Protocol of the Session on November 9, 2000

Ein Teil dieser Gelder sollte zweckgebunden für Sofortmaßnahmen zur Unterstützung existenzbedrohter Betriebe des Unterglasgartenbaus eingesetzt werden können. Diese Hilfe für die betroffenen Unternehmen würde somit auch zu keiner zusätzlichen Haushaltsbelastung des Bundes führen. In diesem Sinne möchte ich um direkte Zustimmung zu unserem Antrag werben.

Sehr verehrte Damen und Herren! Unser zweiter Antrag in der Drs. 3/3762 verfolgt das Ziel, der Entwicklung des Gartenbaus in Sachsen-Anhalt im Allgemeinen künftig größere Aufmerksamkeit entgegenzubringen sowie eine bessere Handlungsgrundlage für politische Entscheidungen zu schaffen. Ich denke, diesem Antrag kann gleichermaßen direkt zugestimmt werden.

Während wir mit unserem ersten Antrag vor allem auf Sofortmaßnahmen drängen, orientiert der Antrag der CDU-Fraktion vordergründig auf den mehr oder weniger langfristigen Abbau der unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU. Das findet natürlich auch unsere Zustimmung. Inwieweit wir hier direkt zustimmen oder ob es noch Diskussionsbedarf gibt und damit eine Ausschussberatung erforderlich ist, wird die Debatte zeigen. Wir meinen aber jetzt schon, es bestehen einige Fragen, die im Ausschuss beraten werden sollten, und plädieren im Hinblick auf den Antrag der CDU-Fraktion für eine Ausschussüberweisung. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der PDS)

Danke für die Einbringung. - Den Antrag der CDU-Fraktion bringt der Abgeordnete Herr Sommerfeld ein.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Krause hat eben zu einem Thema gesprochen, zu dem ich für die Fraktion der CDU sprechen will. Die drastisch gestiegenen Energiepreise der jüngsten Vergangenheit betreffen den gesamten Bereich der Landwirtschaft. Auf einen Wirtschaftsbereich ging mein Vorredner ein, denn ganz besonders hart ist der Unterglasgartenbau betroffen.

Diese Unternehmen, meine Damen Herren, müssen bekanntlich im Winter ihre Gewächshäuser heizen. Bei den meisten Betrieben geschieht dies mit Heizöl und Erdgas, worauf vor etwa zehn Jahren fast alle Betriebe

umgestellt worden sind. Seit Februar 1999 bis zum heutigen Tage sind aber die Kosten für diese Energieträger um über 200 % gestiegen.

Ein durchschnittlicher Betrieb dieser Branche benötigt in der Heizperiode ca. 400 000 l Heizöl bzw. 100 000 m³ Erdgas. Die daraus resultierenden Mehrkosten gehen in die Hunderttausende.

Bei einem Heizölpreis von durchschnittlich etwa 90 Pfennig pro Liter sind die Unterglasbetriebe im Marktwettbewerb - vor allem mit den Niederlanden - hoffnungslos unterlegen. Die holländischen Gärtner zahlen für die Heizung ihrer Gewächshäuser nur ein Drittel des Preises, der in Deutschland gilt. Herr Krause sprach eben von der Hälfte, aber es ist weniger.

Die Verdreifachung der Energiekostendifferenz ist unerträglich, besonders für den Unterglasgartenbau in Sachsen-Anhalt, und kann von unseren Betrieben mit ihrer sehr geringen Kapitaldecke nicht aufgefangen werden. Zudem ist ein Großteil unserer Gartenbaubetriebe aufgrund der Modernisierungsmaßnahmen der letzten zehn Jahre hoch verschuldet.

In Deutschland gelten etwa 14 000 Gartenbaubetriebe mit über 5 000 ha beheizter Grundfläche als betroffen. Allein in Sachsen-Anhalt - das sagte mein Vorredner auch - sind es ca. 1 000 Mitarbeiter auf rund 40 ha überdachter Fläche, die dort beschäftigt sind.

Meine Damen und Herren! Es ist für einen gärtnerischen Unterglasbetrieb unmöglich, Energiemehrkosten, die sich in der Größenordnung von Hunderttausenden von D-Mark bewegen, durch höhere Preise am Markt wettzumachen. Dies bedeutet: Ohne Hilfe müssen diese Betriebe den Anbau einstellen, verbunden mit der dramatischen und schmerzlichen Folge der Betriebsaufgabe.

Ich möchte Ihnen noch einmal vor Augen führen, wie drastisch diese Situation ist. Während in Sachsen-Anhalt nach Angaben des Landesverbandes Gartenbau etwa 870 DM für 1 000 l Heizöl bezahlt werden müssen, sind es in den Niederlanden nur etwa 320 DM für die gleiche Menge, also bei uns 550 DM je 1 000 l mehr.

Der Reinertrag der Gartenbaubetriebe liegt im Jahr 2000 ohnehin - auch nach Angaben des Verbandes - schon sehr deutlich im negativen Bereich. Nun noch diese zusätzliche Belastung!

Herr Minister Keller hat bereits vor wenigen Tagen - das wurde vorhin auch gesagt - in Cobbelsdorf hierzu einiges gesagt und auch erwähnt, welche Überlegungen es hierzu in ersten Ansätzen gibt. Es ist davon die Rede gewesen, dass die Bundesregierung zurzeit erstens ein Hilfsprogramm zur Sicherung der Liquidität von Unterglasgartenbaubetrieben in Höhe von jeweils 10 Millionen DM in den Jahren 2001 und 2002 auflegen wird, welches auch noch von den Ländern zur Hälfte mitfinanziert werden soll, und dass zweitens die Aufstockung des Bundesanteils zur Finanzierung der Gemeinschaftsaufgabe auf 15 Millionen DM festgelegt werden soll.

Das ist natürlich dürftig und wird nicht ausreichen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass allein der erste Teil dieses Programms noch der EU-beihilferechtlichen Genehmigung bedarf. Somit ist noch nicht klar, ob diese Initiative überhaupt Erfolg haben wird bzw. wann sie entsprechend der Länge des bürokratischen Weges wirksam werden kann.

Den akut bedrohten Betrieben kann nur geholfen werden, wenn die Hilfe sofort kommt. Deshalb fordere ich

die Landesregierung auf, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass mithilfe eines Überbrückungsprogramms der Kostensprung bei der Energie voll ausgeglichen wird und des Weiteren ein fünfjähriges Förderprogramm zur Steigerung der Energieeffizienz bei den Unterglasgartenbaubetrieben aufgelegt wird.

Ich warne davor, sich hinter dem Argument zu verstecken, neben den eben dargestellten Maßnahmen habe die Bundesregierung inzwischen ausreichende Maßnahmen getroffen. Von endgültigen Entscheidungen kann noch nicht die Rede sein.

Meine Damen und Herren! Zur grundsätzlichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Gärtner gehört neben den von mir formulierten Forderungen der CDU-Fraktion auch, dass sich die Landesregierung im Bundesrat verstärkt dafür einsetzt, dass es auf europäischer Ebene zu einer Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen kommt. Hier muss bewiesen werden, dass man nicht nur bei Versprechungen gut ist, sondern auch beim Handeln. Es muss endlich Schluss gemacht werden mit den Wettbewerbsverzerrungen, die aufgrund der Energiepreise zulasten der deutschen Gartenbaubetriebe entstanden sind.

Ich bitte Sie, der Überweisung unseres Antrags in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zuzustimmen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu der vereinbarten verbundenen Debatte zu den drei Beratungsgegenständen. Fünf Minuten Redezeit je Fraktion in der Reihenfolge FDVP, SPD, DVU-FL, PDS und CDU sind vereinbart worden. Als Erstem erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Keller das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es mit den hier vorgelegten Anträgen in der Tat mit einem Problem in Sachsen-Anhalt zu tun, das mich besorgt macht.

Die Situation der Gartenbaubetriebe in diesem Land ist aufgrund der Energiepreisentwicklung tatsächlich sehr angespannt. Nun könnte man sagen: Dies geht allen Gartenbaubetrieben in der Bundesrepublik so und es geht allen Gartenbaubetrieben in Europa so. Aber ich glaube, die Situation ist hier, im Land Sachsen-Anhalt, und auch in den anderen neuen Bundesländern doch etwas differenzierter zu betrachten.

Wir haben es hier nämlich mit zwei Komponenten zu tun, einerseits mit der Tatsache, dass in Europa, was die Energiepreissubventionen im Gartenbau angeht, keine Gleichheit herrscht. Die Holländer haben seit langer Zeit ein sehr konsequentes Unterstützungsprogramm für ihre landwirtschaftlichen Betriebe, insbesondere für die Unterglasanbaubetriebe gefahren. Jeder, der nach Holland fährt und die deutsch-holländische Grenze überschreitet, kann sich davon überzeugen. Denn dort stehen reihenweise die Glashäuser und dort werden, wie gesagt, Tomaten und Blumen usw. gezüchtet, die aufgrund einer guten Logistik auch sehr schnell auf dem deutschen Markt sind. Wir können in

vielen Supermärkten Blumen kaufen, die am Vortag in Holland geschnitten worden sind.

Das ist natürlich eine Wettbewerbssituation, die für die deutschen Betriebe insgesamt schwer erträglich ist. Hier gilt es, auf der europäischen Ebene Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Die Bundesregierung hat dies auch zugesichert. Der Bundesrat hat bei der Diskussion über die Frage der Energiekosten und der Ökosteuer gerade in diesem Bereich eine Entschließung gefasst, die darauf abzielt, die Wettbewerbsbedingungen in Europa zu vereinheitlichen.

Der Präsident des Gartenbauverbandes in der Bundesrepublik, Herr Zwermann, hat sich bereits an die Kommission gewandt mit der Aufforderung, ihrer Rolle als Hüterin des Wettbewerbs gerecht zu werden. Es ist allerdings so, dass dieses Programm, das die Holländer fahren, in Brüssel bis zum Jahr 2002 abgesegnet worden ist. Insofern ist es natürlich schwierig. Dieser Zeitraum wird möglicherweise ausreichen, dass die Wettbewerbssituation, der sich die hiesigen Betriebe ausgesetzt sehen, dazu führt, dass viele Betriebe aufgeben müssen.

Ich will die Situationsanalyse, die von meinen beiden Vorrednern dargelegt worden ist, nicht noch einmal ansprechen; denn sie trifft zu.

Sie trifft dann in den neuen Bundesländern noch einmal besonders zu, weil hier die Betriebe in den letzten zehn Jahren - im Übrigen mit einer großzügigen Unterstützung des Landes durch ein Investitionsprogramm im Obst- und Gartenbau - investiert haben, insbesondere um ihre Energiekosten zu senken. Das heißt, von der Bundesregierung neu aufgelegte Programme, über die Einigkeit besteht, im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe eine Investitionsförderung zur Senkung der Energiekosten zu betreiben, werden hier relativ wenig helfen, weil die Maßnahmen in den letzten Jahren von unseren Betrieben ergriffen worden sind.

Das Problem, das hier besteht, ist, dass die Kapitaldienste geleistet werden müssen und dass das, was in den vergangenen Jahren erwirtschaftet worden ist, derzeit durch die exorbitante Steigerung der Energiepreise aufgefressen wird, sodass die Betriebe in der Tat in Liquiditätsschwierigkeiten kommen.

Nun gibt es die Tatsache, dass die Probleme seitens des Bundes anerkannt werden. Der Bundestag hat jedenfalls in Vorbereitung des Haushaltes 2001 hierzu Hilfsmaßnahmen beschlossen. Beide möglichen Hilfsmaßnahmen sind dargelegt worden. Meine persönliche Auffassung ist aber, dass sie gerade in Sachsen-Anhalt oder in den neuen Bundesländern den Betrieben nicht helfen, die investiert haben und die jetzt ihre Liquidität sicherstellen müssen.

Hierbei gilt es nach meiner Auffassung nachzubessern. Die Landesregierung wird alles Erdenkliche tun, um sich in dieser Hinsicht bei der Bundesregierung und auch bei den Vertreterinnen und Vertretern im Bundestag stark zu machen.

Ich habe erst jüngst dem Bundesminister noch einmal meine Sorgen dargelegt, auch anhand einer Liste, die mir anlässlich eines Ortstermins in Genthin vom Gartenbauverband übergeben worden ist. Auch darauf ist schon hingewiesen worden. Ich gehe davon aus, dass wir die Gelegenheit haben werden, hierüber noch einmal miteinander zu sprechen. Ich werde auch gemeinsam

mit den Kollegen aus den neuen Bundesländern ver- suchen, noch einmal eine Initiative zu starten.

Insofern können die Anträge, die hier vorgelegt worden sind, die Landesregierung beflügeln, mit der Unterstützung des Parlamentes noch einmal auftreten zu können.

Was den CDU-Antrag angeht, der nun ein Investitionsprogramm auf Landesebene anspricht, denke ich, ist es zwingend erforderlich, über diesen im Ausschuss noch einmal zu beraten. Herr Sommerfeld hat auch beantragt, den Antrag in die Ausschüsse zu überweisen.

Hier begeben wir uns immer wieder in das Gestrüpp der EU-Vorschriften, der Hilfen, die auf Bundesebene geleistet werden, und der schmalen Möglichkeiten, die das Land daneben noch hat.

Aber auch hierzu kann ich nur ein „ceterum censeo“ aussprechen, das ich in vielen dieser Debatten, die wir über Probleme im Agrarbereich in diesem Landtag oder auch im Ausschuss geführt haben, immer wiederholen musste: Das Land Sachsen-Anhalt wird leider nicht in der Lage sein, all die Schwierigkeiten, die auf europäischer Ebene oder auf Bundesebene entstehen, mit eigenen finanziellen Mitteln auszugleichen. Hierzu sind wir sowohl aus rechtlichen als auch aus finanziellen Gründen nicht in der Lage.

In diesem Sinne werden wir die Anstrengungen des Bundes jedenfalls unterstützen müssen, hierbei eine entsprechende Hilfestellung zu leisten, damit unsere Unterglasgartenbaubetriebe in Sachsen-Anhalt überleben können.

Ich glaube, dass sie auch ein Faktor sind. Blumen, die im eigenen Land erzeugt werden, gehören auch zum Leben im Lande. Man möchte seine Blumen auch in einer Gärtnerei nebenan kaufen können, wenn man sie nicht im eigenen Garten großzieht. Ich denke, es gehört einfach dazu, dass man einen solchen Betriebszweig, einen solchen Wirtschaftszweig im eigenen Lande hat und ihn unterstützt. In diesem Sinne wird sich die Landesregierung hierfür weiter einsetzen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Danke, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Bevor wir in der Debatte fortfahren, begrüße ich herzlich Schülerinnen und Schüler des Hegel-Gymnasiums Magdeburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Helmecke hat jetzt für die FDVP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch auf die Gefahr hin, dass ich etwas wieder- hole - Herr Sommerfeld hatte schon einiges genannt -, möchte ich an dieser Stelle noch einmal auf einige andere Aspekte eingehen.

Die drastisch gestiegenen Energiepreise sind ein Kernpunkt der existenzbedrohenden, angespannten Situation im Unterglasgartenbau und der Unternehmen am angeschlagenen Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt. Infolge des Preisanstieges für Heizöl und auch für Erdgas befinden sich bereits jetzt viele Unterglasgartenbaubetriebe auf einem Niveau, welches ihre Existenz gefährdet.

Die deutschen Unterglasgartenanbauer und Gärtner haben das mögliche Energieeinsparpotenzial auf der Grundlage des heutigen Standes der Technik weitgehend ausgeschöpft und können dem Energiepreisanstieg mit weiteren vernünftigen Einsparmaßnahmen nicht mehr begegnen. Durch den Einsatz von computergesteuerter Klimaregelung und Doppelverglasung sowie durch Maßnahmen zur Wärmedämmung und CO2-Abwärmenutzung wurde der Energieverbrauch in den letzten Jahren halbiert.

Wofür etablierte Unternehmen mit einer entsprechend starken Kapitaldecke in den alten Bundesländern fast 20 Jahre benötigten, brauchten die Unterglasgartenanbauer in Sachsen-Anhalt nur knapp die halbe Zeit. Heute befinden sie sich auf demselben technischen Niveau wie die Betriebe in den alten Bundesländern.