Dann gibt es keine Schüler? – Natürlich gibt es da Schüler, selbstverständlich. Gucken Sie sich doch die Grundschulen an. Ich habe Ihnen doch gerade die Beispiele genannt, die es diesbezüglich im Klageverfahren gab, bezüglich derer jetzt der Bescheid gekommen ist.
Aber was passiert mit diesen Schulen im kommenden Schuljahr, wenn sie diese Zahlen, die Sie jetzt dargestellt haben, nicht bringen? Was kommt dann? Wir haben in unserem Antrag dafür Möglichkeiten. Es ist ganz bewusst ein Antrag und kein Gesetzentwurf. Sie wissen auch, dass wir in der letzten Legislaturperiode genau zu diesem Thema einen Gesetzentwurf eingebracht haben, den Sie abgelehnt haben. Hier haben Sie Schritte und Möglichkeiten, wie man in der Region auf Kreisebene oder mit den Schulträgern umgehen kann.
Das, was Sie heute dargestellt haben, bedeutet: Es wird für das kommende Schuljahr Mitwirkungsentzüge geben. Ich weiß gar nicht, auf welcher Grundlage – wie gesagt, ich hoffe, dass die Ministerin uns gleich aufklärt und sagt, dass das nicht passieren wird –, aber nach dem, was Sie bis jetzt gesagt haben, wird das passieren. Sie wollen ein Moratorium zugrunde legen, bezüglich dessen das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, dass die Schulnetzplanung verfassungswidrig sei. Das kann doch wohl bitte nicht Ihr Ernst sein: dass Sie wieder mit einem Antrag agieren, obwohl schon klar ist – durch das Bundesverfassungsgericht festgelegt –, dass die Schulnetzplanung, die derzeit existiert, und zwar in allen Kreisen, nicht verfassungskonform ist. Auf der Grundlage legen Sie jetzt für die nächsten – ich weiß es nicht – ein, zwei – vielleicht auch drei – Jahre eine Übergangsvariante fest. Das müssen Sie sich noch einmal genau anschauen.
Frau Kollegin Kersten, Sie haben bemängelt, dass unser Antrag keine Unterschiede zum Moratorium der letzten Legislaturperiode aufweist. Ich weiß nicht, ob Sie es nicht genau gelesen haben, aber: Jeder einzelne Punkt, der hierin enthalten ist, ist ein Unterschied zu dem, was im alten Moratorium stand, zumal Sie in Ihrem Redebeitrag sogar dargestellt haben, welche Unterschiede in diesem Antrag, in diesem Schulmoratorium im Vergleich zum anderen enthalten sind. Also, da sollten Sie noch einmal Ihren Redebeitrag anschauen, um zu sehen, welche Unterschiede es dort gibt.
Dieses Thema wird uns weiter beschäftigen, das wissen wir auch. Wir brauchen Regeln und nicht – das wissen Sie
auch – Entscheidungen zu Dingen, die das Kultusministerium allein durchführen darf. Wir sind hier das Parlament und sollten die Regeln festlegen.
Meine Damen und Herren, gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Kurth. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Schule nimmt im Alltag der Kinder einen maßgeblichen Platz ein, denn dort wird ihnen nicht nur Wissen vermittelt, sondern sie lernen und festigen auch den Umgang mit anderen Menschen. Kleinstschulen, wie sie der vorliegende Antrag fordert, entstehen um der Wohnortnähe willen oder aus Gründen der Wohnortnähe.
Wohnortnähe, meine Damen und Herren, ist ein wichtiger Aspekt, das stimmt. Meine Sicht geht jedoch weiter. Ich habe als Kultusministerin Schulqualität im Blick. Es ist selbstverständlich, dass wir in den ländlichen Regionen des Freistaats gesicherte Schulstandorte benötigen. Der Sächsische Landtag hat dazu in der vergangenen Legislaturperiode – das wurde ausgeführt – zwei Moratoriumsbeschlüsse gefasst, die auch für die laufende Legislaturperiode Wirkungen entfalten.
Mein damaliger Kabinettskollege – und heutiger CDUFraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag –, Frank Kupfer, und ich haben im Konzept zur Sicherung der Schulen im ländlichen Raum schulinterne Entwicklungsmöglichkeiten konkretisiert. Grundschulen können
jahrgangsübergreifenden Unterricht anbieten – übrigens ein sehr innovativer Ansatz für moderne Unterrichtsgestaltung –, Oberschulen, meine Damen und Herren, können einzügig geführt werden. Ich stehe zu meinem 2013 gegebenen Wort – wir stehen zu unserem 2013 gegebenen Wort. Und genau so werde ich gemeinsam mit meinem neuen Kabinettskollegen, Herrn Staatsminister Schmidt, die Schulen in den ländlichen Regionen schützen. Dafür stehe ich.
Ganz aktuell kann ich Ihnen sagen, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Schüleranmeldezahlen für das kommende Schuljahr darauf hinweisen, dass unsere Schulen im ländlichen Raum sicher sind. Und das tragen wir bitte alle gemeinsam in das gesamte Land hinaus, denn das bedeutet Kontinuität und Verlässlichkeit für unsere Eltern.
Frau Staatsministerin, ich möchte gern von Ihnen wissen, auf welcher umfassenden Grundlage Sie die Schulen im ländlichen Raum schützen. Dass Sie die Schulen im ländlichen Raum schützen wollen, ist sehr gut und auch legitim, das kann aber nicht eine Willkürentscheidung eines Kabinetts oder einer Ministerin sein, sondern dafür benötigt man nach meiner Auffassung klare und deutliche Grundlagen.
Ja, ich habe schon damit angefangen. – Auf welcher Grundlage schützen Sie die Schulen? Ist es das Gesetz, wozu Sie eigentlich verpflichtet sind? Ist es das Moratorium, oder ist es ein Gefühl?
Frau Falken, ich möchte jetzt Ausführungen, die ich eben getätigt habe, nicht wiederholen. Sie haben die Antwort bereits gehört. Das verabschiedete Moratorium bildet die Grundlage.
Ganz aktuell, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen sagen, dass wir positiv, mit Verlässlichkeit in die kommende Schuljahresplanung gehen können.
Ich möchte noch einmal auf den jahrgangsübergreifenden Unterricht zu sprechen kommen. Er ist bereits seit der letzten Novellierung im Jahr 2004 möglich. Klar ist aber auch: Jahrgangsübergreifender Unterricht ist, wenn eine hohe schulische Qualität gesichert werden soll, nicht zum Nulltarif zu haben. Jeder Klasse mit jahrgangsübergreifendem Unterricht stehen zusätzlich zu den Stunden der Stundentafel für Grundschulen fünf Stunden zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung.
Ähnlich sieht es bei einzügigen Oberschulen aus. Die gemeinsame und dabei abschlussdifferenzierte Unterrichtung benötigt zumindest in den Kernfächern separate Unterrichtssequenzen im Umfang von 18 Stunden, falls nicht nur ein gemeinsames Lernen stattfinden, sondern auch ein den individuellen Voraussetzungen gerecht werdendes Lernen gesichert werden soll – ein hoher Anspruch an unsere Lehrerinnen und Lehrer.
Im Freistaat Sachsen steht die individuelle Förderung jeder Begabung innerhalb klarer Schulstrukturen im Mittelpunkt unserer Schulpolitik. Das verstehen wir, meine Damen und Herren, unter Bildungsgerechtigkeit. Gerade diese klare Strukturierung ist es, die es Eltern erleichtert, den geeigneten Bildungsweg für ihre Kinder zu finden.
Grundschulen und Oberschulen können bereits jetzt im Rahmen der kommunalen Zusammenarbeit wesentlich das Schicksal ihrer Schule selbst bestimmen, indem sie geeignete kommunale Vereinbarungen miteinander
treffen. In Regionen, in denen die kommunale Zusammenarbeit gepflegt und auch verlässlich gelebt wird, besteht ein über Jahrzehnte stabiles Schulnetz.
Sehr geehrte Abgeordnete! Mit den genannten Maßnahmen haben wir für die einzelne Schule und ihre Trägergemeinde Handlungsoptionen geschaffen, die helfen, die schulischen Angebote vor Ort zu sichern. Diese Handlungsoptionen müssen nun von Schulträgern und Schule gemeinsam diskutiert und abgewogen werden.
Wir unterstützen Schulen, die sich auf den Weg machen wollen, beispielsweise mit dem Leitfaden zum jahrgangsübergreifenden Unterricht an kleinen Grundschulen, den wir im Frühjahr des vorangegangenen Jahres herausgegeben haben, mit den Beratungen der Bildungsagentur und natürlich mit ganz spezifischen Fortbildungsangeboten. Es ist aus meiner Sicht der richtige Weg, sowohl den Gemeinderat als auch die Schulkonferenz durch verbindliche Beschlüsse in diese Entwicklung einzubinden. So ist gesichert, dass keine Entwicklungen initiiert werden, die vor Ort nur von wenigen gewollt sind. Auch das ist eine Form gelebter Demokratie. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass dieses gemeinsame Wollen Voraussetzung für die regelmäßige Einrichtung von Eingangsklassenstufen und letzten Endes für den Schulerhalt ist.
Meine Damen und Herren! Jede Schülerin und jeder Schüler hat das Recht auf gute Bildung. Dieses Recht zu gewährleisten ist ein Prozess, den wir gemeinsam mit den Schulträgern und mit den Schulen gestalten können. Nur wenn wir dies gemeinsam beherzt angehen, können alle Schulstandorte im Freistaat Sachsen gesichert werden. Dies zu unterstützen, sehr geehrte Abgeordnete, lade ich Sie alle ein.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort. Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE und es spricht Frau Abg. Falken.
heute aus diesem Parlament in die Schulen im ländlichen Raum, zu den Schülern, den Eltern und auch den Schulträgern herausgeht, ist aus meiner Sicht gravierend – gravierend negativ. Weder von der Kollegin der CDU, noch von der Kollegin der SPD und schon gar nicht von der Staatsministerin, Frau Kurth, ist das klare Signal hinausgegangen: Es wird keine Mitwirkungsentzüge geben, und die Schulen haben einen festen Bestand. Von niemandem von Ihnen ist es gekommen, auch nicht von Ihnen, Frau Staatsministerin.
Das Ziel, keine weiteren Schulen im Freistaat Sachsen zu schließen, ist heute in der Diskussion nicht herausgekommen. Ich bin sehr enttäuscht, und mir ist klar, dass Sie dem Antrag mehrheitlich nicht zustimmen werden. Aber das wusste ich vorher schon. Zumindest hätte heute ein klares Signal hinausgehen müssen: Wir erhalten die Schulen im ländlichen Raum nicht nur mit diesem Spruch, sondern mit konkreten Tatsachen. Keine Schule bekommt einen Mitwirkungsentzug oder wird geschlossen. Was hat der Bescheid für den Landkreis Mittelsachsen für einen Wert, wenn man die bisher ausgesprochenen Mitwirkungsentzüge für die Schulnetzplanung wieder zurücknimmt? Welchen Wert hat das für das neue Schuljahr oder für den derzeitigen Schulträger?
Frau Staatsministerin, warum können Sie den Abgeordneten hier im Parlament nicht sagen, wie die konkrete Situation ist? Ich habe nicht umsonst in meinem Redebeitrag dargestellt, dass die Anmeldungen am letzten Freitag beendet worden sind. Sie wissen doch ganz genau, wie die Situation zurzeit hier im Freistaat Sachsen aussieht! Warum sind Sie nicht bereit, dem Hohen Haus mitzuteilen – und ich fordere Sie noch einmal auf; Sie haben die Möglichkeit, noch einmal ans Pult zu gehen –, wie es aussieht. Vielleicht machen wir uns für das kommende Jahr viel zu viele Sorgen als LINKE.
Dann ist die Frage, wie es im nächsten Jahr sein wird. Warum stellen Sie sich hier nicht hin und sagen ganz klar: So und so sieht es aus, dort und dort haben wir noch Nachholbedarf, da und da könnte man noch Veränderungen treffen. Oder: Wir haben Schulen, an denen nur sechs Schüler sind. Das können wir nicht tragen. Sie tun es nicht. Sie schwafeln hier und schwafeln da. Sie sagen nichts Konkretes. Das heißt, das Signal, das heute hier hinausgeht, ist aus meiner Sicht extrem fatal.
Meine Damen und Herren! Nach dem Schlusswort kommt laut Geschäftsordnung die Abstimmung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, zeigt das jetzt bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Enthaltungen? – Vielen Dank. Bei Stimmenthaltungen, zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.