Protocol of the Session on March 1, 2001

Entsprechend § 45 der Geschäftsordnung des Landtages findet auf Antrag monatlich eine Fragestunde statt. Es liegen neun Kleine Anfragen vor.

Die Abgeordnete Frau Dr. Sitte stellt die Frage 1 zu dem Thema Kopfgelder für Studierende. Bitte, Frau Dr. Sitte.

In Sachsen - unter anderem in Dresden und Leipzig - werden so genannte „Kopfgelder“ für Studierende, die ihren Hauptwohnsitz in die entsprechende Gemeinde verlagern, gezahlt, zumeist in Form von Mietzuschüssen. Einheimische Studierende sind davon ausgeschlossen. Der Presse konnte ich entnehmen, dass es solche Bestrebungen auch in Sachsen-Anhalt gibt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Gibt es solche Regelungen in den Hochschulorten Sachsen-Anhalts bzw. sind welche geplant und wo?

2. Welche Form der Zuwendung wird dafür eingestellt bzw. ist angedacht und werden dabei auch einheimische Studierende berücksichtigt?

Für die Landesregierung antwortet Kultusminister Herr Dr. Harms. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Sitte, ich beantworte Ihre Fragen wie folgt.

Zu 1: Nach einer Umfrage an den Standorten der Universitäten und Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt ist derzeit am Standort Magdeburg ein so genanntes Kopfgeld - wie Sie es nennen - beschlossen. Am Standort Wernigerode gibt es Überlegungen zu einem solchen Anreizsystem. Andere Überlegungen bzw. Beschlüsse zur genannten Problematik sind der Landesregierung derzeit nicht bekannt.

Zur zweiten Frage: Die Ausgestaltung eines solchen Anreizes liegt in der Entscheidungshoheit der Kommunen oder der Kreise. Der Landesregierung sind aus anderen Ländern die unterschiedlichsten Regelungen bekannt, die vom Wohngeldzuschuss über ein kostenloses Semesterticket bis zur Barauszahlung reichen.

Die bisher landesweit einzige Regelung dieser Art ist vom Rat der Stadt Magdeburg wie folgt ausgestaltet worden: Einem Studierenden oder einer Studierenden, die sich erstmals zum Wintersemester 2000 an der Hochschule Magdeburg-Stendal oder an der Otto-vonGuericke-Universität eingeschrieben hat und die ihren

Hauptwohnsitz nach Magdeburg verlegt, wird nach Ablauf von zwei Jahren, in denen der Hauptwohnsitz in der Stadt aufrechterhalten wird, einmalig ein Betrag in Höhe von 300 DM ausgezahlt.

Eine gesonderte Landesregelung ist nicht vorgesehen.

Herr Dr. Harms, Herr Dr. Bergner hat eine Zusatzfrage. Sind Sie bereit zu antworten? - Bitte, Herr Dr. Bergner.

Herr Minister, wenn ich es richtig sehe - ich kenne das Beispiel Jena aus eigener Anschauung -, liegt den Entscheidungen der Kommunen die Überlegung zugrunde, dass sie mit einem Zuwachs an Bürgern auch ihre Position im kommunalen Finanzausgleichssystem verbessern. Meine Frage ist: Würden Sie aus der Sicht des zuständigen Kultusministers Ihrem Kollegen Innenminister die Empfehlung geben, dies in der entsprechenden Weise zu berücksichtigen, das heißt, die auf diese Weise den Hauptwohnsitz nehmenden Studenten auch als Bürger beim kommunalen Finanzausgleich zu berücksichtigen?

Herr Dr. Bergner, das brauche ich meinem Kollegen Püchel nicht zu sagen, weil sich der Finanzausgleich und die Leistungen an die Kommunen in der Tat bevölkerungsabhängig darstellen. Insofern ist die Errichtung des Hauptwohnsitzes mit diesen finanziellen Folgen für die Kommunen verbunden. Es ist das Interesse der kommunalen Seite, Bürgerinnen und Bürger, die sich schwerpunktmäßig in der Stadt aufhalten, zu motivieren, als Studierende dort auch den Hauptwohnsitz zu nehmen. - Oder habe ich Sie falsch verstanden?

Eine weitere Frage.

Ich hätte die Frage vielleicht so formulieren sollen: Sehen Sie daraus resultierend Korrekturbedarf bei den Regelungen des kommunalen Finanzausgleichs?

Den Korrekturbedarf sehe ich nicht, weil ich glaube, dass man eine solche Regelung - das sage ich unzuständigerweise - nur an den Hauptwohnsitz knüpfen kann, weil es bei der Ausgestaltung von Nebenwohnsitzen vielfältige Möglichkeiten gibt. Insofern glaube ich, dass es schon richtig ist, das die Hochschulstädte versuchen, die Studenten zu motivieren, sich dort mit dem Hauptwohnsitz anzumelden.

Die Frage 2 stellt der Abgeordnete Herr Schulze zum Thema Ausweisung des Biosphärenreservates „Bergbaulandschaft bei Bitterfeld“. Bitte schön.

Am 10. Mai 2000 hat der Naturschutzbeirat des Regierungspräsidiums Dessau einen Beschluss gefasst, mit

dem er den Vorschlag des Nabu und des BUND zur Ausweisung eines Biosphärenreservates „Bergbaulandschaft bei Bitterfeld“ befürwortet. Gleichzeitig hat dieser Naturschutzbeirat beim Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt die Prüfung dieser Befürwortung unter Berücksichtigung der Unesco- sowie der Deutschlandkriterien beantragt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Steht dieser Beschluss in Übereinstimmung mit dem Landesentwicklungsplan, dem Regionalentwicklungsplan Dessau, dem Kreisentwicklungsplan Bitterfeld sowie dem Teilentwicklungsplan Goitzsche und dem Masterplan des Zweckverbandes Bergbaufolgelandschaft Goitzsche?

2. Welche Gebietskörperschaften, Körperschaften des öffentlichen Rechts, Ministerien und andere Behörden waren daran beteiligt, wurden dazu mit welchem Ergebnis gehört oder werden dazu noch gehört?

Für die Landesregierung antwortet der Minister für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt Herr Keller.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anfrage des Abgeordneten Herrn Schulze beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.

Zu 1: Der Beschluss des Naturschutzbeirates beim Regierungspräsidium in Dessau enthält Aussagen zur naturschutzfachlichen Bedeutung der Bergbaufolgelandschaft und Vorschläge zu deren naturschutzrechtlicher Sicherung. Diese Aussagen bzw. Vorschläge stehen nicht grundsätzlich im Widerspruch zu den raumordnerischen Festlegungen oder den regionalen Entwicklungskonzepten für dieses Gebiet.

In den in der Frage aufgeführten Programmen und Plänen werden jedoch keine Aussagen zur Ausweisung eines Biosphärenreservates getroffen. Der Beschluss des Naturschutzbeirates ist im Übrigen eine Empfehlung an die Behörden und bindet diese nicht.

Zu 2: Von der für eine Ausweisung als Biosphärenreservat zuständigen obersten Naturschutzbehörde des Landes, nämlich dem Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt, ist weder ein entsprechendes Verfahren eingeleitet worden, noch wird ein solches derzeit vorbereitet. Demzufolge wurden auch nicht Gebietskörperschaften, Körperschaften des öffentlichen Rechts, andere Ministerien oder sonstige Behörden um eine Stellungnahme gebeten. - Vielen Dank.

Eine Nachfrage, Herr Minister. - Herr Schulze, bitte.

Welche Kompetenz hat der Naturschutzbeirat beim Regierungspräsidium zur Stellung solcher Anträge und wie werden diese von den Ministerien bearbeitet?

Wie ich aus der Antwort entnehmen konnte, soll das nicht weiterverfolgt werden. Wurden auch die sächsischen Behörden über diesen Beschluss informiert und wie haben diese reagiert?

Zur Frage der Kompetenz von Beiräten: Beiräte beraten die Landesregierung bzw. die Stelle, bei der sie angesiedelt sind, und sprechen Empfehlungen aus. Natürlich können die Behörden nicht an diese Empfehlungen gebunden sein.

Was das Biosphärenreservat Bergbaufolgelandschaft angeht, so wird darüber im Rahmen der Prioritätensetzung diskutiert. Bei den Großschutzgebieten besteht aber derzeit bei der obersten Landesbehörde keine Arbeitskapazität, dieses Thema aufzugreifen.

Was Ihre konkrete Frage nach der Information der sächsischen Behörden angeht, kann ich das im Moment nur mit Nichtwissen erklären. Das kann ich Ihnen auf Nachfrage nachreichen.

(Herr Schulze, CDU: Danke!)

Meine Damen und Herren! Uns hören jetzt Damen und Herren des Bundes der Vertriebenen aus Köthen zu. Ich begrüße Sie ganz herzlich.

(Beifall im ganzen Hause)

Die Frage 3 wird von der Abgeordneten Frau Krause zum Thema Gesamtvergütung in der ambulanten Versorgung der Kassenpatienten gestellt. Bitte, Frau Krause, Sie haben das Wort.

Dem Bundestag wurde im Dezember 2000 ein Antrag zu dem Thema „Größere Verteilungsgerechtigkeit bei kassenärztlichen Honoraren“ in Bundestagsdrucksache 14/4891 vorgelegt. Unter anderem geht es dabei auch um die Forderung, vom „Sitzprinzip“ - der Kasse - zum „Wohnortprinzip“ - des Versicherten - bei der Vereinbarung über die Gesamtvergütung in der ambulanten Versorgung für alle Kassenarten überzugehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Position nimmt die Landesregierung zur Aufhebung der Praxis, Vereinbarungen über die Gesamtvergütung nach dem Kassensitzprinzip zu schließen, und zu dem Vorhaben, zum Wohnortprinzip überzugehen, ein?

2. Wie steht die Landesregierung zu der Forderung des Landesverbandes Ost der BKK, die Verhandlungskompetenz dem regional zuständigen Verband der jeweiligen Kassenart für alle Versicherten unabhängig davon, ob diese in einer Mitgliedskasse oder einer einstrahlenden Kasse versichert sind, zu überlassen, also zu einem Regionalprinzip überzugehen?

Es antwortet die Ministerin für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales Frau Dr. Kuppe.

Die Anfrage der Abgeordneten Frau Krause beantworte ich wie folgt.

Zunächst eine Vorbemerkung. Der von den Fraktionen der SPD und des Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Dezember 2000 in den Deutschen Bundestag eingebrachte An

trag zu dem Thema „Größere Verteilungsgerechtigkeit bei kassenärztlichen Honoraren“ beinhaltet eine Modifizierung des so genannten Fremdkassenausgleichs. Mit dem Antrag wurde die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, nach dem das so genannte Wohnortprinzip bei Vereinbarungen über die Gesamtvergütung in der ambulanten Versorgung für alle Kassenarten verbindlich vorgeschrieben werden soll.

Wohnortprinzip bedeutet, nach geltendem Recht vereinbaren die landesunmittelbaren Krankenkassen und die Landesvertretungen der Ersatzkassenverbände mit den Kassenärztlichen Vereinigungen des jeweiligen Landes einen bestimmten Betrag. Das ist die so genannte Gesamtvergütung. Aus dieser Gesamtvergütung werden die vertragsärztlichen Leistungen für die Behandlung von Versicherten bezahlt, die in dem entsprechenden Land wohnen.

Dieses Wohnortprinzip gilt aber nicht für alle Krankenkassen. Die bundesunmittelbaren und überregionalen Betriebs- und Innungskrankenkassen wenden zurzeit ein anderes Verfahren an. Diese Kassen schließen Vereinbarungen über die Gesamtvergütung mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab, in deren Zuständigkeitsbereich die Kassen ihren Sitz haben. Hier findet das so genannte Kassensitzprinzip Anwendung.

In den letzten Jahren hat das Kassensitzprinzip zu Problemen geführt, weil sich immer mehr Patientinnen und Patienten in KV-Bezirken behandeln lassen, die nicht gleichzeitig Sitz ihrer Krankenkassen sind. Das ist beispielsweise der Fall, wenn jemand in Sachsen-Anhalt wohnt, sich hier von einem Arzt behandeln lässt, aber bei einer bundesweit geöffneten BKK in Baden-Württemberg versichert ist. Die Kosten für die Behandlung dieses Patienten werden dann durch ein besonderes Verfahren abgerechnet, nämlich das Fremdkassenzahlungsausgleichsverfahren. Dabei werden ärztliche Leistungen mithilfe eines bundeseinheitlichen Punktwertes zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung am Sitz der Krankenkasse und der Kassenärztlichen Vereinigung des behandelnden Arztes abgerechnet. Der behandelnde Arzt erhält von der zuständigen KV, also in meinem Beispiel von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt, den dort festgelegten Punktwert.