Meine sehr geehrten Herren und Damen! Die Staatskanzlei hat zu dem Entwurf eines neuen Mediengesetzes am 7. März 2000 eine mündliche Anhörung durchgeführt. Diese Anhörung erbrachte insgesamt eine weitgehende Zustimmung. Selbstverständlich gab es auch Änderungsvorschläge, die die Landesregierung in dem nun vorliegenden Gesetzestext weitgehend berücksichtigt hat und die sicherlich auch Gegenstand der Beratungen im Ausschuß für Kultur und Medien sein werden. Auf Einzelheiten gehe ich heute bei der Einbringung des Gesetzentwurfs nicht ein.
Einen Punkt will ich allerdings herausgreifen. Es ist kritisiert worden, daß das zukünftige Mediengesetz das heute in Sachsen-Anhalt geltende Verbot regionaler Werbung für landesweit zugelassene Hörfunkveranstalter nicht mehr enthält. An dieser Stelle sieht der Gesetzentwurf jetzt einen Kompromiß vor. Regionale Werbung im Rundfunk soll in Zukunft möglich sein, jedoch wird diese Regelung erst ab dem 1. August 2001 wirksam werden.
Diese Entscheidung begründe ich kurz. Das gegenwärtig bestehende Verbot regionaler Werbung in Sachsen-An
halt ist vorwiegend historisch zu erklären. Die geltende Regelung wurde im Jahr 1991 aus dem niedersächsischen Gesetz schlicht und einfach abgeschrieben, wie auch manche andere Gesetze.
Die Vorschrift hatte in Niedersachsen ihren Ursprung in den dortigen Anfängen des privaten Hörfunks zu Beginn der 80er Jahre. Der private Hörfunk wurde in dieser Zeit in Westdeutschland eingeführt. Das damalige gesetzgeberische Ziel war, die Zeitungen vor der noch unbekannten neuen Konkurrenz zu schützen.
Auch in Sachsen-Anhalt konnte dieses gesetzgeberische Ziel zu Anfang der 90er Jahre durchaus noch in gewissem Rahmen seine Berechtigung haben, denn beide Seiten, der Hörfunk und die Zeitungen, mußten sich erst etablieren.
Sie wissen alle, daß sich die Zeitungslandschaft in Sachsen-Anhalt inzwischen größtenteils auf die „Magdeburger Volksstimme“ und die „Mitteldeutsche Zeitung“ konzentriert. Sie wissen ebenfalls, daß sich nicht anders als in Westdeutschland Radio und Zeitungen parallel entwickelt haben und beide am Markt existieren. Ergänzend sind bei uns mittlerweile 41 kostenlose Anzeigenblätter entstanden, was übrigens zu einem gewissen Auflagenrückgang bei den beiden Tageszeitungen beigetragen hat.
Deswegen ist das damalige gesetzgeberische Motiv, eine geschützte Sphäre für die Zeitungen zu schaffen, heute nicht mehr uneingeschränkt gültig. Daß die Zeitungen einen solchen Schutz nicht benötigen, zeigt die Tatsache, daß alle anderen ostdeutschen Länder - mit Ausnahme des Landes Sachsen-Anhalt - und die anderen zwölf Bundesländer eine solche Regelung entweder niemals hatten oder sie in den letzten Jahren wieder abgeschafft haben. Es ist kein Fall bekannt, bei dem dadurch nur eine Zeitung in ihrer Existenz bedroht worden wäre.
Das liegt sicherlich auch daran, daß die Zeitungen auf der einen und der Hörfunk auf der anderen Seite über sehr unterschiedliche Werbeformen verfügen, die sich prinzipiell ergänzen, statt sich gegenseitig auszuschließen. Vergleichen Sie nur selbst einen 30 Sekunden langen Werbespot im Hörfunk mit einer großformatigen Zeitungsanzeige. Ich denke, die Unterschiede sind sehr deutlich.
Die Erfahrungen in den anderen ostdeutschen Ländern sind eindeutig. Zieht man etwa das Land Sachsen zum Vergleich heran, stellt man fest, daß dort nicht nur landesweit, sondern auch regional oder sogar lokal im Hörfunk geworben werden darf. Trotzdem werden dort selbstverständlich und in großer Auflage Zeitungen herausgegeben.
Daß eine gleiche Entwicklung in Sachsen-Anhalt nicht möglich sein soll, bezweifle ich, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind in beiden Ländern ähnlich. Bei manchen Vergleichszahlen stehen wir sogar besser da als Sachsen.
Ich erinnere an die Regionalanalyse des IWH für Ostdeutschland vom Februar 2000 - zum Nachlesen empfohlen.
Für die Entscheidung der Landesregierung, das Verbot der regionalen Werbung aufzuheben, ist aber auch die Einschätzung wichtig gewesen, daß kleine und mittlere
Unternehmen in unserem Land zur Zeit keine regionale Werbung im Hörfunk betreiben können, obwohl sie diese zusätzliche Werbeform zur Absatzförderung, insbesondere in ihrem regionalen Umfeld, gut nutzen könnten.
Landesweite Werbung im Hörfunk ist für die kleinen und mittleren Unternehmen oft zu teuer und erreicht oft auch nicht die erwünschte Zielgruppe. Deshalb mußten die kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Land bisher auf ein wirksames Werbeinstrument verzichten, so daß an dieser Stelle ein möglicher zusätzlicher Umsatz eben nicht erzielt werden kann. Eine Studie des IWH belegt eindeutig, daß sich für viele kleine Unternehmen die Wirksamkeit ihrer Werbung auf einen engen Umkreis von etwa 30 bis 40 km konzentriert.
Dennoch nehmen wir selbstverständlich auch die Sorgen der Zeitungsverlage ernst. Wir haben uns deshalb zu dem schon angesprochenen Kompromiß entschlossen, ich denke, zu einem guten Kompromiß zwischen dem Anliegen der Zeitungen, dem Anliegen der Rundfunkveranstalter und dem Anliegen der kleinen und mittleren gewerbetreibenden Unternehmen. Sie alle wer-den sich auf das einstellen können, was im Jahr 2001 Realität werden soll, auch in unserem Land Sachsen-Anhalt.
Allerdings: Eine Überraschung kann diese Neuregelung eigentlich gar nicht mehr sein; denn bereits seit der letzten Novellierung im Jahr 1996 wurde über dieses Thema intensiv beraten.
Frau Ministerin, Entschuldigung. Ich muß auch die Geschäftsordnung ernst nehmen und deshalb darum bitten, daß Sie zum Schluß kommen.
Ich komme umgehend zum Schluß, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Entwurf eines Mediengesetzes, den wir heute vorstellen, setzt Sachsen-Anhalt auch auf dem Gebiet der Medienpolitik eigene Akzente. Dabei bleibt es unser Ziel, für den öffentlich-rechtlichen wie auch für den privaten Rundfunk den jeweils angemessenen Rahmen für die weitere Entwicklung zu gewährleisten.
Beide Säulen der dualen Rundfunkordnung sollen ihre unterschiedlichen Beiträge zur Medienvielfalt unseres Landes auch zukünftig leisten können. Deshalb bitte ich darum, bei der Beratung im Ausschuß für Kultur und Medien genau diese Perspektive im Blick zu haben. - Ich danke.
Im Ältestenrat ist zu diesem Entwurf eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Die Redebeiträge erfolgen in der Reihenfolge FDVP-, PDS-, DVU-FL-, SPD- und CDU-Fraktion. Für die FDVP-Fraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau Wiechmann. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich mich hier umsehe, dann stelle ich fest, daß das Interesse an dem Mediengesetz nicht so wahnsinnig riesig zu
sein scheint. Ich hoffe, daß zur Abstimmung noch ein paar Abgeordnete mehr da sind, ansonsten, denke ich, kriegen wir Probleme.
Meine Damen und Herren! Auch wir bezweifeln natürlich nicht die Notwendigkeit, in einem Mediengesetz die rechtlich verbindlichen Normen festzuhalten, da insbesondere die rasante technische Entwicklung und deren Nutzung die Medien und Medienträger unterschiedlichster Art fördern und dabei eine Beschleunigung dieser Prozesse eintritt, die in einem sehr kurzen Zeitraum wirksam wird.
Aber es ist nicht nur eine technische Entwicklung, meine Damen und Herren. Medien bewirken auch in vielen Bereichen des Lebens einen Wandel, und das oft von sehr einschneidender Art. Vielleicht liegen gerade darin die Tücken oder gar die Gefahren.
Altbundespräsident Roman Herzog diagnostizierte in einer Rede zu den Tagen der Mainzer Fernsehkritik 1998 diese Tendenz auch im Verhältnis zwischen Medien und Politik. Dazu führte er aus:
„Beide waren schon immer aufeinander angewiesen, wenn auch nicht immer als ein harmonisches Paar. Beide stellen überhaupt erst Öffentlichkeit her. Beide sorgen für die notwendige Selbstverständigung der Gesellschaft. Beide machen Konflikte öffentlich, organisieren das Gespräch und haben sowohl den Anspruch wie die Aufgabe, das Ganze der gesellschaftlichen Zusammenhänge zu repräsentieren. Ja, ohne die Existenz der Massenmedien wäre Demokratie überhaupt nicht vorstellbar; denn diese basiert auf informierten Bürgern. Die Medien gehören so sehr zu unserer demokratischen Grundausstattung, daß man sie oft als vierte Gewalt bezeichnet.“
Meine Damen und Herren! Diese durch die Medien sich selbst zugeschriebene Kontroll- und Aufklärungsdistanz läßt unseres Erachtens aber oft zu wünschen übrig. Kein Wunder, meine Damen und Herren, wenn Parteibuchstrategen die öffentlich-rechtlichen Funkhäuser und Anstalten mit treu ergebenen Paladinen besetzen und so Gewähr bieten für eine - ich nenne es einmal so - Hofberichterstattung.
Bereits die Anmoderation läßt nach wenigen Worten erkennen, welchen Sender man hört und wem politische Treue geschworen wurde. Der Autor des Buches „Politikverdrossenheit durch Massenmedien?“ hätte sich das Fragezeichen im Titel eigentlich ersparen und es durch ein Ausrufezeichen ersetzen sollen; denn das, meine Damen und Herren, ist zutreffender.
Der Ruck-zuck-Altbundespräsident vermochte in seiner Amtszeit leider nicht diesen verkündeten Ruck durch die Medienanstalten zu vollführen. Deshalb, meine Damen und Herren, besteht nicht nur Anlaß zum Zweifel daran, ob die in § 20 des vorliegenden Gesetzentwurfes verkündete Sicherstellung der Meinungsvielfalt im landesweit verbreiteten Rundfunk der bisherigen und auch künftigen Realität entspricht.
Wenn in diesem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Volksinitiative für unsere Kinder parlamentarisch durch das rot-rote Machtbündnis abgeschmettert wird, das heißt 300 000 Bürgerunterschriften ignoriert wurden, dann läßt es an der politischen Glaubwürdigkeit mehr als zweifeln, wenn die gleiche Landesregierung in
„Die Rundfunkprogramme dürfen sich nicht gegen die internationale Verständigung, den Frieden und die soziale Gerechtigkeit wenden.“
Meine Damen und Herren! Betrachten Sie bitte die Realität: die Berichterstattung über den Krieg im Kosovo. Dann helfen auch die gestylten Betroffenheitsfalten des Außenministers Joseph Fischer nicht darüber hinweg, daß es eine Kriegsberichterstattung war, und zwar voller Halbwahrheiten, Lügen und Täuschungen.
Es wäre gut zu wissen, daß das Land Sachsen-Anhalt künftig derartiges in den Medien des Landes verhindern würde, weil eine entsprechende strafrechtliche Ahndung durchgesetzt würde.
Meine Damen und Herren! Ein Mediengesetz ist notwendig. Wir wissen das auch. Allerdings können wir dem Entwurf der Landesregierung in der jetzigen Fassung nicht zustimmen. Aber wir leben natürlich in der Hoffnung, daß wir in den Ausschußberatungen erreichen können, daß wir unsere Vorschläge, die wir dann einbringen werden, letztlich im Gesetz wiederfinden werden. - Ich danke Ihnen.
Bevor ich den nächsten Redebeitrag aufrufe, möchte ich zunächst Schülerinnen und Schüler des Berufsschulzentrums des Einzelhandels aus Magdeburg unter uns begrüßen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Die PDS-Fraktion begrüßt den Entwurf eines Mediengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt, welchen die Landesregierung heute hier vorgestellt und in das Parlament eingebracht hat. Wir halten ihn für eine gute Grundlage, um insbesondere der anstehenden riesigen technischen Veränderung Rechnung zu tragen und andererseits auch in SachsenAnhalt Medienvielfalt zu wahren und zu qualifizieren. Gleichzeitig ist er eine Grundlage, um den Medienstandort Sachsen-Anhalt zu entwickeln.
Ich möchte weiterhin voranstellen, daß die PDS-Fraktion dafür eintritt, daß das Gesetz zügig beraten und möglichst noch vor der Sommerpause verabschiedet wird.
In den letzten Wochen hat in der Öffentlichkeit insbesondere der § 27 Abs. 8 des geltenden Privatrundfunkgesetzes eine hervorgehobene Rolle gespielt, welcher regelt, daß es landesweit ausgestrahlten Hörfunkprogrammen, sprich insbesondere Radio SAW und Hitradio Antenne Sachsen-Anhalt, per Gesetz untersagt ist, lokale Werbung zu schalten. Dies war schon bei der
letzten Novelle ein Streitpunkt, insbesondere zwischen den Hörfunksendern und den beiden großen Zeitungsverlagen im Land. Eine Streichung ist damals aufgrund des Drucks der Zeitungen gescheitert.
Im August 1999 hat die PDS-Fraktion aufgrund einer Initiative des Journalistenverbandes des Landes, welcher dieses Verbot aufheben möchte, eine Anhörung durchgeführt, bei der sehr deutlich geworden ist, daß diese Regelung in der Tat überflüssig ist und eine Überregulierung darstellt und deshalb gestrichen werden muß. Dieser Meinung hat sich die PDS-Fraktion angeschlossen.