Oder ein anderes Problem. Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie sollten nicht zu zeitig lächeln.
Wir lassen uns nicht nachsagen, dass die Landesregierung jetzt mühsam das an Schulden abbauen muss, was wir aufgebaut haben. Alle neuen Bundesländer mussten in der Zeit der Fondsfinanzierung bis zum Jahr 1994 höhere Kredite aufnehmen als danach. Wenn Sie sich aber das Zahlenmaterial des Landes Sachsen-Anhalt im Vergleich zu dem der anderen neuen Bundesländer ansehen, werden Sie feststellen, dass wir in der Zwischenzeit die höchste Pro-Kopf-Verschuldung haben
und dass die Verschuldungszunahme nach der Einbeziehung der neuen Bundesländer in den innerdeutschen Finanzausgleich in keinem anderen Bundesland so groß war wie in Sachsen-Anhalt. Das ist doch das Problem.
Meine Damen und Herren! Es war doch nicht die CDUFraktion, die von diesem Pult aus gesagt hat, dass die Kreditaufnahme im Haushaltsjahr 1996 - oder 1997; ich weiß das nicht mehr genau - um 100 Millionen DM erhöht werden musste, damit die PDS-Fraktion dem Haushalt zustimmt. Das war nicht die CDU-Fraktion, es war der damalige Finanzminister, der das gesagt hat.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der DVU - Widerspruch bei der SPD - Herr Bischoff, SPD: Sie haben doch wesentlich mehr gefordert!)
- Herr Bischoff, damit Sie sich nicht irren, will ich deutlich sagen: Das sozialdemokratische Kosewort „Knalli“ stammt nicht von uns, damit das ganz klar ist.
Das waren Diskussionen, die in diesem Zusammenhang geführt worden sind. Wir lassen uns nicht in die Schuhe schieben, dass jetzt das in Ordnung gebracht werden müsste, was wir in diesem Land damals falsch gemacht haben.
Es gibt auch Diskussionen, die nicht falsch sind. Wenn die Landesregierung zu Recht darauf verweist, dass die Zahl der Investitionen je Beschäftigten in SachsenAnhalt größer ist als in anderen neuen Bundesländern, dann bestreiten wir das nicht. Aber Sie können sich die Zahlen analysieren lassen. Die meisten Investitionen stammen aus den Niederlanden und aus Frankreich und hängen zum größten Teil noch mit dem Chemiedreieck und Elf Aquitaine zusammen. Das ist statistisch nachweisbar.
Die Zahlen sind Ihnen bekannt. Wenn Sie das auf die Zahl der Beschäftigten beziehen, dann weiß jeder Mathematiker, dass das Ergebnis umso besser wird, je kleiner der Divisor wird, dass heißt je weniger Beschäftigte wir im Land haben. Das ist im Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit auch ein Problem.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kannengießer, DVU, und von Herrn Preiß, DVU - Herr Dr. Daehre, CDU: Richtig!)
Es gibt eine Reihe anderer Probleme, die ich der Reihe nach aufzählen könnte - aber das ist nicht mein Anlie
gen -, bei denen wir in einer Weise miteinander umgehen, von der ich sage, dass sie mit Sicherheit - ich denke, damit liege ich nicht falsch - auch der Ministerpräsident nicht möchte.
Uns geht es einfach darum, dass wir zu einer bestimmten Redlichkeit der Argumentation zurückkommen. Wir müssen nicht alle einer Meinung sein. Es ist auch nicht die Sehnsucht der Opposition, vom Regierungschef gelobt zu werden. Darum geht es doch nicht. Aber es geht uns darum, dass wir mit Fakten, die belegbar sind, und mit Argumenten, die nachvollziehbar sind,
miteinander den politischen Wettbewerb austragen und uns nicht hinter Scheinargumentationen flüchten, weil im Grunde genommen andere Entscheidungen, die man nicht zugeben möchte, vorbereitet werden.
Da meine Redezeit beendet ist und ich mir auch nicht Ermahnungen einhandeln möchte, sage ich: Das war der eigentliche Hintergrund der Aktuellen Debatte, zu der wir - das gebe ich zu - einen Anlass gewählt haben, der glücklicher hätte formuliert werden können. - Vielen Dank.
Ich war nahe an der Ermahnung. - Ich erteile nunmehr dem Ministerpräsidenten Dr. Höppner das Wort. Bitte, Herr Ministerpräsident.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Professor Böhmer, ein bisschen tun Sie mir Leid, weil Sie jetzt vorgeschickt worden sind, um der Sache wenigstens noch den Anschein von Seriosität zu geben.
Aber wir haben ja auch nicht Frau Christiansen hier vorn als Moderatorin; insofern wird es, denke ich, auch keine Talkshow werden. Ich verstehe das natürlich in gewisser Weise. An jenem Sonntagabend haben einige CDUFraktionsmitglieder auf dem Sofa gesessen, „Christiansen“ gesehen und sich geärgert.
Es geht mir übrigens auch öfter so: Wenn ich mir eine Talkshow ansehe und die Beiträge höre, dann ärgere ich mich.
Dafür gibt es übrigens eine ganz einfache Möglichkeit, die Möglichkeit, einfach abzuschalten. Das mache ich auch öfter.
(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Zustimmung von Ministerin Frau Dr. Kuppe - Zuruf von Herrn Dr. Daehre, CDU)
Stattdessen quälen Sie uns hier mit einer Aktuellen Debatte. Gut, es ist zweifellos Ihr parlamentarisches Recht, aber es ist nicht verpflichtend in der Geschäfts
Ich hätte es noch verstanden, wenn Sie eine Aktuelle Debatte im Bundestag beantragt hätten und sich darüber geärgert hätten, dass Herr Merz in jener Talkshow wirklich alle Zahlen durcheinander gebracht hat und alle Fakten, die man überhaupt auftischen kann.
Aber der Kern der Sache war wahrscheinlich, dass Sie sich über meinen Satz geärgert haben - zugegebenermaßen umgangssprachlich formuliert -, die CDU habe die Karre in Sachsen-Anhalt damals an die Wand gefahren
wie jetzt in Berlin. Dazu sage ich Ihnen jetzt einmal ganz klar: Ich hätte über diese Zeit bis 1994 - wen interessiert es im Grunde genommen noch? - gern den Mantel des parlamentarischen Vergessens getan.
Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie mich jetzt provozieren, über diese Zeit noch einmal zu reden, dann muss ich doch auf ein paar Fakten zurückkommen.
Erster Punkt. Es ist nicht zu bestreiten, dass es in Deutschland einmalig ist, dass es in einem Land innerhalb einer Legislaturperiode drei Regierungen gegeben hat.
(Frau Feußner, CDU: Die haben trotzdem mehr gemacht als Sie in sieben Jahren! - Weitere Zu- rufe von der CDU)
Das ist eine Folge von Krisen gewesen, die es so bisher nicht gegeben hat. Das waren nicht unsere, das waren Ihre Krisen.