Der neue Ansatz, der in diesem Zentrum gefunden wird, heißt ja auch, es solle Forschung betrieben und das Vertreibungsgeschehen in der ganzen Welt aktuell verfolgt werden, um aus diesen Erkenntnissen den poli-tischen Druck zu entwickeln, der dazu führt, dass die Vertreibung international so nachhaltig geächtet wird, dass es kein Politiker mehr wagt, sie als Mittel der Politik anzuwenden. Das soll perspektivisch mit diesem Zentrum verhindert werden.
Insofern ist diese Weiterentwicklung über den musealen Bezug hinaus für uns sehr wichtig und wir unterstützen dies auch. Aber insgesamt bleiben wir bei unserem
Meine Damen und Herren! Damit ist die Debatte zum Tagesordnungspunkt 27 abgeschlossen und wir kommen zur Abstimmung.
Es ist beantragt worden, die Drs. 3/3582 in den Ausschuss für Inneres zu überweisen. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung und bei Gegenstimmen aus der PDSFraktion ist dem Überweisungsantrag gefolgt worden. Der Tagesordnungspunkt 27 ist damit abgeschlossen.
Der Antrag der Fraktion der CDU wird durch die Abgeordnete Frau Liebrecht eingebracht. Bitte schön, Frau Liebrecht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Bundeswehr geht wieder einmal in eine ungewisse Zukunft. Nach Jahren der Neuorientierung und nach dem Ende des Kalten Krieges und der Auflösung der NVA stellt sich heraus, dass die jüngste Reform der Streitkräfte noch nicht tief greifend genug war.
Zukünftig wird eine Bundeswehr gebraucht, die technisch bestens ausgerüstet ist und mit anderen Streitkräften mithalten kann, wie beispielsweise denen aus den USA. Gleichzeitig muss die Bundeswehr neben der Landesverteidigung auch in der Lage sein, an vorsorg-lichen Einsätzen zur Beherrschung von Krisen innerhalb und außerhalb Europas teilzunehmen.
Die Veränderungen, die durch den Beschluss der Bundesregierung vom 15. Juni dieses Jahres mit den Eckpfeilern für eine Erneuerung von Grund auf beschlossen wurden, werden die Streitkräfte in ihrer Struktur radikaler verändern, als wir uns vorstellen können. Es ist unumstritten, dass die Bundeswehr sich gegenwärtig in einem Prozess tief greifender Strukturveränderungen befindet. Das verursacht Unruhe und Unsicherheit bei den Streitkräften, den zivilen Beschäftigten und auch in der Bevölkerung.
Durch die Thematisierung in den Medien ist dies kaum jemandem verborgen geblieben. Begonnen hat es mit einer Bestandsaufnahme der Bundeswehr sowie der Berufung der Kommission „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker bereits im Mai 1999. Die Empfehlungen der Kommission, die am 24. Mai dieses Jahres veröffentlicht wurden, sind infolge ihrer Radikalität insbesondere hinsichtlich der Truppenstärke und der Zahl der zu erfassenden Wehrpflichtigen auf erheblichen Widerspruch gestoßen.
In der Bundeswehr dienen zurzeit rund 320 000 Soldaten. Davon sind 60 000 Kriseninterventionskräfte. Der
zeit leisten 130 000 Wehrpflichtige ihren Dienst ab. Darüber hinaus arbeiten an ca. 600 Standorten der Bundeswehr 140 000 zivile Angestellte. Die Kommission hat eine Reduzierung auf insgesamt 240 000 Soldaten und 30 000 Wehrpflichtige empfohlen.
Im Eilzugtempo hat Bundesverteidigungsminister Scharping die vorgelegten Empfehlungen der WeizsäckerKommission sowie die Vorschläge des Generalinspekteurs Kirchbach in den Verteidigungsausschuss eingebracht, um bereits am 14. Juni in der Ministerrunde die Eckdaten beschließen zu können. Eine Woche später wurden die Eckwerte der Reform in dem Entwurf des Bundeshaushalts 2001 berücksichtigt.
Ob die vorgesehenen Haushaltsmittel ausreichen, um diese Reform umsetzen zu können, oder ob sie eher ein Hemmnis darstellen, möchte ich hier nicht bewerten. Das ist auch nicht unsere Aufgabe.
Aufgabe des Landtags und insbesondere der Landesregierung ist es, sich mit den Auswirkungen zu befassen, die die Eckpunkte der beschlossenen Reform für Sachsen-Anhalt nach sich ziehen können.
Das Bundeskabinett hat sich bezüglich der Truppenstärke auf eine Größe von ca. 260 000 Soldaten und 70 000 Wehrpflichtigen sowie auf eine Reduzierung auf 80 000 zivile Beschäftigte festgelegt. Das bedeutet insgesamt eine Reduzierung um 60 000 Soldaten und 60 000 zivile Angestellte.
Wenn man bedenkt, dass in den neuen Bundesländern nur 50 000 Soldaten stationiert und 20 000 zivile Angestellte beschäftigt sind, erkennt man den Umfang der Strukturreform. Zahlenmäßig müssen mehr Stellen für Soldaten und zivile Mitarbeiter abgebaut werden, als in den neuen Bundesländern überhaupt stationiert sind bzw. arbeiten.
In Sachsen-Anhalt dienen an 17 Standorten 9 000 Soldaten und sind 2 000 zivile Angestellte tätig. Das sind im Vergleich zu den anderen Bundesländern und gemessen an der Einwohnerzahl von Sachsen-Anhalt lediglich 3 %. Der Durchschnitt liegt bei 5,2 %. Das verdeutlicht, dass wir uns am unteren Rand dieser Größe bewegen. Das wäre ein Grund dafür, dass das Land SachsenAnhalt keine Standortschließung hinnehmen kann.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang an die erheblichen Vorleistungen, die das Land Sachsen-Anhalt erbracht hat. Allein aus den Vorleistungen ist abzuleiten, dass die Standortvorteile bei der Strukturplanung erhalten bleiben sollten. Erinnern Sie sich an die unendlichen Debatten im Zusammenhang mit der Colbitz-Letzlinger Heide.
Es ist auch zu berücksichtigen, dass Sachsen-Anhalt mit drei Truppenübungsplätzen einen erheblichen Beitrag für die Gemeinschaftsaufgabe der Landesverteidigung leistet. Darüber hinaus ist hervorzuheben und zu würdigen, dass 40 % der Offiziersanwärter allein aus den neuen Bundesländern rekrutiert werden. Deshalb ist es nicht unwesentlich, dass die Bundeswehr in der Fläche erhalten bleibt.
Die Bundeswehr ist aber auch als Wirtschaftsfaktor entscheidend. Die Bundeswehr ist zugleich Investor und Arbeitgeber für die Region, teilweise sogar größter Arbeitgeber.
Uns muss bewusst sein, wie viele Dienstleistungsunternehmen, die ausschließlich vor Ort tätig sind, die Bundeswehr als größten Auftraggeber haben. Die Bundeswehr ist beispielsweise für Bäcker, Fleischer, das KfzHandwerk eine feste Bezugsgröße. Teilweise ist die Bundeswehr das wichtigste Standbein für die mittelständischen Unternehmen. Das alles muss mit bedacht werden.
Sachsen-Anhalt kann es sich mit der höchsten Arbeitslosenquote von 20 % und dem größten Bevölkerungsverlust nicht leisten, auf diese positiven Wirtschafts- effekte der Bundeswehr zu verzichten.
Die Landesregierung steht also in der Pflicht, sich beim Bundesministerium für Verteidigung für den Erhalt der Bundeswehrstandorte in Sachsen-Anhalt einzusetzen.
Es ist ebenso wichtig, dass sich der Landtag bzw. die betreffenden Ausschüsse damit befassen. Es darf nicht abgewartet werden, dass die Standorte der Bundeswehr in Sachsen-Anhalt zur Manövriermasse werden.
Die Erfahrung bei bereits vorangegangenen Umstrukturierungen hat gezeigt, dass sich Standorte deshalb durchgesetzt haben, weil sich die Länder schon im Vorfeld beim Bundesverteidigungsministerium vehement dafür eingesetzt haben
Gibt es schon Kenntnisse darüber, ob Standorte in Sachsen-Anhalt in der Grobplanung gefährdet sind? Hat sich die Landesregierung darüber Gedanken gemacht, wie sie auf die entsprechenden Auswirkungen reagieren will? Hat die Landesregierung bereits prophylaktisch Vorbehalte beim Bundesverteidigungsministerium angemeldet, um die Truppen in Sachsen-Anhalt zu sichern? Wann und in welcher Weise beabsichtigt die Landesregierung die Verwaltungen der betroffenen Kommunen zu unterrichten?
Es ist dringend geboten, auf all diese Fragen eine Antwort zu geben. Deshalb hat die CDU-Fraktion diesen Antrag gestellt und in der Drs. 3/3569 neu, die Ihnen allen vorliegt, eine Erweiterung dahin gehend vollzogen, dass die Landesregierung aufgefordert wird, darüber zu berichten, welcher weitere Zeitplan für die Verhandlungen mit der Bundesregierung bis zur Stationierungsentscheidung vorgesehen ist. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Die Fraktionen sprechen in der Reihenfolge PDS, FDVP, SPD, DVU-FL, CDU. Als erstem Redner erteile ich jedoch für die Landesregierung Minister Herrn Dr. Püchel das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung ist die Bundeswehr aus dem täglichen Leben unseres Landes nicht mehr wegzudenken. Vor allem in den Garnisonsstädten und im Umfeld hat sie sich zu einem wichtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktor entwickelt. Zahlreiche Kontakte, Partnerschaftsverträge zwischen Bundeswehr und Kommunen, öffentliche Gelöbnisse sowie Auftragsvergaben an die heimische Wirtschaft zeugen davon.
Soldaten der Bundeswehr haben sich vor Ort in vielen Einsätzen zur Abwehr von Unglücks- und Katastrophenfällen Achtung und Anerkennung erworben. Ich erinnere nur an das Oder-Hochwasser oder aktuell an die Einsätze zur Waldbrandbekämpfung im Landkreis Stendal im Sommer.
Auch bei unseren Partnern in Europa und in der Nato genießt die Bundeswehr hohe Anerkennung. Die zunehmende internationale Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland, die Teilnahme der Bundeswehr an Friedenseinsätzen im Rahmen der Uno und der Nato zeigen dies deutlich. Dies hat allerdings auch neue und gesteigerte Anforderungen an das Personal und die Ausstattung unserer Streitkräfte zur Folge.
Meine Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, befindet sich die Bundeswehr in einer Phase des Umbruchs. Nicht nur die Debatten über die Wehrpflicht oder über den Einsatz von Frauen zeigen deutlich, dass die Struktur der Bundeswehr weiteren Veränderungen ausgesetzt sein wird. Strategische Fragen eines größer werdenden vereinigten Europas, ein sich änderndes Konflikt- und Bedrohungspotenzial und die Erhaltung der technischen Leistungs- und Einsatzfähigkeit sind weitere wichtige Diskussionspunkte.
Gewachsener internationaler Verantwortung und der Notwendigkeit zur Modernisierung der Ausrüstung stehen haushaltspolitische Zwänge gegenüber.
Die Neuausrichtung der Bundeswehr ist eines der wesentlichen Reformvorhaben der Bundesregierung. Zu diesem Zweck hatte sie die Kommission „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ eingerichtet. Wie wir eben gehört haben, hat diese Kommission am 23. Mai ihre Empfehlungen vorgelegt; am 14. Juni hat Bundesminister Scharping dem Kabinett seine Vorstellungen vorgelegt.