Protocol of the Session on October 13, 2000

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Weil der Vorgang weitreichende Folgen für den vom Parlament noch gar nicht beschlossenen Haushalt 2001 hat, handelt es sich hierbei um einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des Parlaments.

(Beifall bei der CDU und bei der DVU-FL)

Wir reden über nichts Geringeres als die Rechte des Landtages im Haushaltsaufstellungsverfahren.

Wie Sie alle wissen, bestimmt Artikel 93 der Landesverfassung, dass der Haushaltsplan durch das in den Landtag einzubringende Haushaltsgesetz festzustellen ist. In den Haushaltsplan sind alle Einnahmen und Ausgaben sowie die Verpflichtungsermächtigungen einzustellen. Darin kommt zum Ausdruck, dass die jeweilige finanzpolitische Konzeption der Landesregierung von der Zustimmung des Parlaments abhängig ist.

Zur Erinnerung, meine Damen und Herren: Die Rebellion in Nordamerika, die schließlich zur Gründung der Vereinigten Staaten führte, 1765 in den Neuenglandstaaten, entzündete sich an der Frage, ob ein Volk besteuert werden darf, das durch ein Parlament nicht vertreten ist. Jede Regierung sollte also Parlaments- und Budgetfragen sehr, sehr ernst nehmen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Büchner, DVU-FL, und von Herrn Weich, FDVP)

Meine Damen und Herren! Es entspricht aber auch dem Grundsatz der Gewaltenteilung, dass die Regierung den nunmehr durch die Beschlüsse des Parlamentes manifestierten Volkswillen uneingeschränkt zu befolgen hat. Die Einzelheiten hierfür regelt die Landeshaushaltsordnung, auf die ich heute noch verschiedentlich zurückkommen werde.

Wir beobachten nun leider, dass unter Finanzminister Gerhards zunehmend die beschlossenen Haushalts- pläne nicht viel wert sind.

(Zustimmung bei der CDU)

Bewusste Fehlveranschlagungen führen immer wieder zu gravierenden über- und außerplanmäßigen Ausgaben im Haushaltsvollzug, ja, meine Damen und Herren, viele vom Parlament beschlossene Projekte finden gar nicht erst den Weg ihrer Verwirklichung bzw. ihre Umsetzung wird gar nicht erst ernsthaft angegangen. Wir von der CDU sind das ja gewöhnt, aber die Kollegen von der PDS sollte das hellhörig machen.

(Zustimmung bei der CDU)

Nun, meine Damen und Herren, ist aufgrund einer über Jahre verfehlten Haushaltspolitik die Verschuldungssituation des Landes tatsächlich bedrohlich. Keiner der Abgeordneten kann ernsthaft widersprechen, wenn festgestellt wird, dass wir sparen müssen; aber auch Spar

maßnahmen müssen möglichst planmäßig und unter Einhaltung des Haushaltsrechts vollzogen werden.

Wer über die Höhe der Einnahmen und Ausgaben und über die Priorität von Projekten entscheiden soll, ist aber nicht in das Belieben der Beteiligten gestellt. Vielmehr verweist die Landesverfassung auf die Zuständigkeit des Landtages, also auf uns selbst.

Es sei an dieser Stelle noch einmal zum Ausdruck gebracht: Im Haushaltsvollzug darf nur das vollzogen werden, was vom Landtag beschlossen wurde. Daher unterliegen Bewirtschaftungsmaßnahmen entsprechend den Vorschriften der Landeshaushaltsordnung ganz engen Rahmensetzungen. Die Zielsetzungen der mittelfristigen Finanzplanung, die gelegentlich hilfsweise zur Begründung herangezogen werden, entfalten nur eine politische Selbstbindungskraft. Sie können aber keine Voraussetzungen für die Beschlussfassung des Landtages sein. Sie sind nur ein Informationsmaterial der Landesregierung, kein Beschluss des Landtages.

Wer finanzpolitisch umsteuern will - auch wir von der CDU unterstützen dieses Umsteuern -, muss das Budgetrecht des Landtages als dessen Königsrecht achten und einen anderen Haushalt beschließen. Wer dies mitten im Jahr will, meine Damen und Herren, der muss sich schon der Mühe unterziehen und einen Nachtragshaushalt einbringen und sich so die Legitimation für einen neuen haushaltspolitischen Kurs vom Landtag einholen. Immerhin handelt es sich hier um Einsparungen in Höhe von 210 Millionen DM.

Ich will gar nicht bezweifeln, dass dies möglich ist. Der Weg über einen Nachtragshaushalt mag zwar beschwerlicher sein; er trägt aber wesentlich zum Erhalt der poli- tischen Kultur in diesem Haus bei.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Der Finanzminister hat einen anderen Weg gewählt. Haushaltssperren können durch Vermerke im Haushaltsplan nach § 22 der Landeshaushaltsordnung, durch Haushaltsgesetz nach § 24 Abs. 3 LHO oder über § 41 LHO vom Ministerium der Finanzen verhängt werden.

In der Sitzung des Ausschusses für Finanzen am 4. Oktober dieses Jahres legte der Minister der Finanzen einen Brief an einzelne Ressorts vor, in dem der ausführte, dass er „sofort alle konsumtiven Ausgaben“ des betreffenden Einzelplanes sperre. Zitat:

„Aus Ihrer Sicht unabdingbare weitere Ausnahmen sind gemäß § 41 LHO nur mit meiner Zustimmung zulässig.“

Damit, meine Damen und Herren, steht unzweifelhaft fest, dass der Minister meint, auf der Grundlage des § 41 der Landeshaushaltsordnung zu handeln. Pikanterweise aber kommt in der Pressemitteilung vom 26. September 2000 das Wort „Sperre“ oder das Wort „Haushaltssperre“ überhaupt nicht vor. Es wird nur von Bewirtschaftungsvereinbarungen oder individuellen Zielvereinbarungen gesprochen.

Meine Damen und Herren! Ich habe mir aus der Landespressekonferenz berichten lassen, dass das Wort „Sperre“ dem Finanzminister erst auf Nachfrage förmlich aus der Nase gezogen werden musste. Da liegt die Annahme sehr nahe, Herr Minister Gerhards, dass Sie sich bei Ihren Ausführungen selbst unwohl gefühlt und deshalb das Wort „Sperre“ vermieden haben, weil Sie

wussten, wie nahe Sie an der Wahrheit liegen, die Sie so nicht offenbaren wollten.

Der § 41 LHO lautet ganz schlicht:

„Wenn die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben es erfordert, kann das Ministerium der Finanzen es von seiner Einwilligung abhängig machen, ob Verpflichtungen eingegangen oder Ausgaben geleistet werden.“

Man kann nun verschiedene Begründungen dafür heranziehen, dass nur auf die Einnahmen und Ausgaben im laufenden Haushaltsjahr - das ist das Wichtige - abgestellt wird. Dem interessierten Zuhörer empfehle ich wiederum, Artikel 93 Abs. 3 unserer Landesverfassung zu lesen, in dem das unserer LHO innewohnende Jährlichkeitsprinzip dargelegt wird.

In der wissenschaftlichen Literatur kommt es sehr deutlich zum Ausdruck: wenn für eine Bewirtschaftungssperre eine Störung des Haushaltsgleichgewichtes vorausgesetzt wird. Natürlich kann damit nur der laufende Haushalt gemeint sein, denn es gibt keinen anderen als den beschlossenen Haushalt. Zukünftige Haushalte sind nicht beschlossen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Finanzminister, Sie haben weder in Ihrem Brief an die Ressorts noch in der Öffentlichkeit noch im Finanzausschuss dargelegt, welche aktuellen Gefährdungen im laufenden Haushaltsjahr auf der Einnahmen- oder Ausgabenseite vorliegen. Nein, Herr Finanzminister, sie führten im Finanzausschuss sogar aus, der Haushalt 2000 sei - wörtlich - „auskömmlich finanziert“. Es hätte aus dem Vollzug des Haushaltes 2000 heraus keine Notwendigkeit einer Sperre gegeben.

Herr Gerhards, Sie begründen die einschneidende Notwendigkeit einer Haushaltssperre vielmehr damit, dass Sie Einsparungen in zukünftigen Haushaltsjahren herbeiführen wollen, pikanterweise genau in der Höhe der im Haushaltsplanentwurf 2001 - nicht -beschluss! - vorgesehenen Minderausgabe.

Der Haushaltsplanentwurf 2001 kann aber nicht Grundlage Ihrer Handlungen sein, solange das Parlament darüber noch gar nicht beschlossen hat. Die von Ihnen, Herr Finanzminister, herangezogene Begründung, es gebe Änderungen in der mittelfristigen Finanzplanung, zieht also nicht, weil dies nur Informationsmaterial der Landesregierung ist.

Also, Herr Finanzminister, Sie haben sich im Instrumentarium gehörig vergriffen. Sie sollten dies zugeben. Sie sollten dafür sorgen, dass wir wieder haushaltsrechtlich sauber in diesem Landtag miteinander verfahren. Dann können wir auch die politischen Auseinandersetzungen offen und ehrlich führen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Auf unsere wiederholte Nachfrage, auf welche Rechtsauffassung Sie sich bei Ihrer Auslegung der Landeshaushaltsordnung beziehen, blieben Sie auffallend still, was sonst nicht so sehr Ihre Art ist. Sie berufen sich auf eine sehr schwierige Entwicklung auf der Einnahmenseite. Im Ergebnis wollten Sie wohl auf eine konjunkturbedingte Sperre hinaus, die aber nur im Bund und nur nach dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums in der Wirtschaft möglich ist.

Meine Damen und Herren! Jetzt muss ich vorsorglich auf einen weiteren wichtigen Aspekt zu sprechen kommen, der uns vielleicht noch beschäftigen könnte. Die Diskussion um das Finanzgebaren des Finanzministers brachte im Finanzausschuss eine weitere sehr bedenkliche Auffassung zum Vorschein.

Herr Gerhards, Sie beabsichtigen, eine durch Erwirtschaftung im Haushaltsjahr 2000 eventuell nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigung dieses Haushaltsjahres zur Erhöhung des für das Haushaltsjahr 2001 verfügbaren Kreditrahmens zu verwenden. Nun können nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigungen nach § 18 der Landeshaushaltsordnung bis zum Ende des nächsten Haushaltsjahres in Anspruch genommen werden. Dieses ist eine sinnvolle Regelung für den ordnungsgemäßen Abschluss des jeweiligen Haushaltsjahres.

Wenn Sie jedoch jetzt schon ankündigen, eine eventuell nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigung zur Finanzierung des nächsten Haushaltsjahres zu benutzen, so geben Sie schon jetzt, vor Beginn der Etatberatungen für das Haushaltsjahr 2001 zu, dass der von Ihnen am 15. September 2000 eingebrachte Etatentwurf für das Haushaltsjahr 2001 in Wahrheit in Einnahmen und Ausgaben nicht ausgeglichen ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie haben also - das werfe ich Ihnen vor; anders kann ich Ihre Ausführungen nicht verstehen - dem Landtag bewusst einen Haushaltsplanentwurf übergeben, der auf der Einnahmenseite nicht die von der Verfassung vorgeschriebene Deckung aufweist, sonst müssten Sie jetzt nicht schon vorsorglich nach zusätzlichen Deckungsquellen für das Jahr 2001 suchen.

Meine Damen und Herren! Der Finanzausschuss hat die Konsequenzen gezogen und Ihr Verhalten gerügt. Sie haben daraufhin das Abstimmungsergebnis als eine Panne bezeichnet. Das ist kein sehr qualifiziertes Reden über gewählte Abgeordnete. Sie sind nicht gewählt, Herr Minister. Sie sind in dem Sinne Angestellter, wollen wir einmal sagen.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Herr Minister Gerhards, als Sie zum Minister ernannt worden sind, haben Sie einen Eid auf unsere Landesverfassung geleistet. Ziehen Sie bitte die Konsequenzen, nehmen Sie Ihren Eid ernst und erfüllen Sie ihn täglich, sonst sind Sie an dieser Stelle nicht am rechten Platze.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Frau Sitte hat in der Erwiderung auf die Einbringungsrede zum Haushalt - leider ist sie nicht hier - den Begriff des Fassadenhaushaltes eingeführt und Zweifel an der Ausgeglichenheit des Planentwurfes geäußert. Ich hatte nicht erwartet, dass sich diese Zweifel derart krass bewahrheiten würden.

Der Finanzminister will verschleiern, dass er ganz erheblich unter Druck steht und lieber diesem Druck nachgibt, als sich an die Haushaltsgrundsätze zu halten. Wir als Parlament müssen ihn dazu zwingen zu begreifen, dass die rechtswidrige Sperre im Zusammenhang mit den Haushaltsverhandlungen zu sehen ist. Diese rechtswidrige Sperre muss aufgehoben werden.

Meine Damen und Herren! Wir fordern den Finanzminister auf, zu einem rechtskonformen Handeln zu

rückzukommen. Wir fordern ihn auf, das Parlament ernst zu nehmen. Wir fordern ihn auf, Gesetze des Bundes und des Landes auch tatsächlich einzuhalten.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Büch- ner, DVU-FL)

Ich will an dieser Stelle zum Abschluss noch einmal ganz klar sagen: Die CDU-Fraktion wird sich konsequenten Einsparungsbemühungen nicht entziehen. Es geht nicht darum, dass jemand in diesem Hause nicht sparen will.