Recht haben Sie! Aber ich frage Sie: Warum haben Sie dieses Problem nicht gelöst, als Sie die politische Verantwortung in diesem Land und vor allem im Bund hatten?
Zum Schluss möchte ich daran erinnern: Bei aller Freude, die aufkommt, wenn wir die herrlich sanierten Wohngebäude und das dazugehörige Wohnumfeld sehen, sollten wir genügend Realitätssinn behalten, um an die Wohnungsunternehmen zu denken, die bereits Konkurs angemeldet haben oder kurz davor stehen. Sie wissen, dass die schrumpfende Bevölkerung sich auf die Nachfrage nach wirtschaftlichen Leistungen, Dienstleistungen, auf die Steuereinnahmen, auf die gesamte Infrastruktur auswirkt.
Deshalb sollte die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung initiativ werden und ein der tatsächlichen Situation des Landes, der Kommunen und vor allem der Wohnungsunternehmen entsprechendes Förderprogramm einfordern.
Ich bitte um die Zustimmung zu der Überweisung in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr als dem federführenden Ausschuss sowie in den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, den Finanzausschuss, den Wirtschaftsausschuss und den Innenausschuss. - Danke.
Danke, Kollege Radschunat, für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion in der Reihenfolge FDVP, CDU, SPD, DVU-FL und PDS vorgesehen. Als Ers- tem erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Dr. Heyer das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der An- trag der PDS greift mit dem wohnungswirtschaftlichen Strukturwandel in den neuen Bundesländern das zentrale Thema der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik im Osten auf, das uns sicher in den nächsten 15 bis 20 Jahren beschäftigen wird. Davon sind nicht nur die
Politikbereiche betroffen, die ich zu vertreten habe. Es ist ein Thema, das sehr weit in die Innenpolitik und in die Sozialpolitik hineinreicht. Ich halte es deshalb für angemessen, dass der Landtag diesen Prozess in seinen Fachausschüssen begleiten will.
Sie kennen die wesentlichen Inhalte des Abschlussberichts der vom Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen eingesetzten Expertenkommission zum wohnungswirtschaftlichen Strukturwandel, der vor einigen Wochen der Öffentlichkeit übergeben wurde. Dieser Bericht enthält einen sehr umfangreichen Katalog von Vorschlägen, wie dem Leerstand in den neuen Ländern begegnet werden soll. Die Maßnahmeempfehlungen reichen von der Veränderung steuerlicher Instrumente wie der Eigenheim- und Investitionszulage über verstärkte Wohnungsprivatisierung bis hin zu der Empfehlung, in den nächsten Jahren rund 350 000 Wohnungen in den neuen Bundesländern abzureißen.
Der weit überwiegende Teil der Empfehlungen kann nur von der Bundesregierung umgesetzt werden. Sie hat die dafür erforderliche Gesetzgebungskompetenz. Auch die Bewältigung der Aufgabe ist ohne finanzielle Unterstützung des Bundes nicht leistbar.
Eines macht die Expertenkommission in ihrem Bericht immer wieder deutlich - hier hat auch der Antrag der PDS, lieber Herr Kollege Radschunat, eine Schieflage -: Die Problematik des Wohnungsleerstandes betrifft nicht nur die wohnungswirtschaftlichen Unternehmen und ihre finanzielle Lage. Es handelt sich vielmehr um eine komplexe Aufgabe des Stadtumbaus, der Stadterneuerung, letztendlich um die Steuerung der vor uns liegenden Schrumpfungsprozesse in den Städten.
Die Kommission lässt keinen Zweifel daran, dass dies in die vorrangige Verantwortung der Kommunen fällt. Genau an dieser Stelle setzt die Landesregierung mit ihrer Politik an, durch eine Herangehensweise, die wir übrigens schon vor der Bauministerkonferenz konzipiert hatten und mit der wir uns im Ergebnis der Minister- konferenz bestätigt sehen.
Die Erstellung von Stadtentwicklungskonzeptionen in kommunaler Verantwortung ist nach meiner Auffassung der richtige Weg, den vor uns stehenden Prozess zu steuern. Nur die Kommunen verfügen über die notwendige Kompetenz und Kenntnis vor Ort, um den lokal unterschiedlichen Problemlagen gerecht zu werden.
Es geht gerade im Bereich des Wohnens und der Stadtentwicklung darum, Konzepte nicht zentralistisch am grünen Tisch, sondern unter Beteiligung aller Akteure - das heißt mit intensiver Einbindung der Einwohner - zu erarbeiten. Angesichts der tiefgreifenden Umgestaltung ganzer Stadtteile geht es auch um die Akzeptanz bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern. Diese ist aus Magdeburg heraus nicht zu organisieren.
Nun gab es, liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Tagen Veröffentlichungen, die uns raten wollen, das Thema stärker in eine zentralistische Struktur einzubinden und landesweite Konzepte zu erarbeiten oder, wie im PDS-Antrag gefordert, regionale Strukturprogramme zu entwickeln. All dies sind nach meiner Überzeugung Irrwege. Es ist wenig zielführend, die Aufgabe nur aus dem Blickwinkel von einzelnen Betroffenenverbänden zu betrachten.
Es ist auch eine Frage der verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmung der Kommunen, solche Entscheidungen, die die Zukunft und die Lebensqualität
ihres Gemeinwesens betreffen, selbst vor Ort zu fällen. Sie können das Prinzip nicht bei jeder Gelegenheit hochhalten und es dann, wenn es konkret wird, zentralistisch aushöhlen.
Bei der Erarbeitung der Stadtentwicklungskonzepte werden wir die Kommunen nicht allein lassen. Wir planen schon Mitte Januar eine Beratung mit allen Städten, die oberhalb der Größenordnung von Grundzentren liegen - das werden ca. 40 Städte sein -, in der wir uns über die qualitativen Inhalte solcher Entwicklungskonzepte verständigen wollen. Zu diesem Zeitpunkt werden wir den Städten einen Mitfinanzierungsvorschlag unterbreiten.
Schon heute richtet sich mein Appell an Sparkassen und Banken in unserem Land, sich ebenfalls an der Finanzierung solcher Konzepte zu beteiligen, um den Kostenanteil der Kommunen zu senken. Auf der Basis dieser Konzepte werden wir dann unser Förderinstrumentarium aufbauen.
Für die Übergangszeit kann ich Ihnen schon heute versichern, dass wir die Städtebauförderung und die Wohnungsförderung - ich lasse bei dem letzten Begriff das Wort „Bau“ heraus, weil dieses in der Öffentlichkeit falsch verstanden wird; es geht nämlich gar nicht um Neubau -, wie sie gestern im Landeshaushalt beschlossen worden sind, weiterlaufen lassen werden. Die Wirkung dieser Instrumente sollte man, lieber Herr Kollege Radschunat, nicht zu gering schätzen.
Wenn Wohnungsunternehmen und Genossenschaften Förderanträge stellen, haben wir den Städten bisher schon die Möglichkeit eingeräumt, zur Modernisierung und Instandsetzung Stellung zu nehmen, um diese mit ihren eigenen Vorstellungen abgleichen zu können. Das werden wir bei der Förderung bis zum Jahr 2001 weiter ausbauen.
Wie Sie sehen, gehen wir konzeptionell und langfristig an den Stadtumbau heran. Wie schon ausgeführt, geht es um einen Prozess, der 15 bis 20 Jahre dauern wird. Er eignet sich deshalb nicht für aktionistische Schnellschüsse, wie sie uns mit der Auflage eines Abrissprogramms, das anderenorts, wie ich gehört habe, auch nicht laufen soll, immer wieder empfohlen werden.
Um es klar zu sagen: Auch in Sachsen-Anhalt werden wir Wohnungen in großem Umfang abreißen müssen. Das darf aber nicht an den kommunalen Entscheidungsträgern vorbei entschieden werden.
Die Bundesregierung und die Länder haben sich bei der Bauministerkonferenz in Hamburg auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe geeinigt, in der neben den ostdeutschen Ländern einschließlich Berlins auch zwei westdeutsche Länder und das Vorsitzland Hamburg vertreten sind. Die Arbeitsgruppe soll die Umsetzbarkeit der Vorschläge der Expertenkommission prüfen. Die kommunalen Spitzenverbände und die wohnungswirtschaft-lichen Spitzenverbände sollen zu Gesprächen einge-laden werden. Natürlich wird die Frage der Finanzierung der zukünftig zu ergreifenden Maßnahmen eine wesentliche Rolle spielen.
Eine ausschließliche Festlegung der Landesregierung auf Mittel, die im Rahmen der Abführung von Privatisierungserlösen dem Erblastentilgungsfonds zugeflossen sind, soll von unserer Seite nicht von vornherein erfolgen.
Der Bund hat bereits 700 Millionen DM für die nächsten zehn Jahre bereitgestellt. Selbstverständlich wird sich Sachsen-Anhalt mit erheblichen Mitteln beteiligen. All
Danke, Herr Minister. - Bevor ich für die FDVP Herrn Mertens das Wort erteile, begrüße ich herzlich Studentinnen und Studenten der Fachhochschule Magdeburg.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was zu DDR-Zeiten der Wohnungsnotstand war, ist heute der Wohnungsleerstand. Beide Male versagte die Wohnungsbaupolitik, damals die der PDS-Vorgängerpartei, heute die der rot-roten Landesregierung von SachsenAnhalt und der SPD-geführten Bundesregierung in Deutschland.
Mit dem Machtantritt von Schröders Partei sollte alles besser werden. Aus Fehlern der alten Regierung unter Kohl wollte man lernen. Doch die Realität, vor der sich auch die Landesregierung um Höppner verschließt, sieht leider anders aus. Öffentliche Fördermittel wurden seitdem, wie in den letzten Jahrzehnten, für Neubau und den Zuwachs an Wohnraum ausgegeben. Diese Gelder müssen zur Sanierung des vorhandenen sanierungswürdigen Wohnraums eingesetzt werden, denn die Nachfrage nach Altbauwohnungen mit modernem Komfort besteht.
Der steigende Leerstand an Wohnungen wird infolge der miserablen Arbeitspolitik auch hier im Land SachsenAnhalt noch vorangetrieben. Viele Bürger aus unserem Bundesland wandern in Regionen ab, in denen die Arbeitsmarktsituation entspannter ist. Das Land Sachsen-Anhalt ist mit der höchsten Arbeitslosenquote und dem höchsten Wohnungsleerstand führend in den neuen Ländern. Sie sehen, das Versagen auf einem Gebiet zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche. Bedanken wir uns bei Herrn Höppner und bei der sich bei ihm einschmeichelnden PDS-Fraktion.
In den ostdeutschen Städten und Gemeinden müssen nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich 300 000 bis 400 000 leer stehende Wohnungen abgerissen werden. Dass dieser Abriss mit hohen Kosten für Bund, Länder und Kommunen verbunden ist, dürfte allen bekannt sein. Allerdings ist der PDS-Fraktion offensichtlich nicht bewusst, dass eine Finanzierung in Höhe von 300 Millionen DM pro Jahr aus dem Erblastentilgungsfonds überhaupt nicht möglich ist.
Zur Information: Der Erblastentilgungsfonds wurde im Jahr 1990 gegründet und hat die Aufgabe, Altschulden der Wohnungsunternehmen aus der DDR-Zeit abzupuffern, damit diese überhaupt wirtschaften können. Es heißt eindeutig „Altschulden“ und nicht „Abriss“.
Meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, man kann sich nicht immer aus artverwandten Töpfen be- dienen, nur weil dort „Wohnungen“ draufsteht.
Die PDS-Fraktion versucht nunmehr sehr wirksam und höchst spektakulär, ihren Antrag zu verkaufen. Wir haben ihn durchschaut.
Ein Teil der Empfehlungen in diesem Antrag wird niemals umgesetzt werden. Das wissen Sie. Mit solchen Anträgen versucht man, alte Fehler, an denen man nicht unerheblich beteiligt war, durch gute Taten zu verwischen. Die Wahl ist nicht mehr allzu weit entfernt. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion und die SPD-Fraktion haben nahezu zeitgleich für Januar eine Anhörung zu diesem Thema beantragt. Ich bin froh darüber, dass der Landtag im Januar diese Anhörung mit den Verbänden durchführen wird, um dieses Thema in angemessener Zeit im Parlament beraten zu können.
Die fünf Minuten Redezeit, die uns zu diesem Thema zur Verfügung stehen, reichen nicht aus. Das Thema ist nicht ganz einfach. Ich denke aber, die Positionen der einzelnen Parteien sind in der Vergangenheit schon sehr deutlich herübergebracht worden, sodass ich mich auf wenige Punkte konzentrieren kann.
Zunächst eines. Herr Radschunat, Sie können mir vieles vorwerfen, aber eines müssen Sie zur Kenntnis nehmen: Ich bin derjenige gewesen, der von der ersten Stunde an immer gesagt hat, das Thema Wohnungswirtschaft sei ein gesamtdeutsches Problem. Die Länder könnten dieses Problem alleine nicht lösen.
Das ist die Politik seit dem Jahr 1991 gewesen. Daran darf sich nichts ändern, weil es tatsächlich eine Erblast ist. Ich will gar nicht sagen, wer diese Erblast verursacht hat. Auch das wissen wir, meine Damen und Herren. Von der Seite bitte ich Sie, mit diesen Argumenten aufzuhören. Das ist der falsche Weg.
Ich hoffte, dass wir das Problem bereits überwunden hätten. Ich sage es noch einmal - das habe ich auch gegenüber der Wohnungswirtschaft gesagt -: Es ist ein gesamtdeutsches Problem. An dieses Problem müssen wir anknüpfen, meine Damen und Herren, sonst können wir das in Thüringen, in Sachsen, in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt nicht allein lösen.
Das Zweite. Herr Minister Heyer, Sie haben heute Geburtstag, und da kann man sich eigentlich etwas wünschen. Ich wollte Sie eigentlich heute etwas stärker attackieren. Aber ich sage mir, wenn er Geburtstag hat, dann muss man ein bisschen Rücksicht nehmen.
Aber eines kann ich Ihnen nicht ersparen: Sie haben im Prinzip mindestens eineinhalb, zwei Jahre bei dieser Problematik verschlafen.