Protocol of the Session on March 1, 2001

Herr Kollege, danke für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Bevor wir in der Beratung fortfahren,

freue ich mich, Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Calvörde und eine Jugendweihegruppe aus Halberstadt recht herzlich in unserem Hause begrüßen zu dürfen.

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Es ist vereinbart worden, dazu keine Debatte zu führen. Wünscht trotzdem jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 3/4226. Es wird vonseiten des Ausschusses empfohlen, diesen Antrag abzulehnen. Wer folgt dem Votum des Ausschusses? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das muss gezählt werden.

Bitte noch einmal die Jastimmen. - Bitte zeigen Sie noch einmal deutlich die Jastimmen, weil es Unstimmigkeiten bei der Auszählung gibt. - Die Neinstimmen bitte. - Die Stimmenthaltungen bitte. - Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Mit Ja votierten 19 Abgeordnete, mit Nein 20 Abgeordnete. Der Stimme enthielten sich zehn Abgeordnete.

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP - Zustim- mung von Herrn Kannegießer, DVU-FL)

Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses abgelehnt worden.

Damit muss über den Antrag der CDU-Fraktion in Drs. 3/3289 als solchen abgestimmt werden. Wer stimmt dem Antrag der Fraktion der CDU zu?

(Herr Dr. Rehhahn, SPD: Auszeit!)

Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt - es hat sich aufgrund von Zu- oder Abgängen etwas verändert -: Mit Ja votierten 21 Abgeordnete, mit Nein 22 Abgeordnete. Zwölf Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Wir haben damit den Tagesordnungspunkt 10 abgeschlossen.

(Unruhe)

- Ich möchte sehr gern den Tagesordnungspunkt 11 aufrufen. Allerdings meine ich das mit dem „Aufrufen“ nicht wörtlich, sondern ich möchte in der normalen Lautstärke sprechen dürfen. - Meine Damen und Herren, könnten Sie sich vielleicht entscheiden, sich hinzusetzen oder hinauszugehen?

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung

Stellungnahme zu dem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht betreffend das Erste Vorschaltgesetz zur Kommunalreform - LVG 01/2001

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung - Drs. 3/4175

Ich bitte den Abgeordneten Herrn Schomburg, als Berichterstatter das Wort zu nehmen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschuss für Recht und Verfassung hat sich in seiner letzten Sitzung mit diesem Gegenstand befasst. Es ist im Jahre 2001 die erste Aufforderung zur Befassung mit einem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht.

Eine Antragstellerin klagt gegen die Regelung in Arti- kel 1 Nr. 6 des Ersten Vorschaltgesetzes, die eine Änderung des § 59 Abs. 1 der Gemeindeordnung nach sich zieht. Die Antragstellerin bewirbt sich um das Amt des Bürgermeisters und kritisiert die Ungleichbehandlung der Bewerber, die ihrer Ansicht nach darin zu sehen sei, dass der Amtsinhaber ebenso wie die Vertreter der Parteien und Wählergruppen keine Stützunterschriften sammeln müssten, während die Einzelbewerber dies tun müssten.

Einer guten Tradition im Ausschuss für Recht und Verfassung folgend haben wir einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause zu empfehlen, keine Stellungnahme zu diesem Verfahren abzugeben. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Herrn Kühn, SPD)

Danke, Kollege Schomburg. - Wir stimmen jetzt über die Drs. 3/4175 ab. Wer folgt dem Votum des Ausschusses? - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Ebenfalls nicht. Das Votum war einstimmig. Wir haben den Tagesordnungspunkt 11 beendet.

Der Tagesordnungspunkt 12 wird, wie vereinbart, morgen gegen 10.30 Uhr behandelt werden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung

Bildung und Wirtschaft enger verzahnen

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/4183

Der Antrag wird durch den Abgeordneten Herrn Professor Dr. Spotka eingebracht. Bitte schön, Kollege Spotka.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in der gesamten Bundesrepublik eine paradoxe Situation.

(Frau Krause, PDS: Ja!)

Wir haben zunehmend Personalengpässe trotz einer ausreichenden Zahl formal qualifizierter Personen zu verzeichnen. Wir haben Fachkräftemangel trotz Massenarbeitslosigkeit zu verzeichnen. Angebot und Nachfrage, Anforderungsprofile der Wirtschaft und Eignungsprofile der Arbeitsuchenden passen am deutschen Arbeitsmarkt nicht mehr zusammen. Der Personalnotstand wird trotz Massenarbeitslosigkeit zur Wachstumsbremse, insbesondere in innovativen Technologiefeldern.

Es ist nicht nur so, dass in einer Welt der sich beschleunigenden Entwicklung einmal erworbene Qualifikationen schnell verschleißen und Erwerbsbiografien wertlos werden - nein, bereits frisch ausgebildete Jungakademiker sind als Kompetenzträger nicht brauchbar oder müssen über teure Kompetenzentwicklungsprogramme, die sich nur Großunternehmen leisten können, für den Berufsalltag fit gemacht werden. Der Nachentwicklungsaufwand der Unternehmen, um Absolventen im Innovationsbereich fit oder beschäftigungsfähig zu machen, liegt derzeit im Durchschnitt bereits bei 18 Monaten zusätzlicher betrieblicher Anlernzeit.

In kleinen und mittelständischen Unternehmen, die sich das nicht leisten können, wird deshalb vielfach nach dem Motto verfahren: Besser eine Stelle unbesetzt las

sen, als das Risiko einer kostspieligen Fehlbesetzung eingehen.

(Zustimmung von Herrn Kühn, SPD)

Schließlich wird die Kluft zwischen dem Bedarf an Fachkräften, die im konkreten betrieblichen Anwendungszusammenhang praktisch und versiert mit modernen Technologien umgehen können, und dem Angebot an theoretischen Spezialisten von den Hochschulen, die in größerem Umfang ausgebildet und vielfach zum Teil bis zu ihrem 26. oder 28. Lebensjahr dort praxisfern verwahrt werden, immer größer.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU, und von Herrn Kühn, SPD)

Analysiert man die auftretenden Personalengpässe, wird schnell deutlich, dass gerade die mittlere Kompetenzebene zwischen gewerblichem und akademischem Ausbildungsbereich fehlt, dass für Kompetenzen in den Anwendungsbereichen moderner Technologien zumeist überhaupt keine professionellen Entwicklungspfade existieren.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)

Bei den Ausbildungsvolumina an den Hochschulen ging einfach die Anbindung an die sich immer schneller verändernden praktischen Erfordernisse einer innovierenden Wirtschaft weitgehend verloren. Ein Ingenieur - ich kenne das aus eigener Erfahrung - hat im Verlauf seines Studiums meist nur einige Wochen Betriebspraktikum und ein Naturwissenschaftler sieht während seiner Studienzeit so gut wie nie ein Unternehmen von innen.

(Zustimmung von Frau Schnirch, CDU, und von Herrn Schomburg, CDU - Herr Kühn, SPD: Stimmt!)

Der Mangel an Verzahnung von Bildungs- und Beschäftigungssystem ist im Hochschulbereich gravierend. Das stellt auch die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände in ihrem Papier „Für eine neue Bildungsoffensive“ fest.

Dies betrifft den Hochschulbereich. Aber, meine Damen und Herren, auf der anderen Seite kann die klassische gewerbliche Berufsausbildung, die auf relativ niedrigem Niveau verharrt, an zu langsamen Anpassungsmechanismen krankt und von begabten jungen Menschen immer weniger frequentiert wird, das heute beispielsweise an einen Facharbeiter der Informationstechnologie oder der Biotechnologie gestellte Anforderungsniveau überhaupt nicht mehr erreichen.

Das duale System wird so sehr gelobt. Lassen Sie mich einmal vortragen, was Lothar Späth in einer Rede vor dem „Liberalen Netzwerk“ in Bielefeld sagte. Ich darf mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitieren:

„Wie muss also Bildungswesen aufgebaut sein? Ich glaube, es gibt keine Regeln, wie man Bildungswesen aufbauen kann. Ich weiß nur eines: Dieses alte duale System interessiert niemanden mehr, obwohl es heute immer noch so gelobt wird. Natürlich ist es wichtig, dass die Leute eine disziplinierte Ausbildung bekommen. Aber wenn ich zum Beispiel an die Metallindustrie denke: Was wird denn da noch geschliffen? Höchstenfalls der Lehrling vom Meister. Das mag sein und das schadet dem auch nicht. So weit gehe ich mit. Aber dass er später Fertigungsautomaten

bedienen muss und dass er alles andere mit den Fertigungsautomaten machen kann, dass er Elektronik verstehen muss, dass ist immer noch nicht ausdiskutiert.“

Wo aber, meine Damen und Herren, liegt die Lösung? Eines kann man klar sagen: Mit Zuwanderung, mit der Ausweitung des Greencardmodells auf alle innovierenden Wirtschaftsbranchen ist das Problem nicht zu lösen.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU, und von Frau Weiß, CDU)

Man muss vielmehr von der Ursache dieser Situation ausgehen. Ein verschultes und praxisfernes Ausbildungswesen sowohl im gewerblichen wie im akademischen Bereich führt immer weiter in die Sackgasse. Man schafft vor allen Dingen Formalqualifikationen, die kaum einem anwendungsbezogenen Aufbau beruflicher Handlungsfähigkeit entsprechen.