Aber die Beratung des Personalhaushaltes zeigt deutlich, dass nach sechs Jahren Regierung Höppner die Resignation genau dort am größten ist, wo Tatkraft am nötigsten gebraucht wird.
Neben der Frage nach dem Personalkonzept steht das ungelöste Problem der Verwaltungsreform. Ich sage bewusst: das ungelöste Problem der Verwaltungsreform.
Als der Innenminister im Dezember 1999 sein Leitbild veröffentlichte, haben wir ihm mit einem gewissen Wohlwollen sekundiert, weil wir in diesem Vorstoß die Verzweiflungstat eines Ressortchefs sahen, der mit den Verwaltungsverkrustungen endlich aufräumen wollte.
Aber so, wie die Sache jetzt weiterläuft, meine Damen und Herren, droht mehr Schaden, als je Nutzen entstehen kann; denn die Bewegung findet nicht dort statt, wo sie am nötigten ist.
Das Vorschaltgesetz, Herr Minister, war für mich eine große Ernüchterung. Ich hatte die Hoffnung, dass wir in dem Zweiten Vorschaltgesetz Zahlen zu den Landesämtern finden, die uns in die Lage versetzen, bei der
anstatt die Funktionalreform, die im Nebel bleibt, zu erläutern, wird an den Kommunen herumgedoktert.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, schleicht sich bei mir langsam ein schwerer Verdacht ein. Ich habe den Verdacht, dass es in der politischen Führung dieses Landes inzwischen Personen gibt, die mit kommunalen Zielzahlen einen turbulenten Kriegsschauplatz eröffnen wollen, hinter dem sie ihre eigenen Fehlleistungen verstecken können.
Ich appelliere an die Kommunalpolitiker aller Fraktionen: Merken Sie nicht, dass es in der Landesregierung - das gilt nicht für alle - inzwischen Beharrungskräfte gibt, die sich mit der Reform der Staatsverwaltung hinter den Unruhen verstecken wollen, die sie auf kommunaler Ebene angezettelt haben?
Getreu einem Goethe‘schen Grundsatz denkt mancher aus der politischen Führung der Ministerien und der Staatskanzlei inzwischen: Mögen die Bürgermeister in der Provinz bei der Kommunalreform sich die Schädel spalten, die Hauptsache ist, bei uns bleibt es beim Alten.
Das, meine Damen und Herren, ist eine Logik, die uns hellhörig macht. Deshalb haben wir dem Zweiten Vorschaltgesetz zur Kommunalreform nicht zugestimmt. Ich meine, gerade aus haushaltspolitischer Sicht ist die Aussage von Professor Hesse beim Landkreistag nur zu unterstreichen: „Der Fisch stinkt vom Kopf“, und der Kopf ist die Landesverwaltung, meine Damen und Herren.
Was die Verwaltungsreform betrifft, so muss ich auch sagen: Gerade an einer solchen Maßnahme, die in alle Verwaltungsgliederungen eindringt, zeigt sich, sie braucht Professionalität in der Führung. Ich will es einmal mit Blick auf die Spitze sagen: Eine Verwaltungsreform braucht Steuerleute und keine Wünschelrutengänger.
Was wir, meine Damen und Herren, im Moment mit dem Tippen - mal diese, mal jene Behörde - erleben, ist kein zusammenhängendes Konzept, sondern gleicht mehr einem Wünschelrutengang, bei dem man sich freut, wenn irgendwo einmal die Rute zuckt und man sagen
kann: Hier könnten ein paar Stellen vergraben sein, die ich irgendwann einmal abhaken kann. - So kommen wir nicht weiter, meine Damen und Herren!
Aber das Thema ist mir zu ernst; denn worin besteht denn die Sache? - Jede Haushaltspolitik in diesem Lande wird zwischen zwei großen Mühlensteinen zerrieben. Der eine heißt Schuldenlast und der andere heißt Personalkosten. Dazwischen werden die eigentlichen politischen Gestaltungsaufgaben zerrieben. So ist dem Finanzminister offenbar auch nichts anderes eingefallen, als sich das Geld dort zu holen, wo es eigentlich unverzichtbar ist. Ich erwähne drei Beispiele exemplarisch: bei den Kommunen, bei den Investitionen und bei Bildung und Wissenschaft.
Ich komme zu den Kommunen. Hier wird mehr zugelangt als bei der Verschiebung der Anteile an den Sonderbedarfsergänzungszuweisungen. Ich denke an die verfügte Zweckbindung beim IfG, ich denke an die Beteiligung der Landkreise am Unterhaltsvorschuss, ich denke an diverse Kürzungen außerhalb des FAG. Summe: 230 Millionen DM. Die CDU hält diesen Zugriff für unvertretbar, und zwar aus zwei Gründen.
Erstens. Das Vorgehen ignoriert eine wichtige Erkenntnis der fünf Wirtschaftsforschungsinstitute, die in den Defiziten der Finanzkraft ostdeutscher Kommunen ein wichtiges Entwicklungsproblem für die Zukunft unseres Landes sehen, weil kommunale Infrastruktur für den wirtschaftlichen Aufholprozess unverzichtbar ist.
Zweitens. Wir haben die Hoffnung auf eine Funktionalreform nicht aufgegeben; aber gerade mit Blick auf diese Funktionalreform brauchen die Kommunen Verlässlichkeit in den Finanzbeziehungen. Wenn wir im Zweiten Vorschaltgesetz sagen: „Führt die Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Kommunen, wird das Land einen angemessenen Ausgleich schaffen“, so glaubt uns das keiner, wenn wir im Jahr 1995 eine Sicherheitsklausel im FAG festlegen und dann Jahr für Jahr zur Überraschung aller Kommunal- politiker immer wieder einen Zugriff verfügen.
Auf diese Weise bekommen wir nicht die Verlässlichkeit, und die Kommunen werden bei der Funktionalreform den Eindruck haben, sie würden jedes Mal über den Tisch gezogen, und sich diesem Prozess, der unverzichtbar ist, verweigern.
Der nächste Punkt betrifft die Investitionen. Der Finanzminister greift in Ermangelung anderer Quellen in den Investitionstopf. Entgegen den offiziellen Verlautbarungen sind die Zahlen sehr nüchtern zu beschreiben. Die Ausgaben für Investitionen sinken in diesem Haushalt um 344 Millionen DM und das ist eine Hausnummer. Der Wirtschaftsminister hat in der Sommerzeit hierzu eine unzensierte Stellungnahme abgegeben, in der es heißt: „Der Etat hat eine Schieflage; wir müssen mehr investieren.“
(Herr Gürth, CDU: Wer war das nochmal? - Mi- nister Herr Gabriel: Glauben Sie immer, was in der Zeitung steht?)
Sie hätten es ja so stehen lassen können, es ist doch richtig. Sie dementieren Dinge, die richtig sind. Ich finde das nicht unbedingt produktiv.
Insgesamt droht aus diesem Umstand - ich will auf die Einzelposten gar nicht eingehen - zweierlei. Zum einen: Wir haben eine Bauwirtschaft, die wirklich nicht über Auftragsüberschüsse klagen kann. Wir werden in diesem Herbst eine Entwicklung zu verzeichnen haben, die vom Rückgang der Baukapazitäten, verbunden mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, gekennzeichnet ist. Gleichzeitig erweist sich das Land als unfähig, wirtschaftliche Impulse zu setzen, die diesen Prozess auffangen und gleichzeitig der Schaffung einer dringend notwendigen Infrastruktur dienen. Wie notwendig diese Infrastruktur ist, dafür lassen sich Beispiele nennen.
Ich möchte aus aktuellem Anlass eines nennen, das ist der Schulbau. In diesem Haushaltsplan wird das ohnehin schon äußerst magere Schulbauprogramm - man kann es schon gar nicht mehr so nennen, Herr Minister - noch einmal auf eine Zinshilfe - nicht Schuldendienst -, auf eine Zinshilfe mit einer Deckelungsgrenze von 5 % zurückgeführt. Darauf möchte ich nur aufmerksam machen. Die Inanspruchnahme dieses Programms richtet sich nach der Kreditwürdigkeit der Gebietskörperschaften und die ist zufällig verteilt.
Ein Kultusminister, der jetzt einen Schulentwicklungsplan quer über das ganze Land durchsetzen will, was ja jeweils Auswirkungen auf den Schulbau hat - sage mir doch keiner, dass man zwei Schulen zusammenlegen kann, ohne dass daraus für den Schulbau Konsequenzen entstehen -, der lässt die Kommunalpolitiker, die sich bei dieser Frage manche blutige Nase holen müssen, an der entscheidenden Stelle allein,
wenn es darum geht, was wir gegenüber den Eltern und Schülern an positiven Zeichen in Verbindung mit der Zusammenlegung und der Neustrukturierung von Schulen geben können.
5 % Zinshilfe! Die Summe, Herr Minister, die hier eingestellt ist - die Zahl der entsprechenden Förderfälle kann ich an den Fingern einer Hand abzählen -, deckt nicht im Entferntesten den Bedarf, der im Land tatsächlich gerade vor dem Hintergrund der Schulentwicklungsplanung eintritt.
Herr Wirtschaftsminister, es ist richtig, bei der Gemeinschaftsaufgabe haben wir in diesem Jahr Mittel in einem ausgewogenen Verhältnis eingestellt und gebunden. Aber wo sind die Ausgabenreste für die Gemeinschaftsaufgabe?