Protocol of the Session on September 21, 2023

Die gestern von der Kultusministerkonferenz veröffentlichten Berechnungen gehen von einem Anstieg bis 2035 von 9,6 % aus. Das würde für ganz Deutschland knapp eine Million zusätzliche Schülerinnen und Schüler gegenüber dem Jahr 2022 bedeuten.

Um auch das noch einmal klar darzustellen: Ja, die 915 oder mittlerweile 930 grundständig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer, die wir zum 01.08. eingestellt haben, decken nicht unseren Bedarf. Aber man muss gleichzeitig zur Kenntnis nehmen, dass das mit eine der höchsten Zahl an Einstellungen ist, die wir im Freistaat Sachsen jemals realisiert haben, und dass wir über 34 000 Lehrerinnen und Lehrer mittlerweile im Freistaat Sachsen beschäftigen, die

bei uns an den Schulen tätig sind. Auch das sind Höchststände, von denen wir in der Vergangenheit weit entfernt gewesen waren.

Zu dem allgemeinen Klagen, man würde zu wenig in die Bildung investieren, wir hätten zu wenige Lehrerstellen, wir hätten zu wenige Lehrer, ist zu sagen: In den letzten Jahren ist die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer deutlich gestiegen, und das muss man immer wieder deutlich machen.

Ich erinnere noch einmal an unsere Maßnahmen, die wir auch dank der Beschlüsse des Hohen Hauses umgesetzt haben. Schon 2012 erfolgte die Erhöhung der Studienplätze. Christin Melcher ist darauf eingegangen, dass in Sachsen fast 18 % der Abiturientinnen und Abiturienten Lehramt studieren; der deutschlandweite Schnitt liegt bei 10 %. Also auch dort haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Es dauert eben, bis diese Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich bei uns an den Schulen zur Verfügung stehen.

Ich erinnere auch an das Handlungsprogramm „Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität“ aus dem Jahr 2018 mit der Einführung der Verbeamtung sowie des Anwärtersonderzuschlags. Diese Maßnahmen zeigen – zwar langsam, aber immerhin – Wirkung. Heute können wir über 90 % derer, die sich bei uns als Lehrerinnen oder Lehrer beworben haben, im Staatsdienst begrüßen. Vor der Verbeamtung waren wir froh, wenn wir 65 % erreicht haben.

Es wird also ganz deutlich, dass die Maßnahmen ihre Wirkung erzielen, insbesondere im Bereich der Grundschulen. Dort können wir mittlerweile unsere Stellen besser besetzen und kommen aus dem Tal der Tränen heraus. Aber wir haben weiterhin unsere Problemkinder. Insbesondere an den Oberschulen, insbesondere in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern ist das leider noch nicht der Fall.

Wir wollen dem Mangel an Fachlehrkräften für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik weiter entgegenwirken. Dafür ist mit der TU Chemnitz und dem SMWK vereinbart, die Bachelorstudiengänge in diesem Bereich anschlussfähig an das Lehramt zu gestalten. Die Technische Universität prüft außerdem die Entwicklung eines eigenen Lehramtsstudiengangs Staatsexamen MINT, Lehramt an Oberschulen, in Kooperation mit der Universität Leipzig oder der TU Dresden.

Das Studium wird so attraktiver, durchlässiger und regionaler. Es ist noch ein wenig Zukunftsmusik, bis die ersten Absolventinnen und Absolventen dort herauskommen. Aber es zeigt, dass wir anstreben, mehr junge Leute als bisher für das Lehramt zu begeistern – vor allen Dingen diejenigen, die vielleicht ganz am Beginn ihrer beruflichen Entwicklung noch nicht damit liebäugeln, später dafür zu begeistern, ihnen also den späteren Wechsel zu ermöglichen.

Die Schulen stehen jetzt vor der Herausforderung, den Unterricht abzudecken und individuelle Förderung zu ermöglichen. Mit den budgetierten Lehrerarbeitsvermögen und den neuen flexiblen Schulbudgets haben Schulen Instrumente an der Hand, um externe Partner an die Schulen zu

bringen. Diese Instrumente ergänzen die Möglichkeiten der Schulen, weitere Professionen in ihre Arbeit einzubinden.

Wichtige Unterstützungssysteme für die Schulen und Lehrkräfte sind bereits etabliert: Schulpsychologen, Schulsozialarbeiter in jeder Oberschule und Schulassistenzen. An unseren Schulen wirken heute schon multiprofessionelle Teams. Ich stimme Sabine Friedel zu: Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass dies noch mehr wird, dass es zunimmt und dass wir diese vor allem auf eigenen Stellen unbefristet, dauerhaft beschäftigen können.

(Beifall bei der CDU, den BÜNDNISGRÜNEN und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Es ist übrigens auch bemerkenswert, dass das einer der zentralen Punkte der Arbeit im „Bildungsland Sachsen 2030“ ist und uns dies von den Expertinnen und Experten bescheinigt wird, weil das unwahrscheinlich wichtig für die Zukunft ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Erfolg des Bildungssystems hängt auch davon ab, wie viele Schülerinnen und Schüler einen Abschluss schaffen. Die Abbruchquote müssen wir weiter senken. Hierfür erhoffe ich mir wertvolle Impulse aus dem Diskussionsprozess zum Bildungsland.

Es braucht aber auch mehr Ehrlichkeit in der Debatte; denn die Schüler mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung und Lernen werden in der sächsischen Statistik, anders als in anderen Bundesländern, mitgeführt. Außerdem bleibt der zweite Bildungsweg in den Statistiken unbeachtet. 95 % aller 20- bis 30-Jährigen verfügen in Sachsen zumindest über einen Hauptschulabschluss. Deutschlandweit liegt dieser Wert bei 93,2 %. Wenn man beides mit einberechnet, stehen wir vergleichsweise gut da. Es sind aber keine 100 %; das kann uns nicht zufriedenstellen.

Viele weitere Problemstellungen, Herausforderungen und Lösungsansätze wären sicherlich noch anzusprechen. Ich bitte ein Stück weit um Verständnis, dass ich alles lediglich anreißen konnte; aber anders als der Kollege Günther will ich mich an die vorgegebene Redezeit halten.

(Heiterkeit des Abg. Holger Gasse, CDU)

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir auch in Zukunft sehr engagiert in diesem Hohen Haus über Bildungspolitik und über das, was notwendig ist, um Bildung und Schule besser zu machen als bisher, sprechen. Ich denke, wir haben ein gutes Fundament, auf dem wir aufbauen können. Ich persönlich bin kein Freund von Revolutionen; das dürfte nichts Neues sein.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Oooh!)

Ich bin eher dem evolutionären Weg zugewandt. Der wird uns in jedem Fall weiterführen, auch aus den Erfahrungen der anderen Bundesländer. Wenn wir diese Debatte miteinander führen, denke ich, dass sie zu einem guten Ergebnis kommt. Wir haben ein gutes Bildungssystem. Wir stehen vor großen Herausforderungen, es in der Qualität zu halten. Hierfür braucht es die Anstrengung aller. Ich würde mich

freuen, hierfür die Unterstützung des Hohen Hauses zu haben.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, den BÜNDNISGRÜNEN und der SPD)

Für die Staatsregierung sprach Staatsminister Piwarz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es keinen Redebedarf mehr seitens der Fraktionen gibt, ist die dritte Aktuelle Debatte abgeschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Staatsregierung

Thema des Staatsministers für Kultus: Bildungserfolg

sichern – das Potenzial digitaler Medien nutzen. Sachsen

etabliert neue digitale Lernmodule in allen Schularten

Hierfür stehen dem Minister nach Ziffer 1 der Anlage 8 der Geschäftsordnung 5 Minuten zur Verfügung. Anschließend haben die Fraktionen über eine Dauer von insgesamt 40 Minuten die Möglichkeit, dem Staatsminister Fragen zu Themenkomplexen, die seinen Bereich betreffen, zu stellen.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, bitte schön; ich erteile Ihnen das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schulen haben einen digitalen Schub erfahren. Dafür hat planmäßig der DigitalPakt Schule gesorgt: das 7,2-Milliarden-Euro-Projekt von Bund, Ländern und Kommunen. Dazu haben ungeplant auch die Erfahrungen der CoronaPandemie beigetragen.

Sachsens Schulen werden technisch fit gemacht. Dort, wo noch nicht geschehen, werden sie mit schnellem Internet, W-LAN, digitalen Tafeln und Endgeräten ausgestattet und die Kommunen erhalten eine Förderung für die notwendige IT-Administration. Unser Ziel ist es, dass Schulen eine echte Kultur der Digitalität entwickeln. Das schließt die Lehr- und Lernkultur ebenso ein wie die Kommunikations- und Arbeitskultur an unseren Schulen. Die Schulen sollen die Potenziale der digitalen Medien dort, wo es pädagogisch sinnvoll ist, ausschöpfen.

Die Schulträger und die Lehrkräfte unterstützen wir bereits mit zentralen Diensten wie der Bildungsplattform LernSax sowie den Diensten unter dem Portal Schullogin. Zusätzlich stehen den Schulen seit Beginn dieses Schuljahres digitale Lernmodule zur Verfügung. Insgesamt 63 Selbstlernmodule für 16 Unterrichtsfächer hat das Landesamt für Schule und Bildung gemeinsam mit Fachberatern entwickelt. Die Lerneinheiten bieten mit Audios, Videos, Simulationen, Animationen und interaktiven Elementen den Lehrkräften die Möglichkeit, ihren Unterricht vielfältiger zu gestalten und Zusammenhänge anschaulich zu vermitteln.

Von der Grundschule bis zur gymnasialen Oberstufe sowie für berufsbildende Schulen stehen für ausgewählte Inhalte des Lehrplans passgenaue Module auf unserer eigens dafür entwickelten Plattform bereit. Sie sind sowohl über die dynamische Lehrplan-Datenbank, über eine Kachel im Schullogin als auch über einen Direktlink zu erreichen.

Mit diesem niedrigschwelligen Angebot wollen wir Lehrerinnen und Lehrer bei der Vorbereitung ihrer Unterrichtsstunden entlasten. Gleichzeitig sind die Einheiten bewusst so gestaltet, dass sie zum Selbstlernen durch Schülerinnen und Schüler geeignet sind; denn das selbstständige und selbstorganisierte Lernen wird zunehmend zu einer Schlüsselkompetenz. Wir erleben gerade, wie schnell Künstliche Intelligenz Arbeitsprozesse, aber auch Schule verändert. So muss schulische Bildung noch viel mehr als bisher als Grundlage für das lebenslange Lernen dienen. Bei Bedarf können die Module auch Stundenausfälle mindern, sofern eine Vertretung, zum Beispiel im Krankheitsfall, nicht anders möglich ist.

Ich ermuntere ausdrücklich, die neuen Angebote an den Schulen zu nutzen. Sie können – das sollte klar sein – keine Lehrkraft ersetzen. Aber sie sind wertvolle methodisch-didaktische Ergänzungen. Gerade auch im Sinne einer individuellen Förderung haben sie großes Potenzial.

Gute Erfahrungen hatten wir zuvor mit den Modulen für das Erlernen von Deutsch als Zweitsprache gemacht. Hier standen und stehen wir, vor allem infolge des Krieges in der Ukraine, vor der Herausforderung einer passenden Beschulung für geflüchtete Kinder und Jugendliche. Nunmehr wird ein weiterer Schritt gegangen: Die neuen Module sind stärker als die bisher verfügbaren auf das Selbstlernen ausgerichtet. Sie können damit sogar ohne Anleitung einer vor Ort anwesenden Lehrkraft zum Lernen genutzt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die immens schnelle Entwicklung durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz stellt unsere Schulen vor gewaltige Veränderungen. Wir wollen diese gestalten und die Chancen nutzen, damit un

sere sächsischen Schülerinnen und Schüler auf die Herausforderungen der Zukunft bestmöglich vorbereitet sind. Ein Baustein unserer Strategie sind die neuen digitalen Lernmodule. Wir werden das Angebot weiter ausbauen und die Erfahrungen der Schulen damit konsequent auswerten.

Nun stehe ich gern für Fragen zur Verfügung.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Die Fraktionen haben nun die Möglichkeit, Fragen an den Staatsminister zu stellen. Die jeweilige Frage darf 1 Minute, die Antwort 3 Minuten nicht überschreiten. Die Reihenfolge der ersten Runde lautet: CDU, AfD, DIE LINKE, BÜNDNISGRÜNE, SPD. Ich übergebe zuerst an die CDU-Fraktion, an Herrn Kollegen Gasse, das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Staatsminister, eine Frage zum Komplex der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“. Mich interessiert, welche Position der Freistaat Sachsen dazu einnimmt, wie wir diese umsetzen und welche Schritte wir in Zukunft weiter unternehmen werden.

Diese KMK-Strategie ist schon ein Stück älter. Sie wurde deutlich vor Corona ins Leben gerufen. Gerade die CoronaPandemie mit ihren Auswirkungen auf die schulische Bildung hat gezeigt, dass wir sie weiterentwickeln müssen. Das ist auch passiert. Es gab entsprechende Anpassungen durch eine länderübergreifende Arbeitsgemeinschaft, in der wir uns sehr stark als Freistaat Sachsen eingebracht haben. Diese Anpassungen sind erfolgt.

Hinzu kommt, dass es ein Gutachten der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission darüber gibt, wie wir die Digitalisierung an Schulen umsetzen sollten und welche Voraussetzungen anstehen. Wir haben das Ganze bewusst in unsere Konzeption „Medienbildung und Digitalisierung der Schule“ übertragen. Daraus haben wir den Anspruch formuliert: Wendet euch nicht nur der Digitalisierung, also der technischen Ausstattung der Schulen zu, sondern versucht, an den Schulen eine Kultur der Digitalität zu leben. Die Themen Lernplattformen, interaktive Tafeln und andere Lernmethoden sind das Vordringliche. Aber zu einer Kultur der Digitalität an Schulen gehört beispielsweise auch die Frage, ob man Verwaltungsabläufe an Schulen, digitale Klassenbücher und digitale Notenbücher einführen sollte, sodass sie ein Teil dessen werden können. Natürlich hat man ein kulturelles Verständnis dafür hat, dass Digitalität zum Miteinander an einer Schule gehört.

Die Aufgabe ist, das mit Leben zu erfüllen. Jede Schule bekommt nicht nur diesen abstrakten Auftrag, sondern soll konkret für sich definieren, was sie darunter versteht und was ihre Ziele sind. Drei Stück pro Schule wären schön. Was sind unsere Ziele, die wir unter diesen Begriff subsumieren? Was wollen wir als Kollegium, aber auch als Schulgemeinschaft dort in die Umsetzung geben?

Insofern bleibt diese KMK-Strategie ein wichtiger Leitfaden. Wichtig ist die Untersetzung in Sachsen. Wir müssen

es vor allen Dingen an die Schulen im Einzelfall auch herantragen. Das wird die Aufgabe für die nächsten Monate und Jahre sein.