Protocol of the Session on May 24, 2019

Deshalb sollten wir vorsorgen.

Herr Kollege Vieweg, was Sie hier von sich gegeben haben, war einfach nur „trumpesk“.

Bitte kommen Sie zum Ende.

Wenn jemand, der Fake News verbreitet, denjenigen, der das Gegenteil sagt, der Fake News in Bezug auf das Abkommen von Paris bezichtigt, dann ist das absurd.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Ich schaue noch einmal in die Runde. Es möchte keiner mehr sprechen. Ich erteile dem Staatsminister das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte es eingangs sagen: Selbstverständlich nehmen wir das Pariser Klimaabkommen sehr ernst. Wir unterstützen den Bund in seinen Klimaschutzbemühungen und nehmen auch eigene Schritte vor. Völkerrechtlich ist dafür die Bundesrepublik verantwortlich, weil sie das Abkommen ratifiziert hat. Selbstverständlich haben wir in Sachsen seit vielen Jahren vieles unternommen.

Ich möchte diese Legende, so möchte ich es einmal nennen, zurückweisen. Es stimmt, wir haben eine Reduzierung in Höhe von 53 % mit Blick auf CO2 gegenüber dem Jahr 1990 zu verzeichnen, weil die DDR-Wirtschaft damals zusammengebrochen war. Folgendes wird immer ignoriert: Seit dem Jahr 1994, Herr Böhme, das haben Sie gesagt, sehen wir eine Stagnation, obwohl Hunderttausende Arbeitsplätze in diesem Land seitdem entstanden sind. Die Wirtschaft wurde wieder aufgebaut, welch hohe Leistung, obwohl der CO2-Ausstoß nicht angestiegen ist.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das kann man doch nicht ignorieren. Was war das für eine riesengroße Herausforderung, das zu erreichen! Heute sind wir fast wieder bei der Vollbeschäftigung angekommen und haben das Niveau seitdem halten können. Man kann doch nicht in Abrede stellen, dass es nicht so einfach ist, so etwas zu erreichen.

Herr Kollege Lippold, Folgendes muss ich Ihnen deutlich sagen: Sie haben Herrn Vieweg angegriffen. Sie sagten, er hätte Tatsachen verdreht. Bei Ihrem Eingangsredebeitrag sind Sie nicht wirklich, sondern ganz oberflächlich auf Ihren Antrag eingegangen. Herr Vieweg ist Punkt für Punkt den Antrag durchgegangen und hat dazu Argumente geliefert. Es kann sein, dass diese Ihnen nicht gefallen. Er hat sich an Ihren Antrag gehalten. Sie haben außer dem Weltuntergangsszenario überhaupt keine inhaltliche

Vertiefung in Ihrer Eingangsrede vorgenommen. Der Beitrag von Herrn Vieweg hat mir deutlich mehr gebracht.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Herausforderungen sind groß, das bestreitet niemand. Es bleibt auch unumstritten, dass es eine ressortübergreifende, eine gesamtgesellschaftliche und auch in der Staatsregierung eine ressortübergreifende Aufgabe ist. Sicherlich liegen die Schwerpunkte bei der Energieerzeugung, beim Energiemanagement und der Energiespeicherung, beim Verkehr, bei der Mobilität schon in gewisser Weise im Wirtschaftsministerium. Es geht auch um die Forschung und Entwicklung. Es geht um die Umweltbildung, das Planungsrecht und die Standardsetzung. Es geht vor allen Dingen bei uns im Ministerium um die Klimafolgen, Anpassungen und vieles mehr.

Da mein Kollege Martin Dulig heute nicht anwesend ist, bin ich gern bereit, diesen Redebeitrag zu übernehmen. Ich werde mich im Wesentlichen aber auf die Ressortzuständigkeit beschränken, die bei uns liegt. Ich muss Ihnen

ehrlich sagen, dabei werde ich auch viele kleine Dinge nennen, die wir unternehmen. Es ist nun einmal ein komplexes Herangehen, was die Kommunen und die Landwirtschaft unter anderem leisten können.

Nach meiner Meinung steht die Klimapolitik auf drei Säulen. Erstens ist das der Klimaschutz. Zweitens ist es die Klimabeobachtung und Öffentlichkeitsarbeit sowie drittens die Erarbeitung von Anpassungsstrategien für den Klimawandel. Im Klimaschutz unterstützen wir als SMUL seit vielen Jahren die beiden unseren Ressorts zugeordneten Bereiche. Das sind in alleiniger Zuständigkeit die Land- und Forstwirtschaft und zusammen mit dem SMK und SMI die Kommunen.

In den Kommunen fördern wir beispielsweise erfolgreich die Gebäudesanierung, die Erneuerung von Straßenbeleuchtung, die Modernisierung der Wärmeversorgung oder auch Effizienzmaßnahmen und Kläranlagen und Weiteres. Hinzu kommt die Förderung auch nicht- und geringinvestiver Maßnahmen und begleitender Prozesse und Instrumente, beispielsweise das kommunale Energiemanagement und der EEA, der European Energy Award. Beides wird unterstützt und fachkundig durch unsere sächsische Energieagentur begleitet. Die beste CO2-Einsparung ist die Energie, die wir gar nicht erst benötigen.

Das Ergebnis ist gut. Derzeit werden über das kommunale Energiemanagement bereits 44 sächsische Kommunen von der SAENA betreut und begleitet. Knapp die Hälfte unserer sächsischen Einwohner lebt in solchen EEAGebieten. Die sächsische Landwirtschaft trägt auch ihren Teil zur Minderung von Treibhausgasen, vorrangig Methan und Lachgas, bei. Das ist prozentual wesentlich stärker der Fall, als es die deutsche Landwirtschaft macht. Es ist keinesfalls so, Herr Böhme, dass wir uns mit diesem Thema hier noch nie beschäftigt haben.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Wenig!)

Vielleicht waren Sie nicht anwesend. Es ist immer wieder Thema.

In der sächsischen Landwirtschaft sank der Treibhausgasausstoß seit dem Jahr 1990 um rund 36 %. In der deutschen Landwirtschaft beträgt die Reduzierung rund 16 %. Unrealistisch ist der Vergleich allerdings. Was haben wir heute? Insgesamt emitiert die sächsische Landwirtschaft mit Blick auf die direkten landwirtschaftlichen Nutzflächen im Mittel 28 % weniger Treibhausgase als die deutsche Landwirtschaft.

Sachsen weist einen vergleichsweise niedrigen Viehbesatz aus, sodass Nährstoffe aus anfallendem Wirtschaftsdünger durch die Pflanzenbestände gut verwertet werden können. Wir haben daher im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht das Problem zu hoher Güllemengen bzw. Gülleüberschüsse. Die im Antrag geforderte weitere Verringerung der Tierbestände wird nicht zur Emissionsminderung führen, sondern zu Verlagerungseffekten. Die Nachfrage nach heimischen Fleisch- und Wurstwaren kann schon jetzt nicht durch die sächsische Erzeugung befriedigt

werden, selbst, wenn der Fleisch- und Wurstverbrauch deutlich sinken würde. Wir haben nach den uns vorliegenden Zahlen einen Selbstversorgungsgrad bei Geflügel und Schwein bei ungefähr 40 % und bei Rind 60 %. Wenn wir auch hier regionale Kreisläufe bei der Ernährungssicherung aufbauen und sichern möchten, dann müsste der Tierbesatz in Sachsen noch leicht steigen.

Außerdem sind der Grünlandaufwuchs genauso wie der Wald wichtige CO2-Speicher. Allerdings müssen sich – das ist noch zu wenig bekannt – beide im Wachstum befinden, um ein Maximum an CO2 zu speichern. Beim Grünland befördern wir das mit der Verwertung der aufwachsenden Grünlandbiomasse, beim Wald befördern wir das Wachstum durch unseren seit Jahren forcierten Waldumbau, verbunden mit einer nachhaltigen Nutzung von Holz.

Wir sind ebenfalls dabei, Konzepte zu entwickeln, wie wir stärker Kohlenstoff im Boden binden können. Das ist keinesfalls einfach nur durch eine Extensivierung zu erreichen. Ich bin überzeugt, dass man überhaupt einmal genau definieren muss, was eigentlich intensive und was extensive Landwirtschaft ist. Die EU-Kommission plant europaweit Pilotprojekte zur Stärkung der Kohlenstoffbindung durch die Landwirtschaft, was sich Carbon Farming nennt. Wir werden uns um ein solches Projekt bewerben – ich war deshalb im April in Brüssel – und dann die Erkenntnisse in die Praxis überführen. Wenn wir nicht zu den Pilotprojekten gehören, werden wir das selbstverständlich auch angehen.

Ohne Biomassenutzung kein Klimaschutz – das bestätigt auch das vom zuständigen Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Gutachten zu den Ausbaupotenzialen erneuerbare Energien. Danach ist die Biomasse bereits jetzt eine tragende Säule der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien in Sachsen. Schade, dass die Fortschreibung des Energie- und Klimaprogrammes letztendlich an den künftigen Ausbauzielen für erneuerbare Energien scheiterte. Auch der Braunkohleausstieg war damals noch nicht beschlossen. Ich bedaure das selbstverständlich als Umweltminister, ich hätte mir hier etwas anderes gewünscht.

Das SMUL steht zu einer auf Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit ausgerichteten Energiewende und damit zum Klimaschutz. Wir haben dafür mit unseren fachlichen Inputs zum erfolgreichen Abschluss der Arbeit der Kohlekommission beigetragen. Wir fördern innovative Verfahren zur Verbesserung der Energieeffizienz in den Kommunen und in der Landwirtschaft für eine bessere Nährstoffeffizienz sowie humusmehrende und damit klimaschonende Bewirtschaftungsverfahren. Hierbei unterstützt unsere Zukunftsinitiative simul+ innovative Herangehensweisen.

Auch ich bin der Meinung, dass wir die Menschen mitnehmen und für diese Ansätze begeistern müssen. Das muss natürlich einen festen rechtlichen Rahmen haben. Aber darin muss man mit innovativen Konzepten und nicht nur mit Verboten arbeiten. Da kann man vieles

machen. Das können neue Rohstoffe oder Recyclingprodukte sein, beispielsweise der Carbonbetoneinsatz in der Bauwirtschaft, der dank Materialeinsparung und einer längeren Lebensdauer zum Klimaschutz beitragen kann.

Auch bei den anderen beiden Säulen können wir vieles vorweisen. Ich erinnere an das bundesweit erste regionale Klimamodell, an die Veröffentlichung von Klimadaten über das Internetportal ReKIS, an unsere Anpassungsstrategien für Wald, Wasser, Landwirtschaft und an unsere Zusammenarbeit mit den sächsischen Schulen. Dabei wird die Staatsregierung mit Schülern im Rahmen einer Schüler-Klimakonferenz am 22. Juni in Leipzig diskutieren. Ich verstehe nicht, warum man so etwas kritisiert. Ich halte das für einen interessanten Ansatz. Viele Wissenschaftler werden anwesend sein. Wir werden dort auf einem hohen Niveau ins Gespräch kommen.

Meine Damen und Herren! Klimaschutz ist keine alleinige staatliche Aufgabe. Kommunen und Unternehmen habe ich schon als wichtige Akteure genannt. Auch im Privaten kann jeder seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Zur Motivation, Information und fachlichen Unterstützung aller Akteure steht unsere Sächsische Energieagentur SAENA GmbH mit Rat und Tat bereit.

Meine Damen und Herren! Um die Klimaziele von Paris umzusetzen und die Verantwortung für unsere Kinder und Enkel ernst zu nehmen, bedarf es keines Antrags und auch nicht dieser manchmal etwas emotional überzogenen Diskussionen hier im Landtag. Die Sächsische Staatsregierung handelt bereits und möchte alle dabei mitnehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Herr Dr. Lippold, Sie haben das Schlusswort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage mich, warum man eigentlich in einer Großen Koalition nicht wirklich auf die Wissenschaft hört. Ich denke, weil Sie primär immer nach solchen Lösungen suchen, die es Ihnen ermöglichen, irgendwie im Wesentlichen so weiterzumachen wie bisher. Die Wissenschaft sagt Ihnen an dieser Stelle aber, dass es solche Lösungen nicht mehr gibt. Die Zeit für solche Lösungen ist längst vorbei und vertan. Genau deshalb hören Sie nicht auf die Wissenschaft. Sie nennen fundierte Erkenntnisse eine Meinung und stellen Ihre Meinung dagegen, als ob Wahrheit nicht eine Frage

von überprüfbaren Fakten sei, sondern mit Macht und Mehrheit einfach definierbar.

Der Natur da draußen ist es aber völlig egal, Herr Kollege Vieweg und meine Damen und Herren, was Sie hier mehrheitlich als wahr definieren.

(Zuruf des Abg. Lars Rohwer, CDU)

Sie folgt nicht unseren, sondern ihren eigenen Gesetzen. Wir haben nichts Besseres als unsere seit Jahrtausenden fortentwickelten Methoden der wissenschaftlichen Erkenntnis, um diese Gesetze und ihre Konsequenzen zu begreifen. Das hat uns sehr weit gebracht.

Wir sind jetzt das Ergebnis und wahrscheinlich die einstweilige Krone von 3,8 Milliarden Jahren Evolution. Nun wird es höchste Zeit, dass wir uns auch so benehmen. Wenn ich sehe, dass wir es so weit gebracht haben, dass unsere Kinder draußen für ihre Zukunft demonstrieren müssen und nicht um Rentenpunkte oder Freifahrtscheine, sondern für ihr Recht auf die Grundlagen ihrer physischen Existenz, dann muss uns das wirklich die Schamesröte ins Gesicht treiben.

Was soll ich noch zu dem Antrag sagen? Wir benennen die Wand, auf die wir mit Vollgas zurasen. Wir erinnern an den Konsens, sich nicht umzubringen. Wir zeigen, wo die Bremsen sind, und fordern Sie auf, diese endlich zu bedienen. Ein allererster Schritt dazu, wenigstens ein Zeichen, ist heute möglich. Stimmen Sie diesem Antrag zu.

(Zuruf von der CDU: Um Gottes Willen!)

Wenn Sie angesichts einer heraufziehenden Krise weiterhin nicht in der Lage sind, ernsthaft zu handeln, meine Damen und Herren, dann sind Sie in einer solchen Situation da am Steuer völlig fehl am Platz. Diese Erkenntnis, die im Moment wie ein Lauffeuer um sich greift, wird die, die als Kinder, als Studierende, als Wissenschaftler, als Eltern, als Großeltern da draußen jeden Tag lauter werden, am Ende mit uns gemeinsam in die Lage versetzen, Ihnen das Steuer aus der Hand zu nehmen und hoffentlich gerade noch rechtzeitig das zu tun, was getan werden muss.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/17638 zur Abstimmung. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Erklärung zu Protokoll

Der nun zu diskutierende Antrag ist ein Sammelsurium von grünen klimapolitischen Forderungen, die die hiesige Fraktion in den vergangenen