Protocol of the Session on April 5, 2001

Die Grundfrage, die zu klären sein wird, ist, inwieweit ist die Kopplung der öffentlichen Auftragsvergabe an so

ziale Standards und darunter eben auch an die Familienund Frauenförderung juristisch und letztinstanzlich verfassungsrechtlich zulässig. Hinzu kommt, dass die Bundesregierung ihrerseits seit geraumer Zeit ankündigt, ein Bundesgesetz zur Frauenförderung in der Privatwirtschaft vorzulegen.

Die Landesregierung ihrerseits informierte in den Ausschüssen, sie habe sich darauf verständigt, die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung abzuwarten.

Die PDS-Fraktion ihrerseits äußerte zwar Verwunderung darüber, dass das Abwarten des Urteils des Bundesverfassungsgerichts offensichtlich für das Frauenfördergesetz sinnvoll ist, nicht jedoch für das Vergabegesetz. Der Sinnhaftigkeit des Arguments, dass das Bundesgesetz zur Frauenförderung in der privaten Wirtschaft abgewartet werden sollte, konnte sie sich jedoch nicht gänzlich entziehen.

Der federführende Ausschuss hatte letztlich zu entscheiden, soll der Antrag im Ausschuss verbleiben, bis ein Bundesgesetz dieser Art vorliegt, oder soll eine Beschlussempfehlung bereits jetzt das unverzügliche Agieren der Landesregierung einfordern.

Die CDU-Fraktion plädierte für einen Verbleib des Antrages im Ausschuss. Mehrheitlich entschied sich der Ausschuss jedoch für die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung, zu der ich Sie, meine Damen und Herren, herzlich um Zustimmung bitten möchte.

(Beifall bei der PDS)

Danke für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Es ist keine Debatte vorgesehen. Wünscht trotzdem jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall.

Dann stimmen wir über die Drs. 3/4334 ab. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen und einer Reihe von Enthaltungen wurde der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt. Wir haben den Tagesordnungspunkt 13 abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Zweite Beratung

Ergebnisse der EU-Regierungskonferenz

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/4069

Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/4133

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten - Drs. 3/4382

Die erste Beratung fand in der 51. Sitzung des Landtages am 26. Januar 2001 statt. Ich bitte jetzt den Abgeordneten Herrn Tögel, als Berichterstatter das Wort zu nehmen.

Schönen Dank, Frau Präsidentin. - Wenn ich auf die Uhr schaue, stelle ich fest, dass wir genau im Zeitplan sind. Es steht für diesen Tagesordnungspunkt 16.40 Uhr im Zeitplan. Damit wir auch in diesem Zeitplan bleiben, werde ich mich etwas zurückhalten und nicht den kom

pletten Vertrag von Nizza vorlesen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Vielmehr möchte ich nur kurz darauf eingehen, wie die Verfahrensweise war.

In der Landtagssitzung am 26. Januar 2001 hat die SPD-Fraktion einen Antrag zu den Ergebnissen der EURegierungskonferenz eingebracht. Dieser Antrag wurde in derselben Landtagssitzung durch einen Änderungsantrag der CDU-Fraktion ergänzt.

Wir haben dann in zwei Sitzungen im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten am 14. und am 28. März 2001 über diese Anträge diskutiert. Es gab den Entwurf einer Beschlussempfehlung, mit dem versucht worden ist, die Intentionen des CDU- wie auch die des SPD-Antrages aufzunehmen mit dem Ziel, eine gemeinsame Beschlussempfehlung vorlegen zu können. Dies ist nicht völlig gelungen.

Es wurde dann in der Sitzung des Ausschusses am 28. März 2001 mehrheitlich eine Beschlussempfehlung beschlossen, die Ihnen heute vorliegt, in die aber im Prinzip die Intentionen beider Fraktionen aufgenommen worden sind; denn hier ist, denke ich, auch kein großer inhaltlicher Unterschied zwischen den Fraktionen vorhanden. Es ging eigentlich nur um einige Formulierungsfragen, bis auf einen oder zwei Punkte, über die mit Mehrheit abgestimmt worden ist.

Deswegen gehe ich davon aus, dass wir heute im Landtag eine große Mehrheit für diese Beschlussempfehlung finden werden. Ich bedanke mich für die Beratungen im Ausschuss und bitte Sie um Ihre Zustimmung. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Ministerin Frau Dr. Kuppe)

Danke, Herr Tögel, für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden in der folgenden Reihenfolge: FDVP, PDS, CDU, DVU, SPD. Als erster Rednerin erteile ich jedoch für die Landesregierung Frau Ministerin Dr. Kuppe in Vertretung des Herrn Ministerpräsidenten das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Die wichtigsten Ergebnisse der EU-Regierungskonferenz wurden bereits in der Landtagssitzung am 26. Januar 2001 erörtert.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten zeigt, dass über die Grundfragen der europäischen Integration ein weitgehender Konsens besteht. Wie könnte dies auch anders sein, gehört doch das Bekenntnis zur Europäischen Union seit der Neuformulierung des Artikels 23 des Grundgesetzes im Zuge der Ratifizierung des Maastrichter Vertrages zu den Verfassungsgrundlagen der Bundesrepublik Deutschland und damit zum demokratischen Grundkonsens unseres Staatswesens.

In diesem Sinne will ich nur zwei Aspekte hervorheben, die im Zusammenhang mit dem Gipfel von Nizza besonders wichtig sind: die Osterweiterung der EU und den so genannten Post-Nizza-Prozess.

Der Gipfel von Nizza war ein Meilenstein im Hinblick auf die Erweiterung der Union. Die institutionellen Hemmnisse für die Erweiterung sind mit dem Vertrag von Nizza beseitigt worden. Das Zeitfenster für den Beitrittsprozess ist genauer definiert worden. Zur Konzentration der Beitrittsverhandlungen akzeptierten die Staats- und Regierungschefs den von der Kommission vorgelegten Fahrplan.

Nach Nizza stehen alle wirklich problematischen Themen zur Verhandlung an. Aus deutscher Sicht sind das vor allem Fragen der Freizügigkeit und deren Auswirkungen in grenznahen Regionen.

Die Europäische Kommission wird hierzu in Kürze eine Verhandlungsposition vorschlagen, die eine Übergangsfrist von fünf Jahren beinhaltet, in der die jetzige Rechtslage weiter gelten soll. Danach sollen Mitgliedstaaten für weitere zwei Jahre Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen können, wenn außergewöhnliche Belastungen ihres Arbeitsmarktes nachweisbar sind. Damit wären die deutschen Vorstellungen von einer siebenjährigen Übergangsfrist berücksichtigt.

Ich komme zum zweiten Punkt. Die Diskussion zum Post-Nizza-Prozess ist in vollem Gange. Hierbei geht es darum, die Fragen zu klären, auf welche Weise und in welchen Gremien die nächste Regierungskonferenz vorbereitet werden soll.

Die Landesregierung unterstützt das Anliegen der Beschlussempfehlung, dass es im Rahmen des PostNizza-Prozesses eine breite demokratische und transparente Debatte über die Zukunft der Union geben muss.

Ich will in dieser Hinsicht eine Lanze für die parlamentarische Beteiligung in diesem Prozess brechen. Die demokratische Legitimation und Transparenz der Europäischen Union muss auch aus der Sicht der Landesregierung weiter verbessert und dauerhaft gesichert werden. Die Erarbeitung des Vertrages von Nizza hat deutlich gezeigt, dass die bisherige Methode der Regierungskonferenz zur Reform der europäischen Verträge an ihre Grenzen gestoßen ist.

Die beginnende Vorbereitung des in Nizza beschlossenen Prozesses zur Zukunft der Europäischen Union sollte daher auch verstärkt die nationalen Parlamente in Deutschland sind das der Bundestag und der Bundesrat - einschließlich der Parlamente der Beitrittsländer und des Europäischen Parlaments berücksichtigen.

Die übrigen Teile der Zivilgesellschaft - Verbände, Vereinigungen, Wirtschafts- und Sozialpartner - müssen durch Anhörungen breit beteiligt werden. Mit einer solchen breiten und demokratischen Reformdebatte wird sich das Gesamtverantwortungsgefühl für Europa neu beleben lassen.

Die Landesregierung ist bereit, ihren Beitrag dazu zu leisten. Wir informieren bereits jetzt regelmäßig und umfassend über europäische Fragen durch den EUWochenspiegel unseres Verbindungsbüros, durch den Europabrief der Staatskanzlei, durch die Europawoche, in der dieses Jahr vom 5. bis zum 13. Mai wieder über 150 Veranstaltungen stattfinden werden, und nicht zuletzt durch die regelmäßige Berichterstattung in dem genannten Fachausschuss. Wir werden den diesbezüglichen Anliegen des Landtages auch künftig gern nachkommen. - Danke.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Gärtner, PDS)

Danke, Frau Ministerin. - Herr Wolf hat jetzt für die FDVP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mithilfe dieses Antrages sucht man und da es eigentlich keines gibt, konstruiert man ein Ergebnis des so genannten EUGipfels von Nizza. Es wurde viel geredet, gegessen und getrunken - Kosten als vorzeigbares Ergebnis. Die SPD hatte eine Glanzveranstaltung vom Auto-Kanzler erwartet; daraus wurde nichts. Jetzt wird das Jubeln durch Mehrheitsbeschluss befohlen.

Nach dem Entfernen der großzügigen Verpackung wird der Zustand der EU sichtbar. Angepeiltes Ziel des Gipfels von Nizza war eine umfassende Reform der Europäischen Union. Wo ist jedoch die Reform geblieben? Die Ergebnisse des Gipfels waren enttäuschend und ohne große Fortschritte. Es ist also eine Reform, die nicht reformiert hat.

Die Handlungsfähigkeit der EU hat sich nicht entwickelt. Die demokratische Legitimation ist nicht gewachsen. Im Mittelpunkt des Marathongipfels von Nizza stand die institutionelle Reform der Union als Voraussetzung für die baldige, beinahe gierige und überhastete Aufnahme neuer Beitrittsländer Mittel- und Osteuropas sowie des Mittelmeerraums.

Dabei muss die EU doch zunächst einmal grundlegend reformiert werden, um einem Kollaps der EU-Institutionen vorzubeugen. Erst wenn die jeweiligen Staaten wenigstens einen annähernd einheitlichen wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Stand aufweisen, kann überhaupt jedwede Erweiterung in Angriff genommen werden. Jede andere Zuschaltung wäre asynchron.

Deutschland und die EU sind schon jetzt völlig mit der Aufgabe überfordert, mit dem Problem der neuen Bundesländer fertig zu werden. Drücken wir das einmal sarkastisch aus: „Der Euro wird so hart wie die D-Mark werden“, stand in den bunten Broschüren zu lesen. Heute hört man nur noch verschämt in Bezug auf die Börsenkurse: „Der Euro konnte sich knapp behaupten“ oder „Der Euro gab etwas nach“. - Sie kennen das. Nun soll der bewährte Fehler wiederholt werden nach der Formel: Starke und schwache Volkswirtschaften ergeben zusammen starke Volkswirtschaften.

Meine Damen und Herren! Die Drucksache, die uns hier beschäftigt, erweckt die Vorstellung von dem laut pfeifenden Angsthasen im dunklen Walde. Sie wollen Girlanden aufhängen, für die es keine Haken gibt. Lassen Sie das einfach sein.

Unsere Auffassung haben wir schon am 2. März 2001 an dieser Stelle vorgetragen. Hinzuzufügen wäre nur der Hinweis auf die rasanten Zusammenbrüche einer völlig sinnlosen Agrarpolitik. Andere Bereiche des Monstrums werden erwartungsgemäß ebenfalls kollabieren.

Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion geht etwas in Wunschdenken über. Ich bezweifle stark, dass die Einigung über die Verwaltungsreform - mehr ist sie nicht die Handlungsfähigkeit der EU bei weiteren Beitrittsverhandlungen ab 2003 absichert.

Die Rechte des Europäischen Parlamentes sind weiterhin unzureichend. Es darf in Sachen gemeinsame Agrarpolitik, Wirtschafts- und Währungsunion, Wettbewerb und staatliche Beihilfen weiterhin nicht mitbestimmen.

Die Zielvorgabe von 700 Parlamentsmitgliedern wurde wieder überschritten. Absolut unbefriedigend ist die Wichtung der Bevölkerungszahl im Hinblick auf die Anzahl der Parlamentssitze und Ratsstimmen.

Die Charta der Grundrechte der EU ist immer noch nicht rechtsverbindlich. Die Erklärung der Staatschefs zur Zukunft der Union ist also absolut nichts sagend. Erst im Jahr 2004 soll/kann/muss hierzu etwas gesagt werden. Es scheint, als würde einer dem anderen nicht trauen.