Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Bergner, sowohl die Reform der Polizeiverwaltung als auch die Reform der Schulaufsichtsämter ist durch den Landtag gegangen und ist damit nicht verfassungswidrig, sondern ist per Gesetz beschlossen worden. Sie wissen genauso gut wie ich, daß der Artikel 86 Abs. 2 es zuläßt, daß bestimmte Sachverhalte über Fachgesetze geregelt werden. Deshalb sollte man auch beide Seiten der Wahrheit nennen.
Im übrigen habe ich Ihnen eigentlich mehr Selbstvertrauen unterstellt und hätte nicht erwartet, daß Sie Ihre internen Parteipapiere, aufgemotzt durch Dinge aus der Enquete-Kommission, aber eben nicht nur aus der Enquete-Kommission, über den Landtag schicken müssen.
Ich habe überhaupt keine Lust und auch meine Fraktion hat keine Lust, Ihre Parteipapiere über die Beschlußfassung eines Ausschusses in irgendeiner Art Beschluß des Landtages wiederzufinden. Denn für uns sind die Grundlagen der Diskussion im Ausschuß das Leitbild, das vorgelegt worden ist, und die Gutachten, die uns überwiesen worden sind.
Alles andere können Sie an geeigneter Stelle - wir können uns über die Verfahrensweise und die Abarbeitung im Ausschuß verständigen -, jeweils dem entsprechenden Aufgabenkomplex zugeordnet, gern in die Ausschußberatung einbringen. Dort ist sicherlich auch die Arbeit zu leisten.
Grundsätzlich müssen wir uns, denke ich, wenn wir in eine differenzierte Beratung eintreten, erst einmal darüber verständigen - sicherlich auch mehrheitlich -, wie der grundsätzliche Aufbau des Landes gesehen wird. Dazu haben wir nun einmal ganz unterschiedliche Auffassungen.
Sie reden immer noch von zwei Regierungspräsidien, sagen aber nicht, welchen Standort Sie schließen wollen - Halle, Dessau oder Magdeburg. Da verstecken Sie sich.
Das sagen Sie nicht, denn da haben Sie Angst vor dem Konkreten. Das könnte ja Ärger geben. In allem, was in Ihrem Papier steht, sind Sie hinreichend ungenau, nämlich genau so ungenau, daß jeder sich das heraussuchen kann, was er will.
(Herr Dr. Bergner, CDU: Wir sind sehr viel ge- nauer als Sie und als die Landesregierung! Sehr viel genauer als die Landesregierung!)
- Sie können uns das gern vorwerfen, aber dann dürfen Sie nicht mit den gleichen Papieren kommen. Wir haben Ihnen unsere Absicht erklärt, das im Gegenstromverfahren im Ausschuß zu beraten. Die stellvertretende Ministerpräsidentin hat angekündigt, daß der Ministerpräsident dazu eine Regierungserklärung abgeben wird. Dann werden Sie und auch wir sehen, wie genau oder ungenau unsere Vorstellungen zu dem Thema sind.
Auf jeden Fall befinden wir uns in einer Auffassung grundsätzlich im Dissens, nämlich wenn es um die Regierungspräsidien und um das Landesverwaltungsamt geht. Daraus resultiert natürlich auch die gesamte nachfolgende Diskussion, Herr Bergner, nämlich wie die anderen Aufgaben darunter strukturiert werden.
Ich habe mir aber auch die Mühe gemacht und das Eckpunktepapier einmal durchgesehen, das, wie Sie unserem Änderungsantrag entnehmen können, in geeigneter Form im Ausschuß beraten werden könnte, wenn Sie das wollen. Zumindest haben wir Ihnen eine Möglichkeit dazu eröffnet.
Aber das, was nicht die Punkte der Enquete-Kommission betrifft, sondern Ihre eigenen Punkte, ist noch ungenauer und steht sogar im Widerspruch zu einigen Aussagen, die Sie in der letzten Zeit im Landtag gemacht haben.
Ich brauche mir nur das Thema Forstämter anzugucken. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es vor einiger Zeit einen Antrag der CDU-Fraktion, nicht übereilt eine Forstreform durchzuführen. Sie haben schon einen festen Vorschlag aufgenommen: die Privatisierung der Forstämter. Sie haben überhaupt nicht zwischen hoheitlichen Aufgaben und den Aufgaben der Forstbetriebe unterschieden. Ob Sie das als sehr genau, als sehr konkret und richtig bezeichnen können? Wir sind da jedenfalls anderer Auffassung.
Auch bei anderen Dingen, die in Ihrem Antrag enthalten sind, zum Beispiel zu den Staatshochbauämtern, bleiben Sie in dem klassischen System Umgestaltung der klassischen Staatshochbauverwaltung. Wir werden prüfen, welche anderen Vorschläge es dazu noch gibt und ob man da nicht sogar noch ein Stückchen weiter springen kann.
Dies alles aber ist einer Diskussion im Ausschuß vorbehalten, und dort wollen wir sie auch führen. Sie haben zwei Möglichkeiten: Entweder Sie nehmen unser Angebot an, Ihre Vorschläge in gebührender Form im Ausschuß mit zu beraten,
(Beifall bei der SPD - Herr Dr. Daehre, CDU: Also entweder oder! Mein lieber Mann! - Frau Budde, SPD: Ja oder nein, andere Dinge gibt es bei Abstimmungen nicht!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man merkt es an der jetzigen Diskussion und auch an dem Antrag: Es war in der Tat ein unglücklicher Start, diese gesamte Diskussion um die Verwaltungs- und Funktionalreform und um die kommunale Gebietsreform, eben weil es in zwei grundsätzlichen Positionen zwischen einer Mehr
heit des Landtages und der Landesregierung gravierende Unterschiede gibt, die das gesamte Herangehen so zählebig und wenig paßgerecht machen.
Das betrifft, wie bereits mehrmals ausgetauscht, Notwendigkeit, Zeitpunkt und Form der Funktional- und Verwaltungsreform, und das betrifft die Einbindung des Parlaments in diesen Prozeß. Gerade dadurch widerspiegelt sich in so manchen Überlegungen der einen oder der anderen Fraktion oder auch in der Arbeit der Ausschüsse ein stückweit Ratlosigkeit.
Uns geht das speziell so in der Frage danach, wie das Parlament tatsächlich zum Entscheidungsgremium vor allem für jene Prozesse werden kann, welche in der kommunalen Landschaft ablaufen. Diese Fachkonferenzen, die ja den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern im Land einbleuen sollen, es sei alles in Sack und Tüten, diese Beweisschlachten durch Rhetorik, die jeden langweilen, der in diesen Prozeß ein-geweiht ist da kann jeder nur den Kopf darüber schütteln, was sich im Land abspielt.
Nun treibt aber die gesamte Diskussion auch parlamentarisch immer seltsamere Blüten. Dazu leisten viele ihren Beitrag; die CDU steht dem in keiner Weise nach. Zunächst schmunzelten wir alle in der vorigen Sitzung über den Panzerschrankknackerantrag. Nun setzt die CDU in ihrem heutigen Antrag noch einen drauf. Herr Dr. Bergner, ich bedaure es wirklich, daß Sie die Kraft, die Sie in die Ausarbeitung Ihrer Rede gesteckt haben, nicht in den Antrag gesteckt haben.
Dann hätte über Inhalt und Form - auch übereinstimmend - eine Mehrheitsentscheidung getroffen werden können. „Der Landtag wolle beschließen“ - jetzt -, sich die richtungsweisenden Beschlüsse der CDU-Fraktion zu eigen zu machen. Bei dieser Gelegenheit soll er sich gleich noch intensiv davon überzeugen lassen, welch starke, dynamische Kraft die CDU doch ist.
Ich zitiere beispielhaft: „Die CDU hat ihre diesbezüglichen Hausaufgaben gemacht.“ - Aber nicht bei diesem Antrag!
„Angesichts der Handlungsunfähigkeit der Landesregierung legt die CDU-Fraktion aktualisierte und präzisierte Eckpunkte vor.“
Der Landtag möge sich bei gleicher Gelegenheit damit auseinandersetzen, daß die Landesregierung völlig unfähig ist, nachgewiesen am Antragsanlagentext: „Offensichtlich ist das Kabinett nicht fähig und nicht willens...“ - Die Landesregierung, die tatenlos dahinwurstelt. Das kann ja alles sein, Herr Dr. Bergner, aber wir wissen nicht, was wir damit anfangen sollen.
Soll der Landtag beschließen, daß die CDU die führende Kraft ist? Oder sollen wir noch ein paar Beschlüsse der PDS in ihrem Urzustand in die parlamentarische Diskussion einbringen?