonende Weise peu à peu die Verpflichtung zu erfüllen und zurückzuzahlen, ohne die Firma in Schwierigkeiten zu bringen.

Da kann ich nur sagen: Wir tun in all diesen Fällen, wenn anders nicht mehr zu helfen ist, das Äußerste und haben es auch in diesem Fall getan und helfen, so viel wir können. Dazu sind Vereinbarungen getroffen worden. Mehr kann man da nicht tun. Wenn man darüber hinausgeht, gerät man in die Gefahr, dass man zulasten anderer Wettbewerber Dinge macht, die nicht akzeptabel sind.

Nun sage ich ein Letztes. Wir können darüber an dieser Stelle nicht weiter diskutieren. Ich biete an, dass wir das entweder im Finanzausschuss oder im Rechnungsprüfungsausschuss im kleinen Kreise erörtern. Ich befürworte das allerdings nur dann, wenn die Firma sich vorher damit einverstanden erklärt, dass das Steuergeheimnis insoweit aufgehoben wird. Dann kann man das machen. Ansonsten - das sage ich gleich - dürfte ich in einer Ausschusssitzung nicht mehr sagen, als ich jetzt hier gesagt habe.

Ich sage noch einmal, dies eignet sich nicht für eine generelle Debatte. Man kann nicht leichthin aus politischen Gründen Ermessensentscheidungen treffen. In dem Bereich sind wir nun wirklich sehr streng durch die Rechtsprechung gebunden. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mehr dazu nicht sagen kann. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Scharf.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abstrakt betrachtet ist uns jetzt ein Vorgang in den Landtag gegeben worden, der in anderer Variation wahrscheinlich schon vielen Abgeordneten auch einmal begegnet ist. Ich halte aber diese Vorgänge für extrem ungeeignet, sie im Plenum zu behandeln.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD - Herr Sachse, SPD: Gehört nicht hierher!)

- Ja, gut, dass er nicht hierher gehört, darin mögen wir vielleicht übereinstimmen. Aber der Antrag liegt nun einmal hier. Er ist ja von einer Fraktion eingebracht worden, und wir müssen jetzt auch versuchen, mit diesem Antrag umzugehen.

Ich kann uns nur eindringlich davor warnen, hier politische Einzelentscheidungen zu treffen. Wir würden den ganzen Rechtsstaat ad absurdum führen, wenn wir der

Exekutive oder hier speziell der Steuerverwaltung diese Empfehlung geben würden. Deshalb, glaube ich, haben wir nur einen ganz engen Spielraum.

Der Finanzminister hat uns bei aller Vorsicht erläutert, welcher Spielraum in dieser Frage überhaupt noch vorhanden ist. Es gibt Formfehler, die sind zu heilen, und es gibt Formfehler, da würde ich nicht von strafrechtlichem Verschulden sprechen, die sind aber nicht mehr zu heilen.

Ich glaube, wir können das im Plenum überhaupt nicht entscheiden. Ich möchte deshalb vorschlagen, wir überweisen diesen Antrag in den Rechnungsprüfungsausschuss. Wenn entsprechende Voraussetzungen vorliegen, können wir uns im kleinen Kreis näher darüber informieren lassen und können dann versuchen, ohne Ansehen der Person oder des Betriebes uns noch einmal zu überlegen, ob hier auch nach unserer Auffassung eine vernünftige Entscheidung gefällt worden ist.

Ich möchte uns jedoch eindringlich davor warnen, hinterher zu meinen, wir sollten rechtliche Entscheidungen politisch zu korrigieren versuchen. Nach meiner Auffassung sollten wir ganz vorsichtig vorgehen und den Antrag in den Rechnungsprüfungsausschuss überweisen und uns das näher erläutern lassen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Halupka, SPD, und von Herrn Kühn, SPD)

Die DVU-Fraktion hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Für die FDVP-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Wiechmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Des Öfteren gibt es etwas Neues. Einmal wollen sich die Kommunisten zum Anwalt der kleinen Leute machen und mäkeln und nörgeln an der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichtes herum. Zu bemerken ist, dass es hier versäumt worden ist, vorher rechtlich konkrete Rahmenbedingungen zu schaffen, auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der PDS.

Ein anderes Mal erheben Sie sich zum Fürsprecher der Kapitalisten, der wirtschaftlichen Revanchisten und der Imperialisten, um Ihr eigenes Vokabular zu verwenden.

(Frau Tiedge, PDS, lacht)

Ein weiteres Mal begeben Sie sich in die Weltmissionierung, um hehre Mielke-Werte zu vermitteln, Frau Genossin Rosemarie Hein. Meine Damen und Herren von der PDS: Was muten Sie diesem Land eigentlich noch zu?