unter dem Strich über Monate hinweg nicht doch nur virtuos die Erfinder der inneren Sicherheit gemimt haben. Nicht nur dass sich Gerhard Schröders Staatsbeauftragter seinen zunächst einigermaßen respektablen Entwurf für ein neues Zuwanderungsgesetz so weit hat ausdünnen lassen, dass der grüne Koalitionspartner sein Glück wohl selbst noch kaum fassen kann; auch die SPD in Sachsen-Anhalt wird wohl froh darüber sein,
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, liegen nun diverse so genannte Antiterrorpakete auf dem Tisch zur Verstärkung der inneren Sicherheit, versteht sich. Jedenfalls wird all das dem Normalbürger so suggeriert.
Aber, meine Damen und Herren, was passiert wirklich? Worauf darf denn nun getippt werden? Auf ein diebisches Vergnügen, das der Supertaktiker Schily - oder soll man sogar sagen: der Lügner Schily? - offenbar exakt und auftragsgetreu seinem Kanzler Schröder bereitet hat? Oder erweist sich Schily nur als vermeintlicher Vorkämpfer für einen richtungsweisenden Otto-Katalog in Sachen Verschärfung der Zuwanderungssteuerung und der inneren Sicherheit und ist in Wahrheit ein papiertigernder Einknicker? Oder sollen gar die Menschen bewusst hinters Licht geführt werden? Ist alles etwa ganz anders?
Meine Damen und Herren! Schon die ersten Interviews namhafter Grünen-Sprecher verheißen nichts Gutes. Wer etwa wissen möchte, ob das geplante Gesetz den Zustrom von Menschen aus aller Welt nach Deutschland nicht über jedes Maß hinaus verstärken werde, bekommt darauf keine Antwort. Herr Schily und Herr Püchel, wo bitte bleibt denn da die von Ihnen so viel beschworene Stärkung der inneren Sicherheit?
Einreisewillige Ausländer müssen schärfer kontrolliert und erfasst werden, haben Sie noch vor Tagen getönt. Nun ist aus dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge das Folgende zu hören: Asyl im Schnelldurchgang, Prüfungen weniger streng, Asylanerkennung im Eilverfahren. Rot-Grün will jetzt großzügig die Einzelfallprüfung abschaffen.
Fakt ist, meine Damen und Herren, es hagelt regelrecht positive Entscheidungen über Asylanträge. Zwischen Januar und September dieses Jahres - so ist es aus dem Amt zu hören - wurden 1 537 Asylbewerber mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres als asylberechtigt anerkannt. Insgesamt sind es 3 956 Personen. Das so genannte kleine Asyl mit einem Abschiebeschutz erhielten 11 485 Personen. Das ist ein Plus von 5 659 Personen. 2 014 Antragstellern wurde attestiert, dass in ihrem Fall ein Abschiebungshindernis gelte. Dies ist ein Plus von 609 Personen.
Insgesamt, meine Damen und Herren, sind es 4 160 positive Bescheide mehr als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres. In der offiziellen Begründung heißt es: Die hohe Zahl der positiven Entscheidungen hänge mit Afghanistan zusammen; das Taliban-Regime werde quasi als Kriterium für eine staatliche Verfolgung anerkannt.
Dagegen ist, meine Damen und Herren, heftiger Widerspruch aus den Personalvertretungen beim BAFI - so heißt dieses Amt abgekürzt - und vom Bundesbeauftragten zu vernehmen. Asylbewerber würden regelrecht durchgewunken, heißt es dort. Von Einzelfallprüfungen, wie sie gesetzlich vorgeschrieben sind, könne keine Rede mehr sein.
Hinzu kommt, meine Damen und Herren: Mit Schilys Zuwanderungsgesetz soll die Weisungsunabhängigkeit der Einzelentscheider des Amtes abgeschafft werden.
Nun die Frage: Soll damit auf die bisher unabhängigen Entscheidungen des Amtes politischer Einfluss oder gar parteipolitischer Druck ausgeübt werden? Setzt Herr Schily die Behörde unter Druck?
Offenbar wird dies jetzt schon gemacht; denn laut Amt ist schon jetzt eine individuelle Prüfung der Asylanträge nicht mehr möglich. Es ist vom Druck des Behördenpräsidenten Albert Schmid die Rede. Der Präsident schaue sich die Zahlen der Einzelentscheider auch bezüglich ihrer beförderungspolitischen Relevanz genau an. Es sollen verstärkt vorgefertigte Textbausteine für die Begründung der Entscheidungen verwendet werden. Dies ist alles zum Wohl des deutschen Volkes, versteht sich.
Die von Fachleuten angestellten Ermittlungen im jeweiligen Einzelfall würden eingeschränkt. Selbst bei Problemstaaten wie dem Irak, Afghanistan und Ländern Schwarzafrikas dürfe auf Weisung des Amtsleiters nur noch in Ausnahmefällen ein Fingerabdruckabgleich vorgenommen werden. Auch Sprachanalysen seien nicht mehr erwünscht, die bisher zur zweifelsfreien Feststellung des Landes, aus dem der Asylbewerber wirklich stammt, dienten. Diese Analysen wurden insbesondere bei Asylbewerbern aus dem arabischsprachigen Raum angewandt.
Meine Damen und Herren! Vergleicht nun der normal verständige Durchschnittsbürger die großmundigen Aussagen seiner Volksvertreter Schily und Püchel mit dem, was hinter verschlossener Tür tatsächlich abläuft, dann das ist die eine Möglichkeit - kann er sich verwundert die Augen reiben oder - das ist die andere Möglichkeit - er kommt zu der Feststellung, dass man ihn einfach über den Leisten gezogen hat. Man hat ihn einfach belogen.
Meine Damen und Herren! Ist das vielleicht noch das kleinere Übel? - Es ist doch ausgesprochen bedenklich, wie ernsthaft den politisch Verantwortlichen die Sicherheit ihrer Bürger am Herzen liegt, nämlich gar nicht. Ausgerechnet in Zeiten der Angst vor weiteren Terroranschlägen, in Zeiten, in denen sich auch Deutschland an Kriegen beteiligen soll, lassen diese Leute alle politische Sorgfaltspflicht außer Acht. Schlimmer noch: Etliche so genannte Schläfer haben sich unbehelligt in Deutschland aufgehalten und tun dies vielleicht auch heute noch, weil wir sie noch nicht entdeckt haben, und zwar aufgrund einer fahrlässigen und verfehlten Ausländerpolitik auch in Sachsen-Anhalt.
Ich vermisse den Protest des Herrn Ministers Dr. Püchel gegen eine derartige Vorgehensweise. Herr Minister Püchel, wo sind Ihre Beteuerungen, für die Sicherheit der Sachsen-Anhaltiner zu sorgen, wenn gleichzeitig Asylanten nach Sachsen-Anhalt kommen, die ohne gründliche Prüfung Asyl erhalten, und zwar nicht, weil sie dazu berechtigt sind, sondern weil es politisch opportun ist? - Meine Damen und Herren! Berufsheuchelei wird hierbei erkennbar.
Terroranschläge in Deutschland und gegen Deutsche sind nach dem 11. November 2001 nicht mehr auszuschließen. Nicht jeder Kaftanträger ist ein Islamist und nicht jeder Islamist ist ein Terrorist. Doch bei uns in Deutschland leben etwa drei Millionen Muslime, Hunderttausende davon besitzen sogar einen deutschen Pass, viele davon leben in Sachsen-Anhalt.
Meine Damen und Herren! Unsere Grenzen sind und bleiben trotz Otto Schilys Antiterrorpaketen - in Anfüh
rungsstrichen - völlig offen. Dabei helfen weder Schleierfahndung noch sporadische Kontrollen des Bundesgrenzschutzes. Jeder, der es darauf anlegt, kann nach wie vor ungehindert zu uns kommen.
Über eines müssen wir uns im Klaren sein: Außer Kamikazefliegern und Milzbrand gibt es tausendundeine Methode, um in unsere offene Gesellschaft Angst und Schrecken, Tod und Verderben zu bringen.
Unsere freiheitliche Fraktion der FDVP fordert wie bisher, jedoch insbesondere aufgrund der aktuellen Ereignisse, eine restriktivere Ausländerpolitik, das heißt nicht nur große Worte; diesen Worten müssen vielmehr Taten folgen. Dazu gehören nun einmal die personelle und materielle Aufstockung der Polizei, die erkennungsdienstliche Behandlung aller um Asyl nachsuchenden Personen und der Datenabgleich aller Behörden zum Erkennen von Ausländern, die im Zusammenhang mit terroristischen oder kriminellen Vereinigungen Straftaten verübt haben. Dazu gehören nachhaltige präventive und repressive Maßnahmen gegen Schwarzhandel, Schwarzarbeit, Prostitution, wofür oft Ausländervereine und Ausländerklubs als Zentren dienen, und vieles andere. Dazu gehört nicht zuletzt die intensive Überprüfung der Asyl begehrenden Personen und der angegebenen Asylgründe, was aber offenbar momentan nicht getan wird. Das Gegenteil wird getan.
Schlicht unverschämt ist die vorsätzliche Falschbehauptung, all die Unterlassungen in Bezug auf das Zuwanderungsgesetz und auf die Sicherheit der Bürger bedeuteten nun zum Glück ein Ende der deutschen Abschottungspolitik.
Meine Damen und Herren! Wie bitte? Abschottung? - In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat eben dieses Deutschland über seine Grenzen hinaus bereitwillig und materiell beispiellos und großzügig erheblich mehr Fremde bei sich aufgenommen als die anderen europäischen Staaten insgesamt. Übrigens leider auch mit der Folge, dass das viel diskutierte und instrumentalisierte so genannte Ausländerproblem in Wirklichkeit momentan überwiegend ein Islam-Problem ist. Aber auch darüber reden unsere Multikulturalisten wohlweislich nur mit tief gespaltener Zunge.
Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Herr Minister Püchel, wachen Sie endlich auf, kommen Sie Ihrem Auftrag nach, für die Sicherheit der Menschen in Sachsen-Anhalt zu sorgen! Die Menschen in Sachsen-Anhalt haben es nicht verdient, dass sie hinters Licht geführt werden.
„Lüge, wie sie schlau sich hüte, bricht am Ende stets das Bein. Kannst du wahr sein nicht aus Güte, lern aus Klugheit wahr zu sein.“
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundlage des Antrages auf eine Aktuelle Debatte ist offensichtlich ein Artikel in der „Welt am Sonntag“ vom 28. Oktober 2001. Ohne den Artikel und die Quelle zu nennen, wird auf den Inhalt des Artikels nur sehr verkürzt eingegangen und er wird mit erheblichen Unstimmigkeiten vermischt; denn die von der antragstellenden Fraktion gefolgerten angeblichen Sicherheitsprobleme werden in diesem Artikel eigentlich nicht angesprochen.
Im gleichen Atemzug wird - wir haben es heute wieder gehört - Bundesinnenminister Otto Schily leichtfertig der Lüge bezichtigt und ich quasi als sein Geselle dabei bezeichnet. Dies geht nicht nur entschieden zu weit, dies ist infam.
Diese Anschuldigungen weise ich auch im Namen des Bundesinnenministers in aller Deutlichkeit zurück. Damit keine Zweifel auftauchen: Ich dementiere nicht die sehr guten Beziehungen zu Otto Schily.
Meine Damen und Herren! Zur Sache selbst ist Folgendes anzumerken: Die „Welt am Sonntag“ berichtet in der Ausgabe vom 28. Oktober 2001, dass nach Informationen der Personalvertretung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - übrigens abgekürzt BAFl, nicht „Bafi“; wenn schon, dann genau - insbesondere die Prüfung von Asylanträgen angeblich auf Drängen des Bundesinnenministers weniger streng gehandhabt wird als bisher und dass der Minister derzeit massiven Druck auf das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sowie den Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten ausübe. Ziel sei es, den Berg von derzeit 87 000 Asylanträgen bis zum Jahresende auf 20 000 Anträge zu reduzieren. Dies laufe darauf hinaus, dass erheblich mehr positive Asylbescheide als im Vorjahr quasi im Eilverfahren ausgestellt würden; für eine genaue Einzelfallprüfung gebe es keine Zeit mehr.
Bundesinnenminister Schily hat diesen Artikel bereits dementiert. Alle Anträge würden auf der Grundlage von Recht und Gesetz sorgfältig geprüft. Er habe zu keiner Zeit gefordert, die Zahl der Anträge auf eine bestimmte Zahl zu reduzieren.
Meine Damen und Herren! Wer Otto Schily kennt, nimmt ihm dies sofort ab. Ich kenne ihn sehr gut und habe deshalb keinen Anlass, an dieser Aussage zu zweifeln.
Damit könnte ich die Angelegenheit eigentlich als erledigt betrachten. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang und an dieser Stelle zum besseren Verständnis der Asylproblematik und dessen, was Sie eben gehört haben, ein paar sachdienliche Hinweise anfügen.
Festzuhalten ist zunächst, dass das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge über die Asylanträge entscheidet. Dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge kommt insoweit ein Entscheidungsmonopol zu. Die Entscheider - es ist sehr wichtig, dies an dieser Stelle zu sagen - sind weisungsunabhängig. Also auch der Bundesinnenminister kann an dieser Stelle nicht eingreifen. Auch die Länder haben keinen Einfluss auf die Zahl der Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen. Die Ausländerbehörden der Länder sind vielmehr bei ihren Entscheidungen über die Aufenthaltsgewährung oder die Aussetzung der Abschiebung an die Entscheidung des Bundesamtes gebunden, also an die Entscheidung der Entscheider.
Aus diesem Grunde ist entgegen die Auffassung der FDVP keine landesrechtliche Aufklärung geboten. Die Organisationsgewalt gegenüber dem Bundesamt obliegt vielmehr dem Bund.
Auch aufseiten des Bundes bedarf es keiner weiteren Aufklärung; denn das Bundesamt hat bereits erklärt, dass die im Vergleich zum Vorjahr gestiegene Zahl der Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen darauf zurückzuführen ist, dass der im letzten Sommer verhängte Entscheidungsstopp hinsichtlich der Abschiebung afghanischer Flüchtlinge aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aufgehoben worden ist. Danach kann das Taliban-Regime als staatsähnliches Herrschaftsgefüge angesehen werden. Afghanische Flüchtlinge können somit eine quasi-staatliche politische Verfolgung geltend machen, die zur Asylanerkennung führen kann.
Dies wird durch den am 4. Oktober 2001 durch das Bundesinnenministerium vorgelegten Bericht zur Entwicklung der Asylbewerberzahlen belegt. Danach hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im September 2001 über die Anträge von 12 061 Personen entschieden. 2 689 Entscheidungen davon betrafen afghanische Staatsangehörige. Als Asylberechtigte anerkannt wurden 751 Personen. Das entspricht 6,2 %. Darunter sind 546 afghanische Staatsangehörige. Abschiebeschutz erhielten 2 415 Personen, davon 1 080 afghanische Staatsangehörige. Bei 707 Personen - das entspricht 5,8 % - hat das Bundesamt im September 2001 Abschiebungshindernisse festgestellt. Darunter waren 586 afghanische Staatsangehörige.
Das heißt im Umkehrschluss, dass selbst unter diesen besonderen Umständen mehr als zwei Drittel aller Anträge weiterhin abgelehnt wurden bzw. deren Bearbeitung eingestellt wurde.
Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDVP und auch das, was wir eben gehört haben, ist wieder einmal ein Beispiel für den misslungenen Versuch, auf einfachste Art und Weise mit Halbwahrheiten Stimmung gegen Asylbewerber und Ausländer zu machen, indem diese gleichsam mit Terroristen auf eine Stufe gestellt werden.