Protocol of the Session on June 1, 2023

Inhaltlich hat die AfD aber nichts Neues zu bieten. Anhand dieses Neuaufgusses der ewig gleichen Schmutzkampagne kann man wiederum die Strategie der AfD sehr schön offenlegen. Auf der einen Seite will sie die ÖffentlichRechtlichen abschaffen; denn darauf laufen ja die als Sachvorschlag getarnten Forderungen hinaus: ein Zurückfahren auf den Grundauftrag und das Ersetzen der Beitragsfinanzierung über eine private, marktbasierte Finanzierung.

(Sebastian Wippel, AfD: Grundauftrag klingt gut!)

Diese entzögen den Anstalten schließlich jede Bestandsgrundlage. Klugerweise macht aber keiner mit, der ein Interesse am Fortbestand unserer Demokratie hat.

Wenn Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schon nicht abschaffen kann, dann kommt sie eben heute mit dieser Desinformationskampagne und mit Verschwörungsstorys, auf dass das Gespenst der staatlich gelenkten Meinungsmache endlich hinter dem Vorhang hervorkommt und das Volk die Wahrheit erfährt.

(Zuruf des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

Die AfD als Hüterin der journalistischen Unabhängigkeit ist schon eine wilde Geschichte.

(Ja! von den LINKEN)

Darin ist sie komplett widersprüchlich: Auf der einen Seite sollen öffentlich-rechtliche Journalisten gesteuert sein. Aber immer, wenn Ihnen deren Inhalte nicht passen, kommen Sie selbst mit Vorschlägen, die nichts anderes als politische Einflussnahme sind. Dann darf nicht mehr gegendert werden, das Klima muss wieder Wetter sein und wissenschaftliche Ergebnisse müssen allesamt mit einem Ideologiestempel versehen werden.

(Dr. Rolf Weigand, AfD: Ja, ein Wetterbericht ist auch kein Klimabericht!)

Dieses Konzept der Unabhängigkeit scheint für die AfD nur dann zu greifen, wenn sie einen Vorteil davon hat. Wenn Journalistinnen und Journalisten ihre Arbeit machen und der AfD unbequeme Fragen stellen, zum Beispiel zu den Themen Parteispenden oder Verfassungstreue, dann passt es Ihnen auch wieder nicht.

(Zuruf des Abg. Dr. Rolf Weigand, AfD)

Zur Professionalität dieses Berufes gehört es aber, allen kritische Fragen zu stellen – den Regierenden genauso wie den Parteien. Dazu gehören Sie ja auch irgendwie, nicht wahr?

Wie ist eigentlich das Verhältnis der AfD zu einer lupenreinen Hofberichterstattung? In Russland zum Beispiel – wo zwischen Staat und Medien nicht mehr zu unterscheiden ist; denn dort gibt es nur noch Staatsmedien – biedern sich Abgeordnete der AfD ja regelrecht an, um in deren Kanälen ein bisschen mitfunken zu dürfen. Da gilt Ihnen Propaganda plötzlich als Meinungsfreiheit, oder wie ist das zu verstehen? Ich verstehe das so: Ein echter Staatsfunk wäre Ihnen gerade recht, solange er nach Ihrer Pfeife tanzt. Aber Ihr durchsichtiges Schmierentheater können Sie sich sparen, denn das ist so durchschaubar.

(Zuruf der Abg. Martina Jost, AfD)

Es ist bedauerlich, dass dieser Kulturkampf die öffentliche Debatte über die tatsächlich wichtigen Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems immer wieder in den Schatten stellt. Fragen von journalistischer Qualität und Professionalität werden in der sachlichen Auseinandersetzung über die Entwicklung der Anstalten immer ein Aspekt sein.

Es ist ja nicht so, dass die Unabhängigkeiten – die Kritikfunktion der Medien Öffentlich-Rechtlicher wie privater – nicht schon immer ein Thema sind. Es haben sich Qualitätsstandards herausgebildet und Journalisten sind dem Pressekodex verpflichtet.

(Lachen des Abg. Dr. Rolf Weigand, AfD)

Wer sich nicht daran hält, der bekommt gerade aus der eigenen Berufsgruppe die schärfste Kritik und wird zum Gegenstand von Aufklärungsarbeit. Diese Kontrolle ist wichtig, aber sie greift eben auch.

(Sebastian Wippel, AfD: Das sehen wir ja heute!)

Die Auseinandersetzung über Haltung und Ausgewogenheit wird auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk intensiv und kontrovers geführt. Beispielhaft findet sich das in der Rubrik „Haltung, Meinung, Journalismus“ des Medienportals 360G des MDR.

Im Angesicht unserer heutigen Debatte würde ich mir wünschen, dass wir Medienkritik auf sachliche Grundlagen stellen. Aber dazu ist die AfD nicht fähig und deshalb reicht es heute für diese Debatte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN, den LINKEN und des Abg. Alexander Dierks, CDU)

Für die Fraktion BÜNDNISGRÜNE sprach Kollegin Dr. Maicher. Kollege Panter spricht nun für die SPD-Fraktion. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihnen von der AfD fällt eben nichts mehr ein.

(Oh-Rufe von der AfD)

Ja, ist doch so! Wo ist der aktuelle Anlass für diese Debatte? Kann mir das jemand bitte mal sagen, wenn Sie sogar schon die Domplatte 2015 bemühen müssen?

(Zuruf des Abg. Roberto Kuhnert, AfD)

Das wirkt ziemlich putzig. Aber Sie brauchen ja auch keinen aktuellen Anlass, sondern das, was Sie brauchen, ist einfach nur die Wiederholung Ihrer kruden Thesen. Das ist das, was Sie immer wieder machen, damit Sie auch Videomaterial bemühen können. Das ist sehr leicht durchschaubar. Leider Gottes durchschauen es noch nicht alle, aber das wird passieren; denn Ihnen fehlt die Substanz in all diesen Diskussionen.

(Zuruf des Abg. Thomas Thumm, AfD – Dr. Rolf Weigand, AfD: Nein!)

Sie würden gern eine Debatte darüber führen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk von Auftragsjournalismus, Bereicherung und Vetternwirtschaft durchsetzt ist. Dass das Humbug ist und nur Ihrem kruden Weltbild entspringt, das wissen Sie doch selbst.

(Beifall bei der SPD und den BÜNDNISGRÜNEN)

Nun gut, der Titel zeigt ja auch: Sie versuchen dem Ganzen noch einen seriösen Anstrich zu geben. Sie wollen weismachen, dass es um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht. Darin kann ich meiner Vorrednerin nur beipflichten. Diesen Anstrich werden Sie nicht hinbekommen.

Herr Gahler, wenn Sie immer wieder Beispiele aufzählen, dann sind das noch lange keine Fakten; denn Sie erzählen einfach nur Humbug und die Unwahrheit. Ein Beispiel: Zu Nord Stream gibt es einen wunderbaren Dreiteiler im ZDF – aktuell von Mai, Mensch!

Haben Sie gerade hier vorne gestanden und gesagt, dass es dazu keine Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gäbe? Zu Olaf Scholz und Cum-Ex: Sie sind zu sehr mit Ihren Scheuklappen beschäftigt und schauen nur auf das, was Sie interessiert, anstatt einmal etwas breiter zu schauen. Deshalb kann ich immer nur – auch an dieser Stelle – wiederholen, was ich sonst wiederhole: Man muss sich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auseinandersetzen. Das ist absolut notwendig. Man darf nicht unkritisch mit ihm umgehen, und das tun wir nicht.

(Zuruf von der AfD: Ach!)

Es gibt Probleme, das will niemand leugnen. Wir haben den Dritten Medienänderungsstaatsvertrag diskutiert und diskutieren momentan den Vierten Medienänderungsstaatsvertrag. Natürlich liegen Dinge im Argen, aber durch bipolare Aufstellungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kommen sie wenigstens zu Tage.

Wir haben das letzte Mal über Herrn Döpfner und die „BILD“ diskutiert und nur durch Zufall erfahren, wessen Geisteskind dabei wirklich regiert, was dahintersteckt und wie dort Medien gemacht werden. Daran möchte ich Sie gern erinnern.

(Martina Jost, AfD: Das ist doch kein Öffentlich-Rechtlicher! Das ist doch kein Öffentlich-Rechtlicher!)

Deshalb werde ich es immer wieder wiederholen.

Ich gehe jetzt nicht noch mehr auf Sie ein, sondern sage grundsätzlich: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Weil er das ist, haben wir die ständige Aufgabe, ihn weiterzuentwickeln, kritisch mit ihm umzugehen, Missstände zu benennen und sie aufzuheben. Das tun wir mit zahllosen Medienverträgen, die wir immer wieder diskutieren. Das ist mühsam, das ist Arbeit. Das ist nicht so easy plakativ mit irgendwelchen Falschbehauptungen dahingeworfen. Das haben wir des Öfteren, Herr Gahler, wenn Sie aus irgendwelchen Interviews zitieren, die es nicht gibt.

(Zuruf von der AfD: So ein Blödsinn! – Dr. Rolf Weigand, AfD: Nennen Sie einmal ein Beispiel! Das ist nur heiße Luft! Ein Beispiel!)

Ich kann alle nur immer wieder daran erinnern, wie wichtig es ist, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu haben, der staatsfern organisiert ist, eine plurale Aufsicht hat und sich ständig weiterentwickelt. Ob Ihnen das gefällt oder nicht, das sind die Fakten. Es wäre schön, wenn Sie sich daran halten würden.

Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, den BÜNDNISGRÜNEN und der Staatsregierung)

Kollege Panter sprach für die SPD-Fraktion. Nun spricht der fraktionslose Abg. Teichmann. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In der Aktuellen Debatte sprechen wir heute zum Thema „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – staatsferner Journalismus oder Hofberichterstattung?“

Es stellt sich grundsätzlich die Frage: Gibt es einen objektiven Journalismus? Zweifellos muss sich jeder Journalist um eine objektive, ausgewogene Berichterstattung bemühen. Ich sage bewusst das Wort bemühen; denn, wenn man genauer hinschaut, erkennt man, dass viele subjektive Faktoren auf die Berichterstattung einwirken. Die Journalisten sind durch ihre eigene Sozialisation, Erfahrungen, Bildung, politische Gesinnung, Herkunft, Geschlecht und andere Faktoren geprägt. Jeder blickt aus seiner individuellen Perspektive auf die Welt. Hinzu kommen die – ich nenne sie einmal – Rahmenbedingungen der Medienhäuser, wie zum Beispiel die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit, wirtschaftlicher Erfolgsdruck, Klicks, Auflagenhöhe, Zuschauer- bzw. Zuhörerzahlen bis hin zu thematischen Ausrichtungen und dem Zeitdruck, die eine möglichst objektive Berichterstattung mehr oder weniger stark beeinflussen.

Schon aus den genannten Gründen kann Journalismus nicht zu 100 % objektiv sein. Dennoch gehört es zur Pflicht und zum eigenen Berufsanspruch eines jeden Journalisten, sich tagtäglich um eine möglichst objektive, ausgewogene und faire Berichterstattung zu bemühen.

Schon mit der Auswahl der Themen, Interviewpartner, Quellen, Worte und Bilder wird der Bericht maßgeblich beeinflusst. Umso wichtiger ist es, dass jeder Journalist handwerkliche Grundregeln und Qualitätsanforderungen erfüllt. Man muss zwischen Fakten und Meinungen unterscheiden, gründlich recherchieren, sorgfältig und umfassend berichten. Es gehört auch dazu, beide Seiten ausgewogen zu Wort kommen zu lassen. Nur so wird eine Berichterstattung nachvollziehbar und transparent. Darauf haben die Bürger einen Anspruch, erst recht und in besonderem Maße, wenn es um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen Berichterstattung geht.

Niemand will einseitig manipuliert oder schlecht informiert werden, so wie wir das beispielsweise teilweise in der aktuellen Ukraine-Kriegs-Propaganda erleben. Die aufgezeigten Qualitätsansprüche gelten übrigens nicht nur für alle Journalisten, sondern im besonderen Maße auch für uns Politiker auf allen Ebenen.