Protocol of the Session on September 21, 2023

wir sprechen – und das ist eine sehr abgewogene Entscheidung gewesen – über Flottengrenzwerte in größeren Fahrzeugunternehmen.

(Zuruf des Abg. Holger Hentschel, AfD)

Vielleicht lassen Sie mich ausreden; ich habe Sie auch ausreden lassen.

Ein Fahrzeughersteller hat grundsätzlich heute noch die Möglichkeit zu sagen: Ich habe in meinem Portfolio einen gewissen Anteil an unterschiedlichen Antriebstechnologien. Es muss nur in der Gesamtheit darauf geschaut werden, dass die gesamte Flotte einen gewissen Grenzwert erfüllt.

(Jörg Urban, AfD: Warum? Das ist nicht technologieoffen!)

Doch, das ist technologieoffen. Wir haben doch dem Hersteller nicht vorgeschrieben, welche Technologie er nimmt. Er hätte genauso gut einen besseren Verbrenner entwickeln können.

Ich mache jetzt ein ganz plattes Beispiel: Heute könnten VW oder ein anderer großer deutscher Hersteller eine Technologie entwickeln – wenn es technisch möglich wäre –, mit der ein Verbrenner mit nur einem Liter Treibstoff pro hundert Kilometer fährt. Das geht aber leider nicht.

(Jörg Urban, AfD: Das ist ein Witz!)

Nein, das ist kein Witz.

Der entscheidende Punkt ist folgender: Unsere deutschen Hersteller haben sich genau wie die Chinesen oder größere Hersteller in den USA ganz bewusst für die Elektromobilität entschieden, weil die Effizienz der Elektromobilität die höchste ist.

(Lachen bei der AfD)

Da müssen Sie nicht lachen.

Der CO2-Ausstoß, der dahintersteht, ist bei der Elektromobilität deutlich niedriger als bei allen anderen Technologien. Das ist der zentrale und entscheidende Punkt.

(Proteste bei der AfD)

Sie vermitteln Ihren Wählern immer den Eindruck, dass wir die Verbrenner mit genauso einem niedrigen CO2-Ausstoß fahren lassen könnten. Nein, das können wir nicht. Das könnten wir schon; aber dann müssen Sie dem Bürger ehrlicherweise sagen, dass der Liter Treibstoff dann nicht 1,80 Euro, sondern 4,70 Euro kostet, weil unter den Marktbedingungen heutzutage die E-Fuels nicht zu einem niedrigeren Preis herstellbar sind, –

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

– weil viermal mehr Strom nötig ist, um diesen Treibstoff herzustellen, als wenn ich den elektrischen Antrieb nutze.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, den BÜNDNISGRÜNEN und der SPD – Proteste bei der AfD)

Wir spüren, wie interessant und kontrovers das Thema ist. Jetzt geht es aber weiter in der Rederunde. Für die Fraktion DIE LINKE ergreift jetzt Herr Kollege Brünler das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kernproblem ist nicht der Umstieg in die E-Mobilität; das Kernproblem ist vielmehr, wie die Transformation vonstattengeht. Wir retten die Arbeitsplätze nicht, indem wir auf Technologieoffenheit setzen, sondern es geht darum, die Macht der Beschäftigten zu stärken, um sie zu befähigen, Sicherheit in der Transformation zu schaffen.

(Zuruf von der AfD: Sozialistische Reden!)

Worüber reden wir eigentlich? Der Aufhänger sind Diskussionen im VW-Konzern zur aktuellen Aufstellung der EMobilität. Ja, es ist für die 269 betroffenen Menschen derzeit in Zwickau eine persönliche Katastrophe. Es ist auch mehr als bedauerlich, dass die Hängepartie der vergangenen Wochen allgemein zu großer Verunsicherung in der Belegschaft geführt hat. Wir wissen, dass es noch weitere 2 000 befristete Beschäftigte bei VW Sachsen gibt. Wir wissen aber auch, dass, selbst wenn all diese Arbeitsplätze zur Disposition stehen sollten – ich wähle bewusst den Konjunktiv „sollen“ –, was uns beileibe nicht ruhig schlafen lassen kann, es kein Scheitern bedeutet, sondern einen Rückfall auf die Beschäftigtenzahl in der Zeit vor der EMobilität.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Ja!)

Man kann sich fragen, wo der Aufschrei der AfD war, als in Niesky 200 Leute im Waggonbau entlassen worden sind. Es entsteht der Eindruck, dass es Ihnen eher um ein ideologisches Festhalten am Verbrenner geht und weniger darum, Beschäftigteninteressen zu vertreten.

(Beifall bei den LINKEN)

Es geht Ihnen nicht um 100 000 Arbeitsplätze. Keine Ahnung, woher Sie die Zahl überhaupt hernehmen, wahrscheinlich aus Ihrer Presseabteilung.

(Sören Voigt, CDU: Einfach ein paar Nullen angehängt!)

Woher nehmen Sie denn, dass die gefährdet seien?

(Zurufe von der AfD)

Ideologisch geht es Ihnen um das, was einige von Ihnen auf Ihren Fahrzeugen kleben haben: „Hier wird mit viel Liebe Diesel verbrannt.“ Das ist der Kern Ihrer Debatte.

VW stellt gerade die Produktion von E-Autos insgesamt auf den Prüfstand. Das ist wahr. Auch der Aufbau einer neuen Produktion von E-Autos in Wolfsburg wurde unterbrochen. Dafür gibt es Gründe. Diese berechtigen aber nicht zu der Behauptung, dass die E-Mobilität gescheitert

sei. VW sagt offiziell, dass es an mangelnder Nachfrage liegt, die wiederum durch Fehlen der staatlichen Förderung

(Lachen und Zurufe bei der AfD)

und fehlende Löhne, also fehlende Nachfrage, zustande kommt. Insgesamt gibt es einen Umsatzeinbruch über alle Fahrzeugklassen hinweg.

Ich darf Sie daran erinnern, dass wir schon einmal eine ähnliche Situation hatten; da gab es dann die Abwrackprämie. Da war aber von E-Mobilität überhaupt keine Rede. Da – das sei mir als Seitenhieb auf unseren Ministerpräsidenten gestattet – nützt es relativ wenig, Herr Kretschmer, wenn Sie sich schnell – im Moment ist er gar nicht hier – mit irgendwelchen plumpen Äußerungen Beifall erhoffen und sagen, dass irgendwelche Wenden gescheitert wären. Das betrifft nicht nur die E-Mobilität, sondern allgemein die Energiewende.

Wenn Sie sich im Industriebogen Meißen umschauen – da, Herr Urban, sage ich auch zu Ihnen, dass Sie einfach schlecht informiert sind – und mit Feralpi und Wacker Chemie reden, dann stellen diese nicht die Energiewende infrage, sondern sie kritisieren die Bremssituation in Sachsen. Sie sagen: Wir sind bereit, wollen aber Unterstützung bekommen. Sie sagen: Wir brauchen das sogar, um international wettbewerbsfähig zu sein.

(Jörg Urban, AfD: Subventionen brauchen Sie!)

Nein, es geht nicht um Subventionen, sondern darum, dass man es endlich macht und in die Gänge kommt. Sie wären sehr wohl dazu in der Lage und sind bereit, das nach vorn zu tragen.

Sie unterstützen nicht die, von denen Sie reden, sondern fallen ihnen im Grunde in den Rücken.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf von der AfD: Was?)

Es gibt momentan einen Knick in der Nachfrage nach EAutos. Aber langfristig sind die Tendenzen doch klar. Wenn Sie sich die IAA in München in den letzten Wochen angeschaut haben, wissen Sie genau, wohin die Reise geht. Wenn Sie sich die Zulassungszahlen in China anschauen, dann sehen Sie, dass dort im Moment die Zulassungszahlen von Fahrzeugen wachsen, aber trotzdem der Spritverbrauch sinkt. Raten Sie einmal, warum das so ist. Das ist so, weil in China die Zukunft schon lange bei der E-Mobilität liegt.

(Sebastian Wippel, AfD: Wo holen sie den Strom her? Aus Kohlekraftwerken! – Zuruf von der AfD: Die Chinesen haben auch noch Kohlekraftwerke für die Stromerzeugung!)

Sie müssen gar nicht so weit schauen. Auch in Norwegen ist seit vielen Jahren der E-Golf das am meisten verkaufte Auto.

Auch die Automobilindustrie selbst stellt nicht infrage, dass dort die Zukunft liegt. Von daher geht Ihre Aktuelle Debatte komplett am Bedarf vorbei. Selbst der Verband der

Automobilindustrie sagt, dass er unter Technologieoffenheit versteht, dass den Kern die Elektromobilität bildet, aber dass sie weiterhin für Länder, in denen es keine entsprechende Infrastruktur gibt, Verbrenner produzieren wollen. Genau das dürfen sie, und das passiert ja.

Wenn wir uns über Transformation unterhalten, sollten wir uns lieber darüber Gedanken machen, wie viel von den Investitionen in Milliardenhöhe in Forschung, Entwicklung und Produktion in Sachsen oder anderswo investiert wird. Aber darüber wollen Sie nicht reden.

Das Hauptproblem im Moment ist nicht die E-Mobilität. Das Hauptproblem sind das Konsumklima und die sinkende Kaufkraft bzw. die negative Zukunftserwartung. Daran, meine Damen und Herren von der AfD, arbeiten Sie mit solchen Thesen wie der heutigen, dass alles den Bach hinuntergehe, kräftig mit.

(Beifall bei den LINKEN)

Das Problem ist die Ladeinfrastruktur. Dafür brauchen wir Planungssicherheit

(Jörg Urban, AfD: Und Subventionen!)