Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verfolgen die agrarpolitischen Diskussionen im Moment intensiver als sonst. Landwirtschaftsminister Funke wird nicht müde, ziemlich volkstümlich - er kommt bei den Bauern damit sogar an - auf den Bauernversammlungen zu verkünden, wie er die deutsche Landwirtschaft nicht nur beim Prozeß der Globalisierung, sondern auch vor den Plänen der rot-grünen Bundesregierung retten will.
Mittlerweile haben zumindest die Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN im November 1999 einen Entschließungsantrag zur Entlastung der Landwirtschaft in den Bundestag eingebracht. Unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Agenda, der ökologischen Steuerreform und des Steuerentlastungsgesetzes soll die Bundesregierung bis zum 15. Februar dieses Jahres Vorschläge zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Sicherung des ländlichen Raumes vorlegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, Sie geben mir recht, daß sich diese Politik ein ziemliches Armutszeugnis ausstellt. Erst schafft man Gesetze mit so weitreichenden Konsequenzen, wie ich sie teilweise eben erwähnte. Diese werden auf dem Bauerntag durch Bundeskanzler Schröder noch massiv und bis aufs äußerste verteidigt. Dann rudert man mit Schauanträgen und mit dem Hinweis zurück, daß man einiges
Zahlreiche Existenzen von Landwirten werden durch derartige Rahmenbedingungen leichtfertig aufs Spiel gesetzt.
Ihnen ist bekannt, daß sich die CDU-Fraktion in diesem Parlament relativ früh, nämlich bereits im September des letzten Jahres, gegen die Streichung der Gasölbeihilfe positioniert hat. Wir haben auf die Auswirkungen insbesondere auf die ostdeutsche Landwirtschaft hingewiesen. Wir haben gegen die Einführung der neuen Regelung relativ früh und rechtzeitig votiert.
Wir haben dies mit der Benachteiligung der ostdeutschen Betriebe begründet. Wir haben auch die wachsende Bürokratie ins Feld geführt. Wir haben insbesondere auch aufgeführt, daß die Regelung für Lohnunternehmen und Maschinenringe wenig praktikabel ist und die Nachbarschaftshilfe erschwert wird.
Leider hat uns die SPD-Fraktion bei dieser Kritik und bei dem Bemühen, Schlimmeres für die Landwirte zu verhüten, nicht unterstützt; denn unser Antrag fand nur mit der Unterstützung durch die PDS-Fraktion eine Mehrheit. Die SPD-Fraktion hat gegen unser Bemühen votiert, Schlimmeres für die Landwirte insbesondere aufgrund der Streichung der Gasölbeihilfe zu verhindern.
Nun hat sie scheinbar den Weg des vorauseilenden Gehorsams verlassen und sich zu einem Antrag durchgerungen, mit dem die Einführung des Agrardiesels befürwortet wird. Sicher begrüßen auch wir Ihre Intention, weil sie sich in etwa mit unserer deckt.
Wir fragen uns natürlich, warum Sie Ihre Vorschläge nicht rechtzeitig, auch angesichts der Haushaltsberatungen auf Bundesebene, eingebracht und uns rechtzeitig unterstützt haben. Wir bescheinigen Ihnen, Herr Meinecke, und Ihrer Fraktion jedoch Lernfähigkeit und empfehlen, beiden Anträgen zuzustimmen.
Vielen Dank. - Der so gelobte Antrag muß erst noch eingebracht werden. Für die SPD-Fraktion bringt der Abgeordnete Herr Meinecke den Antrag in der Drs. 3/2664 - Agrardiesel für landwirtschaftliche Maschinen ein. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zahlen, die von Frau Wernicke genannt worden sind, sind sicherlich richtig. Ihre Argumente kann man sicherlich insofern aufgreifen, als wir uns - da haben Sie recht - seit September des vergangenen Jahres mit den Fragen der Gasölverbilligung bzw. der Subventionierung von Treibstoffen für landwirtschaftliche Maschinen auseinandersetzen.
Ich habe am 11. November 1999 darauf verwiesen, daß ich die Einführung von Agrardiesel für landwirtschaftliche Maschinen für die Second-best-Lösung halte und einer Gasölverbilligung vorziehen würde. Insofern haben Sie das richtig interpretiert.
Aber mit einer Second-best-Lösung - das sage ich nur zur Erinnerung, damit keine Mißverständnisse auftreten - war gemeint, daß eine Transferleistung - darauf lege ich Wert - entsprechend der Anpassungshilfe unter umweltpolitischen Gesichtspunkten vorzuziehen wäre. Dies - das habe ich damals auch schon erwähnt - dürfte allerdings unter europäischen Marktordnungsbedingungen im nationalen Alleingang kaum umsetzungsfähig sein.
Meine Damen und Herren! Wir haben damals den Antrag der CDU-Fraktion zur Beibehaltung der Gasölbeihilfe abgelehnt, da er hinsichtlich der Ausgestaltung unserer Meinung nach zu allgemein gehalten war und wesentliche Aspekte der Chancengleichheit, zum Beispiel die Frage der Betriebsgrößen verbunden mit Rechtsformen, - darauf lege ich Wert - außer acht ließ. Darüber hinaus haben wir den mit der Gasölverbilligung verbundenen Verwaltungsaufwand gesehen. Das wollte ich ergänzend sagen. Leider haben wir darüber in der Beratung im Ausschuß keinen Konsens erzielen kö nnen.
Aber ein neuer Aspekt, der während der Diskussion um die Gasölbeihilfe hinzugekommen ist, hat neuen Schwung in die Sache gebracht und die Chancen für eine neue Regelung wesentlich erhöht. Ich meine die Benachteiligung landwirtschaftlicher Betriebe durch die ökologische Steuerreform. Insofern, Frau Wernicke, geben ich Ihnen durchaus recht.
- Darüber, was diesbezüglich getan wurde, können wir uns noch unterhalten. Ich sehe durchaus auch einen Beitrag von Ihrer Seite. Ich will dem nicht widersprechen.
Während in den Industrie- und Dienstleistungsbetrieben aufgrund der Lohnarbeitsverfassung durchaus eine Kompensation in Form der gesunkenen Lohnnebenkosten erreicht wurde oder teilweise erreicht wurde, konnten Betriebe mit Familienarbeitskräften in der Landwirtschaft davon kaum profitieren.
Auf diese Art und Weise - das wird auch von der Bundesregierung anerkannt - werden die Auswirkungen der Sparzwänge durch das Konsolidierungsprogramm der Bundesregierung überproportional zu Lasten der Landwirte verteilt. Diesbezüglich gebe ich Ihnen durchaus recht.
Auf diese Tatsache, die nicht neu ist, haben Agrarpolitiker aller Fraktionen - das möchte ich betonen - in zahlreichen parlamentarischen und außerparlamentarischen Aktivitäten hingewiesen. So können wir die neuerliche Verhandlungsbereitschaft seitens des Bundesfinanzministeriums als einen Erfolg des politischen Engagements insgesamt verbuchen.
Ich denke, wir sind uns in diesem Sinne einig darüber, daß der Landtag gut daran tut, die Bestrebungen des Bundeslandwirtschaftsministers zur Einführung von Agrardiesel für landwirtschaftliche Maschinen zu unterstützen. Wenn Sie sich daran erinnern, habe ich das damals auch so zum Ausdruck gebracht.
Nach unseren Informationen - Frau Wernicke, Sie haben mir die Sache vorweggenommen - soll in dieser Woche noch eine konkrete Entscheidung dazu gefällt
werden. Es ist also nicht zu spät dafür, die Position des Landes Sachsen-Anhalt gegenüber der Bundesregierung noch einmal zu bekräftigen. Ich würde Sie bitten, über die entsprechenden Anträge dazu direkt abzustimmen.
Ich möchte an dieser Stelle nicht auf Einzelheiten des Verhandlungsstandes eingehen, da Minister Keller sicherlich selbst darüber berichten möchte.
Lassen Sie mich noch den Dank für die bisherigen Aktivitäten der Landesregierung aussprechen. Man muß nämlich der Fairneß halber sagen, daß sich unsere Landesregierung und insbesondere der Landwirtschaftsminister bei der Bundesregierung für unsere Interessen eingesetzt haben. Soviel dazu.
Um noch einmal auf den Antrag der CDU einzugehen: Natürlich können wir damit leben. Wir sind durchaus auch der Meinung, daß wir im Ausschuß noch einmal über diese Dinge reden sollten. Wir können auch darüber diskutieren, was Sie mit „versprochenen Kompensationen“ meinen, auch über den Zusammenhang zwischen internationaler Wettbewerbsfähigkeit und Auswirkungen der ökologischen Steuerreform, über den Wegfall der Gasölbeihilfe. Sie wissen auch, daß man über bestimmte Steuerermäßigungen und Subventionierungen Strukturen erhalten kann. Aber wir sind ja bestrebt, konkurrenzfähige Strukturen zu haben.
Schönen Dank. - Damit sind beide Anträge zunächst einmal eingebracht. Im Ältestenrat ist eine verbundene Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Zunächst hat aber Herr Minister Keller um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema bewegt den Landtag nicht zum erstenmal. Das ist ein Ausdruck dafür, daß eine politische Diskussion, wenn sie denn genügend nachdrücklich geführt wird, etwas in Bewegung bringen kann.
Die Belastungen der Landwirtschaft durch die Bundesgesetzgebung und insbesondere durch die Spargesetzgebung haben sich erst allmählich herausgestellt. Die Erkenntnisse haben zu einem Diskussionsprozeß auch im Bund darüber geführt, wie man möglicherweise den besonderen Belastungen, denen die Landwirtschaft ausgesetzt ist, begegnen kann.
Lassen Sie mich noch einmal kurz darauf hinweisen, daß Sparbemühungen im Bundeshaushalt die Landwirtschaft deshalb immer ganz besonders treffen, weil direkte Zuwendungen an die Landwirtschaft aus dem Bundeshaushalt gegeben werden. Hier gibt es ganz erhebliche Blöcke, die direkt für die Landwirtschaft einkommenswirksam werden.
Wenn man in diesem Bereich kürzt - und es ist sicherlich Konsens, daß bei allgemeinen Sparbemühungen kein Bereich generell ausgenommen werden darf -, schlagen sich diese Kürzungen in den Einkommen der Landwirtschaft direkt nieder. Das betrifft einerseits die
Abschaffung bzw. die Veränderungen, die sich bei der Gasölbeihilfe ergeben, und das betrifft andererseits auch die Zuschüsse, die zu den Sozialleistungen, die die Landwirte erhalten, von Bundesseite aus gewährt werden.
Es hat sich also allmählich die Erkenntnis durchgesetzt das ist sicherlich auch einer verstärkten Stimme des landwirtschaftlichen Berufsstandes und der Landwirtschaftspolitiker zu verdanken -, daß durch die gesamte Bundesgesetzgebung eine überdurchschnittliche Belastung der Landwirte in unserem Land gegeben ist. Es ist in den beiden Einbringungsreden richtig dargestellt worden, daß das zu weiteren politischen Diskussionen auf Bundesebene geführt hat. Das Datum 15. Februar ist genannt worden.
Die Landesregierung und auch wir haben uns in diese Diskussion aktiv mit eingeschaltet. Ich habe erst vor einigen Wochen gemeinsam mit einigen Kollegen der SPD-Länder einen Brief an den Bundesfinanzminister geschrieben, in dem wir noch einmal ausführlich und nachhaltig darauf hingewiesen haben, daß hier Entlastungsschritte für die deutschen Landwirte notwendig sind. Offenkundig sind die Bemühungen, die insbesondere vom Bundeslandwirtschaftsminister, aber auch von anderen unternommen worden sind, auf fruchtbaren Boden gefallen.
Die Zeichen deuten darauf hin, daß eine Entlastung dergestalt stattfindet, daß wahrscheinlich Agrardiesel eingeführt wird, und zwar in einer Größenordnung von mehr als 500 Millionen DM im Bundeshaushalt. Ich gehe davon aus, daß der Bundeslandwirtschaftsminister in der nächsten Woche hierzu Stellung nehmen wird.
Infolgedessen kann ich es begrüßen, daß der Landtag seine Positionen heute noch einmal deutlich macht und den Landwirten und den Landwirtschaftspolitikern in dieser Frage den Rücken stärkt.
Sicherlich ist es richtig, auch die Frage der EU-Harmonisierung nicht aus dem Auge zu verlieren. Wir haben die Probleme insgesamt nicht gelöst, wenn wir die Frage der Belastung der Landwirtschaft nur auf bundesdeutscher Seite ansprechen; vielmehr ist wesentlich, daß wir EU-weit wettbewerbsfähig sind, das heißt unter gleichen Bedingungen wirtschaften können.
Infolgedessen haben wir als Land Sachsen-Anhalt im übrigen auch bei der Bundesratsberatung zur ökologischen Steuerreform noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine Harmonisierung innerhalb der Europäischen Union angezeigt ist. Auch der Bundeslandwirtschaftsminister weiß dies und arbeitet dafür, daß wir hier zu einheitlichen Regelungen kommen.
Sie wissen, wie schwierig es ist, 15 Mitgliedsstaaten mit unterschiedlichen Interessen zu gemeinsamen Beschlüssen in diesen Fragen zu bewegen. Ich meine, auch das ist ein Bohren dicker Bretter. Wenn wir es in der Bundesrepublik hinkriegen, auf diesem Gebiet Verbesserungen zu schaffen, bin ich optimistisch, daß wir das auf Dauer auch in der EU schaffen. Daher darf ich mich auch für die Unterstützung des Landtages in diesem Punkt bedanken. - Herzlichen Dank.
Schönen Dank. - Die Debatte ist in der Reihenfolge PDS, DVU, CDU, SPD vereinbart worden. Für die PDSFraktion spricht der Abgeordnete Herr Krause. Bitte.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Mein Fraktionskollege Harry Czeke hat bereits auf den Sitzungen des Landtages am 17. September und 11. November 1999 zu dieser Problematik gesprochen und hinreichend unseren Standpunkt dazu erläutert.
Die Landwirte in der Bundesrepublik Deutschland haben im vergangenen Jahr deutliche Gewinneinbußen hinnehmen müssen. Frau Wernicke hat darauf ve rwiesen.
Selbst Minister Funke mußte in seinem jüngst vorgelegten Agrarbericht feststellen, daß besonders die Veredelungsbetriebe einen Gewinneinbruch gegenüber dem Vorjahr in Höhe von 83,5 % hinnehmen mußten. Für den wohl größten Einbruch sorgten dabei die Schweinepreise. Mit 1,55 DM pro Kilogramm Schlachtgewicht sind sie im vergangenen Jahr auf den tiefsten Stand seit dem Bestehen der Bundesrepublik gefallen, ganz zu schweigen von den verheerenden Auswirkungen der Agenda 2000, der Eichelschen Haushaltssanierung und der überproportionalen Belastung der Bauern durch die Öko-Steuer.