Protocol of the Session on June 29, 2001

In Sachsen-Anhalt haben wir die Erfahrungen mit dieser dualen Verbundausbildung ausreichend ausgeschöpft. Diese Verbundausbildung bietet sich geradezu als überregionales Verbundmodell an, wobei, wie gesagt, das „Leonardo II“-Programm hierfür vom Angebot her sehr gut geeignet ist.

Wir haben in unserem Antrag einige der hierfür notwendigen Voraussetzungen genannt. Vor einer notwendigen Anhörung in den Ausschüssen für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten sowie für Bildung und Wissenschaft sollte eine Bestandsanalyse zu tangierenden Projekten erfolgen, wobei die Berufsfelder dem europäischen Bedarf entsprechen müssen, wie zum Beispiel kaufmännische Bereiche, IT-Bereiche und anderes. Es ist notwendig, dass hier transnationale Koordinierungsaufgaben wahrgenommen werden.

Entscheidend ist allerdings die Anerkennung der Bildungsabschlüsse. Das Bundesinstitut für Berufsbildung, das die „Leonardo“-Anträge bewertet, hat für dieses Vorhaben positives Interesse bekundet. Gehen wir es an und prüfen wir in den Ausschüssen die Umsetzungschancen.

Meine Damen und Herren! Zum Änderungsantrag der SPD kann ich nur sagen:

Erstens. Ich bin selbstverständlich damit einverstanden, dass an dem Anhörungsverfahren die Gewerkschaften beteiligt werden. Dies wäre ohnehin geschehen.

Zweitens. Wir sind auch damit einverstanden, den Punkt 3 zu streichen.

Wir können also beide Anträge in die Ausschüsse überweisen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, die entsprechende Umsetzung zu bewerkstelligen. - Vielen Dank.

Danke schön. Kollege Sobetzko, nennen Sie bitte auch noch die Ausschüsse und sagen Sie uns, welcher Ausschuss die Federführung übernehmen soll. Ich kann das jetzt nicht finden.

Ich schlage vor, dem Wirtschaftsausschuss die Federführung zu übertragen und den Antrag auch in den Bildungsausschuss zu überweisen.

Danke schön. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion in der Reihenfolge DVU, PDS, FDVP, SPD, CDU vereinbart worden. Zunächst erteile ich für die Landesregierung Herrn Dr. Harms das Wort.

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl die EU im Maastrichter Vertrag quasi ein Verbot der Harmonisierung der Berufsbildungssysteme der Mitgliedstaaten fixiert hat, wird die berufliche Bildung in den Mitgliedstaaten durch die EU umfassend gefördert, und zwar in den Schwerpunkten Anpassung an den industriellen Wandel durch berufliche Bildung und Umschulung, Verbesserung der beruflichen Erstausbildung und der Eingliederung in den Arbeitsmarkt sowie Förderung der Mobilität von Auszubildenden und Verbesserung der Lernortkooperation zwischen Unternehmen und Schulen.

Das EU-Programm „Leonardo da Vinci II“ in der Förderperiode 2000 bis 2006 richtet sich gezielt an Auszubildende und Berufsschüler im Wesentlichen in drei Schwerpunkten: erstens Verbesserung der Fähigkeiten und Kompetenzen junger Menschen in der beruflichen Erstausbildung auf allen Ebenen; zweitens Verbesserung der Qualität der beruflichen Weiterbildung, des Zugangs zum lebensbegleitenden Lernen und drittens Förderung und Stärkung des Beitrages der Berufsbildung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der kleinen und mittelständischen Unternehmen durch Zusammenarbeit von Berufsbildungseinrichtungen, Hochschulen und Unternehmen.

Dies sind Ziele, die die Landesregierung in besonderer Weise teilt und auch unterstützt. Ich stimme dem Antragsteller zu, dass hinsichtlich der Beteiligung an Vermittlungsprogrammen der EU seitens des Landes erhebliche Möglichkeiten bestehen, diese zu verbessern. Das ist ja auch ein gemeinsames Interesse.

Ich will Sie nicht mit den Details langweilen. Ein wichtiger Punkt ist vielleicht auch für das Hohe Haus, dass im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbs

fähigkeit übereinstimmend eingeschätzt wurde, dass Austauschmaßnahmen insbesondere für Auszubildende ausgeweitet werden sollen.

Dabei wurde insbesondere das Problem beschrieben, dass die Zusammenarbeit der zuständigen Stellen, der Berufsschulen und der Unternehmen wegen der im Ausland anders strukturierten Ausbildungsgänge nicht ganz einfach ist. Das heißt, hier treffen verschiedene Partner aufeinander, die nicht genau komplementäre Systeme haben, und deshalb bedarf es insbesondere in diesem Bereich der Unterstützung.

Es ist deshalb dort festgelegt worden, dass eine zentrale Service- und Koordinierungsstelle diese Austauschmaßnahmen unterstützen soll. Dabei haben wir die CarlDuisberg-Gesellschaft, Landesstelle Sachsen-Anhalt, sowie die Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt gewonnen, diese Aufgabe zu übernehmen und in diesem Zusammenhang Unternehmen und Berufsschulen dabei zu unterstützen, ausländische Partner zu finden, Programme in Anspruch zu nehmen und die transnationalen Fragen dabei zu klären.

Ein großes Problem bei der Realisierung der Austauschprogramme - das wurde bereits angesprochen ist die Kofinanzierung der EU-Mittel, die zur Verfügung stehen und bis zu 75 % der Kosten abdecken. Zum Teil sind in die Vorbereitungsmaßnahmen als sächliche Leistungen, auch die Personalkosten und die Vorbereitungszeit einrechenbar; aber es bleibt ein Rest, der derzeit bei den Durchführenden verbleibt, also bei Unternehmen, bei Berufsschulen oder ihren Trägern. Im Landeshaushalt stehen hierfür derzeit nicht ausreichend Mittel zur Verfügung. Ich meine, dass auch die Frage, welche zusätzlichen Finanzquellen erschlossen werden können, im Zusammenhang mit den Beratungen erörtert werden muss.

Ich empfehle die Zustimmung zu dem Antrag in der von der SPD-Fraktion vorgeschlagenen geänderten Fassung, weil ich nicht erkennen kann, wo der Bundesrat in diesen Prozess einzubeziehen ist. Sie können aber auch beide Anträge in die Ausschüsse verweisen. Dort können wir diese Fragen dann im Detail besprechen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Ferchland, PDS)

Danke, Herr Minister. - Die DVU-Fraktion verzichtet auf einen Redebeitrag. Die PDS-Fraktion verzichtet ebenfalls auf einen Redebeitrag. Für die FDVP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Wiechmann.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion animierte mich, nach eigenem langen Berufsleben darüber nachzudenken, welche Chancen in der Ausbildung gegeben waren und welche Hindernisse dem entgegenstanden. Dennoch entziehen sich viele Reminiszenzen dem Vergleich, da ich meine Schulausbildung in einer Zeit absolviert habe, die durch den Krieg und die ebenso schwierige Nachkriegszeit gekennzeichnet war.

Deshalb liegt es mir auch fern, mit erhobenem Zeigefinger kraft Alters und Erfahrung auf Jugendliche belehrend einwirken zu wollen. Aber einen Ratschlag kann ich

geben: Was nicht in der Jugend erlernt wird, ist später nur sehr schwer nachzuholen. Sie kennen die Volksweisheit, die behauptet: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.

Natürlich wird uns auch künftig - vielleicht sogar viel stärker als früher - ein lebenslanges Lernen begleiten und für uns unumgänglich sein. Wenn aber keine Grundlagen durch eine solide Ausbildung in der Jugend gelegt worden sind, wird es sehr schwierig und mühsam sein, sich einer solchen Forderung zu stellen.

Meine Damen und Herren! Wir wissen um die schwierige, man könnte auch sagen, fast aussichtslose Situation in Sachsen-Anhalt, jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu vermitteln. Die Chancen zum Einstieg in die Ausbildung sind ebenso gering wie die für den späteren Einstieg in das Berufsleben.

Das kinder- und jugendpolitische Programm der Landesregierung strotzt von Wünschen, die sich aber nicht in die Realität umsetzen lassen. Analysen und Gutachten erinnert sei an Ausführungen von Professor Burkhard Lutz aus Halle - bestärken meine Aussage über die hoffnungslos verfahrene Situation der beruflichen Perspektiven von Bildung und Ausbildung in diesem Land.

Aber das verwundert nicht, da Sie, Herr Ministerpräsident, selbst punktuell nur wenig von dem erfüllt haben, was Sie in Ihren Regierungserklärungen und in darauf folgenden Ansprachen verkündet haben. Sie ließen sich aus über Perspektiven in der Arbeitswelt, über Unternehmensansiedlungen als Kristallisationspunkte für weitere Unternehmensgründungen, über Innovation als Element moderner Wirtschaftspolitik, gar über die Perspektiven der Jugend und stehen heute vor einem Scherbenhaufen mit dem Resultat, seit Jahren die höchste Arbeitslosigkeit aller Bundesländer aufzuweisen.

An dieser Situation, meine Damen und Herren, wird sich auch in Zukunft nicht viel ändern, solange die PDS-Spitzen aus Berlin, Dresden und leider auch aus Sachsen-Anhalt als De-facto-Koalitionspartner der SPD nur „momentan“ Enteignungen von Großbetrieben und Banken ausschließen. Herr Gysi nannte das verharmlosend, fast vornehm „Vergesellschaftung“. Nun werden die Investoren wohl vor dem Wirtschaftsministerium Schlange stehen. Ich würde raten, schon heute Parkplätze dafür zu schaffen, damit sie alle unterkommen können.

Eine von jeglicher Perspektive befreite Jugend verlässt das Land, und das oft, meine Damen und Herren, auf Nimmerwiedersehen.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion der CDU findet deshalb unsere Zustimmung, weil eine die Regionen übergreifende berufliche Ausbildung keineswegs nur als rettender Strohhalm für Jugendliche betrachtet werden kann, sondern gegenwärtigen und künftigen Erfordernissen entspricht.

Wir wollen aber nicht verkennen, dass diese Chancen dann zum Bumerang werden, wenn die ausgebildeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht wieder in ihre Heimat zurückkehren, weil immer noch die Arbeitsplätze in den Unternehmen fehlen.

Das Bestreben vieler Jugendlicher geht aber dahin, eine Ausbildung außerhalb des Landes im Rahmen der Europäischen Union zu absolvieren. Jugendliche betrachten einen solchen Schritt nicht als Notlösung, sondern als notwendiges Rüstzeug erforderlicher Mobilität.

Die 13. Shell-Studie „Jugend 2000“ zeigte, dass viele Jugendliche, und zwar nicht nur aus den neuen Bundesländern, sich diesen Anforderungen auch der Sprachen wegen stellen.

Meine Damen und Herren! Die Lebenserfahrung eines Wilhelm von Humboldt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -: „Was ich erlernt habe, habe ich mir erwandert“, hat heute aktuellere Bedeutung denn je, wenn auch die wörtlich genommene Wanderung nicht auf alle Zünfte zutrifft.

Die sich aus den Programmen der EU ergebenden Chancen zur Ausbildung und zur Weiterbildung sind umgehend zu nutzen und bedürfen nicht einer üblichen landestypischen Absichtserklärung, meine Damen und Herren. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDVP)

Herr Siegert hat für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde es ganz kurz machen. Sie haben möglicherweise schon gehört, dass wir uns im Vorfeld der Debatte auf ein Verfahren verständigt haben.

Mit der CDU-Fraktion und der PDS-Fraktion haben wir uns darauf verständigt, beide Anträge in die Ausschüsse zu überweisen. Federführend sollte nach unserer Auffassung allerdings der Bildungsausschuss sein, abweichend von Ihrer Meinung, Herr Dr. Sobetzko. Wenn darüber keine Einigung erzielt werden kann, dann müssen wir darüber abstimmen lassen. Im Ausschuss können wir auch über die Details diskutieren.

Unsere Auffassungen liegen in der Sache nicht weit auseinander. Vieles an dem vorliegenden Antrag ist durchaus vernünftig. Einige Verfahrensvorschläge sind aber - auch darauf möchte hinweisen - eher merkwürdig. So ist zum Beispiel die geforderte Einschaltung des Bundesrats seltsam. Meine Fraktion hat deshalb auch vorgeschlagen, auf diese Passagen zu verzichten.

Durch klare Zielstellungen zeichnet sich auch der erste Punkt des Antrags nicht aus. Etwas genauer und konkreter hätte man sich die Formulierung durchaus vorstellen können. Denn warum wird nebulös von zuständigen Einrichtungen gesprochen, wenn diese dann nachstehend konkret benannt werden? Das verwundert dann eher.

Ich denke, wenn man dem Parlament eine solche Liste mit den anzusprechenden Institutionen vorlegt, dann hätte man auch bei einem CDU-Antrag erwarten können, dass die Gewerkschaften eingeladen werden. Schließlich nimmt der DGB eine sehr wichtige Verantwortung in der Berufsausbildung wahr, die auch die CDU anerkennen sollte.

Schließlich - das als letzte Anmerkung - ist es komisch, dass der Regierung Verfahrensvorschläge gegeben werden; denn das ist nicht die Aufgabe des Parlamentes. Hätte es nicht nahe gelegen, erst die Regierung um Verfahrensvorschläge zu bitten? - Wir hätten uns so manches Fragezeichen im Hinblick auf diesen Antrag ersparen können.

(Herr Dr. Keitel, CDU: Jawohl!)

Wie gesagt, über diese Details können wir uns in den Ausschüssen verständigen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Dr. Sobetzko, Sie haben noch einmal für die CDUFraktion das Wort.

(Ein Mobiltelefon klingelt)

- Wer hat entgegen unseren Regularien ein Handy eingeschaltet? - Frau Kollegin, ich weise noch einmal darauf hin, dass das nicht gestattet ist. - Bitte, Herr Kollege Sobetzko.

Meine Damen und Herren! Ich möchte eigentlich nur noch zwei Worte sagen. Wir haben den Bundesrat nur deshalb mit angeführt, weil eine überregionale Verbundausbildung geschaffen werden soll, die länderübergreifend dann auch in den europäischen Raum eindringen soll. Der Vorschlag, den ich eingebracht habe, ist vom Bundesinstitut für Berufsbildung gekommen. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir das zunächst zurückstellen, weil das unser gemeinsames Vorhaben nicht gefährdet.