Protocol of the Session on March 11, 2015

Was ich verdiene, zahle ich in eine Versicherung ein. Das ist das Privatgeld der Arbeitnehmer. Das ist auch keine Staatsrente. Dieses Geld müssen sie auch erhalten. Das hängt nun einmal – unabhängig davon, warum es so ist – davon ab, was ich einzahle. Aus diesem Grund halte ich das für problematisch. Man muss es einmal durchrechnen. Man kann nicht in drei Minuten hier am Pult berechnen, wer herausfliegt, wer besser und wer schlechter gestellt wird. Es ist zumindest ein guter Ansatz. Es kann aber auch nach hinten losgehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Spangenberg für die Fraktion AfD. Jetzt ergreift für die GRÜNEN Herr Kollege Zschocke das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gleiches Rentenrecht für Ost und West – darüber wird viel geredet. Ob es wirklich vorangeht, daran hege ich große Zweifel. Herr Tillich und Herr Dulig durften bei dem Zusammenschluss der Berliner Koalition mit verhandeln. Sie haben geübt, wie es geht, nicht zu versprechen, etwas zu tun, sondern zu versprechen, etwas zu prüfen. Herr Homann, im Berliner Koalitionsvertrag steht, dass zum 1. Juli 2016 geprüft wird, inwieweit der Angleichungsprozess bereits vollzogen ist. Auf dieser Grundlage soll dann entschieden werden, ob mit Wirkung ab dem Jahr 2017 eine Teilangleichung notwendig ist. Einfacher ausgedrückt bedeutet das: Die Regierung wird hier wahrscheinlich nichts unternehmen.

Was wir GRÜNEN tun werden, möchte ich kurz zusammenfassen. Erstens möchten wir eine Anhebung des Rentenwertes und der Beitragsbemessungsgrenze Ost auf das Westniveau. Das ist ganz klar. Wir möchten zweitens, dass die in der Vergangenheit erworbenen Rentenansprüche unangetastet bleiben. Drittens möchten wir die Angleichung auf allen Ebenen konsequent umsetzen. Das heißt, wenn der Rentenwert auf Westniveau angehoben ist, muss auch die Hochwertung der Entgelte im Osten aufgegeben werden. Es muss einen Stichtag geben, ab welchem die Entgeltpunkte bundeseinheitlich berechnet werden. Hierin liegt der Konflikt, den wir haben, mit den LINKEN. Sie möchten nach der Angleichung zusätzlich eine Hochwertung der Osteinkommen beibehalten. Das führt bei gleichen Einkommen unter Umständen zu niedrigeren Rentenansprüchen in Westdeutschland. Meine Damen und Herren, so reißen Sie die Rentenmauer nicht ein!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viertens möchten wir die Geringverdiener in Ost und West stärker mit einer Garantierente schützen. Wer 30 Jahre in der Rentenversicherung Mitglied ist, soll mindestens 850 Euro Garantierente erhalten. Fünftens brauchen wir eine Regelung zugunsten von Frauen, die vor dem Jahr 1992 in den neuen Bundesländern geschieden wurden. Der Versorgungsausgleich greift erst nach diesem Jahr auch in den neuen Bundesländern. Das Ganze werden wir in ein Rentenüberleitungsabschlussgesetz hineinschreiben, das weitere Überleitungsfragen abschließend klärt. Das machen wir jedoch nicht hier, sondern im Bundestag, wohin diese Debatte auch eigentlich gehört.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir steigen in die nächste Rednerrunde ein. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Wehner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Zschocke, im Grunde haben Sie recht. Natürlich werden die Regelungen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Deutschen Bundestag verhandelt und entschieden. Sie wissen aber auch, dass es dazu ein Mitbestimmungsrecht

auf der Ebene des Bundesrates gibt. Insofern gehört das Thema sehr wohl hierher. Schon seit mindestens 25 Jahren gehört es hierher.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Homann, Sie wissen sehr genau, wer zu welchem Zeitpunkt die Verantwortung auf Bundesebene innehatte. Dazu fällt mir eine herrliche Liedzeile aus einem anderen Leben ein: Aufgewacht Jungs, jetzt nicht mehr ruhen, es ist schon spät, lasst uns was tun. Guten Morgen, Sie sind jetzt auch da.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Herr Spangenberg, natürlich ist es nicht unproblematisch, wenn wir hier über ein einheitliches Rentensystem sprechen. Als sich am 9. November 1989 die Mauern geöffnet haben, hat der Deutsche Bundestag das VI. Sozialgesetzbuch als einheitliche gesetzliche Rentenversicherung auf Bundesebene beschlossen. Zahlreiche verschiedene Regelungen, ob Angestelltenversicherung, Knappschaftsversicherung und dergleichen mehr, wurden zusammengefasst und im VI. Sozialgesetzbuch vereinheitlicht.

Im Rentenüberleitungs- und Einigungsvertrag wurde dann gemerkt, dass sich die rentenrechtlichen Regelungen aus der DDR überhaupt nicht angleichen ließen. Frau Dietzschold hatte es erwähnt: In der DDR errechnete sich die Rente nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 15 Jahre vor dem Eintreten des Versicherungsfalls. Irgendwann später gab es die garantierte Mindestrente. Das Beitragssystem in der Deutschen Demokratischen Republik war ein völlig anderes. Es gab nur den Wert von 600 Mark. 60 Mark wurden in die Rentenversicherung eingezahlt. Die Rente wurde aus diesem Teil und mit Hilfe von Steuergeldern bezahlt. Zum Teil erfolgte dies als Mindestrente und dem Betrag, den Sie hier genannt haben. Es gab auch unterschiedliche Rentensysteme.

Ich halte es dennoch für bemerkenswert, ob eine strafrechtliche Betrachtung von verschiedenen Renten in der Überleitung gerechtfertigt ist oder nicht. Dazu hat es Entscheidungen gegeben, auch auf Bundesebene. Dass dabei die Balletttänzerinnen und Balletttänzer im Osten nach wie vor gegenüber dem Rentensystem im Westen benachteiligt sind, ist einfach nicht hinnehmbar. Die unterschiedlichen Rentenzahlungen sind – Sie haben sie alle genannt, ich möchte das nicht wiederholen – nach wie vor nicht hinnehmbar.

Frau Schaper hatte auf den aktuellen Rentenwert hingewiesen. Herr Spangenberg, das sind 28,61 Euro im Gegensatz zu 26,39 Euro. Das macht im Rentenzahlbetrag einen Unterschied von 100 Euro monatlich aus. Natürlich muss man dabei auch zugestehen, dass sich in der Entwicklung in den letzten 25 Jahren etwas getan hat. Im Jahr 1992 betrug der Unterschied noch 40 %. Jetzt liegt er noch bei 7,8 %.

Was ich aber für wichtig halte, ist, dass die Entwicklung der Ostgehälter gegenüber den Westgehältern 20 %

niedriger ist und sich die Relation gegenüber dem Westen mit nur 80 % seit Mitte der Neunzigerjahre nicht wesentlich geändert hat. Es müsste Sie doch alle auf den Plan rufen, dass man über das System der Rentenversicherung vielleicht noch einmal nachdenken müsste. Auch wenn die Rentenversicherung, wie Sie stolz sagen, 120 Jahre alt ist und viele Dinge überstanden hat, muss man überlegen, tatsächlich gleichwertige Lebens- und Sicherungsverhältnisse zu schaffen. Möglicherweise, ich habe nicht mehr im Blick, wer es angesprochen hat, Herr Zschocke vielleicht, muss man auch über die Höherwertung der Renten einmal nachdenken, wenn man ein einheitliches System haben möchte. Ein einheitlicher aktueller Rentenwert setzt auch voraus, dass es einheitliche Lebens-, Arbeits- und Verdienstverhältnisse gibt. Nur dann braucht man über solche Dinge nicht mehr zu reden.

Natürlich haben wir auch das Phänomen, dass einige Versicherte in den ostdeutschen Ländern höhere Renten als in den westdeutschen Ländern haben, und das bei gleichen Entgeltpunkten. Das hat etwas mit den Höherwertungen zu tun. Aber seit den Versicherungsfällen 2010 ist das nicht mehr der Fall. Deshalb dürfen wir nicht mehr auf 2017, 2019 oder 2025 warten. Es muss jetzt etwas geschehen, damit wir ein einheitliches Rentenrecht zwischen Ost und West bekommen. Herr Ministerpräsident, hier sind Sie gefordert.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich frage die CDU-Fraktion, ob das Wort noch gewünscht wird. – Frau Dietzschold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Vorrednern kann ich nur zustimmen. Aber dass wir gleiche Lebensverhältnisse haben werden, davon gehe ich einmal nicht aus. Wir haben schon unterschiedliche Erwerbsbiografien in Ost und West, denen man auch in den zukünftigen Rentenberechnungen Rechnung tragen muss.

Wir haben in unseren Koalitionsvertrag, den wir erst seit kurzer Zeit haben, auch hineingeschrieben, ich zitiere: „… dass die Anstrengungen der Bundesebene zur Einführung einer solidarischen Lebensleistungsrente unterstützt werden. Die unterschiedlichen ostdeutschen Erwerbsbiografien sollen dabei Berücksichtigung finden. Bei der Angleichung des Rentenrechts in Ost und West setzen wir uns konsequent gegen die Abschaffung der Höherwertung der Löhne und Gehälter ostdeutscher Arbeitnehmer bei der Rentenanwartschaft ein, solange es Lohn- und Gehaltsunterschiede zwischen Ost und West gibt.“ Dafür werden wir uns in Berlin starkmachen. Das sind unsere Intentionen, die wir jetzt weiter tragen müssen. Natürlich muss in Berlin daran gearbeitet werden, und dafür gibt es den Koalitionsvertrag. Im Koalitionsvertrag sollte man auch die Regelung, die man als Zielsetzung aufgenommen hat, spätestens am Ende der Legislatur umgesetzt haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wird von der SPD-Fraktion noch einmal das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die AfD? – Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte dieses Rententhema noch einmal in einer anderen Richtung beleuchten, und zwar möchte ich den Begriff der sogenannten rentenfremden Leistungen in die Diskussion bringen. Den Begriff dürfte es aus meiner Sicht überhaupt nicht geben. Eine Leistung, der die Rente fremd ist, dürfte gar nicht existieren. Das ist absurd.

Die Rente, meine Damen und Herren, wird bis jetzt von jeder Regierung benutzt, um Wahlgeschenke zu verteilen, sie benutzt sie als disponiblen Wahlersatzhaushalt innerhalb des Wahlkampfes.

(Beifall bei der AfD)

Was sind denn rentenfremde Leistungen? Da haben wir zum Beispiel Renten für Opfer von NS- und SEDUnrecht, wir haben Renten für Mütter, wir haben Renten für Spätaussiedler, wir haben Anrechnungszeiten für Hochschulabsolventen, also Studierende usw. Es gibt eine ganze Menge Positionen, die rentenfremd sind und eigentlich gar nicht in die Rentenkasse gehören. Warum nimmt man sie nicht heraus? Weil man die Rentenkasse nicht überblicken kann. Das ist ein wunderbares Medium. Es wird jeden Monat per Gesetz Geld kassiert, wir sind ja alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – jetzt habe ich es einmal doppelt genannt, denn in dem Begriff Arbeitnehmer sind ja schon Arbeitnehmerinnen enthalten.

(Beifall bei der AfD)

Dieses müssen wir pflichtgemäß einzahlen. Dieses Geld wird dann als Wahlgeschenk verteilt. Wir haben einmal nachgeschaut. Seit 1957 sind es saldiert bereits mit den Bundeszuschüssen 700 Milliarden Euro, die als rentenfremde Leistungen den Rentenkassen entnommen worden sind. Wenn wir diese rentenfremden Leistungen hinauswerfen würden, könnten wir den Beitragssatz auf rund 10 % senken. Das wären mehrere 100 Euro im Portemonnaie jedes Arbeitnehmers, meine Damen und Herren. Das Problem besteht nämlich darin, dass die rentenfremden Leistungen auch denen zugute kommen, die gar nicht in die gesetzliche Rente einzahlen müssen. Auch das ist ein Thema. Das heißt, wir müssten das gesamte Rentensystem einmal auf den Tisch packen und überlegen, ob es nicht anders geht. Jedenfalls ist ein Begriff der rentenfremden Leistung ein Absurdum und sollte abgeschafft werden. Darüber sollten wir einmal nachdenken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Zschocke, wünschen Sie noch einmal das Wort? – Das ist nicht der

Fall. Ich frage noch einmal in die Runde, ob noch eine Fraktion sprechen möchte. – Wenn das nicht der Fall ist, bitte ich die Staatsregierung. Frau Staatsministerin, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das Thema Rente und Rentenangleichung ist ein Thema, das uns alle bewegt,und das nicht neu ist. Es ist schon mehrfach diskutiert worden.

Wenn wir uns das Gesagte der Vorredner noch einmal vor Augen führen, dann bedeutet es, wenn wir uns das Thema Renten und Rentenangleichung anschauen, dass es hier nicht um den Rentenwert allein gehen kann. Ich möchte noch einmal ganz kurz den Blick auf die Rentenberechnung richten, obwohl das die Vorredner auch schon getan haben.

Die Rentenberechnung, kurz dargestellt, hat zwei wesentliche Faktoren, nämlich den aktuellen Rentenwert, um den es jetzt in der Diskussion sehr umfangreich ging, und den persönlichen Entgeltpunkt. Wenn wir nur den reinen Rentenwert betrachten, der für die alten Bundesländer 28,61 Euro und für die neuen Bundesländer 26,39 Euro beträgt, und wir nur von der Angleichung dieses Rentenwertes sprechen, dann ist es nur die halbe Wahrheit. Wir müssen in der Tat, wenn wir über das Thema Rentenangleichung diskutieren, beide Faktoren gleichermaßen im Blick haben.

Ich möchte noch einmal kurz die Einkommen in Ost und West anführen – auch das wurde schon aufgezeigt. Nimmt man die strukturschwachen alten Bundesländer und strukturstarke neue Bundesländer wie Sachsen, dann weicht eben dort das Einkommen um 8 % ab. Nimmt man sogar die strukturstarken neuen Bundesländer und die strukturschwachen neuen Bundesländer, dann liegt die Abweichung sogar bei 26 %.

Warum bringe ich das? Ich bringe das bewusst noch einmal, weil genau der Fakt dazu führt, dass das Brutto

entgelt des Versicherten hochgewertet wird – heute mit 18,73 %. Wenn wir jetzt nur den aktuellen Rentenwert sehen und die Diskussion um die Angleichung des aktuellen Rentenwertes und dann völlig diese Hochwertung außen vor lassen würden, könnte die Diskussion um den aktuellen Rentenwert dazu führen, dass strukturschwache alte Bundesländer dann auch fordern würden, dass die Hochrechnung entfällt, und dann würde es bedeuten, dass unsere künftigen Rentenansprüche geringer ausfallen. Deswegen ist es aus meiner Sicht richtig, dass im sächsischen Koalitionsvertrag noch einmal darauf hingewiesen wurde, dass wir für eine konsequente Beibehaltung der Hochrechnung sind. Daher ist es auch richtig, wenn im Koalitionsvertrag des Bundes, der sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2020 ein einheitliches Rentenrecht zu erarbeiten, die Länder fordern, dass frühzeitig mit der Prüfung begonnen werden muss. Es muss eine Prüfung geben, die letztlich allen gerecht wird, sowohl den Rentnern heute als auch den Beitragszahlern, und es soll eine Arbeitsgruppe geben, in der Bund und Land zusammenarbeiten und Lösungsvorschläge erarbeitet werden und in der man auch prüfen soll, dass eine Teilangleichung des Rentenwertes in den Blick genommen wird.

Mein Ergebnis auf den Bezug zum Thema Rentenangleichung ist – da sind wir uns bestimmt einig –, dass es unser Ziel ist, eine gerechte Lösung für alle Altersgruppen zu erarbeiten, und dass natürlich die Menschen hier im Osten nicht benachteiligt werden.

Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Damit ist auch die 2. Aktuelle Debatte abgeschlossen und wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt.