Protocol of the Session on October 12, 2001

Worum geht es bei diesem Projekt? Bei diesem Projekt geht es um den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, der dringend nötig ist. Es geht um eine Infrastrukturpauschale zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur. Es geht um ein Pilotprojekt zum Abbau regionalspezifischer Defizite. Man kann Städtebauförderungsprojekte mit kommunaler und wirtschaftsnaher Infrastruktur gemeinsam mit Technologieeinrichtungen voranbringen. Es geht eigentlich um die Beseitigung genau dieser Missstände, die uns im Standortwettbewerb um Investitionen zurückwerfen.

Wir wollen Innovations- und Kompetenzzentren sowie wissenschaftlichen Nachwuchs fördern und die Forschungsinfrastruktur mit mehr Geld ausstatten. Genau hierfür ist der Vorschlag des thüringischen Ministerpräsidenten hervorragend geeignet.

(Zuruf von Herrn Tögel, SPD)

Denn aus der Regionalanalyse des IWH zum Standortvergleich Sachsen-Anhalt von 1995 bis 1999 mit den anderen Bundesländern ist herausgekommen, dass in diesem Bereich unsere größten Defizite liegen. Hier gibt es einen Lösungsvorschlag, diese Defizite zu beseitigen, einen Lösungsvorschlag, der den Charme hat, dass dies auch finanziell untersetzt ist.

Deshalb werbe ich noch einmal namens der CDUFraktion bei Ihnen, sich nicht über den Standort zu streiten, sondern einen konstruktiven Vorschlag aufzugreifen und ihn in Solidarität mit den anderen Bundesländern umzusetzen. Das dient uns wirklich, wenn wir die Arbeitslosigkeit bekämpfen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der Debatte. Es ist bekannt, dass Beschlüsse zur Sache nicht gefasst werden. Wir haben damit das zweite Thema im Rahmen der Aktuellen Debatte beendet und den Tagesordnungspunkt 2 abgeschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes für Chancengleichheit und gegen Diskriminierung behinderter Menschen in Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drs. 3/2536

Entwurf eines Gesetzes über die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung im Land Sachsen-Anhalt (Behindertengleichstellungsgesetz - BGStG LSA)

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drs. 3/2764

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales - Drs. 3/5027

Änderungsanträge der Fraktion der CDU - Drs. 3/5066 neu und 3/5068

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/5069

Ich bitte den Abgeordneten Herrn Bischoff, als Berichterstatter des Ausschusses das Wort zu nehmen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bitte gleich am Anfang um Nachsicht; denn diese beiden Gesetzentwürfe wurden fast zwei Jahre lang behandelt. Es gab unzählige Ausschusssitzungen. Wenn ich über all dies im Detail berichten würde, würde ich Sie langweilen. Ich möchte lieber die Zeit nutzen, auf die Inhalte einzugehen.

Deshalb in Kurzfassung: Der Entwurf der PDS-Fraktion wurde am 20. Januar 2000, der SPD-Gesetzentwurf am 9. März 2000 in den Landtag eingebracht. Am 28. September 2000 fand eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände und der Behindertenverbände sowie der Gewerkschaften statt.

Zu den einzelnen Schwerpunkten, die dort behandelt wurden, werden dann die Redner der Fraktionen etwas

sagen. Vielleicht nur so viel: Im Mittelpunkt stand die Stellung des Behindertenbeauftragten. Von den kommunalen Spitzenverbänden wurde besonderes Augenmerk auf die hauptamtlichen kommunalen Behindertenbeauftragten gelegt.

Der Ausschuss einigte sich am 28. Oktober 2000 darauf, dass die Beratungsgrundlage der Gesetzentwurf der PDS sein soll, und verständigte sich gleichzeitig darauf, dass die Intentionen, die in dem Artikel über die Barrierefreiheit enthalten waren, in den entsprechenden Regelungen der Bauordnung, die im Dezember im Landtag zu verabschieden war, zu berücksichtigen seien.

Diese Anliegen wurden dann auch in die Bauordnung übernommen, und dieser Artikel spielte in der nachfolgenden Beratung keine Rolle mehr.

Am 21. Dezember 2000 wurden erste Änderungsanträge beraten. Gleichzeitig wurde jedoch deutlich, dass noch Beratungsbedarf bestand, weil in Berlin in der großen Koalition im Jahr 1999 ein Behindertengleichstellungsgesetz verabschiedet worden war. Es war der Wunsch aller Fraktionen, zunächst eine Anhörung mit Berliner Vertretern durchzuführen.

Am 14. März 2001 waren Vertreter des Senats, Vertreter der Behindertenverbände, die Behindertenbeauftragte des Landes Berlin und die kommunalen Behindertenbeauftragten bei uns. In der Anhörung waren Schwerpunkte die Regelungen in Berlin, die bis heute strittig sind, die Verbandsklage, die Beweislastumkehr, die Stellung der kommunalen Behindertenbeauftragten und die Zuordnung des Behindertenbeauftragten für das Land Berlin.

Am 31. Mai 2001 fand die eigentliche Beratung statt. Es wurden 43 neue Änderungsvorschläge eingebracht, 23 von der SPD, 16 von der CDU und vier von der PDS. Sie wurden dort beraten. Schwerpunkte waren die Begriffsklärung, wer Betroffener im Sinne dieses Gesetzes ist, die Zuordnung des Behindertenbeauftragten, die Befugnisse des Behindertenbeauftragten, die Stärkung des runden Tisches und des Behindertenbeirates, die Änderung im Schulgesetz und auch die Stellung der kommunalen Behindertenbeauftragten.

Offen blieb damals noch die Einordnung der Gebärdensprache, auch die Regelung, wie hauptamtliche kommunale Behindertenbeauftragte eingesetzt werden sollen, weiterhin Beweislastumkehr und Verbandsklage.

Am 15. Juni 2001 gab es eine vorläufige Beschlussempfehlung, die in zwei Punkten noch offen war. Der Bildungsausschuss wurde darum gebeten, einen Vorschlag für die Gebärdensprache und für die integrative Beschulung zu machen, und der Ausschuss für Recht und Verfassung sollte eine Stellungnahme zur Beweislastumkehr und zur Verbandsklage abgeben.

Endgültig wurden die Beschlussempfehlungen der mitberatenden Ausschüsse - es waren alle Ausschüsse mitberatend bis auf den Petitionsausschuss - am 20. September 2001 beraten. Es kam zu der Beschlussempfehlung, die Ihnen jetzt vorliegt.

Vier Ausschüsse haben Änderungen angemahnt, und zwar der Finanzausschuss und der Innenausschuss zur Stellung der hauptamtlichen kommunalen Behindertenbeauftragten. Der Ausschuss für Recht und Verfassung hatte größere Bedenken hinsichtlich der Definition der Betroffenen, hinsichtlich der Beweislastumkehr und der Verbandsklage. Der Bildungsausschuss hat einen Vorschlag zum gemeinsamen Unterricht für Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem und ohne sonderpädagogischen Förderungsbedarf eingebracht.

Es gab auch zahlreiche Vorschläge des GBD, die größtenteils formale und technische Änderungen betrafen, die auch zum größten Teil übernommen wurden.

Der Ausschuss empfiehlt mit 6 : 0 : 3 Stimmen, den Gesetzentwurf, so wie ihn der federführende Ausschuss vorgelegt hat, anzunehmen.

Im Entschließungsantrag werden Dinge angesprochen, die noch nicht geregelt werden konnten bzw. deren Umsetzung in die Zuständigkeit der Exekutive fällt. Ich nenne die Stichworte ÖPNV, integrative Beschulung, Bauordnung und Berichterstattung, die in zwei Jahren erfolgen soll.

Die CDU hat in dieser Sitzung eine nochmalige Verschiebung der abschließenden Beratung des Gesetzes beantragt, weil auf Bundesebene ein Referentenentwurf zur Behindertengleichstellung vorliegt, der jetzt beraten wird. Man war der Meinung, man solle noch abwarten, was auf Bundesebene geregelt werde.

Die zweite Begründung war, dass durch den Ausschuss für Recht und Verfassung noch einmal verfassungsrechtliche Fragen, insbesondere hinsichtlich der Beweislastumkehr, aufgeworfen worden seien, die nicht eindeutig geklärt seien.

Dies hat die Mehrheit des Ausschusses nicht so gesehen. Der Ausschuss hat die Beratung durchgeführt und legt Ihnen jetzt die Beschlussempfehlung vor.

Ich möchte in meiner Eigenschaft als Berichterstatter - das sollte mir gestattet sein - auf die Anwesenheit derer hinweisen, die über die Gesetzentwürfe beraten haben. Ich habe noch einmal nachgesehen. Die DVU-Fraktion war bis auf die letzte Sitzung nicht anwesend. In dieser setzte sie den Neuling, die Abgeordnete, die erst seit wenigen Tagen im Landtag ist, in die Beratung. Bei der eigentlichen Beratung über die Beschlussempfehlung waren weder Vertreter der DVU-Fraktion noch der FDVP-Fraktion anwesend. Auch in der letzten Sitzung war die FDVP nicht anwesend; so weit zur Anwesenheit. Anträge oder Diskussionsgrundlagen wurden von beiden Parteien nicht eingebracht. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Danke, Herr Kollege Bischoff, für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat ist eine 30-Minuten-Debatte vereinbart worden. Ich nenne Ihnen die Redezeiten und die Reihenfolge: die PDS-Fraktion hat sechs Minuten, die DVU-Fraktion fünf Minuten, die CDUFraktion sechs Minuten, die FDVP-Fraktion fünf Minuten, die SPD-Fraktion acht Minuten Redezeit zur Verfügung. Als Erster erteile ich für die Landesregierung der Ministerin Frau Dr. Kuppe das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Mit der Verabschiedung eines Behindertengleichstellungsgesetzes befindet sich SachsenAnhalt im Gleichklang mit der Gesetzgebung auf der Bundesebene.

Das am 1. Oktober 2000, also vor einem Jahr, in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter erleichtert arbeitslosen behinderten und schwerbehinderten Menschen den Einstieg oder

den Wiedereinstieg in das Berufsleben. Das Neunte Buch des Sozialgesetzbuches, am 1. Juli dieses Jahres in Kraft getreten, vereinheitlicht das bislang zersplitterte Recht der Rehabilitation und fasst es in einem einzigen Gesetzeswerk zusammen. Es verbessert die Leistungen der Rehabilitationsträger. Damit werden auch die Voraussetzungen dafür geschaffen bzw. verstärkt, behinderte Menschen an allen Bereichen des Lebens gleichberechtigt teilhaben zu lassen.

Zurzeit befindet sich ein Behindertengleichstellungsgesetz auf der Bundesebene in Arbeit. Die Anhörung der Länder hat am Freitag der vergangenen Woche in Berlin stattgefunden. In Bezug auf diesen zuletzt genannten Regelungsbereich, also die Gleichstellung behinderter und nichtbehinderter Menschen, sind wir in SachsenAnhalt mit einem Landesgesetz schon ein Stück weiter.

Der heute zur Beratung anstehende Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach meiner Überzeugung eine ausgewogene Synthese aus den Gesetzentwürfen der PDS-Fraktion und der SPD-Fraktion dar. Er kommt den berechtigten Wünschen der Betroffenen entgegen, ohne den Blick auf das Machbare zu verlieren.

Nicht alle vorgetragenen Anregungen, Wünsche und Forderungen der Betroffenen und ihrer Interessenvereinigungen konnten im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens berücksichtigt werden. Ich habe es als meine Aufgabe angesehen, auf ein Gesetz hinzuarbeiten, das nicht von vornherein durch bloße deklaratorische Inhalte Gefahr läuft, ins Leere zu zielen oder eine Erwartungshaltung zu wecken, der in der Realität nicht entsprochen werden kann.

Der Gesetzentwurf in seiner vorliegenden Fassung stärkt die Rechte und stärkt die Beteiligungsmöglichkeiten behinderter Menschen in politischen und in gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen und will rechtliche Grundlagen für ihre möglichst umfassende Teilhabe in allen Bereichen des täglichen Lebens schaffen.

Zur Erreichung dieser Ziele bedient sich der Gesetzentwurf eines breit gefächerten Instrumentariums. Ausgehend von der Feststellung, dass die Gleichstellung behinderter und nichtbehinderter Menschen eine Aufgabe von Staat und Gesellschaft darstellt, schafft er durch die verbindliche Definition der Begriffe „behinderter Mensch“, „Diskriminierung“ und „Benachteiligung“ für alle Beteiligten die notwendige Rechtssicherheit.

Darauf aufbauend beschreibt er ein umfassendes Diskriminierungs- und Benachteiligungsverbot, welches ebenfalls an Staat und Gesellschaft gerichtet ist. Ergänzt wird diese Regelung durch einen Anspruch des und der Einzelnen auf Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung und Benachteiligung.

Der erleichterten Durchsetzung dieses Anspruches dient die Ausstattung des Gesetzes mit einer Regelung zur Umkehr der Beweislast. Das ist etwas Neues in unserem Land. Schließlich wird auch die Möglichkeit der Interessenverbände behinderter Menschen, von dem so genannten Verbandsklagerecht Gebrauch zu machen, zu einer deutlichen Stärkung der Rechtsposition von Menschen mit Behinderung führen.

Besonderer Raum wird der Teilhabe behinderter Menschen an gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen zugemessen. Aufbauend auf Strukturen, mit denen wir in Sachsen-Anhalt in den vergange

nen Jahren gute Erfahrungen gemacht haben, werden Aufgaben und Befugnisse der oder des auf Landesebene tätigen Behindertenbeauftragten verbindlich von Gesetzes wegen festgeschrieben.