Ich denke, dies alles macht deutlich, dass dieses Projekt kein Konkurrenzprojekt, sondern ein Ergänzungsprojekt ist, ein Modellprojekt, welches wir gemeinsam unterstützen und nicht den Bach hinuntergehen lassen sollten. Deshalb ist ein tragfähiges Konzept notwendig, welches den langfristigen Erhalt des Projektes sichert. Da hierfür in den Ausschussberatungen keine inhaltliche Grundlage gelegt worden ist, bitte ich um Zustimmung zu unserem Rücküberweisungsantrag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schicke voraus, dass natürlich nichts dagegen einzuwenden ist, wenn das Arbeitsamt das Projekt „Gegen Angst in belastenden Lebenslagen“ unter dem Aspekt der Zusätzlichkeit auf ABM-Basis erneut finanziert. Es geht mir im Folgenden also nicht darum, diesem Projekt ein schlechtes Zeugnis auszustellen, sondern es geht allein um die Frage: Hat das Land Sachsen-Anhalt Anlass, wie es in dem Antrag der PDS formuliert ist, Bemühungen zum Erhalt des Projektes zu unternehmen?
Im Innenausschuss ist uns berichtet worden, dass es in der Stadt Magdeburg ein dicht gestaffeltes Netz von Bereitschaftsdiensten gibt, die für Not- und Konfliktfälle bereitstehen. Da ist das Bereitschaftssystem der leitenden Mitarbeiter des Jugendamtes, das über Feuerwehrnotruf in Anspruch genommen werden kann. Der Kinder- und Jugendnotdienst hat rund um die Uhr geöffnet und ist für die Inobhutnahme zuständig. Es gibt das Kinder- und Jugendnottelefon. Für Volljährige gibt es das Orientierungshaus. Das Frauenhaus nimmt Frauen und Kinder auf.
Die öffentlichen Stellen sind demnach in der Lage, den normalen Bedarf zugunsten der Opfer strafbarer Handlungen oder von Unfällen abzudecken. Die Polizei ist nicht nur in der Lage, sondern auch in der Pflicht, Todesnachrichten zu überbringen. Die Beamtinnen und Beamten werden für diese Aufgabe auch geschult.
In ihrer großen Anfrage „Polizei in Sachsen-Anhalt“, die uns heute Vormittag beschäftigt hat, hat die CDU-Fraktion unter Nr. 11.5 gefragt, wie sich vier im einzelnen benannte Projekte in der Landeshauptstadt zur Erhöhung der inneren Sicherheit bewährt haben.
Während sich die Projekte „Prisma“ und „Frauenflüchtlingshaus“ aus der Sicht der Landesregierung bewährt haben und das Projekt „ALSO“ sogar Modellcharakter hat, heißt es in der Antwort zum Projekt „Gegen Angst in belastenden Lebenslagen“ - ich zitiere -:
„Aus datenschutzrechtlicher und fachlich inhaltlicher Sicht wird das Projekt im Zusammenhang mit der Schnittstellenproblematik zur Polizei und den originär zuständigen Behörden der Stadt Magdeburg in der gegenwärtigen Form eher kritisch bewertet.“
Herr Kollege Gärtner, hinsichtlich dieser Bewertung waren sich auch die Vertreter der beiden Ministerien, also des Innen- und des Sozialministeriums, im Ausschuss völlig einig. Da hat es keine Widersprüche gegeben, die wir aufzuklären hätten.
Zur Frage der Finanzierbarkeit durch das Land möchte ich in Erinnerung rufen, was die Kollegin Liebrecht in der Landtagsdebatte vom 10. März ausgeführt hat, als wir über den vorliegenden Antrag zum ersten Mal berieten. Frau Liebrecht hat gesagt, dass eine Festbetragsfinanzierung über das Innenministerium kritisch zu sehen sei, weil laut Haushaltsbeschluss zahlreiche Stellen im Polizeibereich abgebaut werden sollten. Ich kann hier nur sagen: Frau Liebrecht hat Recht.
Für den Haushalt des Sozialministeriums kann nichts anderes gelten. Ich verweise hier nur auf die im Entwurf des Haushaltsplans 2001 vorgesehenen Kürzungen und auf den Umstand, dass dieses Projekt bei einer landesweiten Einführung - das würde man den anderen Kommunen nicht vorenthalten können - Kosten für das Land in zweistelliger Millionenhöhe verursachen würde.
Meine Damen und Herren! Nun bleibt noch die Frage offen, ob die Stadt Magdeburg und gegebenenfalls der Landkreis Schönebeck als örtliche Träger der Sozial- und Jugendhilfe Verantwortung finanzieller Art für das Projekt übernehmen wollen. Das kann aus der Sicht meiner Fraktion der Verein „Offene Türen“ als Trägerverein des Projektes im direkten Gespräch mit der Kommune klären. Dementsprechend haben sich die Vertreter der SPD im Innenausschuss mehrheitlich gegen eine Anhörung ausgesprochen.
Wir sind im Ergebnis der Ausschussberatung der Meinung, dass Bemühungen des Landes zum Erhalt dieses Projektes nicht angebracht sind. Nachdem aber nun der Kollege Gärtner hier und heute für die Fraktion der PDS den Wunsch erneuert hat, eine derartige Anhörung durchzuführen, und zu diesem Zweck beantragt hat, dass der Antrag in den Innenausschuss zurücküberwiesen wird, wollen wir das nicht blockieren. Wir werden uns vielmehr bei der Abstimmung über diesen Antrag auf Rücküberweisung der Stimme enthalten.
Zur Klarstellung merke ich an, dass die Anhörung nicht dem Ziel einer Finanzierung aus dem Landeshaushalt
Im Falle einer Rücküberweisung werde ich im Ausschuss beantragen, wegen der Schnittstellenproblematik zwischen der Polizei und dem Verein auch den Datenschutzbeauftragten anzuhören, der ja für alle öffentlichen Stellen im Lande zuständig ist. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, es kurz zu machen. Über dieses Projekt wurde bereits viel geredet. Das Projekt war bisher ein Bindeglied in Sachsen-Anhalt, um die sozialarbeiterischen Institutionen effektiver arbeiten zu lassen. Das Projekt war ein Novum. Alles Positive zu dem Projekt wurde bereits gesagt. Es ist ein positives Projekt.
Auch wir sind der Meinung, dass es, wenn es weiter vom Arbeitsamt finanziert werden könnte, weiter bestehen sollte. Deshalb unterstützte die FDVP-Fraktion den Antrag der PDS-Fraktion uneingeschränkt, allerdings unter der Maßgabe, dass im Rahmen einer späteren Kontrolle überprüft und bewertet wird, ob das Projekt weitergeführt werden kann.
Wir sind aber zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Reihe von Gründen gegen die Aufrechterhaltung und Weiterfinanzierung des Projektes spricht. Das sind folgende Gründe:
Die Zusammenarbeit zwischen der Institution und den Polizeibehörden hat infolge der bestehenden Konkurrenz zu anderen Einrichtungen nicht zu der Zusammenarbeit geführt, die als optimal bezeichnet werden kann.
Das Projekt wurde nicht, wie erhofft, weder von den Gefährdeten noch von den Tätern und Opfern und auch nicht von den noch nicht Erwachsenen, die durchgängig als gefährdet gelten, in großer Zahl angenommen.
Infolge der Konkurrenz zu anderen Einrichtungen mit gleicher oder ähnlicher Zielsetzung ist das Projekt auch finanziell nicht mehr haltbar.
Dahin gehend besteht ein umfangreicher Personalstamm, der zwar jederzeit verfügbar ist, aber mit Kräften ausgestattet ist, die weitgehend dem Kündigungsschutz unterstehen.
Im Gegensatz zu Konkurrenzeinrichtungen mangelt es dem Projekt an der erforderlichen Logistik. Der Aufbau der Logistik würde über die Personalkosten hinaus ein Kostenlawine auslösen, die von niemandem finanziert werden könnte.
Vom Land ist infolge der Haushaltsgegebenheiten zu Recht nicht zu erwarten, dass eine finanzielle Entlastung der Kostenträger vorgenommen wird. - Ich bedanke mich.
Vielen Dank. - Die DVU-FL-Fraktion hat keinen Redebeitrag angemeldet. Es bleibt offensichtlich dabei. Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Liebrecht. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Vorab möchte ich eines klarstellen: Auch wir beantragen die Rücküberweisung in den Ausschuss.
Das Projekt „Gegen Angst in belastenden Lebenslagen“ ist am 30. April dieses Jahres ausgelaufen. Die Förderung dieses Projektes erfolgte zu 100 % durch das Arbeitsamt. Eine erneute Antragstellung beim Arbeitsamt kann erst nach einem halben Jahr erfolgen.
Da sich das Arbeitsamt im Vorfeld positiv geäußert hat, jedoch verständlicherweise keine verbindliche Zusage treffen kann, führen die Mitarbeiter das Projekt mit viel Engagement zurzeit ehrenamtlich weiter. Für die Sachkosten konnte ein Sponsor gefunden werden.
Der Ergebnisbericht zeigt, dass der Bedarf an Sozialarbeit im Polizeirevier gegeben ist. Von Juli 1998 bis Dezember 1999 wurden insgesamt 1 521 Fälle aus diesem Bereich bearbeitet.
Das zusätzliche Ziel des Projekts ist es, Festanstellungen zu erreichen und als freier Träger der Sozialarbeit anerkannt zu werden. Sowohl die Fachhochschule Magdeburg als auch die Fachhochschule der Polizei in Sachsen-Anhalt unterstützen das Projekt und haben sich bereit erklärt, die Begleitforschung zu leisten.
Beratungsstellen und Ämter haben feste Öffnungszeiten und auch Bereitschaftsdienst. Aber trotz des Bereitschaftsdienstes der Ämter ist deutlich geworden, dass das Projekt „Gegen Angst in belastenden Lebenslagen“ innerhalb des Hilfesystems der Kommunen eine Lücke geschlossen hat.
Die Krisenintervention erfolgt zum größten Teil in den Abendstunden, an den Wochenenden und Feiertagen. Aber gerade dann sind Beratungsstellen und Ämter geschlossen. Hier greift das Projekt ein und leistet Hilfe, wenn sie konkret gebraucht wird.
Durch die schnelle und unmittelbare Erfassung menschlicher Notlagen und Krisen durch Sozialarbeiterinnen ist es möglich, fachgerecht und professionell schnelle Hilfe anzubieten. Die Krisenintervention kann Maßnahmen einleiten, die eine Verfestigung und Weiterentwicklung des vorgefundenen Sachverhalts aufhalten. Den sozialarbeiterischen Institutionen der Kommune wird dadurch ermöglicht, effektiver zu arbeiten.
Die Betroffenen müssen nicht über Gebühr und unnötig lange auf dringend benötigte Hilfe verzichten oder warten. Dieses Projekt ist für Betroffene eine Chance, Hilfe zu bekommen, wenn sie diese am dringendsten benötigen. Es stellt eine Entlastung für Polizeibeamte dar, die nicht mit Problemen allein gelassen werden, die sie an die Grenzen ihrer Einsatzmöglichkeiten bringen.
Die CDU-Fraktion hat Verständnis dafür - das hat Herr Rothe bereits erwähnt -, dass die Inanspruchnahme des Landeshaushalts zur Fortführung dieses Projektes wegen der angespannten Haushaltslage schwierig ist.
Der Bedarf an Sozialarbeit im Polizeirevier ist gegeben. Der Ergebnisbericht hat bewiesen, dass dieses Projekt weitergeführt werden sollte. Zahlreiche Stellungnahmen
von verschiedenen Institutionen belegen, dass dieses Projekt ihre Befürwortung und Unterstützung findet.
Die „Hamburger Morgenpost“ hat am 4. September dieses Jahres berichtet, dass in Hamburgs Polizeiwachen bald Sozialarbeiter tätig sein werden. Es wird auf das richtungsweisende „Magdeburger Projekt“ aufmerksam gemacht und dazu wie folgt kommentiert - ich zitiere -:
Zwischenzeitlich liegt die Bitte vor, im Rahmen eines binationalen Seminars mit den Niederlanden über Verlauf und Ergebnis dieses Projektes zu berichten, da in den Niederlanden Überlegungen bestehen, das Projekt aufzugreifen.
Am 31. Oktober läuft die halbjährige Wartefrist gemäß der AB-Vorschriften ab. Der Verein hat einen neuen Förderantrag gestellt. Das Arbeitsamt gibt dem Projekt die Chance, erneut auf ABM-Basis aufgenommen zu werden.
Es wäre wünschenswert, dass die Sozialministerin hierbei ihren Einfluss beim Arbeitsamt in die Waagschale wirft. Damit wäre gleichzeitig die Begleitforschung sichergestellt sowie die Chance gegeben, als freier Träger der Sozialarbeit anerkannt zu werden. Damit steht der Weg grundsätzlich offen, Gelder zu beantragen.
In diesem Zusammenhang möchte ich zu bedenken geben und einfordern, dass auch an dieses Projekt grundsätzlich der gleiche Maßstab angelegt werden sollte, wie es bei allen anderen vom Landtag befürworteten Projekten erfolgt ist.
Ich wünsche mir, dass die scharfen ordnungspolitischen und finanzpolitischen Argumente, die zur Ablehnung dieses Projektes im Ausschuss geführt haben, auch bei anderen Projekten der Maßstab sind. - Vielen Dank.