Strukturbrüche und Wettbewerbsverzerrungen drohen die Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu überfordern. Die heutige Industriepolitik muss daher die Voraussetzungen für einen auf Wettbewerbsmärkten sich entwickelten Strukturwandel schaffen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Wertschöpfung sichern. Dabei können – das ist mir ganz besonders wichtig – nicht dauerhaft unkonditionierte Subventionierungen, Marktabschottungen oder vollständige Risikoübernahmen die Lösung sein. Sie würden die zu jeder Zeit notwendigen Veränderungsprozesse und damit letztlich auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gefährden und die Rolle des Staates überdehnen.
Daher sollte auch die Transformation der Automobilindustrie in Deutschland und in Sachsen als ein langfristiger Prozess gesehen werden, der aufgrund der globalen Trends und der Notwendigkeit einer nachhaltigen Mobilität stattfindet.
Eine solche Transformation, meine sehr geehrten Damen und Herren, läuft nun mal nicht immer linear und ohne Schmerzen ab. Der Prozess der Transformation in der Automobilindustrie in Deutschland und in Sachsen findet auf unterschiedlichen Ebenen statt: erstens im Bereich der Elektromobilität. Die Elektrifizierung des Antriebsstranges ist ein zentraler Faktor bei der Transformation der Automobilindustrie. Die Automobilhersteller in Deutschland sollten daher in die Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen investieren und ihre bestehenden Produktionsanlagen entsprechend umrüsten.
Herr Urban, natürlich ist es so: Wenn die Förderung wegfällt, kann es am Anfang sein, dass es sich nicht mehr rechnet. Aber wir können doch nicht so weitermachen wie bisher und dann in fünf Jahren feststellen, dass andere Hersteller – zum Beispiel aus den USA oder aus China – Produkte anbieten und deshalb unsere Produkte nicht mehr nachgefragt werden. Das kann ja nicht die Lösung sein.
Zweitens sollten wir mehr in Forschung und Entwicklung, in Umschulung und Weiterbildung, in Diversifizierungen und in Nachhaltigkeit investieren. Diese Dinge dürfen nicht vergessen werden.
Die Transformation der Automobilindustrie in Sachsen ist eine Herausforderung, aber sie bietet nach meiner Einschätzung auch Chancen für neue Arbeitsplätze, für Innovationen und eine nachhaltige Mobilität. Eine enge Zusammenarbeit zwischen der Industrie, der Regierung und der Politik wird für ein Gelingen entscheidend sein, um diesem Prozess erfolgreich zu gestalten.
Dabei müssen wir uns den Herausforderungen stellen, dass sich Unternehmen temporär von Arbeitnehmern trennen müssen. Dafür stehen neue Unternehmen bereit, die diese Arbeitnehmer direkt oder nach einer Weiterbildung übernehmen können; denn Fachkräfte werden – das ist wirklich ein offenes Geheimnis – derzeit überall benötigt.
Unsere Aufgabe wird es daher sein, den Transformationsprozess unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu begleiten. Das heißt nicht – wie es die Bundesregierung derzeit tut –, durch überbordende Regelungen und Vorschriften die Wirtschaft zu lähmen, sondern durch das Schaffen von Anreizen die Wirtschaft dazu zu bewegen, in neue Technologien und Produktionsprozesse zu investieren. Dazu gehört natürlich auch die Technologieoffenheit.
Das geht aber nicht per Knopfdruck, sondern erfordert unser aller Engagement über eine Forderung nach der 32Stunden-Wochenarbeitzeit hinaus –
– und Geduld, wenn wir den Wohlstand in Sachsen erhalten wollten. Ich habe zwar nur noch 8 Sekunden, aber natürlich, Herr Präsident, gestatte ich eine Zwischenfrage.
Vielen Dank. – Herr Hippold, vielleicht können Sie einmal die marktwirtschaftlichen Bedingungen erläutern, die Sie jetzt eingefordert haben, wohl wissend, dass Konkurrenten im Bereich der E-Mobilität, zum Beispiel aus China, Autos produzieren, die 25 % günstiger sind als in Deutschland.
Ich versuche es vielleicht mal mit einem Bild. Wir stellen uns – ich möchte gar keine Jahreszahl nennen – einmal irgendein Jahr in der Zukunft vor, in dem Elektrofahrzeuge problemlos geladen werden können. Hersteller bieten Elektrofahrzeuge zu einem Preis zwischen 20 000 und 25 000 Euro an. Nach oben, so war es in der Vergangenheit auch, ist dem natürlich keine Grenze gesetzt. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass die Wirtschaftlichkeit bzw. der Wirkungsgrad eines Elektrofahrzeuges deutlich höher ist als eines Verbrenners.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sich der in Deutschland lebende Kunde die Frage stellt: Was ist für mich günstiger? Welches Antriebskonzept bzw. welches Fahrzeug nutze ich in der Zukunft?
Damit habe ich in einer gewissen Art und Weise auch einen Wettbewerb. Wenn ich Technologieoffenheit predige, dann gehört zur Technologieoffenheit dazu, dass der Bürger entscheidet, was für ihn das bessere Konzept ist.
Momentan ist es so – der eine oder andere weiß, dass ich in der Familie zwei Elektrofahrzeuge fahre –,
dass die Wirtschaftlichkeit sich nicht rechnet und der Preis für ein Elektrofahrzeug derzeit sicherlich noch zu hoch ist und es sich nicht jeder Bürger leisten kann. Aber spätestens dann, wenn für 25 000 Euro Elektrofahrzeuge auf den Markt kommen – erste Hersteller haben damit schon angefangen; ich denke, das ist eine Sache von ein bis zwei Jahren –, wird sich diese Frage nicht mehr stellen.
Dann müssen die Hersteller aus Deutschland – VW arbeitet ebenso an solchen Fahrzeugen – in der Lage sein, dem, was aus anderen Ländern kommt – zum Beispiel aus den USA oder aus China; ich will gar keine Hersteller benennen –, entsprechende Produkte entgegenzusetzen.
Das ist eine davon losgelöste Frage. Aber wenn wir heute sagen, dass wir uns nicht mehr auf Elektrofahrzeuge konzentrieren wollen, dann wäre das der Todesstoß für unsere deutsche Automobilindustrie, und das wäre grundsätzlich falsch.
Hier steht leider schon minus null acht. – Eric Dietrich wird in der zweiten Runde sicherlich noch zum Standort Sachsen konkret sprechen. Vielleicht besteht ja dann die Möglichkeit, ihm eine Zwischenfrage zu stellen.
Vielleicht eine Anmerkung zur Zwischenfrage: Der Redner hatte noch 4 Sekunden Zeit. Auch da ist noch eine Zwischenfrage möglich. Aber dann war nur noch der Schlusssatz. Deshalb ging das bei Ihnen, Herr Kollege Teichmann, nicht mehr. Da waren wir bei Zeit schon bei null minus X. – Aber jetzt sehe ich einen Redner für eine Kurzintervention.
Vielen Dank, Herr Präsident, eine Kurzintervention. – Herr Kollege Hippold, Sie haben viel Richtiges gesagt. Sie haben von Technologieoffenheit gesprochen. Selbstverständlich ist die E-Mobilität ein Angebot im Mobilitätssektor. Das bestreitet auch niemand.
Die Probleme, die wir haben, liegen darin, dass wir keine wirkliche Technologieoffenheit haben und dass auch Ihre Partei es nicht den Unternehmen überlässt, welche Technologie sie voranbringen und welche sie für zukunftsträchtig halten, sondern dass Ihre Partei sich in diesen offenen Markt einmischt. Da ist die CDU ganz vorn mit dabei. Diese Grenzwerte, die die EU vorgibt, sind zum Teil wirklich unrealistisch niedrig. Frau Merkel als Umweltministerin hatte diese Grenzwertdiskussion in die EU getragen, da sind Sie immer noch dabei. Auch in der Diskussion, die wir im Sächsischen Landtag um die Grenzwerte hatten, haben Sie unsere Anträge abgelehnt. Sie wollen diese Grenzwerte. Sie können niemandem erzählen, dass die CDU für Technologieoffenheit stehe.
Die Technologieoffenheit gibt es bei der AfD. Bei der CDU gibt es nur die Elektromobilität. Alles, was Sie hier sagen, sind schöne Blumen. Ihre Politik spricht eine andere, wirtschaftsfeindliche Sprache.
Erst einmal zum Thema Flottengrenzwerte: Wir sprechen hier nicht über den CO2-Ausstoß pro Fahrzeug, sondern
wir sprechen – und das ist eine sehr abgewogene Entscheidung gewesen – über Flottengrenzwerte in größeren Fahrzeugunternehmen.