Protocol of the Session on March 9, 2000

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Frau Ministerin, deshalb möchte ich es nicht versäumen, mich bei Ihnen und den Mitarbeitern Ihres Hauses für die geleistete Arbeit herzlich zu bedanken. Wenn es uns auch noch gelingen sollte, die gleichen Schlußfolgerungen aus den Antworten zu ziehen, wäre dies ein deutliches Zeichen an unsere Trinkwasserversorger und an die Bevölkerung, daß wir in diesem Hause nicht nur die Probleme vor uns herschieben, sondern auch in der Lage sind, einmal erkannte Probleme aufzugreifen, auszudiskutieren und zeitnah zu lösen.

In diesem Sinne und mit dieser Hoffnung möchte ich einige Probleme ansprechen, die sich für uns ergeben.

Der erste Teil unserer Anfrage betraf die Qualität und die Quantität der Trinkwasserversorgung. Schlußfolgernd aus den Antworten kann man sagen, daß trotz des enorm zurückgegangenen Trinkwasserverbrauchs mit anhaltender Tendenz die Qualität des Trinkwassers wohl noch nicht gefährdet ist. Die regelmäßige Eigenüberwachung und die Überwachung des Trinkwassers durch die Gesundheitsämter bieten einen ausreichenden Schutz vor unerkannten Qualitätsproblemen.

Die in den letzten Jahren festgestellten Qualitätseinbußen in einigen Teilen unseres Landes beurteilt das Ministerium jedenfalls sehr gelassen. Obwohl die Landesregierung es bisher unterlassen hat, statistische Erhebungen zur Aufarbeitung der Qualität des Trinkwassers aufgrund geringer Absatzmengen durchzu-führen, geht sie davon aus, daß trotz des sparsamen Umgangs mit Wasser die erforderlichen Qualitätsanforderungen bei der Trinkwasserversorgung aufrechterhalten werden.

Trotz Kenntnis über die schon 1998 vorgenommenen Nachentkeimungen im Versorgungsgebiet der Stadt Magdeburg und der Tatsache, daß es immer noch Versorgungsgebiete mit einer erhöhten Nitratbelastung des Wassers und Grenzüberschreitungen bei anderen Stoffen gibt, glaubt die Landesregierung, nicht kurz

fristig handeln zu müssen. Sie schreibt wörtlich - ich zitiere -:

„Die noch vorhandenen Beanstandungen des Trinkwassers sind in den nächsten Jahren zu beseitigen. Dieser Zeitraum ist erforderlich, da die Durchführung der zur Verbesserung der Trinkwasserqualität erforderlichen Sanierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel der weitere Anschluß von Versorgungsgebieten an das Fernwasserversorgungsnetz und an andere Wasserversorgungsanlagen mit Trinkwasserqualität entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand erfordert.“

An dieser Stelle, Frau Ministerin, gehen unsere Auffassungen über das, was dringend geboten ist, erstmals auseinander. Wir glauben nicht, daß man die Beseitigung dieser Probleme auf die lange Bank schieben kann. Der von Ihnen zur Beseitigung des Problems geplante lange Zeitraum ist nicht der Größe des Problems, sondern ausschließlich den leeren Kassen und der Tatsache geschuldet, daß diese Landesregierung nicht gewillt ist, die ausreichenden finanziellen Mittel bereitzustellen.

Meine Damen und Herren! Den Beleg dafür finden Sie auf Seite 8 der Antwort auf die Anfrage. Eine Tabelle belegt deutlich, daß diese Landesregierung seit dem Jahr 1996 keine einzige D-Mark Eigenmittel in die Trinkwasserversorgung investiert hat. In den Jahren von 1991 bis 1995 waren es immerhin jährlich zwei- bis dreistellige Millionenbeträge.

Verschärfend kommt die Tatsache hinzu, daß auch der Einsatz von Bundes- und EU-Mitteln seit dem Jahr 1995 drastisch zurückgegangen ist. Dies wiederum ist nicht dem Umstand geschuldet, daß kein Geld zur Verfügung steht, sondern eher der Tatsache, daß diese Landesregierung nicht bereit war, die entsprechenden Kompensationsmittel einzusetzen. So bleiben wieder einmal gerade im Umweltbereich investive und damit wirtschaftsfördernde Maßnahmen, die auch Arbeitsplätze sichern, ungenutzt.

Doch viel interessanter als die beschämenden Zahlen der letzten vier Jahre und die falsche Prioritätensetzung in der Umweltpolitik ist für die CDU-Fraktion und die Bürger unseres Landes die Frage, wie es zukünftig weitergehen soll. Werden dringend notwendige Investitionen zur Rekonstruktion der Trinkwasserversorgungsanlagen endlich gefördert werden?

Die Antwort der Landesregierung auf diese Frage ist bestechend klar und deutlich. Es wird geschrieben: Zur Zeit werden grundsätzlich keine Landesmittel zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung eingesetzt, und es werden derzeit keine Mittel für Neuanlagen und Rekonstruktionen geplant.

Eines muß ich Ihnen zugestehen, Frau Ministerin. Diese Antwort war ehrlich und läßt keine Zweifel offen. Ob sie richtig ist und ob diese Position auf Dauer zu halten ist, darüber läßt sich streiten und darüber werden wir streiten müssen.

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Sie, Frau Ministerin, gehen davon aus, daß die Wasserversorgungsunternehmen kostendeckende Preise zu kalkulieren haben, die den Erhalt von bestehenden Anlagen sichern. Anscheinend ist man sich im Ministerium nicht bewußt, daß ein enormer Investitionsbedarf

ansteht und diese Aufgaben nicht über Anliegerbeiträge, sondern nur über Trinkwasserbeiträge zu refinanzieren sind.

Diesen Schluß, meine Damen und Herren, ziehe ich aus der Beantwortung der Fragen zum technischen Stand des Trinkwassernetzes. Hierzu schreibt die Landesregierung, daß keine speziellen Analysen des Netzzustandes in den Versorgungsgebieten vorliegen und daß keine Angaben über den Finanzbedarf zur Sanierung der Wasserversorgungsnetze gemacht werden können.

Gleichzeitig stellt sie aber fest, daß wir im Landesdurchschnitt ca. 20 % Wasserverluste, gemessen am Gesamtaufkommen, haben. Diese Zahl ist mit Sicherheit noch mit Vorsicht zu genießen, denn uns liegen auch Zahlen vor, die Wasserverluste von 50 % bei einzelnen Trinkwasserversorgern belegen. Als Beispiel nenne ich nur den Wasser- und Abwasserzweckverband Oberharz.

Um zukünftig allen Unwägbarkeiten und Fehleinschätzungen aus dem Wege zu gehen, kann die aktuelle Aufgabenstellung für das Umweltministerium nur lauten, umgehend eine Analyse des Ist-Zustandes und des Sanierungsbedarfs unserer Wasserversorgungsnetze landesweit durchzusetzen.

Vielleicht, Frau Ministerin, können Sie mir recht geben, wenn ich behaupte, daß erst nach Vorliegen eines entsprechenden Ergebnisses der tatsächliche Investitionsbedarf und die finanziellen Auswirkungen auf unsere Trinkwasserpreise eingeschätzt werden können. Bis dahin aber habe ich erhebliche Zweifel, daß sich die zu erwartenden Preiserhöhungen ausschließlich durch eine wie Sie schreiben - effiziente technische und kaufmännische Betriebsführung sowie die Schaffung effek-tiver Strukturen zum Wohle der Bürger moderater gestalten lassen. Das kommt mir doch alles sehr bekannt vor.

Deshalb denke ich, auch als Umweltministerin sollte man nicht ausschließlich auf die selbstheilende Kraft der Natur setzen. Das jahrelange Drücken vor einem finanziellen Engagement zum Beispiel im Abwasserbereich hat doch allen deutlich werden lassen, daß man so keine Probleme löst, sondern das Fiasko nur vergrößert.

Deshalb, Frau Ministerin, kann ich Sie nur bitten: Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht. Beginnen Sie zu handeln, und planen Sie vorsichtshalber eine finanzielle Unterstützung der Sanierung bestehender Trinkwasseranlagen ein.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Schwerpunkt unserer Anfrage war die Entflechtung der Mawag und der Midewa. Wer die Ausführungen gründlich liest, der erkennt, wie kompliziert sich diese Aufgabe darstellte und weshalb sich diese Entflechtung jahrelang hinzog.

Besonders engagiert hat sich die Landesregierung bei der Entflechtung der Midewa. Die hierbei gegebenen finanziellen Hilfen sind beachtenswert. Ich kann deshalb überhaupt nicht verstehen, Frau Ministerin, warum Sie die Übernahme von 200 Millionen DM Schulden bei den Haushaltsberatungen vor dem Parlament verstecken wollten. Dies ist doch immerhin eine sehr noble Geste, und in der Vergangenheit hat es sich die Landesregierung nicht nehmen lassen, solche Leistungen mit großem Medienrummel an das Licht der Öffentlichkeit

zu rücken. Weshalb also diese Heimlichtuerei? Wo haben Sie hierbei ein Problem? Sind eventuell die Zukunft der Talsperrenbetriebe und deren Wirtschaftlichkeit ungewiß?

Meine Damen und Herren! Ich hätte mir außerdem vorstellen können, daß man aus Gründen der Gleichbehandlung die Kommunen der Mawag ebenso großzügig behandelt wie die der Midewa und daß man ihnen zum Beispiel auch die Abwasserabgabe erläßt.

(Zustimmung von Herrn Czeke, PDS)

Doch, Frau Ministerin, ich gestehe Ihnen durchaus zu, daß Großzügigkeit auch finanzielle Grenzen hat.

Meine Damen und Herren! Für uns war es auch von besonderem Interesse, wie es denn nun betriebswirtschaftlich um die neu entstandenen Vorsorgungsstrukturen steht, zumal sich das Land, wie schon gesagt, finanziell besonders engagiert hat. Die Antwort auf diese Frage löste bei uns großes Erstaunen aus. Die Landesregierung schreibt dazu:

„Eine Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten der einzelnen Versorger ist durch die Landesregierung nicht möglich.“

Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren von der SPD und von der PDS: Ist dies nicht genau der gleiche Sachverhalt, den Sie der CDU seit Jahren für den Abwasserbereich als groben Fehler vorhalten?

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU, und von Herrn Scharf, CDU)

Sie sehen, Sie kochen auch nur mit Wasser und müssen gelegentlich auf Gott vertrauen, das Richtige getan zu haben.

Trotz vieler Unsicherheiten, was die derzeitige, aber besonders die zukünftige Situation der Versorgungsträger betrifft, ist die Landesregierung mit dem Geleisteten sehr zufrieden und glaubt, daß die Versorgungsträger zukünftig ohne Landesunterstützung zurechtkommen können. Die Umweltministerin jedenfalls lobt das Engagement des Landes bei der Midewa-Entflechtung und verkündet, daß die finanzielle Unterstützung durch das Land den Anstieg der Trinkwasserpreise verhindert habe.

Die vorgelegten Zahlen sollen den großen Erfolg belegen. So kostete Trinkwasser im Jahr 1998 bundesweit durchschnittlich 3,21 DM, in den alten Ländern 3,11 DM, in den neuen Ländern 3,83 DM und in Sachsen-Anhalt 3,63 DM. Sie sehen, meine Damen und Herren, wir liegen mit unseren Trinkwasserpreisen bundesweit noch im Durchschnitt. Endlich einmal trägt Sachsen-Anhalt nicht die rote Laterne. Doch Mittelmaß gleich als Erfolg zu feiern kann nicht in unserem Interesse liegen.

Deshalb, Frau Ministerin, fordere ich Sie auf: Greifen Sie die von mir aufgezeigten Probleme auf, helfen Sie den Versorgungsträgern bei der Sanierung der 100 Jah-re alten Leitungssysteme und wirken Sie damit den zu erwartenden tendenziellen Preissteigerungen entgegen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Kollege, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht jetzt Frau Ministerin Häußler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Sachsen-Anhalt ist, wie selbst die Opposition zugibt, ein hohes Niveau in der Trinkwasserversorgung erreicht. 99,7 % der Bevölkerung beziehen ihr Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung. Nur noch ca. 8 000 einzelne Bürger unseres Landes entnehmen ihr Trinkwasser privaten Brunnen.

Die Beschaffenheit des angebotenen Trinkwassers aus der öffentlichen Wasserversorgung ist in den meisten Regionen unseres Landes gut, am besten im Raum Magdeburg aufgrund der ausgezeichneten Beschaffenheit der Grundwasserdargebote in der Colbitz-Letzlinger Heide und im Westfläming.

Im mittleren und südlichen Gebiet unseres Landes wird die Trinkwassergüte im wesentlichen durch den Einsatz von Fernwasser gewährleistet, und zwar unmittelbar oder durch Zumischen zum örtlichen Aufkommen. Die Fernwasserversorgung Elbaue/Ostharz, insbesondere das Versorgungssystem Ostharz aus der Rappbodetalsperre, ist ein wichtiger Eckpfeiler für die Trinkwasserversorgung in Sachsen-Anhalt.

Die Entwicklung der Versorgungs- und Organisationsstrukturen in der Wasserversorgung ist im wesentlichen abgeschlossen. Die ehemaligen großen Unternehmen Magdeburger Wasser- und Abwassergesellschaft mbH, Mawag, und Mitteldeutsche Wasser- und Abwasser GmbH Halle sind entflochten. Der Lokalversorger Midewa Wasserver- und Abwasserentsorgungsgesellschaft in Mitteldeutschland, Merseburg, ist geordnet. Die Wasserversorgungsverbände und Wasserversorgungsunternehmen haben sich in der überwiegenden Zahl inzwischen etabliert.

Die Auswirkungen dieser Entflechtung auf die Kommunen und letztlich auch auf die Verbraucher konnten durch das Engagement der Landesregierung insbesondere bei der Entflechtung der Midewa auf ein insgesamt verträgliches Maß reduziert werden.

Meine Damen und Herren! Trotz des guten Standes, den wir in der Trinkwasserversorgung in unserem Lande erreicht haben, dürfen wir auch künftig die Augen nicht davor verschließen, daß auch zukünftig noch manches zu tun ist, um eine jederzeit sichere Wasserversorgung vor allen Dingen nicht nur nach der Menge, sondern auch nach der Güte - zu gewährleisten. Ich will ein paar Beispiele nennen.

Im Burgenlandkreis, im Landkreis Sangerhausen, im Saalkreis, im Versorgungsraum Huy-Fallstein des Landkreises Halberstadt, aber auch in den Landkreisen Stendal und Wernigerode werden noch Grundwassergewinnungsanlagen betrieben, die das geförderte Rohwasser ohne Aufbereitung, lediglich desinfiziert, in die Versorgungsnetze einspeisen. Als Folge treten immer noch Grenzwertüberschreitungen auf, teilweise bei Eisen oder Mangan, bei Nitrat, relativ häufig bei Sulfat und/oder Magnesium.

Für den Raum Zeitz und das Versorgungsgebiet Hohenmölsen-Zorbau wurde 1999 eine Verbesserung der Trinkwasserqualität durch die Einspeisung von Fernwasser erreicht. Wo möglich, sollte auch in den anderen genannten Gebieten, wie dem Raum Huy-Fallstein, dem Kreis Sangerhausen oder auch dem Saalkreis, die Qualitätsverbesserung vorrangig durch die Einspeisung des qualitativ hochwertigen Fernwassers erfolgen und

nur nachrangig durch die Nachrüstung von Aufbereitungsstufen.

Um die Trinkwasserqualität bis in die Wohnungen an den Wasserhahn zu gewährleisten, ist aber auch ein entsprechendes Verteilungsnetz erforderlich, das Gütebeeinträchtigungen ausschließt. Das heißt unter anderem, daß alte Bleileitungen ausgewechselt und marode andere Leitungen saniert werden müssen. Hierbei sind die Wasserversorgungsunternehmen und die Verbände, aber auch die Hausbesitzer hinsichtlich der Hausinstallationen gefordert.

Meine Damen und Herren! Weil wir in Sachsen-Anhalt einerseits aufgrund der geologischen Verhältnisse im Südteil häufig auf belastete Grundwasservorräte zurückgreifen müssen, andererseits ein leistungsstarkes, aber überhaupt nicht ausgelastetes Fernwasserversorgungssystem haben, ist es wirtschaftlich und versorgungsstrukturell geboten, die vorhandenen Kapazitäten der Fernwasserversorgung als Wasserlieferanten SachsenAnhalts und damit als Garant für die Sicherung einer stabilen und qualitätsgerechten Wasserversorgung in Teilen unseres Landes noch stärker zu nutzen.

Eine sinnvolle Reduzierung vorhandener Überkapazitäten bei den Wasserwerken ist eine unumgängliche Maßnahme zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit aller Unternehmen der öffentlichen Trinkwasserversorgungswirtschaft.