Ich erinnere nur an die Entstehung von Unternehmensnetzwerken in der Automobilzulieferindustrie im Raum Magdeburg und im Harz, an die dynamische Entwicklung der Biotechnologie in und um Gatersleben und in der Region Halle/Leipzig, an die Entwicklung der Altmark zum Zentrum für nachwachsende Rohstoffe sowie an neue Firmenverbünde in der Pharmazie- und Medizintechnologie in Magdeburg. Wichtige Potenziale für die Schaffung neuer innovativer Arbeitsplätze stellen auch die Kompetenzzentren dar, in denen vor allem junge Existenzgründerinnen und Existenzgründer im unmittelbaren Umfeld der Wissenschaft heranwachsen können. Die Landesregierung hat auch auf diesem Gebiet die Förderung deutlich erhöht.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen kleinen Einschub: Auch der Kampf um Ammendorf war nicht zuletzt ein Kampf um den Erhalt technologischer Kompetenz in Sachsen-Anhalt.
Was hierbei zur Disposition stand, waren nicht nur rund 900 Industriearbeitsplätze, die in der Region Halle dringend benötigt werden, sondern war eines der modernsten Werke des Schienenfahrzeugbaus in Europa. Den Kampf, den wir gemeinsam mit der Belegschaft, dem Betriebsrat, den Gewerkschaften, der Oberbürgermeisterin, dem Bundeskanzler und vielen Menschen der Stadt geführt haben, hat sich gelohnt. Wir haben nun die Chance, Ammendorf zu einem bedeutenden Standort der Verkehrstechnik auszubauen, sodass dort sogar zusätzliche Arbeitsplätze entstehen können. Entsprechende Aktivitäten sind bereits eingeleitet.
Die Landesregierung wird das ihre dazu beitragen, um den Standort weiterzuentwickeln. Wir werden zunächst die von Bombardier nicht mehr benötigten Flächen aufkaufen und gezielt vermarkten, um ein produktives
Umfeld zu schaffen und neue verkehrstechnische Produktionen und Dienstleistungen genau in dieser Region, an diesem Standort, in diesem Kompetenzzentrum anzusiedeln.
Wir wollen dies in ein Länder übergreifendes Konzept zum Ausbau einer Verkehrskompetenzregion Halle/Leipzig einbetten, mit Bombardier, aber auch mit BMW, mit Porsche und den industriellen Kernen, die in dieser Region entstehen;
denn wer an die Zukunft dieser südlichen Region Sachsen-Anhalts denkt, muss immer Länder übergreifend denken. Es wäre beschränkt, dort Ländergrenzen zu ziehen, wo sie für einen wirtschaftspolitischen Raum überhaupt nicht hingehören.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine moderne, innovationsorientierte Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik setzt auf Kooperation und Dialog. Wir haben das zum Markenzeichen gemacht. Beispielhaft möchte ich den Strategiedialog Chemie, die Mittelstandsinitiative, die Umweltallianz, die Strategien zur Ausbildungsförderung und das Vergabegesetz nennen. Sie wurden in enger Abstimmung mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften beraten und beschlossen, im Wesentlichen auch im Bündnis für Arbeit. Ein solche klare Linie braucht das Land auch in Zukunft.
Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt weist wie andere ostdeutsche Länder nach wie vor eine unterdurchschnittliche Ausstattung mit Arbeitsplätzen im Informations- und Kommunikationssektor auf. Wir sind jedoch auch hierbei vorangekommen. Halle ist auf dem besten Weg, ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Multimediastandort in Mitteldeutschland zu werden.
In den vergangenen vier Jahren haben die Landesregierung und die Stadt Halle die Potenziale im Medienbereich gezielt ausgebaut. Mittlerweile sind - das ist keinem so richtig bewusst - 5 000 Arbeitsplätze in rund 900 Unternehmen der Informations-, Kommunikationsund Medienwirtschaft entstanden. In den nächsten Tagen wird zudem der erste Spatenstich für das mitteldeutsche Medienzentrum in Halle erfolgen.
Diese Entwicklungen und auch unsere Initiativen im Bereich der Informationstechnologien zeigen: SachsenAnhalt ist auf die schnellen Veränderungen in diesem Feld gut vorbereitet. Wir sind in der Lage, die Entwicklung nicht nur nachzuvollziehen; wir sind auch in der Lage, sie aktiv mitzugestalten.
Meine Damen und Herren! Ich komme nun nach Infrastruktur und Innovation zum dritten großen „i“ für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, zu den Investitionen in Sach- und in Humankapital. Unter vollständigem Verzicht auf Zahlentrickserei kann ich hier feststellen:
Unsere Investitionsbilanz ist gut. In vielen die Länder vergleichenden Statistiken liegen wir vorn. Klar ist auch: Diese Investitionen werden sich in Zukunft auszahlen.
Wir haben am Dienstag erfahren, dass die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt im Jahr 2001 zwar geschrumpft ist, dass aber das verarbeitende Gewerbe die zweithöchste Steigerungsrate in Deutschland aufweist. Sie, Herr Böhmer, haben die Zahlen reflexartig mit dem Satz kommentiert, das sei ein Beleg für die Notwendigkeit eines Politikwechsels im Land. Ich sage Ihnen: Nein, das Gegenteil ist der Fall.
Unsere Strategie gezielter Förderung industrieller Kerne und der Bildung von Unternehmensnetzwerken, die ja gerade in diesem verarbeitenden Bereich entstehen, geht auf und zahlt sich aus.
Aber es braucht auch eine gewisse Zeit, damit sich das in Zahlen deutlicher ausdrückt, als es bisher der Fall ist.
Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf das Stichwort Investitionen habe ich zu Beginn meiner Regierungserklärung bereits etwas zu den finanziellen Rahmenbedingungen gesagt. Offenbar scheint aber wenig bekannt zu sein, dass wir im Land mit der Wisa und den regionalen Wirtschaftsfördergesellschaften ein intensives System der Werbung für Investoren haben. Ohne dieses intensive System wäre es uns übrigens nicht gelungen, in Bezug auf Investitionen, insbesondere solche aus dem Ausland, so führend zu sein. Ergänzt wird dieses im Land bestehende System durch den IIC, der international und für den gesamten Osten tätig ist und dem wir jedenfalls zum Teil einige wichtige Ansiedlungen verdanken.
Meine Damen und Herren! Ich bin natürlich gern bereit, jedem Hinweis nachzugehen, egal woher er kommt, jedem Hinweis, wie wir noch weitere Investoren gewinnen können. Wir sind zum Beispiel derzeit dabei, um die Wisa herum zu einzelnen Branchen Beraterteams zu bilden, die sich in diesen Branchen besonders gut auskennen, damit sie vielleicht noch jemanden finden, den man ansprechen kann. Ich sage es hier noch einmal ausdrücklich: Jeder zusätzliche Hinweis ist wichtig.
Dennoch sollten wir nicht verkennen, dass es ein intensives und gut ausgebautes Netz von Menschen gibt, die sich um die Ansiedlung von neuen Unternehmen in Sachsen-Anhalt kümmern. Sie haben die volle Unterstützung der Landesregierung.
Meine Damen und Herren! Unser Ziel ist es, die nächsten gut anderthalb Jahre, während der noch die günstigen Förderbedingungen gelten, zu nutzen, um Ansiedlungen für Sachsen-Anhalt zu erreichen. Dieser Termin bedeutet ein wenig Druck für die Investoren, sich jetzt zu
Ich kann Ihnen versichern: Eine sozialdemokratische Landesregierung wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass in Sachsen-Anhalt investitionsfreundliche Rahmenbedingungen erhalten bleiben.
Zu den Schlüsselfaktoren für die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe zählen auch die Investitionen in die Menschen oder, wie es so abstrakt heißt, in das Humankapital. Sie bestimmen die Fähigkeit, neue Technologien produktiv zu nutzen, und sind die Voraussetzung für die technologische und soziale Innovation.
Die arbeitsmarktpolitische Strategie des Landes legt daher den Schwerpunkt eindeutig auf den ersten Arbeitsmarkt. Dies kommt insbesondere den mittelständischen Unternehmen zugute. Im Jahr 2001 konzentrierten wir drei Viertel der Landesmittel für Arbeitsmarktpolitik auf den ersten Arbeitsmarkt. Diese klare Orientierung werden wir auch in Zukunft beibehalten und sogar noch verstärken, weil dies der effektivste Weg ist, um zur Entstehung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze beizutragen.
Ein Schwerpunkt ist die Qualifizierungsförderung für Beschäftigte, ein zweiter die berufliche Erstausbildung. Wir wollen in den nächsten Jahren 16 000 Beschäftigten eine Qualifizierungsmöglichkeit geben. Wir machen dies, um den Fachkräftemangel in expandierenden Branchen zu beheben. Erste Projekte laufen mit der Metall- und Elektroindustrie, sie laufen mit der IT-Branche. Wir werden diese Initiative nach einer positiven Zwischenbewertung auch auf andere Wirtschaftszweige ausdehnen.
Mir ist klar, dass diese Initiativen unser zentrales Manko nicht von heute auf morgen beheben können, denn nach wie vor besteht ein Mangel an sicheren, attraktiven, gut bezahlten Arbeitsplätzen. Dies ist leider auch ein Hauptgrund für die Abwanderung vieler junger Menschen. Ich gestehe offen: Ich verstehe die Eltern, denen es weh tut, wenn ihre Kinder weggehen. Ich habe aber auch Verständnis für junge Frauen und Männer, die es woanders versuchen. Es muss jedoch unser Ziel sein, sie zurückzugewinnen.
In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, was wir ihnen bieten können und welche Perspektiven sie in Sachsen-Anhalt haben.
Erstens. Bedingt durch die demografische Entwicklung, bedingt aber auch durch die sich abzeichnende weitere positive Entwicklung unserer Industrie und der industrienahen Dienstleistungen werden ab Mitte des Jahrzehnts zusätzlich junge, gut ausgebildete Fachkräfte benötigt.
Zweitens. Wir können denjenigen, die sich für eine Hochschulausbildung entscheiden, beste Bedingungen bieten.
Drittens. Wir sollten gemeinsam mit den Tarifpartnern darüber nachdenken, wie eine Perspektive der schrittweisen Angleichung der Löhne und Gehälter aussehen könnte. Alle wissen: Ein Billiglohnland Ostdeutschland wäre auf Dauer kontraproduktiv. Noch fehlen belastbare Vereinbarungen in diesem Bereich, aber es muss darüber geredet werden. Man kann Menschen nicht hier halten, wenn nicht gute Arbeit auch gut bezahlt wird.
Meine Damen und Herren! Wir werden uns jedenfalls mit der Abwanderung junger Menschen nicht abfinden, sondern das Mögliche tun, um ihre Motivation und ihre Kompetenz für unser Land zu erhalten. Dazu gehört auch der große Bereich der beruflichen Bildung. Sachsen-Anhalt ist es in den letzten Jahren gelungen, eine nahezu ausgeglichene Ausbildungsbilanz zu erreichen. Dies ist auf die erfolgreiche Abstimmung im Bündnis für Arbeit und auch auf das große finanzielle Engagement des Landes zurückzuführen.