Protocol of the Session on June 22, 2000

Für Wohnhochhäuser gelten weiterhin die Vorschriften des umfassenden Baugenehmigungsverfahrens.

Meine Damen und Herren! Damit die Beschleunigungseffekte der bauaufsichtlichen Verfahren nicht durch denkmalrechtliche Verfahren aufgehoben werden, ist zusätzlich zur Novellierung der Bauordnung die Änderung des Denkmalschutzgesetzes zur Verfahrenserleichterung und -beschleunigung vorgesehen. Zwar wird weiterhin von dem Grundsatz ausgegangen, daß denkmalrechtliche Genehmigungen nur im Einvernehmen mit dem zuständigen Denkmalfachamt erteilt werden dürfen. Zur Beschleunigung des Verfahrens entfällt das Einholen des Einvernehmens aber, wenn das Vorhaben dem Inhalt eines Denkmalpflegeplanes nicht widerspricht.

Weiterhin ist für solche Vorhaben, die keiner Baugenehmigung bedürfen, zur Beschleunigung eine Fristenregelung vorgesehen, nach der eine erforderliche Genehmigung der Denkmalschutzbehörde als erteilt gilt, wenn die Denkmalschutzbehörde nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrages entschieden hat. Nur wenn die zuständige Denkmalschutzbehörde innerhalb von fünf Arbeitstagen mitteilt, welche Unterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit nach denkmalrechtlichen Vorschriften fehlen, beginnt die Zweimonatsfrist erst bei Vorlage der fehlenden Unterlagen.

Meine Damen und Herren! Dieses Verfahren gibt Sicherheit über den Umfang einzureichender Antragsunterlagen und über die Höchstdauer der Bearbeitungszeit. Die Vorschrift gewährleistet auch, daß die zustän-dige Denkmalschutzbehörde alles unternimmt, um ein denkmalrechtliches Verfahren beschleunigt zu eröffnen und abzuschließen.

Zusammenfassend kann ich feststellen, daß mit dem Gesetzentwurf eine moderne Bauordnung vorgelegt worden ist, in der in Abhängigkeit von der Art, dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad des Bauvorhabens gestaffelte Erleichterungen vorgesehen sind. Diese reichen von der Genehmigungsfreiheit über das neu eingeführte Genehmigungsfreistellungsverfahren, das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren, welches nunmehr das Regelverfahren wird, bis zur Verlagerung der Prüfung bautechnischer Nachweise auf privat tätige Sachverständige.

Meine Damen und Herren! Sie wissen und viele wissen es aus der eigenen Mitwirkung, daß ein ambitioniertes Gesetzgebungsverfahren auf vielen Schultern ruht. Ich darf mich ganz herzlich bei den Fraktionen für die Mitarbeit und Mitwirkung bedanken. Ich darf mich ganz herzlich auch dafür bedanken, daß es gelungen ist, auch für schwierige Bereiche einen guten Vorschlag zu machen. Dazu zählen gerade die schönen und attraktiven Gebäude in unserem Lande; das sind nämlich in der Regel die denkmalgeschützten Gebäude.

Der Vorschlag führt auf der einen Seite dazu, daß wir dem Denkmalschutz Genüge tun, um die Attraktivität unserer Städte, Dörfer und des ganzen Landes zu erhöhen, daß wir aber auf der anderen Seite durch eine Fristsetzung ein Verfahren bekommen, das möglichen Investoren ihre Investition erleichtert.

Nochmals meinen herzlichen Dank an die Fraktionen für die Mitwirkung und die Kompromißbereitschaft. Ich hoffe sehr, daß wir nach einer wahrscheinlich eingehenden

Beratung in den Ausschüssen bald zu einer Verabschiedung dieses Gesetzes kommen werden. Ich halte es durchaus für möglich, daß im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch Vorschläge auf den Tisch kommen werden, die wir - und darum darf ich herzlich bitten - im Sinne einer guten Kompromißfindung berücksichtigen werden. Auch das Gute kann immer noch besser werden. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat ist zu diesem Gesetzentwurf eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge PDS, FDVP, CDU, DVU-FL und SPD vereinbart worden. Für die PDS-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Hoffmann. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit ihrer Presseerklärung vom 13. Juni hat die Landesregierung endgültig ihre Absicht zur Änderung der bestehenden Landesbauordnung bekundet, nachdem nach der Vorlage eines Gesetzentwurfes der CDU-Fraktion die Diskussion über eine Novellierung nicht abriß. Hinweise von Bauherren, Bauträgern und anderen Betroffenen machten uns auf Probleme und Schwächen der bestehenden Bauordnung aufmerksam.

Ausgehend von der Wirkung der geltenden Landesbauordnung und in Kenntnis bereits überarbeiteter Bauordnungen anderer Bundesländer und der Beschlüsse der Konferenzen der Landesbauminister hält die PDSFraktion das Vorhaben des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr, die bestehende Landesbauordnung zu novellieren, für äußerst sinnvoll und will diesen Prozeß aktiv unterstützen.

In den Beratungen des zuständigen Ausschusses werden wir bemüht sein, die uns angetragenen Vorschläge in die Gesetzesvorlage einzubringen. Unsere Fraktion läßt sich dabei von folgenden Zielen leiten:

Erstens. Unser erklärtes Hauptziel besteht in der Vereinfachung des Baurechts und hier insbesondere im Abbau bürokratischer Hemmnisse, in der Verkürzung des Bauvorlaufs sowie in der Erleichterung und Beschleunigung des bauaufsichtlichen Verfahrens.

Zweitens. Der PDS-Fraktion ist daran gelegen, bei der Neugestaltung der Landesbauordnung direkte Mitsprache zu ermöglichen, um von Betroffenen zugehende Vorschläge in das Gesetz einfließen zu lassen.

Drittens. Besonderes Augenmerk legen wir auf eine zwingendere Fassung des Gesetzes zur Berücksichtigung spezifischer Anforderungen und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, Senioren, Kranken und Kindern bei der Planung und Ausführung von Bauten.

Viertens. Da Sachsen-Anhalt bezüglich der Angleichung seiner Landesbauordnung an Bestimmungen der Musterbauordnung Nachholbedarf hat, hält die PDS es für sinnvoll, diese weitestgehend in die Novelle zu übernehmen.

Wie schätzen wir den gegenwärtigen Gesetzentwurf ein? Der vorliegende Entwurf scheint in seinen Grundzügen ausgewogen zu sein. Der PDS ist durch die vielen Diskussionen in Gemeinden und Kreisen klar geworden, daß es fast unmöglich sein wird, die Interessen aller Betroffenen und Beteiligten, aller Verbände und Berufs

organisationen zur allgemeinen Zufriedenheit zusammenzubringen. Im Zuge der parlamentarischen Beratungen sind vermutlich vielfältige Kritikpunkte abzuwägen und mit den eigenen Zielstellungen abzugleichen.

Wir gehen davon aus, daß nach den vorliegenden Erklärungen der Landesregierung und den vorliegenden Gesetzentwürfen der Landesregierung und der CDUFraktion die von uns angeführten Zielstellungen gute Chancen auf Umsetzung im Interesse der Betroffenen haben.

Offensichtlich finden in der Landesbauordnung Verbesserungen im Interesse von Gruppen bisher benachteiligter Personen, zum Beispiel Behinderte, Alte und Kranke, Berücksichtigung. Es wurden Vorschläge und Forderungen des Runden Tisches für Menschen mit Behinderung in Sachsen-Anhalt eingearbeitet. Aber bereits jetzt und an dieser Stelle melden wir für diesen Problemkreis noch weiteren Verbesserungsbedarf an.

Zum Beispiel führt die Beschränkung der Barrierefreiheit auf die dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden Teile von Bauten, wie ich im Parlament schon mehrfach ausführte, zu einem De-facto-Berufsverbot für Menschen mit Behinderung. Der Hinweis auf bestehende Bundesgesetze greift an dieser Stelle leider nicht. Wir würden uns auch zwingendere Sanktionsmöglichkeiten für diesen Problemkreis wünschen.

Es ist wünschenswert, ja geradezu erforderlich, bei diesem Thema Konsens zu erzielen, weil ansonsten nach Beschlußfassung über die Gesetzentwürfe der Landesregierung und der PDS-Fraktion zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung eine erneute Novellierung notwendig werden könnte.

Ein Freistellungsverfahren und vereinfachte Genehmigungsverfahren halten wir für sinnvoll. Wir sehen darin eine Möglichkeit für einen Abbau von Bürokratie und die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren im Interesse der Bauwilligen wie auch der Verwaltung.

Auch der Wegfall der Teilungsgenehmigung findet unsere Akzeptanz, wobei wir es für notwendig erachten, mehr begleitende Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, damit mehr Aufklärung im praktischen Umgang mit diesen Möglichkeiten in Kreisen und Kommunen gesichert werden kann.

Die Änderung der Landesbauordnung nimmt Kreisen und Kommunen nicht ihr Mitspracherecht. Sie müssen es nur aktiv ausgestalten.

Für Bauwillige versprechen wir uns weniger Wege zur Verwaltung und weniger Verwaltungsaufwand. Damit wächst die aufzubringende Eigenverantwortung bei gleichzeitigem Zeitgewinn. Wir erachten es darüber hinaus für notwendig, die Kostenentwicklung bei den Bauherren zu analysieren und ungerechtfertigte Mehraufwendungen, die durch geänderte Regelungen entstehen könnten, zu vermeiden.

Das mittelfristig zu erwartende Inkrafttreten einer neuen Musterbauordnung wird den Landesgesetzgeber erneut in die Pflicht nehmen, die Landesbauordnung zu novellieren. Da mit dieser Entwicklung aber nicht in dieser Wahlperiode zu rechnen ist, sollten mögliche und nötige Änderungen bereits jetzt ohne weiteres Warten voll- zogen werden.

Namens der PDS-Fraktion erkläre ich nochmals, daß wir uns aktiv in den Beratungsprozeß zum Gesetzentwurf einbringen werden, um zu erreichen, daß noch

in diesem Jahr ein Gesetz vorliegt, das Zeichen setzt. - Danke.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Hoffmann. - Für die FDVP-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Helmecke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Dreh- und Angelpunkt war die Baugenehmigung, die erforderlich war für die Errichtung, Änderung, in der Regel auch Nutzungsänderung und den Abbruch baulicher Anlagen. Was die Sicherheit der Bauvorhaben angeht, war und ist die Baugenehmigung ein Segen, was den Ablauf von Fristen bei Antragstellung und Baugenehmigung angeht, war die Baugenehmigung ein Fluch.

Dagegen war der Begriff der Baugenehmigung immer ungenau. Die Genehmigung ist nach der Fristbestimmung die nachträgliche Zustimmung, die auf den Zeitpunkt der Vornahme zurückwirkt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Baugenehmigung war also immer ein Fall der Zustimmung; denn ihre Wirksamkeit war von der Gestattung der Bauordnungsbehörde abhängig.

Seit geraumer Zeit sehen manche Bauordnungen in stark vermehrtem Maße Freistellungen und Ausnahmen von der Genehmigungspflicht vor, zum Teil aber Anzeigepflichten. Vorbildlich hat das Land Bayern die Musterbauordnung, die dem Entwurf der Landesregierung zugrunde liegt, bereits im Jahre 1994 umgesetzt. Daher bestehen seitens der Fraktion der FDVP keine Bedenken, die Musterbauordnung auch im Land SachsenAnhalt landesspezifisch umzusetzen.

Allerdings ist die Verlautbarung der Landesregierung in der Presse, für weniger Bürokratie und mehr Bürgernähe beim Bauen zu sorgen, nicht ganz korrekt; denn selbst in der Vergangenheit konnte man die Bauordnungsbehörden rechtlich dazu anhalten, Bauanträge in angemessener Zeit zu bearbeiten und zu bescheiden. Insbesondere war und ist nach § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung die Klage bei Untätigkeit der Behörde unter Umgehung des Widerspruchsverfahrens möglich, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.

Wenn nunmehr die Bearbeitungsfristen verkürzt, die Kompetenzen der Gemeinden gestärkt und die Vorschriften für das behindertengerechte Bauen verbessert werden, und zwar über den Rahmen der Musterbauordnung hinaus, sollte man der Ministerialbürokratie, die ohnehin die Vorlagen zu erarbeiten hat, Dank sagen für die verwaltungsrechtliche Weitsicht. Insbesondere ist herauszustellen, daß das behindertengerechte Bauen in einer Weise gestaltet werden soll, wie die Behinderten es verdienen und die Allgemeinheit es ihnen schuldig ist.

Die grundsätzlichen Ausführungen in der Begründung zur Bauordnung bedürfen nicht der Ergänzung. Die Rechtslage ist gefestigt, soweit die Kompetenzen für das Bauordnungsrecht in Frage stehen. Genauso klar ist die Kompetenz für das Bauplanungsrecht.

Vielleicht sollte in Zukunft daran gedacht werden, auch Bereiche des Bauplanungsrechts gegebenenfalls im Rahmen einer Bundesratsinitiative einer Vereinfachung zuzuführen. Das gilt sowohl für das Baugesetzbuch, die

Baunutzungsverordnung als auch das Baugesetzbuch/ Maßnahmegesetz.

Der Entwurf der Landesregierung erscheint aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers als ein angemessener Kompromiß zwischen den privaten Interessen und den Interessen des Bauordnungsrechts. Dies gilt für die Freistellung von Bauvorhaben, die Ausnahmen von den Genehmigungspflichten und die zum Teil ausgewiesenen Anzeigepflichten.

Rechtssicherheit kehrt insbesondere im Zusammenhang mit der Genehmigungsfreistellung nach § 66 a Abs. 2 des Entwurfes ein, nach dem die rechtliche Sicherheit eines Vorhabens nach § 66 a Abs. 1 durch die spätere Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplans nicht berührt wird. Hier ist eine Haftungslücke geschlossen worden, die sich in der Vergangenheit im Regelfall zu Lasten des Bauherren ausgewirkt hat.

Meine Damen und Herren! Wer also heute im Rahmen der Genehmigungsfreistellung nach § 66 Abs. 1 baut, kann im sprichwörtlichen Sinne auf den Bestand seines Baues bauen.

Zu bemerken ist noch, daß trotz der durchgängig positiven Regelung in der Bauordnung sich die Norm weitgehend an den Fachmann wendet; denn der Bürger wird eine Vorschrift, die mehrere Seiten lang ist, inhaltlich und rechtlich kaum verarbeiten können. Das aber ist der Preis, der entrichtet werden muß, um die Vereinfachungen und Freistellungen ermöglichen zu können. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDVP)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Dr. Daehre.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir im April 1994 die jetzt noch gültige Bauordnung verabschiedet haben, gab es unter anderem einen großen Streitpunkt, nämlich den, daß man im Gebiet eines bestätigten Bebauungsplans innerhalb von 14 Tagen die Genehmigung für den Bau eines Einfamilienhauses aussprechen kann. Sechs Jahre später besteht in allen Parteien Konsens, daß sich das bewährt hat und wir darüber hinaus noch weitergehende Vereinfachungen einführen können.

Deshalb kann ich es in meinem Beitrag relativ kurz machen. Wenn ich den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion mit dem jetzt vorliegenden Entwurf der Landesregierung vergleiche, stelle ich in ca. 75 % Übereinstimmung fest, insbesondere in bezug auf die §§ 66 und 67 und das Anzeige- und Freistellungsverfahren.

Es gibt natürlich auch Dissens. Wir sollten die Diskussionen darüber den Fachleuten in den Beratungen und in der Anhörung überlassen. Herr Hoffmann sagte richtigerweise, die Bauordnung ist ein Kompromiß und ein Abwägungsprozeß zwischen den verschiedenen Interessengruppen und es ist ein reines Fachgesetz. Wir sollten uns die Zeit nehmen, darüber zu diskutieren.

Ich darf zwei Anmerkungen machen. Die jetzige Bauordnung ist seit sechs Jahren in Kraft. So schlecht kann sie nicht gewesen sein, so daß sie noch immer gültig ist.