Protocol of the Session on October 13, 2000

die Bedeutsamkeit dieser Thematik nicht herunterspielen, aber dieser Antrag hätte durchaus auch in Form einer Kleinen Anfrage gestellt werden können und hätte heute in diesem Plenum nicht debattiert werden müssen.

Dennoch haben wir ihn heute auf dem Tisch und wir werden diesem Antrag auf Berichterstattung unsere Zustimmung geben. Gegen einen Bericht kann man ja nichts haben. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

(Beifall bei der FDVP)

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Schulze.

Eigentlich wollte ich meine Rede zu Protokoll geben.

(Frau Fischer, Leuna, SPD: Machen Sie das bit- te! - Zustimmung von Herrn Kühn, SPD)

- Das mache ich jetzt auch; den Rest können Sie entsprechend daraus ersehen.

(Heiterkeit und Zustimmung)

(Zu Protokoll:)

Auch die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt hat ein großes Interesse daran zu erfahren, wie die Ergebnisse des vierjährigen „Feststellenprogramms in der Kinder- und Jugendarbeit“ sind.

Für dieses Programm werden insgesamt ca. 40 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Die Statistik des Landesjugendamtes zum Feststellenprogramm enthält Angaben bezüglich der territorialen Aufgliederung der Stel-len und der territorialen Anteile an der Finanzierung. Uns interessiert aber insbesondere, wie sowohl im Allgemeinen als auch im Detail die Mittel verwandt werden und wie der Effekt - also der Nutzen - gewesen ist. Wir wollen wissen, was geleistet wurde und was das Programm zukünftig leisten kann.

Einzelne Jugendämter haben uns mitgeteilt, dass das Programm durchaus positiv bewertet wird. Wir sind uns darüber im Klaren, dass die Beurteilung über Erfolg und Misserfolg im Wesentlichen von den Beteiligten abhängt. Die Beurteilung vor Ort über die Notwendigkeit oder Sinnlosigkeit des Programms hängt natürlich auch von den jeweils im Rahmen des Programms eingesetzten Mitarbeitern und deren Aktivitäten ab.

Die CDU-Fraktion hat ein großes Interesse daran, über den bisherigen Verlauf des Feststellenprogramms umfassend informiert zu werden. Aber wir stellen fest: Die Landesregierung hat in ihrem Haushaltsplanent- wurf 2001 noch keine Verpflichtungsermächtigung zur Folgefinanzierung für dieses Programm eingestellt. Die Beteiligten vor Ort wollen aber wissen, wie es weitergeht.

Auf unsere Frage, warum bei der Jugendpauschale im Haushaltsplanentwurf plötzlich eine Verdopplung der Mittel vorgesehen sei, hat die Landesregierung mit einer Freud‘schen Fehlleistung geantwortet. Die Antwort der Landesregierung lautete, man sei sich noch nicht abschließend im Klaren; es werde erwogen, zukünftig die Mittel der Jugendpauschale, der Schulsozialarbeit und

des Feststellenprogramms in eine gemeinsame Pauschale für die Jugendarbeit in den einzelnen Landkreisen einfließen zu lassen.

Wir fragen uns nun: Ist bei der Landesregierung plötzlich die Einsicht gereift, dass die Programme in ihrer bisherigen Form ein Flop gewesen sind? Oder verbirgt sich hinter diesem Vorhaben etwa eine versteckte Kürzung der Mittel für die Jugendarbeit? Ähnliches wurde bei der Einführung der Jugendpauschale selbst schon einmal praktiziert.

Die Bestrebungen und Tendenzen der Landesregierung kennen wir nicht. Dass es Veränderungen geben soll, wissen wir nun, welche es sein werden, wollen wir wissen.

Sollte die Landesregierung ein neues Programm vorhaben, erscheint es uns nicht ausgeschlossen, dass die Landkreise finanziell noch stärker belastet werden. Diese erhalten vom Land sowieso schon zu wenig Geld.

Auch diese Frage muss die Landesregierung beantworten. Wir werden bei der weiteren Beratung sehr intensiv die neuen Bestrebungen der Landesregierung verfolgen.

Dem Antrag in der Drs. 3/3687 stimmen wir zu.

Ihrem Beifall entnehme ich, dass dagegen kein Widerspruch erhoben wird. Damit ist die Rede für die CDUFraktion zu Protokoll gegeben.

Frau Dr. Weiher, Sie haben noch einmal das Wort. - Frau Dr. Weiher verzichtet.

Wir kommen zur Abstimmung über die Drs. 3/3687. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Eine Gegenstimme. Enthaltungen? - Drei Enthaltungen. Damit ist dem Antrag gefolgt worden und der Tagesordnungspunkt 20 ist abgeschlossen.

Ich rufe den letzten Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung, den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung

Bundesratsinitiative zum Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Bürgerinnen und Nicht-EU-Bürger

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/3688

Der Antrag wird von dem Abgeordneten Herrn Gärtner eingebracht. Bitte schön, Herr Gärtner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits in der letzten Legislaturperiode hat sich die PDS-Fraktion dafür eingesetzt, dass Nicht-EU-Bürgerinnen und Bürgern das Kommunalwahlrecht eingeräumt wird. Wir halten es weiterhin für einen längst überfälligen Schritt, dass diesem hier lebenden Personenkreis endlich das Kommunalwahlrecht eingeräumt wird, damit dieser aktiv Einfluss auf sein Lebensumfeld nehmen kann. Deshalb muss die bislang immer noch bestehende strukturelle Diskriminierung abgeschafft werden.

Strukturelle Diskriminierung gibt es nicht nur zwischen deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern und hier lebenden Nicht-EU-Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch zwischen Letzteren und EU-Bürgerinnen und Bürgern. Dabei steht jeder EU-Bürgerin und jedem EUBürger seit dem 1. Januar 1996 das aktive und passive Kommunalwahlrecht in demjenigen Mitgliedsstaat zu, in

dem er oder sie seinen oder ihren Wohnsitz hat. Damit haben sie die Möglichkeit, am kommunalen Leben teilzuhaben.

Der überwiegende Teil der Migrantinnen und Migranten darf allerdings immer noch nicht an der unmittelbaren Demokratie mitwirken. Die Bürgerinnen und Bürger, die nicht aus der EU kommen, sollten aber wenigstens wie Unionsbürgerinnen und -bürger behandelt werden.

Es kann aber etwas an der Gesellschaft nicht stimmen, wenn in einzelnen Kommunen bzw. Stadtteilen zum Teil über 30 % der Einwohner Migrantinnen und Migranten sind und diese keinen Gestaltungsspielraum erhalten,

(Herr Gürth, CDU: Wo denn?)

wenn sie politisch nichts zu sagen haben und kein Votum für oder gegen bestimmte kommunale Maßnahmen abgeben können, die die gemeinsamen oder besonderen Lebensbedingungen von Migrantinnen und Migranten in Deutschland bestimmen. Zumindest auf kommunaler Ebene, ganz besonders in den typischen Einwanderungsstädten und -stadteilen fehlt damit eine demokratische Legitimation der meisten kommunalen Entscheidungen.

Seit mehr als 30 Jahren wird Einwanderinnen und Einwanderern eine politische Partizipation an Entscheidungsprozessen in der Bundesrepublik Deutschland verweigert. Sie müssen endlich die Möglichkeit erhalten, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen und entsprechend Entscheidungen mit beeinflussen zu können. Dazu gehört nach wie vor das allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahlrecht für alle hier lebenden Migrantinnen und Migranten.

Ein Schritt in diese Richtung ist das bereits seit drei Jahren im parlamentarischen Geschäftsgang befindliche aktive und passive Kommunalwahlrecht für Nicht-EUBürgerinnen und Bürger. Der Rat der Europavereinbarung über die Teilnahme der Ausländer am öffentlichen Leben der Kommunen hat deshalb auf seiner 7. Plenarsitzung vom 23. bis 25. Mai 2000 in Straßburg nochmals die Einführung des aktiven und passiven Kommunalwahlrechts für Nicht-EU-Bürger gefordert. Diese Möglichkeit besteht erst in fünf der 15 Mitgliedsstaaten der EU, so zum Beispiel in Dänemark, Finnland, Irland, aber auch in den Niederlanden und in Schweden.

Die Einräumung des aktiven und passiven Kommunalwahlrechts ist ein bedeutendes Element zur Förderung der Integration der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten und ein Beitrag zur Beseitigung der Ungleichbehandlung zwischen Unionsbürgerinnen und -bürgern sowie den Nicht-EUBürgerinnen und Bürgern.

Neben dem aktiven und passiven Kommunalwahlrecht würde eine Umsetzung des oben genannten Gesetzentwurfs auch die Gewährung des Abstimmungsrechtes auf kommunaler Ebene bedeuten. Notwendig wäre dafür die Änderung des Artikels 28 Abs. 1 Satz 4 des Grundgesetzes. Dies ist auch der Weg, den das Bundesverfassungsgericht in seinem Grundsatzurteil zum kommunalen Ausländerwahlrecht offen gelassen hat.

Der Bundesrat hat deshalb in der 716. Sitzung am 26. September 1997 mit Zweidrittelmehrheit beschlossen, einen dahin gehenden Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen. Dort ist er zwar als Antrag in der 13. Wahlperiode in erster Lesung behandelt, dann allerdings nach Überweisung in

die Ausschüsse nicht mehr zur Entscheidung gebracht worden. Um das Verfahren neu in Gang zu setzen, wurde der Antrag vom Bundesrat in der 14. Wahlperiode nochmals auf die Tagesordnung - seiner 734. Sitzung - gesetzt, jedoch bis heute nicht behandelt.

Vor diesem Hintergrund und vor der aktuell laufenden Debatte über Rechtsextremismus sowie aufgrund der von der EU geforderten nationalen Antidiskriminierungsgesetzgebung sollte das Land Sachsen-Anhalt das Thema offensiv angehen und seinen Beitrag zur Ausnutzung des verfassungsmäßig gegebenen Gestaltungsrahmens leisten. - In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Zustimmung bei der PDS)

Danke für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion in der Reihenfolge CDU, DVU-FL, FDVP, SPD und PDS vereinbart worden. Als erster Rednerin erteile ich Ministerin Frau Schubert für die Landesregierung das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem von der Fraktion der PDS vorgelegten Entschließungsantrag soll die Landesregierung aufgefordert werden, die Bundesratsinitiative der Länder Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Schleswig-Holstein zu unterstützen, die die Einführung des aktiven und passiven Kommunalwahlrechts für Nicht-EG-Ausländer zum Gegenstand hat.

Wie in dem Entschließungsantrag zutreffend ausführt wird, entspricht dieser Gesetzesantrag dem bereits vom Bundesrat am 26. September 1997 beschlossenen Gesetzesantrag. Damals hat die Landesregierung diese Gesetzesinitiative bereits unterstützt.

Allerdings ist der Gesetzentwurf von 1997 nach Ablauf der 13. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages der Diskontinuität anheim gefallen, wie Herr Gärtner eben schon ausgeführt hat. Das Gesetzesvorhaben ist zwar Anfang des Jahres 1999 wieder aufgegriffen worden. Die zunächst für den 7. Februar 1999 vorgesehene Befassung des Bundesrates ist jedoch nicht erfolgt, weil der Tagesordnungspunkt abgesetzt wurde. Er ist auch bisher nicht wieder aufgerufen worden.

Der Sache nach ist der heute eingebrachte Entschließungsantrag zwar zu unterstützen, ich halte ihn aber für überflüssig. Die Landesregierung hatte, wie ich eingangs ausgeführt habe, bereits den im Jahr 1997 vom Bundesrat in den Deutschen Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf unterstützt und selbstverständlich auch für die Einbringung in den Deutschen Bundestag gestimmt. Das hätte die Landesregierung, wenn der Tagesordnungspunkt im Jahr 1999 zur Verhandlung gekommen wäre, sicherlich wieder getan. Ich denke, deshalb ist die Aufforderung an die Landesregierung obsolet, die Bundesratsinitiative weiterhin zu unterstützen. Wir werden sie unterstützen, wenn der Gesetzesantrag aufgerufen wird.

Ich möchte jedoch der Klarheit wegen abschließend darauf hinweisen, dass es Sache der nunmehr antragstellenden Länder Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Schleswig-Holstein ist, ihren Gesetzesantrag erneut auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Sollte die Entschließung über diesen Gesetzesantrag anstehen, dürfte sich für jeden Außenstehenden aufdrängen, dass die Landesregierung aufgrund ihrer vorherigen Zustimmung

zu der Gesetzesinitiative aus dem Jahr 1997 dem vorgelegten Gesetzentwurf zustimmen wird. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD)