Die geplante Schwerverkehrsabgabe muß daher voll und ganz für diese Aufgabe eingesetzt werden. Mit dieser Maßnahme macht man sich natürlich bei den Spediteuren etwas unbeliebt. Die Regierung muß allerdings verhindern, daß man auf ausländische Billiganbieter ausweicht, um die Gewinnhöhe beim Straßentransport zu halten.
Die Deutsche Bahn AG, meine Damen und Herren, will an die Börse. Das ist das erklärte Ziel des Herrn
Mehdorn. Dieses will man erreichen, indem man Strecken stillegt, welche der Deutschen Bahn AG im Moment unrentabel erscheinen, zuletzt so geschehen bei der von meiner Kollegin von der CDU schon genannten Bahnlinie Nienhagen - Dedeleben, im Alleingang und ohne Wissen des Verkehrsministers. Dabei gingen 16 Arbeits-plätze verloren. Ist Herr Mehdorn Staat im Staate?
Wenn der Börsengang der Deutschen Bahn AG gelingen soll, muß man der Wirtschaft Alternativen zum Gütertransport auf der Straße anbieten und vor allen Dingen überschaubare Preise, nicht für jede Strecke andere. Vor allen Dingen gehört, um Planungssicherheit für die Wirtschaft zu garantieren, ein langfristiges Gesamtkonzept der Deutschen Bahn AG für diesen Bereich dazu. Dieses vermissen wir bis heute.
Der Bundesverkehrsminister will die Bahn nicht mehr subventionieren, wie er verlauten ließ. Aber allein der Gang an die Börse löst die Probleme der Bahn nicht. Sich fit zu machen dafür, indem man zur Zeit unrentable Strecken stillegt und dabei Arbeitslose schafft, ist unserer Meinung nach kurzsichtig und verhält sich konträr zu dem erklärten Willen unseres Verkehrsministers, welcher zu Recht die Flächenbahn propagiert.
Zum anderen geben die zum Teil verheerenden Unfälle der Bahn in den letzten zwei Jahren Anlaß dazu, über das Sicherheitsmanagement der Deutschen Bahn AG nachzudenken. Wird in diesem Bereich wirklich genug getan? Daß diese Unfälle nicht zur Imagepflege der Bahn beitragen und noch dazu potentielle Kunden der Bahn abschrecken, ist eine traurige Tatsache.
Wir, die Fraktion der DVU-FL, fordern daher die Landesregierung und insbesondere den Verkehrsminister Herrn Dr. Heyer auf, nichts unversucht zu lassen, um eine moderne, zukunftsfähige Bahnpolitik im Land SachsenAnhalt durchzusetzen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Kasten für die PDS-Fraktion das Wort erteile, freue ich mich, auch in Ihrem Namen Gäste begrüßen zu können: Seniorinnen des Frauenforums Mansfelder Land und Gäste vom Sprachenforum der Universität Magdeburg aus Wisconsin/USA. Herzlich willkommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit zwei Zahlen beginnen. Die Deutsche Reichsbahn hat im Jahr 1990 mit 350 Millionen Tonnen mehr als die DB Cargo im Jahr 1998 mit rund 300 Millionen Tonnen in ganz Deutschland transportiert.
Trotz teilweise schlechter, insbesondere modernisierungsbedürftiger Infrastruktur war die Deutsche Reichsbahn bis Anfang der 90er Jahre ein billiges Massenverkehrsmittel in der DDR. Die DB AG hat seit Beginn der Bahnreform - die Bahnreform ist übrigens unter CDU-Ägide eingeleitet worden - alles versucht, um ein Nischenprodukt im Verkehrsgeschehen zu werden, um
ein Reiseclub für zahlungskräftige Bürger zu werden, um Güter auf den Lkw zu verlagern und die Fläche nicht mehr bedienen zu müssen, um Kaufmannsgüter nicht auf die Bahn zu lassen und um den Reisezeit- und Dienstleistungsstandard der 30er Jahre nicht wieder erreichen zu müssen.
Die Zerteilung eines Dienstleisters als Systemanbieter in künftig fünf bis sechs eigenständige Aktiengesellschaften und 185 Töchter „erhöht“ natürlich den Zusammenhalt. Meinungsverschiedenheiten werden jetzt sogar gerichtlich ausgetragen. Die Zentrale wird das irgendwann schon per Computer wieder richten. Da braucht man in der Führungsetage wohl auch kaum noch Bahnfachleute. Hauptsache, man ist irgendwann schon einmal mit der Bahn gefahren.
Nach RZ 2000, Netz 21 und anderen Ideen kommt nun eine weitere Roll-back-Variante: Nachdem man die Instandsetzung, insbesondere des Nebenbahnnetzes, über viele Jahre vernachlässigt hat, soll der Schwarze Peter jetzt weitergereicht werden. Herr Mehdorn bildet mit diesem Strukturvorschlag Regionalnetze, die von Dritten betrieben werden sollen. Rechnet man allein die dafür bis zum 31. Dezember 2005 in Sachsen-Anhalt notwendigen Mittel zur Streckeninstandsetzung zusammen, so sind das rund 550 Millionen DM. Ich beziehe mich dabei nur auf den Teil, der ausgegliedert werden soll. Bis zum Jahr 2010 sind es in Sachsen-Anhalt insgesamt 1 Milliarde DM.
Nach der Sachlage ist das ein Offenbarungseid von jemandem, der offensichtlich mit dem Rücken an der Wand steht. Hierbei entziehen sich der Bundestag als Legislative und die Bundesregierung, insbesondere Verkehrsminister Klimmt, als Exekutive der ureigensten Verantwortung für das Netz. Aber auch die Verantwortung des Landes kann nicht geleugnet werden.
Während bis zur Bahnreform 1993/94 kein Kilometer SPNV-Netz verlorenging, waren es zum Fahrplanwechsel 1996/97 120 km weniger
und nach der rigiden Abbestellung des Besonderen Aufgabenträgers zum Fahrplanwechsel 1999/2000 nochmals rund 280 km weniger. Von den 2 600 km im SPNV haben wir jetzt also noch 2 200 km; das sind rund 85 % des Netzes.
Dabei habe ich den Anschluß von Helbra und die Reaktivierung der Strecke Salzwedel - Uelzen mit eingerechnet.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Der überwältigende Teil des Verkehrs findet im Entfernungsbereich bis 50 km statt. Bei der Bahn entfallen ca. 90 % des Verkehrsaufkommens auf den so definierten Nahverkehr. Beim Schienenfernverkehr beträgt die Reiseweite heute im Durchschnitt ungefähr 230 km.
Trotzdem werden in diesem Land Nahverkehrsverträge mit der Bahn nur für ein Jahr abgeschlossen. Das reicht zum Beispiel für Netz Süd-Ost allemal aus, um nicht investieren zu müssen. Dedeleben - Nienhagen sei als Beispiel genannt; ich führe es nicht weiter aus. Dies zu verändern war und ist Ziel meiner Fraktion.
Mit dem Landesentwicklungsplan in seinen verbalen und zeichnerischen Aussagen liegen bekanntlich in unserem Land die gesetzlichen Grundlagen für Netzerhalt und
-entwicklung vor. Mit unserem Antrag, zumindest für das landesbedeutsame Netz eine fünfjährige Bestellgarantie mit Option auf weitere fünf Jahre Betrieb auszusprechen, ist die Beweisumkehr möglich. Dann müssen DB-Konzernleitung und DB Netz Farbe bekennen.
Erstens. Die Rahmenbedingungen auf dem Verkehrsmarkt benachteiligen die Bahn grundsätzlich. Eine unter diesen Bedingungen privatisierte Bahn hat nur die Pleite als Marktchance.
Zweitens. Es ist falsch, die Schieneninvestitionen auf Hochgeschwindigkeitsverkehre und Güterverteilungszentren zu konzentrieren.
Drittens. Daraus ergibt sich: Falsch sind rigoroser Personalabbau und Sparmaßnahmen bei der Ausbildung.
Die Bereinigung der Situation kann nur in Bundesverantwortung erfolgen. Dazu gehören die Beseitigung der Wettbewerbsnachteile der Bahn, die Wahrnehmung der Verantwortung für die Infrastruktur durch den Bund und flankierende Maßnahmen, wie die Schwerverkehrsabgabe und die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale. Diese Dinge sollten durch die Verkehrsministerkonferenz, den Bundesrat und die inhaltliche Arbeit der Parteien im Bundestag befördert werden.
Packen wir es an - für eine sachgerechte Verkehrsträgerentwicklung, für den Erhalt vieler Arbeitsplätze, aber auch für den Erhalt des Ökosystems Erde, von und in dem wir leben.
Für die Landesregierung spricht jetzt Minister Dr. Heyer. Dann ist die Runde bekanntlich wieder offen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bahn geht es in der Tat nicht gut. Die Bahn hat im Jahre 1999 ein Defizit von 170 Millionen DM erwirtschaftet. Daß das Defizit so niedrig war, ist nur verschiedenen Verkäufen und der Trennung von Beteiligungen zu verdanken.
Die Bahn hat objektive Schwierigkeiten, meine Damen und Herren. Diese Schwierigkeiten, verehrte Kollegin Weiß, liegen nun bei Gott nicht bei dem jeweiligen Bahnchef. Wie Sie auf die Idee kommen können, hier in der Diskussion zu äußern, die Schwierigkeiten in Sachsen-Anhalt seien vielleicht darin begründet, daß ich mit Herrn Mehdorn nicht besonders gut auskäme, weiß ich nicht. Ich weiß nicht, wer Ihnen diese Rede geschrieben hat.
Aber ich muß sagen: Diese Behauptung hat keinerlei realen Hintergrund. Ich komme nicht nur mit Herrn Mehdorn gut aus, sondern ich bin auch mit seinem Vorgänger Herrn Ludewig gut ausgekommen, und das sind Profis. Ich sage einmal: Darin unterscheiden Sie sich von denen.
Im Gegensatz zu Ihnen können sie auch einmal mit unterschiedlichen Auffassung leben, ohne daß sie sich gleich persönlich betroffen fühlen.
Wenn Sie meinen, Sie können auf dem Rücken der Bahn Parteipolitik betreiben, dann sind Sie verdammt noch mal schief gewickelt;
denn, meine Damen und Herren, die Probleme, die wir haben, werden vom Bund und von den Ländern - das hat sich auf der Verkehrsministerkonferenz gezeigt - einheitlich gesehen.
Die Bahn muß bei der Regulierung von Nah- und Fernverkehr mehr Erfolge erzielen. Wir haben gesagt: Wir unterstützen den Bahnvorstand. Wir unterstützen ihn auch, wenn er versucht, eine bessere Zusammenführung von Nah- und Fernverkehr zu erreichen, damit der Nahverkehrszug nicht abfährt, weil der Fernverkehrszug unpünktlich ist. Wir unterstützen ihn sogar, wenn wir ein gemeinsames Produkt machen, das etwa InterregioExpreß heißen könnte.
Eines ist natürlich auch klar: Wenn sich die Bahn zu einem Teil aus dem Fernverkehr zurückzieht - das mag betriebswirtschaftlich sinnvoll und für die Kunden erträglich und gut sein -, dann darf das nicht auf Kosten der Länder gehen.
Wir unterstützen, meine Damen und Herren, die Bahn auch in der Philosophie, sich gerade nicht zur Schrumpfbahn zu entwickeln, sondern in der Fläche weiterhin ein Angebot vorzuhalten. Natürlich muß man sich dabei der Frage stellen, ob es immer sinnvoll ist, daß das die DB Regio macht, oder ob es nicht sinnvoller sein kann, das - wie der Bahnvorstand sagt - durch Mittelständler betreiben zu lassen, entweder von ihnen allein oder in einer gemeinsamen Gesellschaft mit der Bahn, so wie das jetzt schon im Burgenland betrieben wird. Das kann gut und sinnvoll sein.
Ich habe mich auf der Verkehrsministerkonferenz mit den Kollegen dahin gehend verständigt, daß wir genauer wissen wollen, ob das aus Ländersicht tatsächlich interessant ist. Wir wollen in Sachsen-Anhalt ein Gutachten anfertigen lassen, um zu sehen, wie denn die Prämissen dafür sein müssen.
Bahnpolitik heißt auch: Wir müssen uns mit dem posi- tiven Kapital der Deutschen Bahn befassen. Das dürfen wir nicht so tun, wie es Herr Mehdorn gemacht hat; da bin ich völlig anderer Auffassung als er. Ich glaube, die Beschäftigten der Deutschen Bahn, die die einzige Garantie dafür sind, daß das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft geführt wird, dürfen wir nicht dadurch verschrecken, daß wir sagen, die Zahl der Mitarbeiter müsse mal eben auf die Schnelle von 240 000 um 70 000 reduziert werden.
Dann machen wir kein Bündnis für Arbeit mehr, sondern schicken die Leute in die Wüste. Jeder Lokomotivführer und jeder Schaffner oder Zugbegleiter fragt sich dann, ob er der nächste ist. Unter diesen Bedingungen kann man von den Mitarbeitern keine Höchstleistungen verlangen.
Ich bin sehr dankbar dafür, daß der Bundesverkehrsminister den Bahnchef eindringlich darum gebeten hat, mit den zuständigen Gewerkschaften eine vernünftige Lösung zu finden.