Protocol of the Session on April 7, 2000

Aber es ist in letzter Zeit nicht nur von der CDU gesagt worden, daß mit dem geltenden Ausländer- und Asylrecht Mißbrauch getrieben wird und es effektiver gestaltet werden muß, sondern auch vom SPD-Bundesinnenminister Herrn Schily.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Richtig!)

Daraufhin haben die Schwaben einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht. Wir wissen ja alle durch Herrn Becker, daß die Schwaben kluge Leute sind.

(Minister Herr Dr. Püchel: Herr Becker kommt aus Sachsen-Anhalt!)

- Er hat aber die längste Zeit seines Lebens in Schwaben verbracht, und deshalb ist es ein kluger Mann geworden.

(Heiterkeit und Zurufe)

Aus diesem Grunde haben die Baden-Württemberger einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, über den dort heute unter Tagesordnungspunkt 8 beraten worden ist.

Der Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg zielt darauf ab, eindeutige und effektive rechtliche Grund

lagen für die Beendigung des Aufenthalts von ausländischen Straftätern und sonstigen ausreisepflichtigen Ausländern zu schaffen. Danach muß etwa die Unterstützung verbotener Organisationen klare ausländerrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Es ist geboten, den Katalog der Regelausweisungsgründe entsprechend auszubauen.

Der Ergänzung bedürfen aber auch die Voraussetzungen, unter denen nach einer Ausweisung oder Abschiebung erneut eine Einreise in das Bundesgebiet erlaubt werden kann, und die Maßnahmen zur Feststellung der tatsächlichen Identität des Ausländers.

Unumgänglich ist ferner die Einführung einer Beugehaft, wenn der Ausländer bei notwendigen Paßbeschaffungsmaßnahmen nicht in dem erforderlichen Umfang mitwirkt.

Die Mindestfreiheitsstrafe, ab der bei einem politisch Verfolgten der Abschiebeschutz entfallen kann, soll der strafrechtlichen Mindestfrist, ab der eine Freiheitsstrafe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann, angepaßt werden.

Schließlich soll der Mißbrauch des Asylgrundrechts durch Personen, die nicht politisch verfolgt sind, aber die Asylantragstellung als Mittel zur Aufenthaltsverlängerung zu nutzen versuchen, weiter reduziert werden.

Der federführende Ausschuß für innere Angelegenheiten und der Rechtsausschuß des Bundesrats haben sinnvolle Ergänzungen zu diesem Gesetzentwurf empfohlen, die ich aber nicht im einzelnen vortragen möchte.

Diese beiden Ausschüsse haben empfohlen, diesen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen. Leider ist der Bundesrat dieser Empfehlung nicht gefolgt und hat den Gesetzentwurf abgelehnt.

Wir aber sind der Meinung, daß im Ergebnis dieses Maßnahmenbündels der Aufenthalt ausländischer Straftäter und sonstiger ausreisepflichtiger Personen unter erleichterten Voraussetzungen und Mißbräuche des Grundrechts auf Asyl beendet werden können. Darum geht es der CDU und auch Bundesinnenminister Schily, und zwar im Interesse der Ausländer, die sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten; das ist die übergroße Mehrheit.

(Beifall bei der CDU, bei der FDVP und bei der DVU-FL)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen vorgetragen, daß der Bundesrat den Gesetzentwurf abgelehnt hat. Ich bitte deshalb darum, unseren Änderungsantrag wie folgt zu ändern:

„Der Landtag wolle beschließen: Die Landesregierung wird aufgefordert, sich im Bundesrat im Sinne des Gesetzentwurfs des Landes BadenWürttemberg zur Änderung des Ausländergesetzes und des Asylverfahrensgesetzes zukünftig einzusetzen.“

Darf ich Ihnen das übergeben?

(Der Abgeordnete überreicht Vizepräsident Herrn Prof. Dr. Böhmer ein Schriftstück - Herr Wolf, FDVP: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDVP und bei der DVU-FL)

Vielen Dank. - Für die FDVP-Fraktion spricht noch einmal der Abgeordnete Herr Wolf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Leppinger hat etwas vergessen: Wir hören auch bei der Stasi nicht auf. Ist klar.

Die deutsche Kriminalpolitik und das Ausländerrecht müssen sich nicht nur auf eine neue Kriminalitätsform, sondern auch auf neue Tätergruppen einstellen. Dazu gehören leider vor allem solche aus dem Kreis der Ausländer, die ab Mitte der 50er Jahre als Arbeitskräfte primär aus den Mittelmeerländern angeworben worden sind, oder solche, die verstärkt in den 90er Jahren als Flüchtlinge oder Asylbewerber von selbst kamen.

Bei beiden Gruppen, die primär das Wohlstandsgefälle angetrieben hat, fällt auf, daß erstens der Anteil der melderechtlich registrierten Ausländer an allen Tatverdächtigen überproportional hoch ist und daß zweitens der Anteil der Ausländer an den Tatverdächtigen deutlich zunimmt.

Dazu nannte ich Ihnen bereits einige Zahlen. Der Anteil der Ausländer an allen Tatverdächtigen betrug im Jahr 1980 15 % und im Jahr 1998 27,1 %. Wenn das keine Steigerung ist, dann kann ich es nicht mehr verstehen.

Nach der polizeilichen Kriminalstatistik wurden im Jahr 1998 im Bundesgebiet einschließlich der neuen Bundesländer 628 477 tatverdächtige Ausländer ermittelt. Bei bestimmten Straftatengruppen liegt der Prozentsatz wesentlich höher als der, den ich Ihnen vorhin nannte, und zwar nicht nur bei Glücksspielen und Taschendiebstahl, sondern auch beim Drogenhandel und im Rotlichtmilieu.

Berücksichtigt man, daß der Anteil der Ausländer an der Wohnbevölkerung in der Bundesrepublik insgesamt nur 9 % betrug, erscheint die Ausländerkriminalität mit 27,1 % mehr als überproportional hoch.

Dabei ist noch nicht die Frage bewertet worden, wie hoch der Anteil der Ausländer im Dunkelfeld ist und in welchem Umfang Ausländer an Straftaten beteiligt sind. Diesbezüglich gibt es erhebliche Dunkelziffern.

Zwischenzeitlich ist anerkannt worden, daß die Öffnung der osteuropäischen Grenzen zu einem grundsätzlichen Wandel der polizeilich registrierten Ausländerkriminalität geführt hat, der sich als Wende von der Gastarbeiterkriminalität zur Zuwandererkriminalität einigermaßen beschreiben läßt.

Die neuen Zuwanderungswellen, die Mitte der 80er Jahre begannen, setzten sich primär aus drei sozialen Problemgruppen zusammen, erstens aus Asylbewerbern und Wirtschaftsflüchtlingen, zweitens aus illegal zugereisten Ausländern und drittens aus Bürgerkriegsflücht- lingen.

Allein bis 1998 wanderten mehr als 6,6 Millionen Personen in das Bundesgebiet ein. Dabei sind nicht die Personen erfaßt, die illegal zugereist sind und von denen 1998 nur rund 40 000 Personen aufgegriffen werden konnten. Wo ist der Rest?

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen kann es kaum überraschen, daß bei der versuchten sozialen Eingliederung so vieler Menschen so viele soziale Probleme entstehen,

ja entstehen müssen. So haben zum Beispiel im Jahr 1997 rund 644 000 Ausländer Sozialhilfe erhal- ten. Hinzu kommen die Personen, die Mittel aufgrund der Asylbewerberleistungsgesetze bekommen; das sind noch einmal mehr als 500 000.

Ich will das an dieser Stelle nicht unbedingt vertiefen Ich möchte aber doch noch einmal den linken Moralpredigern eines zu denken geben: Ihre Appelle für kriminelle Ausländer und Asylschwindler gehen selbstverständlich ins Leere. Sie sollten sich einmal nach Afrika, in die Türkei oder nach Serbien begeben

(Zuruf von Frau Dirlich, PDS)

und sich so verhalten, wie es kriminelle Ausländer in Deutschland tun. Vermutlich sehen wir Sie dann nicht mehr.

(Zustimmung von Frau Wiechmann, FDVP)

Dieser Anschauungsunterricht hätte wirklich heilsame Wirkung.

Unser Antrag ist, denke ich, mehr als begründet. Mit dem Änderungsantrag der CDU liegt aber ein weiterer Antrag vor. Wenn wir dem Problem so näherkommen, auch wenn es nur millimeterweise ist, dann muß ich sagen, da machen wir mit. Der Lösung, die sich in BadenWürttemberg mit diesem Gesetz ergeben hat, denke ich, stehen wir nicht konträr gegenüber. Dieser stimmen wir zu. - Danke.

(Beifall bei der FDVP)

Damit ist die Debatte zum Tagesordnungspunkt 14 abgeschlossen. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

Ich stelle zuerst den Änderungsantrag der CDU-Fraktion in der von Herrn Webel vorgetragenen Fassung zur Abstimmung. Wer diesem so korrigierten Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist dieser Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir stimmen über den ursprünglichen Antrag in der Drs. 3/2884 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag bei einer größeren Anzahl von Enthaltungen mit deutlicher Mehrheit ebenfalls abgelehnt worden. Die Beratung zum Tagesordnungspunkt 14 ist abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, mir Gelegenheit zu einer kurzen Bemerkung zu geben. Da mir an einer absolut objektiven Geschäftsführung, und zwar unparteiisch allen Fraktionen gegenüber, liegt, bitte ich für die nächste Ältestenratssitzung darum, die Auslegung der §§ 71 und 75 unserer Geschäftsordnung auf die Tagesordnung zu nehmen, und bitte die Mitglieder des Ältestenrats, sich darauf vorzubereiten.

Ich will das in aller Fairneß auch Ihnen von der FDVPFraktion gegenüber sagen. Nach meiner Meinung beginnt das Abstimmungsverfahren mit dem Aufruf zur Abstimmung und sind die Abstimmungen über eventuelle Änderungen eines Antrages oder über einzelne Teile des Abstimmungsgegenstandes einzelne Phasen des Abstimmungsvorgangs. Ich weiß aber - ich bin so ehrlich -, daß wir das gelegentlich schon anders gemacht haben. Deswegen bitte ich herzlich darum, daß wir dazu im Ältestenrat eine einvernehmliche Regelung finden. - Vielen Dank.

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Beratung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Wahl eines Schriftführers gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des Landtages