Protocol of the Session on October 12, 2000

Nun muss ich einmal fragen, wie sich das mit Ihrer Vorstellung, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, vereinbart. 150 bis 200 km, da können Sie in Magdeburg den Zirkel anlegen und können den Zirkel über Sachsen-Anhalt spannen. Dann könnten Sie sagen: Wir könnten alle Gleise abschaffen; denn nach Herrn Mehdorn können wir dort alles nur über die Straße transportieren.

Das ist Bahnpolitik, meine Damen und Herren. Das ist Bahnpolitik, und zwar aus folgendem Grund: Weil Herr Mehdorn natürlich auch von der Situation betroffen ist, dass sich im Moment die Energiepreise auch auf die Bahn, auf den ÖPNV niederschlagen. Überall geht es auf den Preis drauf, meine Damen und Herren, und dann sprechen wir auch hier von Wettbewerbsverzerrung. Wenn Sie so weitermachen, wird es nie gelingen, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu ver- lagern.

Jetzt kommen wir zum Geld und da wird es interessant. Herr Fikentscher, es ist ja sehr schön: Eine Ökosteuer ist richtig und daran halten wir auch fest, das machen wir. - Jetzt kommt Bundeskanzler Schröder und merkt - er ist ein Mann der Öffentlichkeit nach dem Motto: Mal sehen, wie die Stimmungslage ist -, dass er etwas machen muss.

(Herr Bischoff, SPD: Keinen Neid!)

Also verspricht er erst einmal eine Entfernungspauschale. Entfernungspauschale - prima, Beifall von allen Seiten, von Ihrer sicherlich auch.

Dann kommt Herr Fikentscher

(Herr Hoffmann, Magdeburg, SPD: Ist das jetzt eine Büttenrede, oder was?)

- ja, ja, man kann von Ihrem Minister lernen - und sagt: Aber nicht mit uns! An der Entfernungspauschale sind die Länder beteiligt, das können wir doch nicht machen.

Also gibt es doch zwei Möglichkeiten, Herr Fikentscher: Entweder Herr Bundeskanzler Schröder nimmt das wieder zurück, oder Sie fordern, dass das alles vom Bund bezahlt werden muss.

Das Zweite ist das Wohngeld, meine Damen und Herren, auch ein unheimlich schönes Thema. Jetzt sollen die Wohngeldberechtigten also einen einmaligen Zuschlag bekommen. Den werden sie wahrscheinlich erst

bekommen, wenn der Winter vorbei ist. Das heißt, sie müssen erst einmal in Vorleistung gehen.

(Zuruf von Herrn Prof. Dr. Trepte, PDS)

Aber nun stellen Sie sich folgendes vor: Es gibt eine ganze Menge Schwellenhaushalte, die mit 30, 40 DM gerade so über der Grenze zum Wohngeldempfang liegen. Was sollen die machen, meine Damen und Herren? Die kriegen auch keinen Zuschuss.

Jetzt wird wieder Klientelbedienung betrieben. Man sieht, dass wir die falsche Richtung eingeschlagen haben, denn jetzt bedienen wir die Klientel: Zunächst einmal die Pendler, damit da Ruhe ist. Das Zweite ist das Wohngeld.

Und nun kommt noch ein hervorragender Vorschlag von Herrn Klimmt. Sie müssen jeden Tag Zeitung lesen, sonst können Sie gar nicht mehr hinterherkommen. Es ist wie ein Karussell, so schnell können wir gar nicht lesen, wie da die Entscheidungen neu getroffen werden. Jetzt kommt Herr Klimmt und sagt: Wir geben den Spediteuren zinsgünstige KfW-Kredite.

(Heiterkeit bei der CDU)

Dazu muss ich wirklich sagen: Das war ein ganz hervorragender Vorschlag. Sie müssen mit den Spediteuren einmal sprechen. Die sagen jetzt: Ich nehme also einen zinsgünstigen KfW-Kredit, dann marschiere ich damit zur Tankstelle und kaufe das teure Benzin. Prima, ich kann dann weiterfahren, aber den Kredit muss ich auch zurückzahlen.

Wie kann ich solch einen Vorschlag unterbreiten, noch dazu den Spediteuren im Osten, die schon genügend Kredite an den Hacken haben und jetzt noch zusätzlich Kredite aufnehmen müssen, um vielleicht die höheren Spritpreise zu finanzieren?

Überall nur Flickschusterei. Deshalb sagen wir, meine Damen und Herren: Nehmen Sie die Ökosteuer zurück!

Herr Clement - - Vielleicht hören Sie auf ihn, vielleicht haben Sie heute schon die Zeitung gelesen. Herr Fikentscher, lesen Sie trotz der anstrengenden Landtagsdebatte in der „Süddeutschen Zeitung“, was Herr Clement sagt. Das ist immer so ein bisschen wie ein Barometer. Wenn nämlich das bevölkerungsreichste Land sagt, da können wir nicht mehr mitgehen, dann kippen die anderen meist auch um. Herr Clement sagt: Mit uns nicht, über die ganze Sache müssen wir noch einmal reden.

Herr Schröder übrigens hat auch schon gesagt, dass man noch einmal darüber reden muss. Herr Kuhn von den Grünen hat ebenfalls gesagt, wir müssen darüber reden, ob wir wieder zurückrudern. Ich weiß nicht, was morgen in der Zeitung stehen wird. Es kann morgen drinstehen, dass wir den nächsten Punkt erreicht haben.

(Zuruf von Herrn Felke, SPD)

Bevor Sie jetzt lange hin und her diskutieren, machen Sie eines: Unterstützen Sie den Antrag der Länder Hessen und Baden-Württemberg, dass am 1. Januar 2001 die dritte Stufe der Ökosteuer nicht eingeführt wird. Nehmen Sie diese zurück und schon sind wir einen Schritt weiter. Bringen Sie als Zweites die Besteuerung auf ein Niveau, das im europäischen Kontext zu verkraften ist. Ich denke, dann schaffen wir es auch gemein

sam, die Ankurbelung der Wirtschaft wieder in Gang zu setzen.

Wenn Sie uns schon nicht glauben, noch eines: Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln schreibt heute im „Handelsblatt“ - ich zitiere, Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung -:

„Die höheren Öl- und Benzinrechnungen, aber vor allem die dritte Stufe der Ökosteuer im Januar 2001 hat das IW bei seinem Kalkül für die Entwicklung des privaten Verbrauchs in Deutschland berücksichtigt. Im Gegensatz zu bisherigen Voraussagen anderer Institute geht das Kölner Institut deshalb nicht von einer Beschleunigung der privaten Konsumausgaben durch die Steuerreform im kommenden Jahr aus. Ölpreise und Ökosteuer reduzierten den Kaufkraftzuwachs infolge der Steuerentlastung.“

Meine Damen und Herren! Sie waren angetreten und haben gesagt: Als Erstes müssen wir den privaten Konsum in Deutschland wieder ankurbeln. Ich höre das immer noch: Die Kaufkraft muss erhöht werden, damit die deutsche Wirtschaft wieder in Bewegung kommt. - Genau das Gegenteil erreichen Sie.

Letzte Anmerkung: Herr Ministerpräsident - leider ist er nicht mehr hier -, meine Damen und Herren von der SPD - jetzt sage ich auch - und von der PDS,

(Herr Prof. Dr. Trepte, PDS: Jawohl!)

Sie ziehen so gern die ostdeutsche Karte. Ich sage Ihnen eines: Wenn wir Spritpreise von 2 DM plus x hätten und wir hätten jetzt - Gott sei Dank, wenn es so wäre - noch eine CDU-FDP-Regierung, Sie würden hier stehen und würden mit links pfeifen, wie schlimm das ist und dass es besonders die Ostdeutschen trifft. Denn die Ostdeutschen haben nur 80 % des Einkommens und deshalb müssen Sie zu den Belastungen noch einmal 20 % hinzurechnen. Ziehen Sie auch in diesem Fall einmal die Karte und rennen Sie nicht Herrn Schröder hinterher, sondern vertreten Sie auch hier wirklich die Interessen der Ostdeutschen.

(Zustimmung bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Denn das trifft uns hier am meisten, und zwar um ein Fünftel mehr als in der alten Bundesrepublik. Ich denke, jetzt können Sie den Beweis antreten, dass Sie es ehrlich damit meinen, sich für die Interessen der Ostdeutschen besonders einzusetzen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Vielen Dank. - Damit sind alle drei Anträge eingebracht. Zu diesen drei Anträgen insgesamt ist eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge PDS-, SPD-, FDVP-, DVU-FL- und CDU-Fraktion vorgesehen. Vor den Debattenrednern der Fraktionen hat der Minister der Finanzen um das Wort gebeten. Bitte, Herr Gerhards.

(Herr Sachse, SPD: Endlich mal etwas Sachlich- keit!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe aus meinem Hause einen guten Redebeitrag geliefert

bekommen, der die Gründe für die Einführung der Ökosteuer und deren nach wie vor bestehende Berechtigung darstellt,

(Herr Dr. Bergner, CDU: Das wäre interessant zu hören!)

abgewogen, wohl überlegt, wie das bei Beamten üblich ist, ohne mir nach dem Munde zu schreiben.

(Lachen bei der CDU)

Aber wissen Sie, ich habe ihn gleich liegen lassen. Sie, die Antragsteller, sind nämlich nicht interessiert an Argumenten. Sie sind nicht interessiert an Argumenten,

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Tiedge, PDS)

sondern Sie sind interessiert an Polemik, an Populismus und daran zu glauben, Sie könnten die Bundesregierung durchs Dorf tragen und mit der nächsten Sau jagen, obwohl Sie heute nichts Neues gesagt haben.

(Zuruf von Herrn Schulze, CDU)

Die gleiche Debatte haben Sie vor vier Wochen in der letzten Landtagssitzung mit fast wortgleichen Anträgen und mit gleichen Argumenten geführt.

Die wohl überlegenswerten Argumente, die es durchaus gibt, sich bei Beibehaltung der Ökosteuer zu überlegen, wie man kompensieren muss, wie man das finanziert, die habe ich bei Ihnen nur in Randsätzen gehört, nicht aber bei dem eigentlichen Punkt. Wir haben Lautstärke gehört, sodass man sich nicht unterhalten konnte,

(Frau Fischer, Leuna, SPD, lacht)

und zwar auch deshalb nicht, weil das Niveau einiger Beiträge ein bisschen problematisch war.

Wir sollen Signale geben. Obwohl der Landtag nicht zuständig ist, fordern Sie, wir sollen Signale geben. Und dann erzählt uns Herr Daehre Dinge, die einfach nicht stimmen.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Sie brauchen doch im Bundesrat nur zuzustimmen!)

Entschuldigung, Herr Minister, würden Sie zwischendurch eine Frage beantworten?