Es ist erfreulich, daß die Heimpersonalverordnung im wesentlichen erfüllt wird. Weniger erfreulich ist, daß es keine Angaben zur sozialen Betreuung, zum Umfang der sozialen Betreuung und zu dem damit verbundenen Aufwand gibt. Es ist auch bedauerlich, daß zum Verwaltungsaufwand, der von der realen Pflegezeit abzuziehen ist, keine Ausführungen möglich sind.
Abhilfe sollten unter anderem auch auf diesem Gebiet Qualitätsprüfungen schaffen. So wurden beispielsweise im Jahr 1999 ungefähr 40 Qualitätsprüfungen einschließlich der notwendigen Wiederholungsprüfungen durchgeführt. Eine erste Auswertung ergab, daß unabhängig vom Anmeldezeitraum erhebliche Mängel vorgefunden wurden. Fast ohne Ausnahme mußte festgestellt werden, daß die Pflegedokumentationen unvollständig sind, die Pflegestandards selten umgesetzt werden und die interne Qualitätssicherung große Lücken aufweist.
Daß die Frage der Qualität in der Pflege ein erhebliches Problem darstellt, wurde bereits im April 1999 auf dem Seniorenforum festgehalten. Auf der Seite 39 des Protokolls heißt es dazu eindeutig - ich zitiere -:
„Es ist enttäuschend. Weitestgehend ist eben nur die Pflege nach dem Motto ‘satt - sauber - sicher - warm‘ möglich. Eine soziale Begleitung der Menschen ist kaum gewährleistet, schon gar nicht eine professionelle Betreuung psychisch kranker bzw. dementer älterer Menschen... 30 bis 60 % der Pflegeheimbewohner leiden an einer Altersdemenz. Ihnen wird mit den Kriterien zur Einstufung der Pflegekosten im Heim nicht Genüge getan.“
Abschließend möchten wir als Fraktion der PDS einige Schlußfolgerungen aus der Antwort der Landesregierung darlegen.
Erstens. Als Fraktion fordern wir, daß das Ministerium wenigstens für die unter seiner Rechtsaufsicht stehende Kasse aussagefähige Statistiken vorlegt. Diese sollen dem Ausschuß übermittelt und dort entsprechend diskutiert werden.
Zweitens. Wir erwarten, daß vor dem Hintergrund der bedeutenden Einsparungen bei der Sozialhilfe sowie des mehrfach geäußerten politischen Willens, bestehende offene Fragen einer sinnvollen Lösung zuzuführen, das Problem der alten Last sowie die Förderung der ambulanten Dienste durch das Land im Interesse der Menschen angegangen werden.
Drittens. Die Antworten der Landesregierung haben unsere Auffassung bestärkt, daß erheblicher Bedarf für eine Novellierung des Landesausführungsgesetzes zur Pflegeversicherung besteht. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen Abgeordneten! In unserem Sozialsystem ist die Pflege ein wichtiger Faktor. Es ist unbestritten, daß ihre Bedeutung in Zukunft weiter zunehmen wird. Wenn wir uns klarmachen, daß der Anteil der über 60jährigen im Jahr 2030 bundesweit bei 35 % liegen wird, leuchtet unmittelbar ein, daß die Zahl der zu Pflegenden steigen wird, auch wenn alte Menschen heute immer gesünder sind.
Die vorliegende Anfrage der PDS-Fraktion widmet sich der sozialen Pflegeversicherung als jüngstem Sozialversicherungszweig, der allerdings auch schon seit mehr als fünf Jahren existiert. Es ist nicht zu verkennen - das meine ich ehrlich, Herr Eckert -, daß die Pflegeversicherung in dieser verhältnismäßig kurzen Zeit der Pflegelandschaft wichtige Impulse gegeben hat.
Eine Gesamtschau des bisher in der Pflegeversicherung Erreichten fällt meines Erachtens - an dieser Stelle unterscheidet sich meine Einschätzung sehr von der Ihren - überwiegend positiv aus. Ich erinnere daran, daß durch die Einführung der Pflegeversicherung ganz allgemein in der Gesellschaft das Bewußtsein für die besonderen Bedürfnisse und Erwartungen von pflegebedürftigen Menschen geschärft wurde.
Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zustände zu DDR-Zeiten. Diese waren völlig unbefriedigend. Ich weiß nicht, ob Sie einmal im Riebeck-Stift in Halle waren.
Auf diesem Gebiet hat sich eine Welt verändert, und zwar zugunsten der Pflegebedürftigen. Das ist nicht mehr zu vergleichen. Das bitte ich wirklich zu berücksichtigen.
Es darf auch nicht vergessen werden, daß die Pflegeversicherung dazu geführt hat, daß in größerem Umfang Sozialhilfeleistungen durch Versicherungsleistungen abgelöst wurden. Das bedeutet für die Angehörigen der Pflegebedürftigen, daß nicht mehr in dem bisherigen Umfang auf ihre Einkommen und Vermögen zurückgegriffen wird.
Außerdem ist für das Land Sachsen-Anhalt, ebenso wie für die anderen Bundesländer, der positive Effekt eingetreten, daß durch die Einführung der Pflegeversicherung Sozialhilfekosten in einem nicht unerheblichen Umfang eingespart wurden. Diesbezüglich gebe ich Ihnen recht, Herr Eckert.
Als Erfolg ist die Pflegeversicherung nach meiner Auffassung auch im Hinblick auf die Pflegeinfrastruktur zu werten. Im Rahmen des Pflegeinvestitionsprogramms Ost nach Artikel 52 des Pflegeversicherungsgesetzes sind im Land Sachsen-Anhalt seit 1994 für 86 Pflegeeinrichtungen mit 5 775 Plätzen Fördermittel in Höhe von insgesamt 780,3 Millionen DM bewilligt worden. Davon sind 80 % vom Bund finanziert worden. Mit diesem Geld ist in infrastruktureller Hinsicht viel bewegt worden, sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für die sonstigen Arbeitsplätze im Land. Das wäre aus eigener Kraft allein mit Landesmitteln nicht möglich gewesen.
Das Unternehmen Public Sector Consulting hat im Auftrag meines Hauses die Umgestaltung der Pflegelandschaft in Sachsen-Anhalt evaluiert. In dem Gutachten heißt es, daß der Ausbau einer leistungsfähigen, regional gegliederten, ortsnahen und aufeinander abgestimmten ambulanten und stationären Pflege und Kurzzeitpflege weit vorangeschritten ist.
Entsprechend der Intention der Landespflegekonzeption konnte die Anzahl der Plätze in Einrichtungen der vollstationären Altenpflege verringert werden. Die Anzahl der Heime konnte etwas erhöht werden. Die wohnortnahe Betreuung hat sich demnach in den letzten Jahren auch durch die vom Land und von den Kommunen gemeinsam getragene Gestaltung verbessern lassen.
Dem Subsidiaritätsprinzip folgend wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche kommunale Einrichtungen in eine freigemeinnützige oder private Trägerschaft übergeben. Der Anteil der freien Träger stieg von rund 71 % im Jahr 1994 auf rund 84 % im Jahr 1998.
Das Kuratorium Deutsche Altershilfe stand den Landkreisen und den kreisfreien Städten bei der Aufstellung, der Umsetzung und der Fortschreibung der regionalen Pflegestrukturpläne zur Seite. 18 Landkreise und die kreisfreien Städte Magdeburg, Halle und Dessau nutzten dieses für sie unentgeltliche Angebot. Das Kurato-rium zeigte vor allem Wege auf, um präventive Angebote, ambulante Pflegestrukturen, aber auch die Offerten in der Tages- und Kurzzeitpflege zu stärken.
Des weiteren wurden gemeinsam mit den kommunalen Gebietskörperschaften Möglichkeiten ausgelotet, um Wohnungen behinderten- und altengerecht umzubauen. Dabei war und ist das Programm des Wohnungsbauministeriums außerordentlich hilfreich.
Rund 11 000 Wohnungen sind in den letzten Jahren mit Mitteln aus dem Wohnungsbauministerium - dafür danke ich meinem Kollegen Herrn Heyer ausdrücklich alten- und behindertengerecht umgebaut oder neu gebaut worden.
Das Kuratorium kommt in der Auswertung seiner Beratertätigkeit zu dem Ergebnis, daß es in den betreuten Kreisen und Städten eine ausreichende Anzahl ambulanter Pflegedienste gibt, daß die Angebote der Tagespflege allerdings an vielen Orten noch nicht in dem gewünschten Ausmaß nachgefragt werden. Demgegenüber werden jedoch die Angebote der Kurzzeitpflege stark in Anspruch genommen.
Herr Eckert, Sie haben nach den Zahlen gefragt. Ich gebe die Anzahl der Leistungsbezieher, die von der Pflegekasse der AOK finanziert werden, zur Kenntnis:
Im stationären Bereich gibt es bei der AOK SachsenAnhalt 18 452 Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher, im ambulanten Bereich 73 582 Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher. Es gibt demnach einen absoluten Vorrang der ambulanten Pflege. Das finde ich richtig und gut so.
Ich will auch auf einige Problemfelder zu sprechen kommen. Manche Veränderungen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind vom Gesetzgeber - da gebe ich Ihnen recht, Herr Eckert - noch nicht richtig aufgegriffen worden.
So ist dem „Zug ins Heim“, den ich auch sehe, bisher lediglich durch eine geringfügige Leistungsverbesserung im häuslichen Bereich begegnet worden. Auch unseren Möglichkeiten, im Rahmen des Investitionsprogramms nach dem Pflegeversicherungsgesetz fördern zu können, sind Grenzen gesetzt. Die Grenzen sind jetzt aber heruntergeschraubt worden, und wir haben die Träger aufgefordert, ihre Projekte auf der Grundlage der Grenze von 100 000 DM einzureichen.
Ich könnte mir weitere Umstrukturierungen vorstellen, und wir werden auf Bundesebene weiter darüber zu diskutieren haben.
Zudem haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, daß auch eine gewisse Gefahr der übermäßigen Kommerzialisierung der Pflege besteht. Diesem Umstand müßte entgegengewirkt werden. Ich könnte mir vorstellen, daß die Rechte der Pflegebedürftigen stärker geschützt werden, zum Beispiel durch die Gestaltung des häuslichen Pflegevertrages oder auch durch die Einrichtung von neutralen Beratungsstellen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, wie sie beispielsweise im Bereich der Krankenversicherung auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden sind.
Nicht gelöst ist auch das Problem der Qualitätssicherung in der Pflege, das viele Facetten aufweist und leider auch mit den an manchen Orten auftretenden Mißständen in Pflegeheimen und Pflegediensten zusammenhängt.
Was die Qualitätssicherung nach dem Pflegeversicherungsgesetz angeht, so liegen seit Mitte Februar die Eckpunkte des Bundesgesundheitsministeriums für ein Qualitätssicherungsgesetz vor, die noch im Frühjahr dieses Jahres in einen offiziellen Gesetzentwurf ein-gehen sollen. Dieses Eckpunktepapier enthält eine Reihe von wichtigen und begrüßenswerten Denkansätzen, wie zum Beispiel die Schaffung eines neuen Vertragsinstrumentes in Form einer sogenannten Leistungsund Qualitätsvereinbarung zwischen der einzelnen Pflegeeinrichtung, dem einzelnen Pflegedienst und den Kostenträgern.
Parallel dazu und abgestimmt wird ebenfalls im Frühjahr 2000 ein Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums zur Novellierung des Heimgesetzes vorgelegt werden. Beide Gesetze sollen der Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung in der Pflege dienen.
Die in einer Arbeitsgruppe des Landespflegeausschusses erarbeiteten 14 Thesen haben genau dasselbe Ziel. Ich unterstütze diejenigen sehr, die sich in dieser Arbeitsgruppe Gedanken über die konkrete Leistungsverbesserung und Qualitätsverbesserung in der Pflege in Sachsen-Anhalt gemacht haben.
Im übrigen gilt für einen ganz kritischen Bereich, den Bereich der Demenzkranken, - das haben Sie ebenfalls angesprochen - daß eine Verbesserung dringend not
wendig ist. Auf diesem Gebiet gibt es ein echtes Defizit aufgrund des Pflegeversicherungsrechts. Ich kann mir vorstellen, daß die vom Bundesgesundheitsministerium im Monat Februar vorgelegten Vorschläge zur Verbesserung der Situation von demenzkranken Mitbürgerinnen und Mitbürgern eine erste Entspannung bringen werden. Das Problem ist dann aber noch nicht endgültig gelöst. Es handelt sich um einen Defizitbereich, der auch in Zukunft, selbst nach Bestätigung dieser Eckpunkte, weiter verfolgt werden muß.
Aber wir müssen uns dann auch über den finanziellen Rahmen unterhalten. Für die Pflegeversicherung gibt es ein bestimmtes Finanzierungskontingent. Wir müssen überlegen, ob wir bereit sind, die Beiträge zur Pflegeversicherung anzuheben - da ein Arbeitgeberanteil nur begrenzt vorhanden ist, würde insbesondere die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erhöht -, oder ob wir einen steuerfinanzierten Zuschuß aus dem Bundeshaushalt in die Pflegeversicherung hineinpumpen.
Dann müssen wir aber auch festlegen, was dann an anderer Stelle nicht mehr finanziert werden kann. Diese Diskussion muß in der gesamten Gesellschaft geführt werden. Die Vorschläge, die mit den vorhandenen Mitteln der Pflegeversicherung finanziert werden könnten, wobei allerdings die Grenzen der Reserven erreicht würden, halte ich für vernünftig und für diskussionswürdig.
Mein Fazit ist: Im Bereich der Pflegeversicherung ist eine ganze Menge erreicht worden, aber es gibt noch defizitäre Bereiche. Denen müssen wir uns in Zukunft verstärkt zuwenden.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir können jetzt Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule Magdeburg I begrüßen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freiheitlichen Deutschen Volkspartei ist dankbar dafür, daß die Problematik der Umsetzung der Pflegeversicherung im Land Sachsen-Anhalt auf der Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung steht.