Die Wirtschaftsförderung der Landesregierung ist nicht nur deswegen reformbedürftig. Die Gießkanne hat ausgedient. So kommt ein solcher Gesetzentwurf sicherlich durchaus im rechten Augenblick.
Der wirkliche Mittelstand als Träger des allgemeinen Aufschwungs steht im Abseits. Soviel ist festzustellen. Die Säule Mittelstand und die wenigen favorisierten Großprojekte sollten ausgewogener koexistieren. Die großen wirtschaftlichen und finanziellen Probleme des Landes können nur mit einem starken Mittelstand gelöst werden. Man sehe bitte zum Musterländle BadenWürttemberg.
Natürlich ist dazu eine unternehmerfreundliche Stimmung, die auch zu einer Entspannung am Arbeitsmarkt führt, herbeizuführen. Hierbei müssen Sie sich wieder am Vorbild Sachsens messen lassen. Es kann doch nicht sein, daß trotz der Zahl von 34 Wirtschaftsförderungsgesellschaften unter dem Schirm der Landesregierung eine ganze Branche vergessen wird - die Informa- tionstechnologie.
Der direkte Bedarf bei den 14 Großen der Branche, von Siemens abwärts gerechnet, liegt bei 4 918 Fachkräften, woraus unser Medienkanzler gleich mal 20 000 Fehlstellen ableitete. Bei 32 000 arbeitslosen Informatikern in der Bundesrepublik sollen nun 20 000 aus dem Ausland nach Deutschland geholt werden. Andere Einwanderungsfanatiker suggerieren jetzt schon 75 000 fehlende Zuwanderer. Erfindungsreichtum weitab von der Mittelstandsförderung!
In Sachsen-Anhalt sollen 7 500 PC-Spezialisten fehlen. Als sich zwei Magdeburgerinnen, 31 und 32 Jahre alt, im Besitz des Hochschulabschlusses Informatik/Network, in Deutschland Anfang März 2000 um eine Stelle bewarben, kamen sofort Angebote aus Niedersachsen, aber keines aus Sachsen-Anhalt.
Meine Damen und Herren! Es ist einfach so: Wir trauen der CDU an dieser Stelle mehr zu als der Minderheits- regierung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß Ihnen sagen, ich bin wirklich enttäuscht von der Rede des Wirtschaftsministers, und ich bin, gelinde gesagt, erschrocken über das, was uns die Sozialdemokraten im Parlament zu diesem wichtigen Thema geboten haben.
Herr Stier, wissen Sie, was Sie hier gesagt haben? Im Prinzip versteht die SPD unter Mittelstandsförderung kalte Büfetts auf Messen und Kongressen und darüber hinaus Berichte, Berichte und Berichte.
Damit kann man aber keine Mittelstandspolitik machen, die auch wirklich den Unternehmen in diesem Land hilft.
Sie haben behauptet, angeblich seien auch Handwerkskammern oder Dritte gegenüber diesem Gesetzentwurf skeptisch, und Sie mutmaßten, dieser Gesetzentwurf komme vielleicht mehr aus der CDU und zu diesem Aktionsbündnis der mittelständischen Wirtschaft gehör
ten vielleicht nur CDU-Leute. Sie liegen damit weit daneben. Ich möchte die Kammer in diesem Lande sehen, die diesen Gesetzentwurf ablehnt.
Ich will für Sie auch das Geheimnis lüften. Es ist im übrigen kein Geheimnis; es gibt genügend Presseerklärungen und öffentliche Verlautbarungen.
Das Aktionsbündnis der mittelständischen Wirtschaft existiert seit 1999. Dazu gehört nicht die CDU, wie Sie mutmaßen, dazu gehören der Bund der Selbständigen, der Deutsche Gewerbeverband, der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft, die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, der Steuerberaterverband Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, der Landesverband der freien Berufe, der Allgemeine Arbeitgeberverband der Wirtschaft für Sachsen-Anhalt, die Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer. Außerdem wird dieses Bündnis von der Landesvereinigung der sachsen-anhaltinischen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und auch von der IHK Halle/Dessau unterstützt.
Ich möchte Sie auffordern, eine solche Initiative, in der sich Verbände trotz aller Konkurrenz zusammenschließen, um gemeinsam etwas für dieses Land zu tun, nicht einfach schlechtzureden und so zu ignorieren, wie Sie das hier praktizieren. Das ist ein ganz schlechter Stil.
Eigentlich wird daran deutlich, daß Ihnen - vor allem auch Ihnen, Herr Minister - die Souveränität fehlt, um mangels eigener Konzepte wenigstens Alternativen anderer vernünftig ernst zu nehmen.
Sie nannten zwei Gründe für die Ablehnung des Gesetzentwurfes, die schlichtweg lächerlich sind. Sie sagten, der Gesetzentwurf sei erstens unnötig, weil Sie angeblich eine eigene Mittelstandsinitiative planten, die ohnehin kommen werde.
Ihre Mittelstandsinitiative versprechen Sie uns schon seit zwei Jahren. Glauben Sie nicht, daß den Unternehmern, denen das Wasser bis zum Hals steht, irgendwann der Geduldsfaden reißt, daß sie genug haben von Ihren Ankündigungen? Sie versprechen, Sie sind der Minister der Versprechungen und setzen nichts um!
- Sie sind ja schon viele Jahre Staatssekretär in diesem Land, und seitdem Sie im Amt sind, versprechen Sie Ihre Mittelstandsinitiative.
Eine solche Initiative und außerdem eine Existenzgründungsoffensive hat uns Herr Höppner 1998 versprochen. Er hat uns in der Regierungserklärung von Juni 1998 außerdem versprochen, er wolle die Task-force als schnelle Eingreiftruppe für Unternehmen, die in Not geraten, ausbauen und verstärken. Was haben Sie gemacht? Sie haben sie abgebaut und eingedämmt.
Und noch schlimmer - es wird ja noch kurioser -: Ihre Regierung hat im Bundesrat einer Gesetzesinitiative zugestimmt, die die Task-force-Gruppe auch noch zu Scheinselbständigen stempelt. Ihre Politik ist nicht mehr nachvollziehbar, Herr Minister.
Der zweite Grund für die Ablehnung - das schlägt dem Faß den Boden aus - ist die angebliche Abschaffung der Mittelstandsberichte. Herr Minister, Sie haben die rechtzeitige Vorlage dieses Berichtes gesetzeswidrig in kei
nem einzigen Jahr geschafft. Die Argumentationslinie der Landesregierung, die immer lautete, auf Antrag der CDU kämen ohnehin die Mittelabflußlisten und die Effizienzkontrolle der wichtigsten Förderprogramme rechtzeitig vor den Haushaltsberatungen, weswegen dieser umfassende Bericht vor den Haushaltsberatungen nicht benötigt werde, haben wir jetzt aufgegriffen, und weil Ihre Meinung jetzt die Meinung der CDU ist, ist sie plötzlich falsch. Damit entlarven Sie sich selbst, Herr Minister.
Abschließend will ich auch noch folgendes sagen: Es gibt ganz dringenden Handlungsbedarf, und zwar auch deshalb, weil die Landesregierung permanent gegen dieses Gesetz verstoßen hat.
Ein ganz schlimmer Fall ist das Beispiel der Auftragsvergabe. Herr Minister, wir haben seit dem Jahr 1991 in § 17 die öffentliche Auftragsvergabe geregelt. Danach sollen mittelständische Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden.
Wie sieht die Praxis aus? - Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das für ganz viele Fälle steht. Die Landesregierung hat ohne Ausschreibung die Verträge mit örtlichen Apotheken an den Orten der Justizvollzugsanstalten gekündigt und die Versorgung mit Verbandmaterial und Notmedikamenten einer Großapotheke in SchleswigHolstein zugeschanzt - ohne Ausschreibung. So sieht Ihre Mittelstandspolitik in Sachsen-Anhalt aus. Es gäbe viele Beispiele, die man hierfür noch nennen könnte.
Der wahre Grund für die Ablehnung dieses Gesetzentwurfs ist Ihre Unfähigkeit, mit Alternativen umzugehen.
Herr Minister, ich frage Sie abschließend etwas, und vielleicht können Sie meine Frage ja heute noch beantworten. Sie versprechen seit Beginn dieses Jahres in mehreren Pressekonferenzen und Presseerklärungen ständig neue Programme. Ich habe einmal zusammengerechnet, wieviel Geld Sie in diesem Jahr versprochen haben. Es sind über 1 Milliarde DM, die Sie zusätzlich für Technologie im Mittelstand ausgeben wollen. Nun wissen wir aber alle, daß Sie selbst schon seit Jahren noch nicht einmal in der Lage sind, die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel - -
Herr Gürth, jetzt müssen Sie die Frage stellen. Sie könnten die Redezeit vielleicht noch durch die Beantwortung der Frage, die Herr Rahmig stellen möchte, verlängern.
Sie haben mich gerade unterbrochen in meinem abschließenden Satz, der zwar einige Kommas hat - das gebe ich gern zu -, aber es war der abschließende Satz.
Nun frage ich mich, woher all diese Gelder kommen sollen. Vielleicht können Sie uns das noch einmal erklären. Wir wissen, auch Linke brauchen Pinke. Vielleicht sagen Sie uns einmal, woher Sie das Geld für die neuen zusätzlichen Programme nehmen wollen. Vielleicht schlafen Sie noch einmal über Ihre schlechte Rede, die Sie heute gehalten haben. Überlegen Sie es sich noch
Ich möchte, ehe ich frage, einen Satz vorausschicken. Herr Kollege Gürth, ich hätte mir gewünscht, daß man ein solches Thema doch etwas sachlicher und von der Polemik entkleidet behandelt.
Ich habe zwei Fragen. Meine erste Frage: Die Mittelstandsinitiative, die Sie so heftig kritisieren, ist in der Tat keine parlamentarische Initiative, sondern eine Initiative, die insbesondere vom Wirtschaftsminister getragen wird. Ich weiß, daß die Kammern auch Sie regelrecht ermuntert haben, im Ausschuß einmal nach Details zu fragen. Jetzt frage ich Sie, warum Sie so lange gebraucht haben, bis Sie dieser Aufforderung einmal nachgekommen sind.
Ich habe mir von der Kammer dazu auch vieles zuarbeiten lassen. Und wenn man die Papiere, die man von der Kammer dann erhält, einmal bewertet, dann ergibt sich daraus die zweite Frage. Warum sollen wir eine Nebenfront aufmachen, indem wir eine Initiative starten, die mit allen Partnern im ständigen Abgleich ist, um genau zu den Zielen zu kommen, die Sie hier einklagen wollen?
Herr Kollege Rahmig, ich bedanke mich für die Frage. Sie erklärt vieles. Sie erklärt auch den Redebeitrag Ihres Fraktionskollegen, vielleicht auch den des Ministers. Sie nährt natürlich den Verdacht, daß Sie den Gesetzentwurf gar nicht gelesen haben, denn sonst hätten Sie die Frage nicht gestellt.
Natürlich wissen Sie, daß dann, wenn solche Dinge wie die Mittelstandsinitiative über Jahre versprochen und angekündigt werden und sie auf Forderung der CDU und auch der Wirtschaft nicht einfach im Ministerium bearbeitet werden, sondern nun endlich auch die Kammern in den Prozeß der Erarbeitung einer solchen Initiative, wie es ohnehin Vorschrift gewesen wäre, einbezogen werden, die Vorstellungen, die dort reifen, auch aus diesem Kreis herausgetragen werden. Das ist klar.