Protocol of the Session on September 14, 2000

Ein weiteres Argument, das schon anklang, ist das freiwillige Entsorgen von Unfallwild auf den Straßen, kostenlos und freiwillig, was längst keine Pflichtaufgabe für die Jäger darstellt und den Landkreis im Moment nichts kostet. In Brandenburg haben sich die Jäger darauf verständigt, das Wild liegen zu lassen, und es muss für teures Geld durch die Straßenbaulastträger oder durch die Landkreise entsorgt werden. Und solch ein Vorbild würde für unser Land verheerende Folgen haben.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Czeke, PDS)

Herr Krause, ich kann Ihnen nur Recht geben, obwohl Sie es sich nicht verkneifen konnten, wieder Ihr Beispiel mit dem Golfplatz zu bringen: Das Thema Jagdsteuer - weil Herr Barth es so anklingen ließ - sollte tatsächlich nicht zu einer Diskussion über Sozialneid führen, ob nun gegen die etwas betuchteren Jäger gerichtet oder gegen die Golfplatzbetreiber gerichtet. Ich denke, wir sollten das nicht vermischen. Uns geht es um die gemeinsame Anerkennung und die Wertschätzung der Arbeit der sachsen-anhaltischen Jägerschaft. Ich denke, wir sind uns zumindest im Anliegen einig.

(Zustimmung von Frau Ludewig, CDU)

Ein letztes Wort, Herr Innenminister. Es ist schon ein Armutszeugnis, dass der Innenminister, der es zulässt, dass die kommunalen Finanzzuweisungen ständig gekürzt werden, nunmehr die Landkreise auffordert, ihre eigenen Steuereinnahmen zu nutzen, um ihren Kreishaushalt zu sanieren. Das ist ein Armutszeugnis erster Klasse.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie dann noch damit drohen, dass die Kreisumlage erhöht werden müsste, wenn es der bösen CDU gelänge, die Abschaffung der Jagdsteuer zu erreichen, schlägt das dem Fass den Boden aus. Herr Innenminister, ich denke, Sie sollten Ihre Haltung überdenken und in Ihrer Fraktion darauf hinwirken, dass unser Antrag mehrheitsfähig wird. Ich freue mich auf eine konstruktive und sachliche Diskussion in den beiden Ausschüssen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Czeke, PDS, und von Herrn Krause, PDS)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Es wurde eine Überweisung in die Ausschüsse für Inneres und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantragt. Wer sich diesem Antrag anschließen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

(Herr Becker, CDU: Federführung!)

Wir müssen noch festlegen, welcher Ausschuss die Federführung übernehmen soll.

(Minister Herr Dr. Püchel: Der Finanzausschuss! - Herr Becker, CDU: Der Innenausschuss!)

Wir stimmen darüber ab. Wer damit einverstanden ist, dass der Ausschuss für Inneres die Federführung übernimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen und einer Gegenstimme wurde die Federführung dem Innenausschuss übertragen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 12 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drs. 3/3585

Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Feußner. Danach folgt eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge Landesregierung, die ohnehin zehn Minuten sprechen darf, PDS, DVU-FL, SPD, FDVP und CDU. Bitte, Frau Feußner, Sie haben das Wort zur Einbringung.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Chancen der jungen Generation, möglichst frühzeitig berufliche Verantwortung zu übernehmen und damit auch ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben zu führen, werden in Deutschland durch spätes Beginnen und langes Verweilen in unseren Schulen und Hochschulen erheblich gemindert. Eine Folge davon ist, dass deutsche Nachwuchskräfte und Bewerber auf dem internationalen Arbeitsmarkt gegenüber den deutlich jüngeren Bewerbern aus anderen Ländern benachteiligt sind.

Es ist ein verbreiteter Irrtum anzunehmen, dass die in einer Bildungseinrichtung verbrachte Zeit mit Bildung gleichzusetzen ist. Was ich aus dem Stuttgarter Appell als Ergebnis eines Symposiums mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, aus Verbänden und Ein

richtungen wie Studienstiftungen zitiere, sind Einsichten, die sich allmählich zu verbreiten versprechen:

„In ihrer Konsequenz liegt neben der Forderung, einen straffen Studienablauf zu ermöglichen, auch die Verkürzung der Schulzeit, insbesondere ein Abitur nach zwölf Schuljahren. Solche überfälligen Reformen“

- so heißt es in dem Appell weiter -

„steigern die Entfaltung geistiger Kräfte und charakterlicher Eigenschaften. Sie fördern Begabungen, stärken die Leistungsbereitschaft und verbessern damit letztlich auch die Wettbewerbssituation deutscher Bewerber auf dem internationalen Arbeitsmarkt.“

Wie wir alle wissen, gibt es in allen Ländern, ausgenommen Rheinland-Pfalz, entweder schon die Möglichkeit oder die erklärte Absicht, das Abitur nach zwölf Jahren zu ermöglichen. Dieser gesamtdeutsche Weg, der nun von den Ländern eingeschlagen wird, war Ihnen damals vielleicht noch nicht so bewusst, als Sie das 13. Schuljahr beschlossen. Es kann Sie aber heute doch nicht unbeeindruckt lassen.

Wir können uns als relativ kleines Bundesland diesem Trend nicht verschließen und darauf warten, die Letzten zu sein, zumal wir diesbezüglich schon einmal gemeinsam mit Sachsen und Thüringen einen Vorsprung gegenüber den anderen Ländern eingenommen hatten.

Verehrte Anwesende! Wenn wir uns in unserem eigenen Land umsehen und die Meinung der Bürger ernst nehmen, müssen wir feststellen, dass schon immer die große Mehrheit gegen das 13. Schuljahr war. In einer Umfrage im Juli sprachen sich knapp 95 % von 1 060 Anrufern für ein zwölfjähriges Abitur aus. Ob nun repräsentativ oder nicht, der eindeutige Trend dieser Umfrage lässt sich sicherlich nicht bestreiten. Das 13. Schuljahr wird nicht, wie von der GEW behauptet wird, von einem breiten Elternwillen getragen, sondern stößt auf breiten Widerstand.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau Mit- tendorf, SPD)

Erstens. Man kann diese sehr eindeutige und klare Elternmeinung nicht einfach ignorieren.

Zweitens. Sollten wir nicht endlich handeln, bevor Sachsen-Anhalt alleiniges Schlusslicht in der Bildungspolitik wird?

(Frau Fischer, Leuna, SPD: Richtig!)

Drittens. Sollten wir unseren Absolventen nicht dieselben oder sogar bessere Ausgangsbedingungen für ihren späteren Lebensweg bieten?

Viertens. Sollten wir nicht auch an die vor allem für die Eltern entstehenden Kosten denken, wenn ihr Kind ein Jahr länger die Schulbank drückt, ein Jahr länger Fahrtkosten bezahlen muss, ein Jahr später Geld verdient und ein Jahr weniger Rentenanspruch erwirbt?

(Zustimmung bei der CDU)

Fünftens. Sollten wir nicht unseren Kindern und Jugendlichen wieder das zutrauen und ermöglichen, was Schüler in Thüringen, in Sachsen oder auch in BadenWürttemberg bewältigen?

Sechstens. Können wir den Wunsch junger Menschen nach Selbstständigkeit ignorieren? Ich denke, das können wir nicht.

Verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich nun zu unseren Grundpositionen kommen. Man sieht auf Anhieb, dass dieser Gesetzentwurf ein Kompromissangebot enthält. Wir wollen möglichst allen Eltern und Kindern, die dies wünschen, ein Abitur nach zwölf Jahren ermöglichen. Durch den Angebotscharakter, der die Alternative einer längeren Schulzeit offen lässt, hoffen wir, dass sich die Barrieren, die damals zu einer Zwangsverlängerung des Gymnasiums geführt haben, für manche leichter überwinden lassen.

Vielleicht ist dabei auch hilfreich, dass sich in jüngster Zeit mancher Politiker der SPD und auch der PDS für ein Abitur nach zwölf Jahren ausgesprochen hat.

(Zuruf von Frau Wernicke, CDU)

Ich erwähne nur den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Clement, der in seiner Regierungserklärung vor dem Landtag in Nordrhein-Westfalen am 30. August 2000 sagte:

„Das Abitur kann nach zwölf Jahren abgelegt werden. Dafür machen wir in jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt mindestens ein Angebot.“

Unser Gesetzentwurf beschränkt sich bewusst auf die dazu erforderlichen Änderungen.

Erstens. Die Gesamtkonferenzen der einzelnen Gymnasien können darüber entscheiden, ob an ihrer Schule das Abitur schon nach der 12. Klasse abgelegt wer- den kann. Diese Entscheidung kann entweder für die ganze Schule oder für einzelne Züge getroffen werden. Im letzteren Fall können die Schülerinnen und Schüler das Abitur entweder nach zwölf oder nach 13 Jahren ablegen.

Nach unseren Vorstellungen entsteht dadurch kein Zweiklassenabitur, da zwar einige Schüler den Lehr- stoff mehrerer Jahre in einem Jahr weniger vermittelt bekommen, aber alle dasselbe Kurssystem durchlaufen und alle die gleichen Prüfungen ablegen.

Zweitens. Die mit der Verkürzung der Schulzeit verbundene Straffung des Lernstoffes kann umso bedeutsamer erfolgen, über je mehr Jahre sie verteilt wird. Darum sollen die Klassen 5 und 6 wieder als schulformbezo- gene Förderstufe geführt werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Das heißt, auch die Gymnasien - wie die Sekundarschulen - können mit dem 5. Schuljahrgang beginnen.

Drittens. Da die erste Wahl der weiterführenden Schulform wieder nach der 4. Klasse erfolgt, sollen die Eltern und Erziehungsberechtigten von der abgeben- den Grundschule wieder eine Schullaufbahnempfehlung erhalten.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Grundschullehrkräfte, die die Kinder über Jahre hinweg beobachtet haben, können den Erziehungsberechtigten wertvolle Entscheidungshilfen geben.