Protocol of the Session on November 10, 2000

Man muss kein Sympathisant der NPD sein, um festzustellen, dass es durch Panikmache mit der so genannten rechten Gewalt bereits zu einem Sympathieschub für die NPD gekommen ist, der mit Sicherheit nicht geringer werden wird, wenn nun auch noch völlig überflüssige Berichterstattungen zum Verbotsantrag gegen die NPD durch die Landesregierung erfolgen.

Wir lehnen den Antrag der Fraktion der PDS in dieser Form natürlich ab. Allerdings würden wir ihn befürworten, wenn er modifiziert würde und eine Berichterstattung der Landesregierung zum Stand eines Verbotsantrages gegen die der PDS zugehörende kommunistische Plattform beinhaltete.

(Beifall bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Diese will nachweislich einen anderen Staat, nämlich einen wiederum sozialistischen, der die Diktatur des Proletariats beinhaltet. In Mecklenburg-Vorpommern erklärt der stellvertretende Ministerpräsident, dass er einen anderen Staat in diesem Lande haben will. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDVP)

Frau Leppinger hat jetzt für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir stehen heute vor der Frage: Wie gehen wir mit Extremisten um, die vorgeben, sich auf dem Pfad der Rechtsstaatlichkeit zu bewegen, und in Wahrheit diesen schon längst verlassen haben?

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Wie gehen wir mit einer Partei um, die in zunehmender Weise eine Gefahr für Freiheit und Demokratie ist? Reichen Lichterketten, Demonstrationen gegen rechte Gewalt und Veranstaltungen zu diesem Thema noch aus? Soll die Demokratie ein zahnloser Tiger sein, oder soll sie zeigen, dass sie gegenüber Extremismus und Gewalt auch wehrhaft sein kann?

Diese Fragen treiben mich seit vielen Jahren als Innenpolitikerin, aber auch als Vorsitzende der Parlamentarischen Kontrollkommission um. Für mich hat sich nach vielen Jahren des Versuchs, dieses Problem mit Überzeugungskraft zu lösen, doch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Demokratie an dieser Stelle auch Grenzen setzen muss, um ein demokratisches Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger zu garantieren.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Gestern vor elf Jahren haben wir die Mauer niedergerissen

(Herr Weich, FDVP: Sie auch? - Gegenruf von Frau Lindemann, SPD: Das ist eine Unver- schämtheit!)

und eine Diktatur gestürzt. Wir haben im Jahr 1989 nicht den Freiheitskampf aufgenommen, um Extremisten, die eine Politik vertreten, die Deutschland und andere Nationen schon einmal in das Elend gestürzt hat, wieder Raum zu geben. Nein, dafür haben wir die friedliche Revolution 1989 nicht vollbracht.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Frau Wiechmann, FDVP: Das ist doch Blödsinn, was Sie da erzählen!)

Wir werden uns die im Jahr 1989 auf der Straße durch friedliche Demonstrationen erkämpfte Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- und Pressefreiheit nicht von Leuten nehmen lassen, deren Politik darauf gerichtet ist, diese Freiheit wieder einzuschränken.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS - Zurufe von der FDVP)

Es ist nicht das erste Mal, dass der Rechtsstaat wehrhaft sein muss. Die extremistische RAF konnte auch nur mit repressiven Mitteln wirksam bekämpft werden.

(Zuruf von Herrn Miksch, fraktionslos)

Die RAF hat mit ihren Attentaten Angst und Schrecken verbreitet.

(Zuruf von Herrn Weich, FDVP)

Wesentlich mehr Todesopfer haben wir durch Gewalttaten der Rechtsextremisten zu verzeichnen.

Lichterketten, so wichtig sie auch sind, reichen meiner Meinung nach alleine nicht mehr aus.

(Zustimmung von Frau Ferchland, PDS)

Wir sollten den Verbotsantrag als Chance sehen, den Extremisten zu zeigen, dass der Staat stark genug ist, die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Ferchland, PDS)

Übrigens freue ich mich, dass es gestern bei der Demonstration in Berlin eine große Geschlossenheit zwischen den Parteien, aber auch zwischen der Politik und den Bürgern hinsichtlich der Bekämpfung des Rechtsextremismus gegeben hat und dass deutlich gemacht wurde, Toleranz hört dort auf, wo die Freiheit und die Würde des Einzelnen eingeschränkt werden.

Da der Minister bereits im Plenum und damit öffentlich den Bericht abgegeben hat und über den Beitrag hinausgehende Informationen der PKK vorbehalten sind, werden wir den Antrag wegen Erledigung ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Jeziorsky.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zu dem eigentlichen Antrag sprechen. Es ist eine ganze Menge gesagt worden, auch in der Einbringungsrede von Herrn Gärtner, das über das, was in dem Antrag formuliert ist, hinausgeht.

Der Innenminister hat davon gesprochen - das unterstütze ich -, dass wir eine wehrhafte Demokratie gegen Extremismus und gegen Verfassungsfeindlichkeit brauchen.

(Zustimmung von Herrn Preiß, DVU-FL)

Ich glaube, das können wir alle gemeinsam unterschreiben. Dazu dient auch die Überlegung, einen Antrag auf Verbot der NPD zu stellen.

Der Innenminister hat das vorgetragen, was seit dem Sommer sowohl vom Zusammentragen des Materials als auch von den regelmäßigen Konsultationen zwischen Bund und Ländern berichtenswert ist.

Ich frage mich, wenn ich den Antrag der PDS lese, welchen Sinn zu diesem Zeitpunkt eine Berichterstattung eigentlich haben soll. Seit heute ist klar - der Innenminister hat es gesagt -, der Antrag wird gestellt, und zwar ohne dass jemand gegen den Antrag ist. Vielleicht wird es Enthaltungen geben, aber die haben möglicherweise etwas damit zu tun - auch das hat der Innenminister gesagt -, dass man über die Chancen und Risiken des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht im Vorfeld keine Aussage treffen kann.

Ich denke, im Innenausschuss gibt es niemanden, der, wenn er die Informationen, wie sie hier eventuell gewünscht sind, vom Innenministerium gehört hat, besser als die Verfassungsrichter, die sich zu gegebenem Zeitpunkt mit dieser Thematik befassen müssen, einschätzen könnte, ob das Material und die Begründung für den Antrag ausreichend sind. Mit dieser Einschätzung, denke ich, sind wir als Mitglieder des Innenausschusses überfordert.

Insoweit kann ich mich auch der Kollegin Leppinger anschließen: Das, was heute gesagt worden ist und was auch der PKK schon an Informationen vorliegt, reicht

dafür aus, dass auch das Land Sachsen-Anhalt die Intention des Antrages auf ein Verbot der NPD unterstützen kann. Für mich reichen die Informationen jedenfalls aus. Insoweit halte ich diesen Antrag für nicht notwendig. Die CDU wird ihn ablehnen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Frau Kauerauf, SPD)

Für die PDS-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Gärtner noch einmal das Wort. Bevor Herr Gärtner spricht, begrüße ich herzlich Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Goldbeck.

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will der inhaltlichen Debatte nicht mehr allzu viel hinzufügen. Ich will allerdings sagen, dass wir bei unserem Antrag bleiben und ihn aufrechterhalten, weil wir in der Tat glauben, dass, wenn sich dieser Landtag dazu bekennt, den Antrag auf Feststellung der Verfassungsfeindlichkeit der NPD zu unterstützen, das, was hier allgemein gesagt worden ist, nicht ausreicht. Dann reicht auch das nicht aus, was auf den 74 Seiten des Innenministers geschrieben steht. Wir brauchen detaillierte Informationen.

Ich nehme die Hinweise von Guido Westerwelle sehr ernst, der in sehr ernster Weise gesagt hat, dass ihm das, was vorliegt, zu dünn ist. Guido Westerwelle ist Rechtsanwalt. Ich nehme das sehr ernst. Ich glaube, wir sollten davor nicht die Augen verschließen. Wir sollten die Augen davor vor allen Dingen deshalb nicht verschließen, weil es in der PKK hinter verschlossenen Türen in konspirativer Art und Weise verhandelt wird.

Wir wollen genau informiert werden. Wir wollen dann auch konkret inhaltlich dahinter stehen. Deshalb bleiben wir bei unserem Antrag und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der Debatte und kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 3/3785. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei vier Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 19 damit erledigt.

Ich rufe den letzten Tagesordnungspunkt, den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung

Bildung eines Drogeneinsatzkommandos (DEK)

Antrag der Fraktion der FDVP - Drs. 3/3790

Der Antrag wird eingebracht durch die Abgeordnete Frau Helmecke.