Protocol of the Session on June 22, 2000

Ich darf zwei Anmerkungen machen. Die jetzige Bauordnung ist seit sechs Jahren in Kraft. So schlecht kann sie nicht gewesen sein, so daß sie noch immer gültig ist.

Meine Damen und Herren! Uns als Union liegt am Herzen, daß wir uns neben den Punkten, bei denen

wir übereinstimmen, auch über die Freistellung im Gebiet eines bestätigten Bebauungsplans unterhalten. In der Presse stand, Bauen, Hausbauen und Garagenbau ohne Genehmigung. Das ist aber nur unter der Voraussetzung möglich, daß ein qualifizierter und bestätigter Bebauungsplan vorliegt.

Nun kann ich auch dort eine Garage bauen wollen, wo kein Bebauungsplan vorliegt. Wir müssen darüber diskutieren, wie wir damit umgehen. Es gibt nicht überall Bebauungspläne. Insofern ist eine Ungleichbehandlung vorhanden. Auch das sollte ein Thema sein, worüber wir uns verständigen sollten.

Das zweite Thema, auf das ich hinweisen möchte, ist das Thema der Stellplätze und der Ablösebeträge. Ich denke, auch das ist ein Punkt, mit dem man sich auseinandersetzen muß. Unsere Position ist dazu eindeutig. Wir müssen den Kommunen mit der Stellplatzregelung den Handlungsspielraum geben, damit sie das Geld so einsetzen können, wie sie es möchten, wenn es um die Ablösung von Stellplätzen geht. Nun gibt es sicherlich den einen oder anderen Unterschied.

Nicht ausklammern möchte ich das Thema des barrierefreien und behindertengerechten Bauens. Meine Damen und Herren! Ich denke, wir stimmen darin überein, daß das ein Thema ist, das uns alle bewegt. Wir müssen dafür sorgen, daß zunächst einmal in allen öffentlichen Bauten für Behinderte und für ältere Bürger die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Wir haben diesbezüglich einen riesigen Nachholbedarf.

Außerdem müssen wir durchgängig regeln, daß es dort, wo Fördermittel zur Verfügung gestellt werden, kein Wenn und Aber geben darf. Dort müssen die Voraussetzungen geschaffen werden.

Beim dritten Punkt kommen wir in ein Spannungsfeld zwischen dem privaten Unternehmer, der ein Gebäude baut, und einer gesetzlichen Auflage. Darüber muß man sich unterhalten. Ich bin froh darüber, daß der Minister in einem Telefoninterview mit der „Magdeburger Volksstimme“ gesagt hat, daß man auch Ausnahmen zulassen könne, daß es sich also nicht um ein Dogma handele, sondern daß man auch sagen könne, wenn die Baukosten so hoch seien, könne man es nicht vertreten.

Herr Minister, ich denke, wir stimmen darin überein, daß bei dem hohen Leerstand an Wohnungen, den wir in diesem Land haben, jeder Investor daran interessiert ist, daß er dort, wo es möglich ist, behindertengerecht bauen kann. Das sollte man mit Fördermitteln unterstützen. Wir werden sehen, wie wir an dieser Stelle weiterkommen.

Ich habe noch einen Wunsch, den ich aussprechen möchte. Vielleicht schaffen wir es in Deutschland - ich weiß, das ist ein Wunsch, vielleicht auch ein Traum, aber auch deshalb nehmen wir jetzt diese Novellierung vor -, daß wir statt 16 Bauordnungen nur noch eine haben, die in allen Ländern gleich ist. Es macht im Zuge der europäischen Einigung keinen Sinn, daß wir Kleinstaaterei mit 16 unterschiedlichen Bauordnungen betreiben. Die unterschiedlichen Bauordnungen erschweren das Bauen in Deutschland. Andere Länder belächeln uns deswegen.

Es handelt sich jetzt um einen Zwischenschritt, der sinnvoll ist, den wir mitgehen. Wir haben zu fast 75 % Übereinstimmung. Über die anderen 25 % sollten wir uns in den Ausschüssen streiten, so daß wir im nächsten Jahr

eine novellierte Landesbauordnung vorliegen haben, aber nicht deshalb, weil die alte Bauordnung so schlecht war, sondern deshalb, weil die Musterbauordnung uns das vorgegeben hat. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Für die DVU-FL-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Büchner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 49 Abs. 2 steht:

„In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad, die Küche oder eine Koch- nische mit dem Rollstuhl zugänglich sein.“

Wir sind durchaus der Ansicht, daß behinderten Menschen jede mögliche Erleichterung verschafft werden soll und verschafft werden muß. Doch wenn dies in dem zur Debatte stehenden Ausmaß zu Lasten aller derjenigen gehen soll, die Häuser bauen bzw. sanieren, ist das abzulehnen.

In § 49 Abs. 5 heißt es:

„Für Wohngebäude mit mehr als vier Wohnungen sollen leicht erreichbare und gut zugängliche Abstellräume für Kinderwagen und Fahrräder hergestellt werden.“

Gemäß Absatz 2 müssen die Häuser mit mehr als zwei Wohnungen behindertengerecht sein. Wenn es aber um kinder- und familienfreundliche Politik geht, ist die Landesregierung der Ansicht, daß nur eine SollBestimmung Gültigkeit erhalten soll.

Im allgemeinen soll in der Bauordnung wesentlich stärker eine familienfreundliche Politik zum Ausdruck kommen. Das beginnt damit, daß in allen Häusern mit Wohnungen Stellplätze für Kinderwagen innerhalb und außerhalb des Hauses vorgeschrieben sein sollten. Ebenfalls muß privaten und öffentlichen Bauträgern auferlegt werden können, daß in ihrer Planung Grünflächen und Spielplätze in zumutbarer Form zu berücksichtigen sind, wenn in den betreffenden Wohngebieten der- gleichen noch nicht vorhanden ist.

Auch der Neubau von kleinen sogenannten Singlewohnungen bzw. der Umbau von großen zu kleinen Wohnungen darf nicht im alleinigen Ermessen des Bauträgers liegen, sondern muß außer im Gesetz auch in der Bauordnung seinen Niederschlag finden.

Familienfreundlicher Wohnungsbau setzt natürlich voraus, daß von der Landesregierung und von der Bundesregierung eine familienfreundliche Politik betrieben wird. Das ist bekannterweise nicht der Fall. Hierbei geht es nicht nur um die materielle Absicherung der Rentner, sondern es geht vor allen Dingen um die Aufrechterhaltung des gesamten Sozialgefüges unseres Volkes. Hierzu sind sofortige und einschneidende Maßnahmen erforderlich, auch im Sinne der Behinderten, die durchaus schon genug bestraft sind durch ihr Leiden. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der DVU-FL)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Halupka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Beiträgen meiner Vorredner verbleibt mir nur weniges zu sagen.

Die SPD-Fraktion begrüßt den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Landesbauordnung. Vom Minister wurden zu den inhaltlichen Schwerpunkten und zu den Zielen der Bauordnung ausführliche Darlegungen gemacht, die ich nicht zu ergänzen brauche. Auch unseres Erachtens ist dieser Gesetzentwurf ein guter Entwurf mit einem hohen Sachabarbeitungsstand. Er ist eine Grundlage für die Beratung in den Ausschüssen.

Einige strittige Punkte wurden insbesondere von der PDS-Fraktion und von der CDU-Fraktion genannt. Ich denke, über diese Punkte können wir in den Ausschüssen beraten. Dort gehören sie hin.

Wir beantragen die Überweisung in den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr, in den Ausschuß für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten, in den Ausschuß für Kultur und Medien und in den Ausschuß für Inneres. Der federführende Ausschuß sollte der Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sein.

Abschließend bitte ich um Zustimmung, daß ich meine Rede zu Protokoll geben darf. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Herr Halupka, damit wir uns nicht falsch verstehen: Eine gehaltene Rede wird protokolliert. Wer eine Rede gehalten hat, kann sie nicht noch extra zu Protokoll geben. Vor allen Dingen darf das Protokoll nicht mehr enthalten, als er gesagt hat. Aber das müssen wir unter uns klären.

Meine Damen und Herren! Herr Halupka hatte die Überweisung in mehrere Ausschüsse beantragt. Der Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr soll der federführende Ausschuß sein. Außerdem soll die Überweisung in den Wirtschaftsausschuß, in den Ausschuß für Inneres und in den Ausschuß für Kultur und Medien erfolgen. Gibt es noch weitere Ausschüsse, die vorgeschlagen werden? - Das ist nicht der Fall. Dann würde ich darüber zusammen abstimmen lassen.

Wer der Überweisung in die genannten Ausschüsse zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 9 ist abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über den Nationalpark Harz des Landes Sachsen-Anhalt (NPHarzG LSA)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 3/3282

Der Gesetzentwurf wird vom Minister für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt Herrn Keller eingebracht. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 29. September 1990 wurde vom Ministerrat der DDR durch eine Verordnung der Nationalpark Hochharz geschaffen, neben dem Schutz anderer wertvoller Landschaftsbestandteile von der Ostsee bis zur Sächsischen Schweiz. Dieses Erbe zu bewahren und zu mehren ist Anliegen des Gesetzentwurfes, der heute nach einem langen Vorlauf dem Landtag zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt wird.

Die Nationalparkverordnung, die durch den Einigungsvertrag als Landesrecht in Sachsen-Anhalt fortgilt, hat sich in den zurückliegenden Jahren allerdings als problematisch herausgestellt. Es sind im wesentlichen drei Punkte, die hierzu genannt werden müssen:

Erstens die Entwicklungschancen der Gemeinde Schierke. Die Gemeinde fühlt sich durch die Gebietsausweisung eingeschnürt. Dies gilt insbesondere bezüglich der Entwicklung eines Wintersportangebotes, das auch Teile des aktuellen Nationalparkgebietes berührt. Umfangreiche Gespräche in der Vergangenheit haben aber nicht zu einer Lösung der Problematik geführt. Die Trassenführung einer Skiabfahrt mit den dazugehörigen technischen Einrichtungen ließ sich rechtlich nicht im Nationalpark umsetzen. Dies hat zu einem Normenkontrollverfahren der Gemeinde gegen die Verordnung geführt.

Zweitens die Frage des Schutzes und der Nutzung der Brockenkuppe nach der Neuordnung. Die bisherige Nationalparkverordnung enthält umfangreiche Regelungen insbesondere zu der Frage von Veranstaltungen und deren Genehmigung. Solche Genehmigungen sind nach dem im Land geltenden Naturschutzrecht nur in einem schwierigen Verfahren unter Beteiligung der nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes anerkannten Verbände zu erreichen. Ein Verfahren dazu wird in der geltenden Verordnung nicht angeboten. Das hat in der Vergangenheit zu Konflikten geführt, die nicht befriedigend gelöst werden konnten.

Drittens mit der Nutzung der Brockenkuppe zusammenhängend der Zugang zur Brockenkuppe.

Die Landesregierung hat sich entschlossen, den Nationalpark auf eine neue rechtliche Grundlage, und zwar auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen und nicht wie bisher und nach dem Bundes- und Landesnaturschutzgesetz vorgesehen durch eine Verordnung zu regeln. Wir halten diese Höherstufung in der Normenqualität für rechtlich zulässig - ein Mehr gegenüber der Rechtsqualität einer durch die Exekutive erlassenen Verordnung.

Im übrigen ist nach meiner Auffassung die Bedeutung des Themas für das Land Sachsen-Anhalt hinreichend groß, so daß der Landtag die letzte Entscheidung zur Lösung der Interessenkonflikte haben sollte. Ich appelliere an dieser Stelle an Sie, in der Gesetzesberatung konfliktlösend zu wirken und den Gesetzesbeschluß auf eine möglichst breite Basis zu stellen.

Die Entscheidung für ein Gesetz ist auch durch folgendes motiviert: Der im Nachbarland vorhandene und an den Nationalpark Hochharz grenzende Nationalpark ist vom dortigen Landesgesetzgeber auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden, nachdem das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Verordnung zum Nationalpark Elbtalaue für nichtig erklärt hatte. Im Hinblick auf ein zu

künftiges Zusammenführen beider Schutzgebiete halte ich eine Gleichheit in der Qualität der Rechtsgrundlagen für geboten.

Und schließlich ist die Kompetenz des Landesgesetzgebers in der Bewältigung von Interessenkonflikten souverän; ich meine hier eine Lösung der Frage, ob die Brockenkuppe Bestandteil des Nationalparkes ist oder nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Nationalpark Hochharz hat sich in den vergangenen zehn Jahren grundsätzlich positiv entwickelt und einen festen Platz sowohl in der Region als auch unter den deutschen und europäischen Nationalparken im Rahmen von Europark eingenommen.