Protocol of the Session on October 11, 2001

Der zweite Punkt. Frau Ministerin, eines verstehe ich nicht: Überflüssig - wir tun es ja sowieso. - Ich kann Ihnen viele Beispiele nennen, bei denen die Landesregierung ganz dankbar ist, wenn sie in ihrem Handeln durch ein Votum des Parlaments unterstützt wird. Nun will ich hoffen, dass das nicht davon abhängt, wer gerade der Antragsteller ist.

(Herr Wolf, FDVP, lacht)

Diese Art von Unterstützung könnten Sie, wenn Sie tatsächlich vorhaben, der Initiative Baden-Württembergs zu folgen, heute von uns bekommen. Aber Sie wollen sie offensichtlich nicht haben.

Damit bin ich bei der zweiten Frage. Wollen Sie der Initiative wirklich zustimmen, wie Sie im ersten Satz gesagt haben? Wenige Sätze später haben Sie gesagt, Sie haben es in den Ausschuss überwiesen.

(Frau Stange, CDU: Ja, genau!)

Also kann Ihre Haltung dazu doch nicht ganz so klar sein. Und wenn Sie selbst in Ihrer Haltung klar sind, dann ist es noch lange nicht klar, wie die SPD im Deutschen Bundestag entscheidet. Letztlich muss der Bundestag in einer Strafrechtsänderung entscheiden.

Nun habe ich mich vorhin, ich sage einmal, mit Rücksichtnahme auf die SPD

(Herr Bischoff, SPD: Danke schön!)

darauf beschränkt, Zitate aus der PDS-Fraktion zu verlesen. Wenn ich anfangen würde, Herrn Ströbele zu zitieren - der ist nun bei den Grünen - oder Beiträge Ihrer Redner im Deutschen Bundestag zu verlesen, dann würde es noch peinlicher für Sie, aus welchem Blickwinkel sie das Handeln derjenigen sehen, die wahllos und ohne Rücksicht auf Eigentümerinteressen nachts durch die Städte gehen und die Wände beschmieren.

Wenn Sie diese Bewertungen sehen, dann werden Sie sehen, dass ein solcher Antrag bei der Bewusstseinslage in der SPD überhaupt nicht überflüssig sein kann, selbst wenn Sie sich entschließen könnten, der Initiative von Baden-Württemberg zuzustimmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ein Weiteres. Frau Ministerin, wir haben zwei Möglichkeiten, um das Problem zu lösen. Sie können sagen, so wie es die Kollegin der PDS-Fraktion gesagt hat, der gegenwärtige Straftatbestand reicht aus. Dann haben wir aber zur Kenntnis zu nehmen, dass im Moment die Staatsanwaltschaften und Gerichte voll im Banne des Urteiles des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1979 stehen und gar nichts anderes wagen, als eine Auseinandersetzung mit dieser Straftat zu führen, die letztlich zu keiner Strafverfolgung führt.

Sie haben die Möglichkeit zu sagen, jetzt wird SachsenAnhalt für Ordnung und Sicherheit rebellieren. Ich weise meine Staatsanwälte an, Urteil des Bundesgerichtshofes hin oder her, hier knallhart zuzufassen und knallhart den Dingen nachzugehen.

(Zuruf von Ministerin Frau Schubert)

Dann wollen wir doch einmal sehen, ob nicht in Revisionsinstanzen irgendwann einmal dieses belastende Urteil des Bundesgerichtshofs abgeräumt wird. Dies wäre der zweite Weg. Den wollen Sie offensichtlich nicht gehen.

Aber wenn Sie diesen Weg nicht gehen wollen, dann dürfen Sie sich nicht zum Bedenkenträger des anderen Weges, den die Österreicher und die Schweizer gegangen sind, stilisieren, sondern dann müssen Sie sagen, dass der Tatbestand des Verunstaltens aufgenommen werden muss. In Österreich funktioniert es. In der Schweiz funktioniert es. Warum soll es in der Bundesrepublik Deutschland denn nicht auch funktionieren, dass wir diesen Schmierereien ein Ende setzen?

(Lebhafter Beifall bei der CDU, bei der DVU und bei der FDVP - Ministerin Frau Schubert: Haben Sie nicht zugehört?)

Und, Frau Ministerin, wenn Sie und Herrn Jüngling und alle anderen eines nicht nachdenklich macht, dann sollte Sie vielleicht der Hamburger Wahlkampf nachdenklich machen.

(Ah! bei der SPD - Zuruf von Herrn Jüngling, SPD)

Der bereits zitierte Herr Schill hat auf einer öffentlichen Veranstaltung gesagt: Über Graffiti-Schmierereien rege ich mich überhaupt nicht mehr auf. Das sind die besten Wahlplakate für meine Partei und ihr Programm, die ich mir wünschen kann.

(Ministerin Frau Schubert: Dann wählen Sie ihn doch! - Herr Scharf, CDU: Sie werden das noch bereuen!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie mit solchen selbstgefälligen Sichtweisen herangehen und kein Problembewusstsein für solch eine Frage der inneren Sicherheit in unserem Land entwickeln, müssen Sie sich nicht wundern, wenn Leute wie Herr Schill bei der nächsten Landtagswahl Zulauf bekommen.

Es kann sein, dass Sie das wollen. Wir wollen, dass die innere Sicherheit gewährleistet wird und dass wir diesbezüglich zu einer vernünftigen Politik kommen. Deshalb steht unser Antrag zur Abstimmung und nicht eine Verwässerung durch den SPD-Antrag. - Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU und bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Die Debatte ist beendet. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Es ist zunächst

abzustimmen über den Änderungsantrag in Drs. 3/5064. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist diesem Änderungsantrag mehrheitlich nicht gefolgt worden.

Ich lasse jetzt abstimmen über den Ursprungsantrag in Drs. 3/5036. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Fünf Enthaltungen.

(Zurufe)

Ich möchte die Abstimmung der Sicherheit halber wiederholen. Ich bin mir nicht klar, wie sie ausgegangen ist. Noch einmal: Wer stimmt dem Antrag zu? - Gegenstimmen? - Wenige Enthaltungen hatte ich festgestellt. Es ist doch eine Mehrheit, die diesen Antrag ablehnt.

(Frau Feußner, CDU: Das wollen wir zählen!)

Auf Verlangen der CDU-Fraktion wird jetzt ausgezählt. Die Jastimmen bitte noch einmal!

(Frau Feußner, CDU: Das Bild hat sich gewan- delt!)

Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen, bitte! - Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Mit Ja votierten 25 Abgeordnete - das war von Kollegin Dirlich vorhin schon festgestellt worden -, mit Nein votierten 37 Abgeordnete, der Stimme enthielten sich sechs Abgeordnete. Damit ist der Antrag abgelehnt worden. Wir haben damit den Tagesordnungspunkt 16 absolviert.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung

Sonderkommission „Graffiti“ in den Polizeidirektionen des Landes Sachsen-Anhalt zur effektiven Bekämpfung des Graffiti-Unwesens

Antrag der Fraktion der FDVP - Drs. 3/4969

Der Antrag wird eingebracht durch den Abgeordneten Herrn Wolf. Bitte schön, Herr Wolf.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Graffiti steht heute gleich zweimal auf der Tagesordnung. Die Graffiti-Welle im Land Sachsen-Anhalt ist ungebrochen. Der öffentliche Druck auf Polizei und Justiz nimmt zu. Darum möchten wir, dass ein Weg über eine Soko beschritten wird.

Die Schmierfinken sind zu Straftätern, ihre Bilder zum Graffiti-Terror geworden. Die Unsitte, Wohnhäuser, Gebäude, Mauern, Bahnen und Busse ohne Einwilligung des Eigentümers zu beschmieren mit allerlei Parolen oder Kunstwerken, nimmt erschreckende Ausmaße an. Diese Farbschmierereien sind für alle Betroffenen äußerst ärgerlich und die Entfernung ist sehr kostenintensiv. Viele Bürger reagieren mit Resignation, statt diesem Gesellschaftsproblem entschlossen entgegenzutreten.

Besonders schmerzhaft ist für die Gesellschaft die psychologische Wirkung der Schmierereien, die oftmals mit Dreck, Müll, Gestank und Dunkelheit einhergehen und ganze Stadtquartiere in ihrer Attraktivität massiv beschädigen. Das subjektive Sicherheitsempfinden verläuft dabei oftmals völlig anders als die offizielle Statistik.

Längst bieten Fachgeschäfte in Sachsen-Anhalt die Sprühdosen, Magazine, Videos und vieles mehr an.

Spezielle Sprühköpfe, dick oder dünn, Sturmmasken und Handschuhe gehören ebenfalls zur Ausrüstung. Zahlreiche Sprayer-Magazine erscheinen regelmäßig in Deutschland und die Buchläden stellen ein Graffiti-Buch nach dem anderen vor. Das legale Geschäft mit der illegalen Kunst boomt.

Die Polizei ist hoffnungslos überfordert und erstickt in einem nicht zu bewältigenden Arbeitsaufwand. Die Polizeibeamten können im Kampf gegen die Graffiti-Szene nur unterstützend herbeigezogen werden. Sie müssen sich mit Zufallstreffern begnügen. Ihre Hilfe allein reicht daher nicht aus, um in das Geschehen lenkend eingreifen zu können.

Aus diesem Grunde erfordert die besondere Lage auch besondere Einsatzkräfte. Das Land Sachsen-Anhalt hat deshalb in den Polizeidirektionen Sonderermittlergruppen „Graffiti“ eingerichtet. Gegenüber dem allgemeinen Polizeivollzugsdienst haben die Sonderkommissionen den Vorteil, dass sie ständig zur Verfügung stehen und nicht nur fallweise zusammengezogen werden. Sie sollen helfen, potenzielle Täter vom illegalen Sprühen abzubringen, insbesondere auch das existierende Dunkelfeld an Graffiti-Straftaten entscheidend aufzuhellen.

Illegale Graffitis, Farbschmierereien und Schriftzüge müssen konsequent strafrechtlich verfolgt werden, die Aufklärungsarbeit verbessert und deliktische Aktivitäten von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden frühzeitig erkannt werden, um einer kriminellen Entwicklung vorzubeugen. Eine Aufklärung muss daher auch in Jugendverbänden und Schulen stattfinden. Denn schützen muss man nicht nur die Hausbesitzer, sondern auch die Sprayer selbst. Gruppenhaftung und Serientaten sorgen dafür, dass sich mancher Jugendliche in einer Nacht seine Zukunft verbaut. Schadensforderungen haben 30 Jahre Gültigkeit!

Neben der Ermittlung und Aufklärung ist eine umfassende Beratung von Schulen, Hausbesitzern, aber auch Einzelhandelsunternehmen und Betrieben, die besonders von Farbschmierereien betroffen sind, erforderlich. Darüber hinaus bedarf es einer engen Zusammenarbeit mit Fassadengestaltungs- und Gebäudereinigungsfirmen, deren Fachleute nicht nur Graffiti-Schäden beseitigen, sondern auch bei der vorbeugenden Behandlung von Fassaden helfen.

Um dem Phänomen Graffiti konsequent begegnen zu können, ist die vernetzte Arbeit aller betreffenden Bereiche unbedingt erforderlich. Die konsequente Bekämpfung der Kriminalität muss bei Vandalismus, Schmierereien, Belästigungen oder der Verwahrlosung von Straßen und Plätzen einsetzen. Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen; denn das sind die Keimzellen der Kriminalität und gefährlicher Subkulturen.

Darum warten wir mit einem Berichtsbegehren auf, denn ein Bericht ist mehr als überfällig. Wie wir vorhin hörten, tut die Regierung bereits alles, wonach man auch fragt. Die Hausmauern müssen das nicht bemerkt haben. Sie machen den Bericht, denke ich, mühelos mit links. Danke.

(Beifall bei der FDVP)

Danke für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion