Protocol of the Session on December 13, 2001

(Lachen bei der SPD und bei der PDS - Zuruf von Frau Bull, PDS)

Der Änderungsantrag der CDU ist unserer Erachtens in seiner Intention weniger destruktiv gestaltet; denn Maßnahmen gegen jede Form von Gewalt und Ausländerfeindlichkeit entsprechen auch den Grundprinzipien der Deutschen Volksunion.

(Lachen bei der SPD und bei der PDS)

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU - Frau Lindemann, SPD: Das kann ja wohl nicht wahr sein!)

Danke schön, Frau Kollegin Brandt. - Das Wort für die PDS hat Frau Abgeordnete Stolfa.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein bisschen schwierig, auf solche Redebeiträge einzugehen. Ich würde sagen, kommen Sie erst einmal zu den Ausschusssitzungen, ehe Sie überhaupt hier mitreden können.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD - Herr Bi- schoff, SPD: Genau!)

Dort haben wir wirklich, wie Herr Kuntze sehr sachlich dargestellt hat, gestritten, beraten und Anhörungen durchgeführt. Es ist wirklich ein Antrag herausgekommen, der konsensfähig ist.

(Frau Wiechmann, FDVP: Was erzählen Sie denn da?)

Wer auf das Datum der Einbringung des Ursprungsantrags - es ist der 14. September 2000 - und auf das der vorliegenden Beschlussempfehlung blickt, kann feststellen, dass Minister Herr Dr. Harms mit einer Äußerung in seinem Redebeitrag damals Recht behalten sollte, als er meinte - ich zitiere -: „Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass der Antrag grundsätzlich in die richtige Richtung geht, aber der weiteren Diskussion bedarf.“ - Das stimmte wirklich.

(Minister Herr Dr. Harms: Das stimmt meistens!)

Wir hatten unseren Antrag ausdrücklich als Diskussionsangebot verstanden. Wichtig war es uns unter anderem auch, die Meinungen der Lehrerverbände und Gewerkschaften einzuholen, die sich vor allem auf notwendige Hilfen für Lehrerinnen und Lehrer konzentrierten.

Vor Ihnen liegt nunmehr eine Beschlussempfehlung, deren Fassung die einbringende Fraktion, die PDS, auch selbst erarbeitet hat.

Sehr hilfreich war der Bericht der Landesregierung über das, was bereits an tätiger Hilfe für Lehrkräfte und Schulen geleistet wird. So konnten wir feststellen, dass manche unserer Vorschläge aus dem Ursprungsantrag bereits realisiert werden.

Von besonderer Bedeutung - das möchte ich hier betonen - war für die Überarbeitung unseres Antrags die von der CDU-Fraktion geforderte Anhörung von Experten zu dieser Problematik. Ich persönlich muss sagen, dass ich daraus sehr viel für mich mitgenommen habe.

Übereinstimmend, wenn auch in unterschiedlichen Nuancen - deshalb muss ich Ihnen jetzt widersprechen, Kollege Kuntze -, wurde eine Gleichsetzung von Rechtsund Linksextremismus von den Experten abgelehnt.

(Zurufe von Herrn Prof. Dr. Spotka, CDU, und von Herrn Kannegießer, DVU)

So kommt zum Beispiel der Ausländerbeauftragte des Landes, Herr Piening, zu folgendem Ergebnis - ich zitiere -:

„Alle Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die zentrale Gefährdung der Demokratie zurzeit vom Rechtsextremismus ausgeht.“

(Herr Schomburg, CDU: Zurzeit! - Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Er setzt fort:

„Sicherlich weisen auch andere totalitäre Ideologien vergleichbare Haltungen oder Bedrohungen auf, aber die Verzahnung von breiten Grundstimmungen in der Bevölkerung mit organisiertem Vorgehen und latenter Gewaltbereitschaft bei den Jugendlichen ist zurzeit nur beim Rechtsextremismus zu verzeichnen.“

Eine Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus ist aus unserer Sicht eine Verharmlosung der auch von Herrn Piening benannten Gefahr für die Demokratie. Vor allem deshalb lehnen wir den Änderungsantrag der CDU-Kolleginnen und Kollegen ab.

Obwohl von den Experten bestätigt wird, dass auch die Vermittlung von Kenntnissen zu Faschismus und Rechtsextremismus in der Schule notwendig sei, vertraten sie übereinstimmend folgende Position, die in der überarbeiteten Fassung weitgehend Berücksichtigung fand:

Es geht in erster Linie um die Stärkung der Persönlichkeitsentwicklung von Schülerinnen und Schülern.

Frau Kollegin Stolfa, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Kuntze möchte eine Zwischenfrage stellen, vermute ich.

Herr Kuntze, ich will nur den Abschnitt zu Ende führen. Ich unterbreche dann und lasse die Frage zu.

Ihnen muss soziale Kompetenz nahe gebracht werden. Sie muss entwickelt werden als die Fähigkeit, mit dem anderen umzugehen und den anderen als Person zu akzeptieren, ohne die eigene Person aufzugeben. - Das war für mich eine sehr wesentliche Einsicht.

Schülerinnen und Schüler müssen lernen, im Spannungsverhältnis zwischen Individualität und Gesellschaft zu leben. Dazu muss Demokratie in der Schule selbst erlebbar sein.

(Zuruf von Frau Brandt, DVU)

Deshalb muss Schule demokratischer werden.

Neben den Lerninhalten kommt es vor allem auf die Lernkultur an, so die Aussagen vieler Expertinnen und Experten. Es ist eine Lernkultur zu schaffen, die den Grundaussagen und Haltungen des Rechtsextremismus entgegentritt.

(Zuruf von Frau Brandt, DVU)

Michel Friedman wurde in der Anhörung mit folgendem Satz zitiert, den ich nur unterstreichen möchte:

„Wir brauchen weniger Leitkultur, sondern mehr Streitkultur.“

(Zustimmung bei der PDS - Frau Brandt, DVU: Das glaube ich! - Frau Wiechmann, FDVP: Schön!)

Herr Kuntze, jetzt bitte Ihre Frage. - Herr Präsident, Sie können die Frage zulassen.

Ich war der Meinung, sie sei zugelassen, aber das soll noch einmal ausdrücklich geschehen. Herr Kuntze, bitte.

Frau Stolfa hat mir freundlicherweise schon das Wort eingeräumt, aber diszipliniert, wie ich bin, wollte ich warten, bis Sie es mir geben, Herr Präsident.

Wir arbeiten gut zusammen, Herr Kuntze.

Frau Stolfa, Sie sagten in Ihren Ausführungen gerade, dieser Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus könnten Sie nicht folgen. Ich bitte Sie, mir zu sagen, wo

Sie in unserem Änderungsantrag diese Gleichsetzung sehen. Unserer Meinung nach haben wir das eben nicht gleichgesetzt. Wir behandeln nur mehrere voneinander scheinbar unabhängige Dinge gemeinsam. Wir setzen das ausdrücklich nicht gleich; denn wir setzen auch noch den religiösen Fanatismus und den Terrorismus hinzu.

Ich sage zu diesem Thema noch etwas, Kollege Kuntze, weil uns das Thema des Terrorismus auch beschäftigt hatte und wir deshalb erwogen hatten, unseren Antrag zu ändern.

Wir sind bei unserem Ursprungsantrag davon ausgegangen, dass die Gefahr für die Demokratie vom Rechtsextremismus ausgeht. Darauf haben wir unseren Antrag ausgelegt. Wir leugnen deswegen nicht, dass es auch Gewalt von linksgerichteten Kräften gibt. Aber die Gefahr für die Demokratie - um die geht es uns - geht von rechts aus. Dass Sie beides im Antrag in der Überschrift und im Text nebeneinander stellen - auch wenn Sie es jetzt durch „Terrorismus“ erweitert haben -, halten wir für bedenklich und deswegen auch nicht für sachdienlich.

(Frau Wiechmann, FDVP: Sie haben 40 Jahre die Demokratie mit Füßen getreten! Das kann doch nicht wahr sein!)

- Können Sie mir einmal erklären, wann ich die Demokratie mit Füßen getreten habe?

(Frau Wiechmann, FDVP: 40 Jahre in der DDR!)

- Ach, Sie sind wohl in einem anderen Land groß geworden und waren nicht in der SED. Da wundere ich mich aber.

(Lebhafter Beifall bei der PDS und bei der SPD - Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Frau Wiechmann, ich toleriere von Ihrer Seite kein Urteil über meine Demokratiefähigkeit in der DDR. Von Ihnen nicht.