Protocol of the Session on June 29, 2001

Herr Sachse, der Begriff „Flugplatz-Luftverkehrskonzeption“ ist in dem Protokoll von Ihrem Minister dokumentiert. Er hat 1998 gesagt, dass er ein solches Konzept für das Land vorlegen will. Nun müssen Sie dem Minister sagen, dass das Land zu klein ist, dass er so etwas nicht machen soll. Pfeifen Sie ihn zurück.

(Herr Sachse, SPD: Pfeifen? Wir reden darüber!)

- Ja, oder reden Sie darüber. Machen Sie das. Aber das ist die Situation.

(Herr Sachse, SPD: Gepfiffen wurde früher viel- leicht!)

- Ja, Herr Sachse. - Wir machen für alles Konzeptionen. Bei jeder Angelegenheit, die irgendwie nicht klappt, sagen Sie: Wir machen erst einmal eine Konzeption. Bei diesem Punkt kann das Ergebnis auch heißen, das brauchen wir nicht. Ich will nicht sagen, wie es aussehen soll. Aber wir brauchen erst einmal eine Diskussionsgrundlage, sodass wir uns darauf einigen können, was wir in Sachsen-Anhalt brauchen. Um nicht mehr und nicht weniger geht es in unserem Antrag.

Ich denke, Herr Minister, Sie haben eben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir bis zum Ende dieser Legislaturperiode - die endet bekanntermaßen am 21. April 2002 um 0 Uhr - das Konzept noch vorgelegt bekommen. Aber vielleicht hat es sich am 21. April auch erledigt. Dann können wir es machen, meine Damen und Herren.

(Minister Herr Dr. Heyer lacht - Herr Sachse, SPD: Das ist wieder hochgestapelt!)

Noch zwei Anmerkungen. Die erste betrifft Cochstedt, Herr Minister. Jetzt wird es doch wieder ernst. Sie äußern sich in der Presse über Cochstedt. Der Minister Püchel äußert sich über Cochstedt. Frau Ministerin Budde äußert sich über Cochstedt. Jetzt sagen Sie am Rednerpult, das letzte Mal seien Sie vor drei Jahren in Cochstedt gewesen, das wüssten Sie ganz genau. Dazu

muss ich Ihnen als Verkehrsminister dieses Landes sagen: Sie sagen, Sie waren das letzte Mal vor einigen Jahren in Cochstedt, und jetzt äußern Sie sich dazu?

(Minister Herr Dr. Heyer: Das ist doch Quatsch!)

Beide Minister, Sie und Herr Püchel, sagen, dort muss es weitergehen. Frau Budde sagt: Im Moment gibt es keine Fördermittel. Das Thema sollten wir im Ausschuss noch einmal aufrufen.

Zweitens. Eine große Zeitung hat die Minister in dieser Woche befragt. Der Raumordnungsminister hat gesagt, er sei dafür nicht zuständig. Der Verkehrsminister hat durch seinen Pressesprecher antworten lassen, man gebe keine Auskunft. Das endete in der Frage, ob die Regierung sprachlos sei.

Nun nehme ich zwei Ergebnisse mit. Erstens. Die SPDFraktion sagt, das Land sei zu klein; man brauche dieses Konzept nicht. Zweitens. Der Minister sagt, in dieser Legislaturperiode komme ein Konzept. - Warten wir ab, meine Damen und Herren, wie es Ende dieses Jahres aussieht. Wir werden dieses Thema mit Interesse verfolgen.

Noch eines abschließend: Wir brauchen dieses Konzept genauso wie einen Landesverkehrswegeplan. Wir brauchen dasselbe Konzept für die Schiene und auch für die Wasserstraßen. Erst dann, wenn die vier Konzepte vorliegen, können wir uns über ein integriertes Verkehrssystem unterhalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kannegießer, DVU)

Damit Ihre Aussage nicht unwidersprochen im öffentlichen Raum stehen bleibt, sage ich Ihnen, Herr Kollege Daehre, dass die Legislatur mit der konstituierenden Sitzung endet. Diese ist etwas später als die Wahl.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Entschuldigung, Frau Präsidentin! - Herr Scharf, CDU: Dann haben Sie noch länger Zeit! - Herr Dr. Daehre, CDU: Da haben Sie noch ein paar Wochen länger Zeit! - Herr Dr. Rehhahn, SPD: Viel länger!)

Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 3/4683. Es ist zunächst über die Überweisung in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr abzustimmen, wie von der PDS-Fraktion beantragt wurde. Wer stimmt dem Antrag auf Überweisung zu? Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Es gibt keine Enthaltungen. Der Überweisungsantrag hat dennoch eine Mehrheit gefunden. Damit ist der Antrag in allen Punkten überwiesen worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 37 abgeschlossen. Der Tagesordnungspunkt 38 ist zurückgestellt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 39 auf:

Beratung

Aufenthaltsrechtsregelungen für Kosovo-Albanerinnen und Kosovo-Albaner in der aktuellen Situation

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/4686

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/4701

Der Antrag wird eingebracht durch den Abgeordneten Herrn Gärtner. Bitte schön.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits im letzten Jahr haben wir uns mit diesem Thema im Parlament sehr intensiv beschäftigt, nachdem im Sommer des letzten Jahres zahlreiche Abschiebungen in den Kosovo, insbesondere von Familien, vollzogen worden sind. Aufgrund des bevorstehenden Winters wurde auf Initiative vorrangig der UNMIK-Verwaltung auf eine weitere Rückführung verzichtet, da sich die Situation vor Ort insbesondere hinsichtlich der Unterbringungs- und Versorgungssituation äußerst problematisch gestaltet hatte.

Daraufhin begrüßte der Landtag von Sachsen-Anhalt am 14. Dezember 2000 in einer Entschließung die vom Ministerium des Innern des Landes vorgesehene Regelung zur Rückführung der Kosovo-Albanerinnen und Kosovo-Albaner.

Auf der Konferenz der Innenminister am 9./10. Mai 2001 in Schierke verständigten sich die Minister der Länder über aufenthaltsrechtliche Regelungen für erwerbstätige Ausreisepflichtige aus Bosnien-Herzegowina und Jugoslawien einschließlich dem Kosovo. Diese sehen vor, dass unter bestimmten Bedingungen eine Aufenthaltsbefugnis für Personen aus den genannten Herkunftsländern erteilt werden kann. Die Minister der Länder bestätigten aber zugleich ihren Beschluss vom 19. November 1999, der die generelle Rückführung von KosovoAlbanern beinhaltet.

Nunmehr ist aus der Sicht der PDS-Fraktion eine neue Situation eingetreten, die bei der Fassung des Beschlusses der Innenminister im Jahr 1999, bei der Verabschiedung des Landtagsbeschlusses am 14. Dezember des letzten Jahres, aber auch zum Zeitpunkt des Beschlusses der Innenminister in Schierke nicht vorherzusehen war.

Wer sieht sie nicht, die tagtäglichen Bilder der schweren Kämpfe in Mazedonien? Die gesamte Region befindet sich in einer sehr instabilen Lage. Natürlich besteht zwischen den Kämpfen in Mazedonien und im Kosovo ein direkter Zusammenhang. Denn woher kommen wohl die Kämpfer auf albanischer Seite in Mazedonien? Woher stammen denn die Waffen, die dort eingesetzt werden?

Uns liegen Informationen vor, die besagen, dass aus Deutschland zurückkehrende junge Männer sofort für die UCK rekrutiert werden sollen. Ich denke nicht, dass wir mit Abschiebungen dazu beitragen sollten, diesen Krieg zu verstärken. Das muss verhindert werden!

(Zustimmung bei der PDS)

Es besteht für Rückkehrende eine akute Gefahr für Leib und Leben. Das sollte Anlass genug sein, Rückführungen und Abschiebungen in der jetzigen Situation nicht zu vollziehen. Es kommen allerdings weitere Fakten hinzu.

Vor zwei Tagen gab es über die Nachrichtenagentur dpa eine Information aus Pristina unter der Überschrift „UNHCR bereitet sich auf neuen Flüchtlingsstrom aus Mazedonien vor“. Darin heißt es - ich darf mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin, zitieren -:

„Das UNHCR bat erneut um zusätzliche Finanzmittel für die im Kosovo untergebrachten Flüchtlinge. Seit Beginn des Konfliktes in Mazedonien im Februar sind nach UNHCR-Angaben 70 000 Menschen in den Kosovo geflohen, 50 000 davon allein im Juni.“

Die meisten seien bei Gastgeberfamilien untergebracht. Derzeit sei die Lage unter Kontrolle. Sollten allerdings neue Flüchtlingsströme eintreffen oder die jetzigen Flüchtlinge für Monate nicht in ihre Heimat zurückkehren können, werde die Organisation finanzielle Hilfe benötigen, sagte die Sprecherin weiter.

So viel zum UNHCR aus dem Kosovo.

Jetzt besteht eine neue Situation, und zwar dass wir weitere Flüchtlinge abschieben wollen.

Es kommt ein weiterer Punkt hinzu, welcher in zahlreichen Petitionen zum Ausdruck kommt und auf der Konferenz der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse am 17./18. Juni 2001 in Magdeburg formuliert worden ist. Der Beschluss der Konferenz der Innenminister vom 9./10. Mai 2001 kommt für in Sachsen-Anhalt lebende Kosovo-Albanerinnen und Kosovo-Albaner so gut wie nicht zum Tragen, da aufgrund der jeweils nur einmonatigen Verlängerung der Duldung kein Arbeitgeber eine Einstellung vornimmt und die Arbeitsmarktsituation in den neuen Ländern zudem äußerst kritisch ist. Das wissen wir alle.

Oftmals ist es aber auch so, dass junge aus dem Kosovo stammende Menschen teilweise seit sechs und mehr Jahren in Deutschland leben, hier aufgewachsen sind, eine Ausbildung absolviert haben und somit hier integriert sind. Es macht keinen Sinn, einen Jugendlichen, der in Sachsen-Anhalt groß geworden ist, hier eine Ausbildung erhalten hat und qualifiziert ist, ins Nichts oder zur UCK zurückzuschicken. Das ist unverantwortlich.

Deshalb fordert die PDS-Fraktion eine vollständige Überprüfung der Rückführungspraxis bei Kosovo-Albanerinnen und Kosovo-Albanern. Es macht keinen Sinn, Kriterien für ein Bleiberecht zu formulieren, wenn man genau weiß, in den neuen Ländern werden Kosovo-Albanerinnen und Kosovo-Albaner diesen Kriterien gar nicht genügen können - und das trotz langjährigen Aufenthaltes. Wie soll jemand eine Chance haben, dem seit Jahren nur von Monat zu Monat die Duldung verlängert wird, der seit Jahren bewusst in permanenter Verunsicherung in diesem Land leben muss?

Ich denke, diese Praxis der Ausländerbehörden ist dringend überprüfungsbedürftig. Gerade weil die KosovoAlbanerinnen und Kosovo-Albaner, die in den neuen Ländern leben, aus diesem Grund die Kriterien der Konferenz der Innenminister kaum erfüllen können, greift der Änderungsantrag der SPD-Fraktion aus unserer Sicht zu kurz.

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, nach Ihrem Änderungsantrag soll der Landtag von SachsenAnhalt etwas begrüßen, was die Menschen in SachsenAnhalt kaum betrifft.

Die PDS-Fraktion fordert, dass die Rückführung und die Abschiebung von Kosovo-Albanerinnen und KosovoAlbanern aufgrund der aktuellen Situation in den Herkunftsgebieten nicht vollzogen werden dürfen. Neue Situationen erfordern neue Entscheidungen. Man mag zur Rückführung im Prinzipiellen stehen wie man will, aber ausgerechnet in der gegenwärtigen Situation mit der Rückführung zu beginnen wäre höchst unverantwortlich.

Der Landtag sollte sich dieser neuen Situation insbesondere aus humanitären Gründen stellen und dem

Antrag meiner Fraktion die Zustimmung erteilen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Danke für die Einbringung. - Die vereinbarte Fünfminutendebatte erfolgt in der Reihenfolge CDU, FDVP, SPD, DVU und PDS. Als Erstem erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Dr. Püchel das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde in meinem Beitrag noch einige Male auf die Rede von Herrn Gärtner eingehen, ich möchte aber einen Satz gleich zu Beginn sagen, um etwas klarzustellen.

Ich habe gerade noch einmal nachgefragt: In diesem Jahr sind bis Ende Mai vier Kosovo-Albaner abgeschoben worden. Das waren Straftäter. Sie sprechen von ganz anderen Größenordnungen. Wenn man Ihnen zuhört, dann muss man denken, das Land Sachsen-Anhalt ist ein unmenschliches Land, ich bin vielleicht sogar eine Bestie und wir schieben in Größenordnungen ab. - Ich finde das unmöglich.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der DVU)

Meine Damen und Herren! Bereits im September des letzten Jahres haben wir im Landtag auf Antrag der PDS-Fraktion über die Rückführung von Kosovo-Albanern debattiert. In der Folge begrüßte der Landtag in einer Entschließung am 14. Dezember 2000 die von meinem Haus vorgesehene Regelung zur Rückführung der Flüchtlinge. Mit dem uns heute vorliegenden Antrag steht die Rückkehr der Kosovo-Flüchtlinge erneut im Mittelpunkt.