Protocol of the Session on April 5, 2001

Welche verheerenden Folgen es hat, wenn man den Mittelstand nicht fördert oder gar unterdrückt, wissen wir aus 40 Jahren DDR-Geschichte.

Es ist zu begrüßen, dass die Landesregierung durch die Neufassung des Mittelstandsförderungsgesetzes zu einer zukunftsfähigen Mittelstandsförderpolitik kommen will. Es ist uns aber nicht ersichtlich, wie die Mittelständler an Informationen über die Fördermöglichkeiten des Landes gelangen sollen.

Eine Möglichkeit wäre eine Zusammenarbeit mit den Innovationszentren, welche aber nicht in jeder Kreisstadt ansässig sind. Eine andere, vielleicht noch bessere Maßnahme, den Mittelstand zu fördern, würden wir zum Beispiel in einer Steuerentlastung sehen. Wenn man weiß, dass es der Mittelstand ist, der die meisten Ausbildungsplätze vorhält, dann müsste man unseres Erachtens diese Leistung durch Steuerentlastungen würdigen. Das Gleiche sollte natürlich auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen gelten.

Aber wie dem auch sei, bei 20 % Arbeitslosigkeit in unserem Land kann es dem Mittelstand nicht gut gehen, da die Arbeitslosen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Geldmitteln auf Sparflamme leben und somit dem Mittelstand als potenzielle Kunden bzw. als Auftraggeber verloren gehen. - Danke.

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Stier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die letzte Landtagssitzung war bereits von einer emotionalen Debatte über den Termin der Einbringung des Gesetzes geprägt.

Herr Gürth, Sie können sich auch heute nicht von Polemik frei machen. Ihre innere Verbitterung sitzt tief; ich spüre dies. Die Frage der Urheberrechte hat für Sie nach wie vor eine größere Bedeutung als die der Inhalte.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Wir können Folgendes feststellen:

Erstens. Die Ministerin hat Wort gehalten und den Gesetzentwurf wie versprochen pünktlich eingebracht. Wenn Sie diesen Entwurf neben den Entwurf der CDUFraktion legen, dann werden Sie feststellen, dass er weit über die Vorstellungen der CDU-Fraktion hinausgeht. Er ist inhaltlich klarer strukturiert, verständlicher und berücksichtigt weitestgehend die Ergebnisse der Anhörung vom November 2000 und die wichtige Stellung der freien Berufe in unserem Land.

Die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Existenzgründern steht im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik der Landesregierung und der SPD-Landtagsfraktion.

Was ist neu am Inhalt dieses Gesetzes? - Die Mittelstandsklausel; sie beinhaltet die Prüfung aller Gesetze auf eine Mittelstandstauglichkeit. Ferner geht es um die Vorsorge gegen Missbräuche durch unseriöse Berater. Der Entwurf schafft die gesetzlichen Möglichkeiten, um die Bewilligungsverfahren zu verkürzen,

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch nicht neu!)

und stellt eine Vereinfachung des Berichtswesens dar; er ermöglicht die Aufnahme der Bildung von Sondervermögen und die freien Berufe werden in § 1 mit der mittelständischen Wirtschaft gleichgestellt.

Wenn Sie vorhin angesprochen haben, dass der Entwurf der CDU fast deckungsgleich im Entwurf der Landesregierung enthalten ist, mag das vielleicht auf der einen Seite weitestgehend stimmen. Auf der anderen Seite werden Sie aber feststellen, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung viel weitergehend ist. Er hat sich nicht nur an den vorhandenen Paragrafen des alten Gesetzes orientiert, sondern er wurde eindeutig gestrafft.

Sie wollten sogar den Mittelstandsbericht abschaffen

(Zuruf von Herrn Dr. Sobetzko, CDU)

und hatten in Ihrem Gesetzentwurf zum Beispiel noch nicht die Rolle der freien Berufe berücksichtigt. Deshalb können Sie heute weiß Gott nicht von geistigem Diebstahl sprechen oder ähnliche Dinge behaupten. Dieses in den Raum zu stellen ist sicherlich leicht.

(Herr Dr. Sobetzko, CDU: Das hätte man doch im Ausschuss beraten können!)

Unsere Wirtschaft ist von etwa 60 000 mittelständischen Unternehmen geprägt, von denen etwa 80 % weniger als zehn Beschäftigte haben. Diente die Mittelstandsförderung in den zurückliegenden Jahren in erster Linie dem Nachteilsausgleichen und der Substanzerhaltung, so zielt die neue Förderstrategie auf die Zukunft eines wettbewerbsfähigen Mittelstandes, der einen hohen Anteil an der Beschäftigung hat und als Arbeitsplatz- und Ausbildungsmotor wirkt.

Herr Gürth, ich bitte Sie, mit einer Legende aufzuhören, und zwar den Mittelständlern weiszumachen, dass durch diesen Gesetzentwurf - sei es Ihrer oder der der Landesregierung - plötzlich gravierende neue Akzente in der Förderpolitik gesetzt werden. Dieser Gesetzentwurf regelt eindeutig den Rahmen der zukünftigen Förderung. Wenn Sie beide Gesetzentwürfe nebeneinander legen, werden Sie feststellen, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung allen mittelständischen Unternehmen viel klarer sagt, was förderfähig ist und was nicht.

(Herr Gürth, CDU: Das ist Unsinn, was Sie er- zählen!)

Dementsprechend hat er Ihrem Gesetzentwurf einiges voraus. Es ist auch gut, dass sich Ihr Entwurf prinzipiell in dem der Landesregierung wiederfindet.

(Herr Gürth, CDU: Wer hat Ihnen so etwas bloß aufgeschrieben?)

Die Mittelstandsinitiative der Landesregierung wurde schon im Jahre 2000 erarbeitet. Sie ist auf vier Jahre ausgelegt. Zur besseren Übersichtlichkeit der Förderstrukturen wurden im letzten Jahr die Richtlinien von 16 auf sechs reduziert. Diese sind jetzt im Gesetz inhaltlich im § 3 definiert, und zwar sind dies das Mittelstandsdarlehensprogramm, das Mittelstandsberatungsprogramm, das Programm zur Förderung von Kooperationen und Netzwerken, das Technologiezuschussprogramm, die Mittelbereitstellung für Messen, Ausstellungen und Markterschließungsmaßnahmen sowie die Existenzgründungsinitiative „ego“.

Das sind die eigentlichen Inhalte, die die Wirtschaftspolitik und die Wirtschaftsförderung ausmachen, und es sind nicht - Sie verdrehen das immer etwas - die Strukturen dieses Gesetzes, welches den Förderrahmen setzt.

Es geht um die eigentlichen Inhalte. Diese sind in der Mittelstandsinitiative gemeinsam mit den Kammern erarbeitet worden. Tun Sie bitte nicht weiterhin so, als ob Sie durch Ihren Gesetzentwurf die gravierendsten Dinge für die mittelständische Wirtschaft bewegen würden.

(Herr Gürth, CDU: Das ist ja Unsinn, was Sie er- zählen! Blödsinn!)

Die vorrangigen Ziele der neuen Mittelstandsinitiative sind die Bewältigung der Anforderungen an unsere neue, globalisierte Wirtschaft, die Stärkung der KMU, der Abbau der Arbeitslosigkeit, die Erschließung neuer Märkte, die Beschleunigung von Forschung und Entwicklung und die Förderung der Informations-, Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf gemeinsam im Wirtschaftsausschuss beraten. Ich bin mir sicher, dass am Ende ein gestrafftes und für den Mittelstand klar verständliches sowie nützliches Gesetzeswerk in diesem Landtag beschlossen wird. Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Gürth, Sie haben noch eine Frage. Herr Stier, ich schätze, Sie sind bereit, diese Frage zu beantworten.

Herr Kollege Stier, ist Ihnen überhaupt nicht aufgefallen, dass das Hauptziel des Mittelstandsförderungsgesetzes gar nicht Förderprogramme im eigentlichen Sinne sind, sondern dass das Hauptziel des Mittelstandsförderungsgesetzes von uns - auch wie es ein Jahr später von der Landesregierung kam - im administrativen Bereich angesiedelt worden ist? Das heißt Verlässlichkeit durch überjährige Förderung in den Sondervermögen; darin hatten wir vorher die Fonds. Das betrifft die Mittelstandsklausel, das heißt Entbürokratisierung und bessere Berücksichtigung der Bedingungen, die die Unternehmen in diesem Lande haben, und die Auftragsvergabe, die darin geregelt ist. Das hat gar nichts mit Förderprogrammen zu tun.

Ist Ihnen weiterhin nicht aufgefallen, dass es uns nicht in erster Linie um die Urheberschaft geht? Es geht uns darum, dass wir jetzt ein Jahr Zeit verloren haben. Das, was jetzt vorgelegt wurde, hätte schon längst Gesetzeskraft haben können, wenn Sie nicht vor einem Jahr dieselben Ziele hier blockiert hätten.

Herr Gürth, ich glaube, das ist gerade der Punkt, an dem Sie mich vermutlich gezielt missverstehen. Gerade die Förderinhalte, über die ich geredet habe, wurden im letzten Jahr im Rahmen der Mittelstandsinitiative schon längst beschlossen. Das sind diese Ziele, die dem Mittelstand konkreten Handlungsspielraum geben.

Was wir heute machen, auch mit diesem Gesetzentwurf, ist im Prinzip den Rahmen neu zu definieren, um konkret der heutigen Zeit entsprechend dem Rechnung zu tragen. Aber die wahren Inhalte wurden im letzten Jahr

festgelegt. Das verwechseln Sie ständig und das vermischen Sie absichtlich. Das unterstelle ich Ihnen. Dabei handelt es sich um eine politische Frage, die Sie natürlich für sich selbst entscheiden müssen.

(Beifall bei der SPD - Herr Gürth, CDU: Ich schätze, Sie haben gar nicht begriffen, wozu das Gesetz dient!)

Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der Debatte und kommen nun zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 3/4383.

Es ist durch die SPD-Fraktion beantragt worden, diesen Gesetzentwurf der Landesregierung im Wirtschaftsausschuss zu beraten. Wer stimmt diesem Überweisungsantrag zu? - Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Gesetzentwurf der Landesregierung in den Ausschuss überwiesen worden. Wir haben damit den Tagesordnungspunkt 12 abgeschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 13:

Zweite Beratung

Rechtsverordnung nach § 20 a Abs. 2 des Frauenfördergesetzes (FrFG) zur Vergabe öffentlicher Aufträge

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/988

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport - Drs. 3/4334

Die erste Beratung fand in der 15. Sitzung des Landtages am 19. Februar 1999 statt. Ich bitte jetzt die Abgeordnete Frau Bull, als Berichterstatterin das Wort zu nehmen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Beschlussempfehlung, genauer gesagt der dahinter verborgene Antrag hat eine ungewöhnlich ausgedehnte Ausschusskarriere hinter sich gebracht. Es ging um die laut Frauenfördergesetz vorzulegende Rechtsverordnung, die gemäß § 20 a die Kopplung der öffentlichen Auftragsvergabe an die Frauenförderung regeln soll.

Eingebracht worden war der Antrag in der 15. Sitzung des Landtages am 19. Februar 1999 von der PDS-Fraktion. Er wurde durch den Landtag zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten und federführend an den Ausschuss für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport überwiesen.

Die Kopplung der öffentlichen Auftragsvergabe an die Frauen- und Familienförderung ist politisch nicht neu, dennoch nach wie vor äußerst umstritten. Wie das hierzulande in diesen politischen Breiten der Fall ist, werden umstrittene Vorhaben meist durch die juristischen Instanzen geschickt, so auch dieses Gesetz. Genau dort lagen auch die Schwierigkeiten der Beratung in allen beteiligten Ausschüssen. Das Gesetz an sich ist seit 1996 in Kraft. Derzeit ist eine ganze Reihe von juristischen Auseinandersetzungen anhängig.

Die Grundfrage, die zu klären sein wird, ist, inwieweit ist die Kopplung der öffentlichen Auftragsvergabe an so