Protocol of the Session on December 14, 2000

Ich will deutlich sagen: Dies ist nicht allein die Schuld von Herrn Eichler; ich würde es nicht einmal ganz beim Kultusminister abladen. Das ist vielmehr das Ergebnis einer verfehlten Haushaltspolitik in der Vergangenheit.

(Beifall bei der CDU)

Sie waren es, meine Damen und Herren, - um nur ein Beispiel zu nennen - die den Tarifvertrag für die Lehrer als zukunftsweisend, beispielhaft und unvergleichbar bezeichnet haben.

(Herr Gürth, CDU: Das war der größte Fehler!)

Sie haben sich auf PDS-Parteitagen und an anderen Stellen dafür selbst auf die Schulter geklopft. Was sehen wir jetzt? - Am Ende der Tariflaufzeit hat das Land versteckte Schulden in Höhe von 600 Millionen DM bei den Lehrern. Das Land muss unter diesen Bedingungen und angesichts der mangelnden Attraktivität Angst vor jeder Stellenausschreibung von Kultusministerien westdeutscher Bundesländer und inzwischen auch ostdeutscher Bundesländer haben.

(Herr Gürth, CDU: So ist es! Traurig, traurig!)

Ich weiß, dass dies nicht nur eine Frage der Dotierung der Lehrerstellen ist. Man kann es gerade kreativen Pädagogen schwerlich zumuten, in einem bildungspolitischen Museum zu arbeiten. Das ist der andere Gesichtspunkt, mit dem wir es hierbei zu tun haben.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Meine Damen und Herren, die museale Ausstattung Ihres Schulbereiches haben Sie inzwischen selbst erkannt. Sie wissen doch inzwischen, dass das 13. Gymnasialschuljahr ein untergehendes Schiff ist. Sie finden nur kein Rettungsboot, um davon herunterzukommen. Das ist die Situation, in der wir uns befinden.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Aber bei allen Zwängen, die bestehen: Die Entwicklung ist Besorgnis erregend. Wir bekommen in diesen Bereichen - hierbei beziehe ich die Hochschulen ein - eine wachsende Personalkostenquote; das ist mit Zahlen zu belegen. Der Gestaltungsspielraum wird immer enger und wird immer mehr erdrückt.

Ein Mitglied des Senats der Martin-Luther-Universität hat mir kürzlich gesagt: Die Landesregierung scheint die Absicht zu haben, unseren Haushalt auf 100 % Personalkosten zu bringen; dann können wir den Laden zumachen.

Hierin liegt das Problem der Martin-Luther-Universität, Herr Minister - er ist leider abwesend; ich hätte es ihm gern persönlich gesagt -: In den zurückliegenden Jahren, insbesondere im letzten Haushaltsjahr, wurde im Bereich der Martin-Luther-Universität, die besondere Entwicklungslasten trägt, brutal und ohne Spezifizierung gekürzt. Als wir versuchten, die Haushalte in Ordnung zu bringen, sagte man uns: Lasst doch, die sollen Personal abbauen.

Im August letzten Jahres hat der Senat der MartinLuther-Universität den Abbau von 350 Stellen beschlossen und ein Kündigungsverfahren vorgesehen. Am 1. Dezember mussten sich die gleichen Leute, die erpresstermaßen wegen mangelnder Finanzen Kündigungen vorhatten, vom Kultusminister sagen lassen, er sei nicht der Minister, der mit Kündigungen operiere.

Meine Damen und Herren! Herr Minister, wie soll die Universität denn überhaupt noch zurechtkommen? Sie können nicht auf der einen Seite den Geldhahn zudrehen und auf der anderen Seite personalpolitische Entscheidungen, die die Universität nun selbst treffen will, verhindern und behindern. Das wäre endgültig der Tod der Universität.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Herr Finanzminister, eines will ich noch sagen: Aus Ihrer Bemerkung spricht eine erhebliche Ferne gerade im Hinblick auf die Situation unserer Hochschulen. Sie haben die schwierigen Aufbaujahre 1990/91 nicht erlebt. Viele hier im Parlament - fraktionsübergreifend - waren aktiv daran beteiligt. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Eine solche Aushungerpolitik wird bei uns auf den schärfsten Widerstand stoßen. Unsere Hochschulen haben es verdient, Zukunftsstätten zu sein. Unser Land braucht Zukunftsstätten. Das wollte ich Ihnen einmal unmissverständlich sagen.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Ich habe mich an meine Zeitvorgabe zu halten und komme zum Schluss.

Ein Magdeburger Politologe hat ausgeführt: Das Bündnis von SPD und PDS, wie es hier praktiziert wird, folgt dem Typus eines leistungsschwachen Fürsorgestaates.

(Minister Herr Gerhards: Das ist parteistrate- gisch!)

- Derjenige, der das gesagt hat, ist ein SPD-Mitglied, wenn ich das einmal bemerken darf. Wir können darüber reden. - Wir haben nichts gegen staatliche Fürsorge. Das Problem des leistungsschwachen Fürsorgestaates ist aber im Haushalt abzulesen: größte Schrumpfung im Wirtschaftsetat, zweitgrößte Schrumpfung im Sozialetat. Das heißt, die Fürsorge wird immer geringer, wenn die Leistung nicht mehr da ist.

Sie schaffen keine Leistungsvoraussetzungen; deshalb werden immer mehr Menschen unserem Land den Rücken kehren, mit allen damit verbundenen fatalen

Konsequenzen. Wir brauchen einen anderen Grund- ansatz, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden Dr. Fikentscher das Wort. Bitte, Herr Dr. Fikentscher.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Haushalt geht es nicht einfach nur um Geld, sondern es geht im Wesentlichen auch um Politik. Die Politik wird unterschiedlich bewertet - das haben wir gerade wieder erlebt -, jeweils von einem anderen Standpunkt aus und abhängig davon, mit welchen Interessen man auf das Ganze blickt. Deswegen ist es auch wichtig und richtig, dass wir mit einer politischen Einschätzung beginnen.

Der Kollege Bergner hat quasi aus dem Wörterbuch für bekannte Schlagworte noch einmal einen großen Löffel genommen

(Herr Bischoff, SPD, lacht)

und hat einen Rundumschlag auf alles, was man mit Politik bezeichnen kann, versucht.

(Zustimmung von Herrn Dr. Rehhahn, SPD, und von Frau Krause, PDS)

Ich bewerte dagegen zunächst einmal die vorliegende Beschlussempfehlung zu unserem Haushaltsplan unter drei Gesichtspunkten, die sich teilweise miteinander mischen. Der Haushalt 2001 hat nämlich eine ganze Reihe von echten Besonderheiten, die ihn von dem unterscheiden, was in den Vorjahren geschehen ist.

Da geht es zunächst einmal um die Beurteilung der Eckdaten bzw. der Kennziffern. Dann sind die Besonderheiten bei dem Verlauf und der Begleitung der Haushaltsberatungen hervorzuheben. Außerdem möchte ich mich auf das beziehen, was bei der Einbringung des Haushalts seitens der Fraktionen gesagt worden ist, um einmal die Gewichtigkeit und die Einhaltung bestimmter Ansagen und Versprechen prüfen zu können.

Meine Damen und Herren! Die Kennziffern bzw. die Eckdaten des Haushaltes sind hinlänglich bekannt. Wir haben uns von vornherein zu diesen Eckdaten bekannt und gesagt, dass wir sie so halten möchten.

Das Gesamtvolumen des Haushaltes ist das geringste seit acht Jahren; das heißt, die Ausgaben steigen nicht, sondern sie sinken. Dass das Konsequenzen haben muss - auch unterschiedliche Konsequenzen für die einzelnen Teilhaushalte -, muss allen klar sein. Das gilt allerdings nur für diejenigen, die den Haushalt insgesamt betrachten, und nicht für diejenigen, die sich nur einen Teil ansehen und sich dann ungerecht behandelt fühlen.

Es wird immer gesagt - auch der Kollege Bergner hat das bei seiner Rede im September besonders hervorgehoben -, der Schuldenberg scheine uns zu erdrücken. Aber niemand kann im Ernst bestreiten, dass wir die Neuverschuldung zurückgeführt haben. Wir haben die geringste Neuverschuldung, die das Land SachsenAnhalt in einem Haushaltsjahr je hatte. Das kann man auch mit Verweisen auf andere Haushaltsgrößen nicht kleinreden.

Herr Kollege Bergner, Sie sagten, die Schuldenlast in Sachsen sinke.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Die Zinslast!)

- Die Zinslast. - Das würde heißen, dass die Sachsen angefangen haben, ihre Schulden zurückzuzahlen. Aber so weit sind die Sachsen jedenfalls nach meiner Kenntnis noch nicht.

(Herr Scharf, CDU: Das hat er aber auch nicht gesagt!)

- Aber nur dann könnte die Zinslast sinken.

Die Gesamtverschuldung ist natürlich wieder gestiegen. Wie soll das auch anders sein, wenn man neue Schulden macht? Aber der Anstieg der Verschuldung ist gebremst.

(Herr Gürth, CDU, lacht)

Diesen Weg werden wir weiter gehen. Natürlich ist es leicht, Zweifel anzumelden, ob uns das gelingt, weil der Rückgang in diesem Jahr geringer ist als vorgesehen. Aber es war ja auch nicht vorgesehen - jedenfalls war es nicht langfristig zu erkennen -, dass wir im Haushalt des kommenden Jahres aufgrund der Steuerreform Einsparungen in einer Größenordnung von 600 Millionen DM würden vornehmen müssen. Stellen Sie sich vor, wie weit wir die Senkung der Schulden hätten vorantreiben können, wenn wir dieses Geld gehabt hätten.

(Frau Stange, CDU: Wer hat denn diese Steuer- reform beschlossen? - Zuruf von Herrn Dr. Daeh- re, CDU)

Bedauerlich ist - das muss jeder einräumen -, dass auch unsere Investitionsquote die niedrigste ist, die wir je hatten. Aber zum Stichwort Investitionsquote möchte ich Folgendes anmerken: Ich habe mir einmal in Statistiken der neuen Bundesländer die verschiedenen Kenndaten der letzten Jahre angeschaut und die Zahlen miteinander verglichen. Wenn man diese Zahlen in einer Reihenfolge ordnet, stellt man fest, dass es nicht so ist, dass ein Land immer an der Spitze steht

(Herr Dr. Daehre, CDU: Aber wir sind immer am Ende!)

und ein anderes immer am Ende, sondern es ist so, dass es immer einen Wechsel der Positionen gibt. Es gibt keine Zahl, die allein alles erklärt.

Beim Thema Investitionsquote möchte ich das Problem mit den 200 Millionen DM EFRE-Mitteln kurz ansprechen. Natürlich ist da etwas abgelaufen, was kritikwürdig ist, ohne Zweifel. Wenn man das aber insgesamt betrachtet, stellt man fest, dass diese 200 Millionen DM die Quote in diesem Jahr erhöhen,

(Herr Dr. Daehre, CDU, lacht)

wohingegen die Quote im nächsten Jahr sinkt. Das macht ungefähr 1 % aus.