Sie sehen, Ihr Antrag geht uns leider nicht weit genug. Wir wissen jedoch auch, daß eine strukturelle Weiterentwicklung bundespolitisch durchgesetzt und gewollt werden muß. Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, habe ich den Eindruck, daß es hierzu an Konzepten mangelt. Wir werden sehen, ob es eine dritte Auflage von „Jump“ geben wird.
Der Kollege Sobetzko hatte recht: Die SPD hat im letzten Jahr bereits einen ähnlichen Antrag vorgelegt. Ich glaube, alles, was in dem nunmehr vorliegenden Antrag gefordert wird, wird derzeit von der Landesregierung auf den Weg gebracht. Aber - da gebe ich Ihnen recht, Herr Kollege von der SPD - die Wiederholung bringt bekanntlich den Erfolg. Ich würde mir allerdings wünschen, daß wir über Maßnahmen, die über diesen Antrag hinausgehen, im Lande diskutieren könnten. Ich habe die Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen auf der Ausbildungskonferenz vermißt; da hätten wir das tun können.
Wir werden dem Änderungsantrag der CDU, soweit er eine Ergänzung des Punktes 4 darstellt, zustimmen; denn dies würde es ermöglichen, das Lutz-Gutachten in den Ausschüssen zu diskutieren. Ansonsten ist der Antrag für uns nicht weitergehend. - Danke schön.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Für die FDVP spricht jetzt der Abgeordnete Herr Wolf. Bitte, Herr Wolf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns liegt ein Antrag auf Eigenlob vor, und die Inszenierung ist plump. Nach Einschätzung der Arbeitgeberseite ist das sogenannte Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit zur Verbesserung der Ausbildungssituation im Bundesland Sachsen-Anhalt komplett gescheitert. Das ist eigentlich nichts Neues; das Ergebnis nach sechs Jahren solcher Politik kommt erwartungsgemäß.
Vor dem Hintergrund einer ruinösen Wirtschaftspolitik überrascht uns nicht die erst wenige Tage alte Einschätzung der Industrie- und Handelskammer Halle/Dessau - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident -: „Die Zahl der Existenzgründungen ging 1999 gegenüber den Vorjahren deutlich zurück.“
Eine solche erfolgreiche Politik muß ich unbedingt fortsetzen, sagt der Ministerpräsident, und kündigt für 2002 eine Koalition mit denjenigen an, die beim Untergang der Titanic die Musikkapelle stellen.
Doch lassen Sie mich einige Worte zum vielgepriesenen Rettungsanker „duales Ausbildungssystem“ sagen.
Durch Abwicklung oder Privatisierung ging ein Groß- teil der Ausbildungskapazitäten in Sachsen-Anhalt verloren, ohne daß Äquivalente geschaffen wurden. Unmittelbare Überlebensfragen der Unternehmen überwiegen gegenüber längerfristigen Strategieüberlegungen. Deshalb fehlt dort auch der Nerv für das duale System.
Es sind nur sehr wenige Beschäftigte aus Altersgründen ausgeschieden, die zu ersetzen sind. Zur gleichen Zeit drängen - das wurde heute schon mehrfach gesagt - die geburtenstarken Jahrgänge um 1984 auf den Arbeitsmarkt.
Infolge des Zusammenwirkens dieser drei Tatbestände ist es zu einer großen Ausbildungslücke gekommen. Schon das sollte die Landesregierung zu der Auffassung geführt haben, daß das starre Festhalten am dualen Ausbildungssystem eigentlich falsch ist. Statt dessen bekennt sie sich rechthaberisch und gegen Expertenmeinungen in ihrem Antrag zur Sicherung und Weiterentwicklung des dualen Ausbildungssystems. Das nennen wir „etwas desorientiert“. Denn in der Tat läßt sich nicht alles, was aus dem Westen kommt, sang- und klanglos kopieren.
Selbst die von der Regierung beauftragten Herren Lutz und Grünert stehen kritisch zur staatlichen Förderung der beruflichen Erstausbildung in Mitteldeutschland.
Meine Damen und Herren von der Regierung, schauen Sie in das Gutachten vom Juni 1999. Dann haben Sie passende Antworten. Ein duales System ohne industrielles Hinterland ist ein Monosystem, das einbeinig durch Sachsen-Anhalt humpelt. Kein Weg führt daran vorbei, verläßliche politische Rahmenbedingungen für Unternehmer zu setzen. Im Haushalt 2000 geschah genau das Gegenteil. Es ist dürftig, die Lutz-Erkenntnisse einfach so nur zum besten zu geben. Das Gießkannenprinzip der Förderung in der Fläche hätte schon vor Jahren aufgegeben werden müssen. Daß dabei Konkurslehrlinge besonders gefördert werden müssen, ist gewiß eine Binsenweisheit und ist der hausgemachten Pleitelandschaft in Sachsen-Anhalt geschuldet.
Daß für Wirtschaftswachstum und Kontinuität zukünftig nur noch ausgewählte Zielgruppen wie Mädchen staatlich gefördert werden sollen, sollte man unbedingt im
Sie werden einsehen: Wir müssen den Antrag der SPDFraktion ablehnen, schon allein deshalb, weil es außer Mädchen auch Jungen gibt. Wie konnten Sie das übersehen?
Darüber hinaus ist es der nichtssagendste Antrag, den man sich vorstellen kann. Wir erleben zwei luftleere Magdeburger rotkupferne Halbkugeln, die sich fest aneinander klammern, mit Hilfe des innewohnenden Vakuums. In der Folgezeit werden noch mehr Jugendliche in die alten Bundesländer abwandern, um eine qualifizierte Lehrstelle zu erhalten. Können wir es ihnen verdenken?
Wir können die mittelstandsfeindliche Gesetzgebung unter dem Schutze des EU-Mäntelchens, wie sie die Landesregierung unter Tagesordnungspunkt 7 noch zum besten geben wird, nicht hinnehmen.
Damit wir uns nicht mißverstehen: Auch wir halten eine zweigleisige Ausbildungsförderung dann für nützlich, wenn es darum geht, einige Lehrstellen, die durch die Privatwirtschaft nicht zur Verfügung gestellt werden können, dual zu ergänzen, ganz so, wie es in den alten Bundesländern durchaus der Fall ist. Aber das duale System als Konzept der Landesregierung für den Abbau der Jugendarbeitslosigkeit zu verkaufen, das halten wir schlichtweg für peinlich. In Ihrer Not werden Sie noch ein 14. Schuljahr andenken, um Jugendliche vom Arbeitsmarkt fernzuhalten.
Danke sehr. - Die Debatte wird beendet mit dem Beitrag des Abgeordneten Siegert. Bitte, Herr Siegert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle wichtigen Fraktionen des Landtages - und da kann ich die DVU gerade nach diesem Beitrag wirklich nur ausnehmen - sind sich - zumindest ist das mein Eindruck - in der Bewertung zentraler Punkte einig: Es ist gut und es ist richtig, daß die Landesregierung erhebliche Anstrengungen unternimmt, um möglichst vielen Jugendlichen im Land eine beruf- liche Perspektive zu geben.
Das Engagement aller Partner im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit wird anerkannt und gewürdigt. Alle Beteiligten werden ihrer sozialen Verantwortung mehr als gerecht, und ihnen ist im Namen der Jugendlichen zu danken.
Selbstverständlich ist das von der Landesregierung initiierte Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit nichts Statisches. Vielmehr ist es von entscheidender Bedeutung, daß ein solcher Prozeß und die ihn beeinflussenden Rahmenbedingungen, seien es volks- oder betriebswirtschaftliche Faktoren, veränderte Rahmenrichtlinien, Fördertatbestände oder politische Entscheidungen, beobachtet und berücksichtigt werden. Bislang ist das erfolgreich gelungen, und wir gehen davon aus, daß dieser Erfolg auch in Zukunft gewährleistet sein wird.
Aus unserer Sicht bedarf es zur Sicherung des Erfolgs einer ständigen Weiterentwicklung des dualen Ausbildungssystems, denn schneller als in der Vergangenheit müssen veränderte Rahmenbedingungen der Berufsausbildung berücksichtigt werden. Bereits in meinem vorherigen Beitrag habe ich aufgezeigt, wo wir Handlungsmöglichkeiten sehen.
Wir müssen aber auch feststellen, daß das sogenannte Lutz-Gutachten uns - mit durchaus nachvollziehbaren Begründungen - eine Konzentration der Ausbildungsförderung auf wenige Fördertatbestände und ausgewählte Zielgruppen nahelegt.
Damit den beteiligten Bündnispartnern eine ausreichende Planungssicherheit verbleibt, kann dies nur schrittweise vonstatten gehen. Über die dabei zugrunde zu legenden Kriterien sollten wir uns im Bildungsausschuß verständigen.
Die Benennung der Fördertatbestände hinsichtlich ausgewählter Berufe bzw. Auslandspraktika geschieht, weil unsere Unternehmen immer noch viel zu stark regional orientiert sind und wir einen eklatanten Mangel an Fachkräften in IuK-Berufen zu beklagen haben. Hier besteht Nachholbedarf.
Neue Berufe mit starker Orientierung auf Informationstechnologien bieten gerade dann Chancen für SachsenAnhalt, wenn auch entsprechende Sprach- und Kulturkompetenzen bei qualifizierten Mitarbeitern vorhanden sind.
Hochqualifiziertes Personal bringt die Standortunabhängigkeit dieser Technologien zur Geltung. Das bietet Chancen, auch hier sehr qualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Gerade weil in den erwähnten Bereiche kleine und mittelständische Betriebe häufig nicht in der Lage sind, ausreichend Technik, Wissen und Erfahrung für alle Ausbildungsabschnitte anzubieten, empfiehlt sich darüber hinaus auch die Förderung von Ausbildungsverbünden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Aspekte wurden in der Debatte schon genannt. Ich glaube auch, daß es angesichts der grundlegenden Übereinstimmung zwischen SPD, CDU und PDS nicht der Wiederholung bedarf; denn nicht die Wiederholung der Argumente, sondern deren Gewicht sollte überzeugen.
Wir sollten uns deshalb auch darauf konzentrieren, nach der Berichterstattung des Kultusministeriums zu überlegen, wie wir die Ausbildungsförderung effizienter gestalten können und unter Umständen sogar mehr Ausbildungsplätze in relevanten Bereichen fördern bzw. anbieten.
Für die Annahme unseres Antrages bitte ich um Ihre Zustimmung. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren zu den Drs. 3/3010 und 3/3077.
Meine Damen und Herren! Der Kollege Dr. Sobetzko hat den Änderungsantrag der CDU als Ergänzungsantrag eingebracht, wie schon bemerkt worden ist. Er würde also, falls er Zustimmung findet, als Punkte 5 und 6 den Antrag der SPD-Fraktion ergänzen. Ich stelle
Herr Präsident, ich hatte die Redner und auch die Zwischenabsprachen so verstanden, daß alle Fraktionen meinen, daß es das beste Verfahren ist, wenn Sie alle Punkte der Reihe nach aufrufen und unseren Änderungsantrag einfach als Punkte 5 und 6 am Schluß aufrufen. Dann sehen wir, was am Ende von dem Gesamtantrag übrig bleibt.
Ich bin davon ausgegangen, daß Ihr Ergänzungsantrag jetzt Zustimmung findet, und dann wird die Abstimmung über die einzelnen Punkte vorgenommen.
Ich sehe, das findet Zustimmung. Wir können so verfahren. Es wäre nicht verkehrt gewesen, über den Ergänzungsantrag gesondert abzustimmen.
Wir kommen zur Abstimmung. Es wurde beantragt, über die Punkte 1 bis 3 zusammen abzustimmen, dann über den Punkt 4 und dann über die Punkte 5 und 6 entsprechend dem Ergänzungsantrag.
Wer den Punkten 1 bis 3 seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen und wenigen Gegenstimmen sind die Punkte 1 bis 3 akzeptiert worden.
Ich stelle den Punkt 4 zur Abstimmung. Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei drei Enthaltungen ist der Punkt 4 angenommen worden.
Wir stimmen nun über den Ergänzungsantrag ab, durch den der Antrag um die neuen Punkte 5 und 6 erweitert werden soll. Wer diesen Punkten zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer großen Anzahl von Enthaltungen sind auch die Punkte 5 und 6 angenommen worden.
Meine Damen und Herren! Damit ist der Tagesordnungspunkt 4 erledigt. Wir treten in die Mittagspause ein. Wir setzen die Sitzung um 14.15 Uhr fort.