Protocol of the Session on March 11, 2015

Wir haben ein Abgeordnetengesetz, das im § 1 Abs. 3 klar beschreibt, wer im Bewertungsausschuss ist. Wir haben ein Landesbeauftragtengesetz, das klar beschreibt, welche Aufgaben der Landesbeauftragte hat. Das Letztere beschreibt nicht, dass er im Bewertungsausschuss mitwirkt; auch das Abgeordnetengesetz sieht das nicht vor. Wir haben also rechtliche Bedenken, dass es im Rahmen einer Richtlinie geht, und aus diesem Grund haben wir uns der Stimme enthalten.

Vielen Dank, Herr Bartl. Die Erklärung haben wir zur Kenntnis genommen. Der Tagesordnungspunkt 8 ist beendet.

Tagesordnungspunkt 9

Kosovo, Albanien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten deklarieren;

Vorrang von Geldleistungen einschränken

Drucksache 6/1065, Antrag der Fraktion AfD

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: AfD, CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Für die AfD beginnt die Aussprache Herr Abg. Wippel. Bitte sehr, Herr Wippel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Das Thema Asyl ist seit einiger Zeit an vielen Stellen unumgänglich – auch heute schon wieder. Egal, ob an Stammtischen, in Unternehmen oder bei uns Parlamentariern. Es ist ein deutliches Zeichen dafür, wie groß das Interesse, aber auch die Brisanz dieses Themas ist.

Im Jahr 2015 wird gegenüber den hohen Zahlen des Vorjahres noch einmal mit einem deutlichen Anstieg der Asylbewerberzahlen gerechnet. Das haben wir heute schon mehrfach gehört. Das bedeutet für die Kommunen

und den Staatshaushalt jeweils eine erheblich höhere finanzielle Belastung.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle den Hinweis, dass dieser Mehrbedarf im Haushaltsentwurf der Staatsregierung noch keinen Niederschlag gefunden hat. Aber das hatte der Innenminister heute schon eingeräumt.

Nicht nur die finanzielle Belastung steigt dadurch, sondern auch die Not an menschenwürdigen Unterbringungsmöglichkeiten. Das ist nicht nur ein sächsisches Problem, sondern ein bundesweites. Die Länder und Kommunen sind nicht ohne Weiteres in der Lage, die Situation zu verändern. Sie sind gewissermaßen Getriebene und Geschädigte dieser Entwicklung.

Daher ist es uns als AfD-Fraktion wichtig, dass der Freistaat Sachsen Initiativen unterstützt und einbringt, die geeignet sind, die Lage sofort zu entspannen. Das ist zum

einen eine Initiative, die Länder des Kosovos, Albanien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten zu deklarieren, zum anderen soll sich unsere Staatsregierung im Bundesrat aber auch dafür einsetzen, die Anreize für eine Asylantragstellung in Deutschland allein aufgrund von wirtschaftlichen Belangen zu verringern. Das ist übrigens nicht nur der Wille der AfD, sondern auch der Wille des Volkes. Der Wille unserer Wählerinnen und Wähler, um es deutlicher zu sagen, ist der Wille eines Großteils der Menschen, welche mit ihrer Stimme dafür gesorgt haben, dass wir heute alle hier sitzen können.

Aus einer Studie der Robert-Bosch-Stiftung aus dem Jahre 2014 geht deutlich hervor, dass 59 % der gesamten Bevölkerung strengere Regeln beim Thema Asyl für nötig halten. Gleichzeitig betrachten die meisten Befragten persönliche Verfolgung und akute existenzielle Bedrohung als legitime Asylgründe. Mehrheitlich wird eine Aufnahme von Asylsuchenden jedoch abgelehnt, wenn deren Gründe rein wirtschaftlicher Natur sind.

Wir als Alternative für Deutschland stehen ausdrücklich hinter dem Grundrecht auf Asyl für alle politisch verfolgten Menschen; aber einen Missbrauch des Asylrechts zum Zwecke der Einwanderung aus wirtschaftlichen Gründen lehnen wir ab. Hier muss für qualifizierte Zuwanderer ein Kontingent geschaffen werden. Ich freue mich, dass die Genossen der SPD unser Programm gelesen und in diesem Punkt auch für gut befunden haben,

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

und zwar für so gut, dass Sie es gleich in der Öffentlichkeit als Ihre Idee verkaufen.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Diese dringenden Probleme sollten wir zum Anlass nehmen, endlich die Blockadepolitik abzulegen und gemeinsam eine Lösung für alle Seiten zu erarbeiten. An dieser Stelle wollte ich den Herrn Ministerpräsidenten eigentlich an seine Worte beim gestrigen Bürgerdialog erinnern, als er sagte: „Man muss auch einmal auf die anderen Parteien im Landtag zugehen.“

Soweit mir bekannt ist, wurde keine unserer Parteien mit 59 % gewählt, was deutlich macht, dass sich der Wille nach strengeren Asylregeln durch alle Wählerschichten zieht. Verschiedene Behörden, aber auch der Staatschef des Kosovo warnten bereits vor einem Massenexodus. Diese Angst ist ohne Frage berechtigt. Jeder Mensch, der das Kosovo verlässt, kann dieses Land nicht mit aufbauen und ihm zu Stärke verhelfen. Das Kosovo als sicheres Herkunftsland zu deklarieren ist dabei ein wichtiger Schritt und längst überfällig.

Das zeigen unter anderem die Zahlen aus den Monaten Januar und Februar dieses Jahres. Im Gesamtjahr 2014 sind ungefähr 24 000 Kosovaner ausgewandert. Im Januar und Februar 2015 waren es schon mehr als 50 000. Österreich ist einen Schritt weiter als wir: Man hat dort das Kosovo bereits vor einigen Jahren als sicheres Herkunftsland eingestuft. Das ist auch richtig. Mit einer

anhaltenden Anerkennungsquote von 0 % ist eine Verfolgung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Den Rest regelt bei Bedarf ein Widerspruchsverfahren.

(Beifall bei der AfD)

Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Hartmann. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfDFraktion hat heute einen Antrag eingereicht, den sie unter dem Themenkomplex einer verantwortungsvollen Asylpolitik skizziert hat und der sich aus zwei Teilen zusammensetzt. Zum einen geht um die Frage der sicheren Herkunftsstaaten und zum anderen um die Einschränkung des Vorrangs von Geldleistungen. Erlauben Sie mir, in dieser Reihenfolge die Themen zu betrachten.

Zu der Frage des Kosovos, Albaniens und Tunesiens als sichere Herkunftsländer: Dieser Diskurs wird nicht erst von der AfD in die Diskussion aufgenommen, sondern ist ein Thema, das seit einem längeren Zeitraum auch den Bundestag, die Bundesländer und die mit dem Thema Asyl verantwortungsvoll befassten Bereiche bewegt. Die damit verbundene Bewertung der Frage, ob der Kosovo, Albanien und Tunesien sichere Herkunftsländer sind oder nicht, ist derzeit schon im politischen Diskurs.

Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass sowohl der Bundesinnenminister als auch unser Sächsischer Staatsminister des Innern, Markus Ulbig, die Frage der Anerkennung des Kosovo, Albaniens und Tunesiens als sichere Herkunftsländer klar beantwortet hat.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Dann können Sie ja zustimmen!)

Wenn wir uns die Positionen der CDU anschauen, finden wir auch hier die klare Forderung, dass der Kosovo, Albanien und Tunesien als sichere Herkunftsländer zu deklarieren sind. Ich stelle fest, dass Ihr Antrag schlichtweg zu spät kommt und wir uns derzeit schon in einer entsprechenden Prüfung und Umsetzung befinden. Ich glaube, insoweit unterstützen wir die Bemühungen des Sächsischen Staatsministers des Innern und des Bundesinnenministers bezüglich der Diskussionen im Bundesinnenausschuss.

Es bedarf aus unserer Sicht insoweit eines eigenen Antrages, um mit diesem Thema in den Bundesrat zu gehen, nicht, sondern es ist in der Diskussion der verantwortlichen Gremien über die Frage dieser Anerkennung zu entscheiden. Dort gehört es hin. Wie gesagt, aus meiner Sicht ist es relativ klar, dass unsere Bundesregierung diesen Prozess unaufgeregt und verantwortungsvoll begleitet.

Zu Punkt 2, Vorrang von Geldleistungen einschränken. Es lohnt sich ein genauerer Blick auf dieses Thema, und ich möchte dazu ganz klar sagen: Im vergangenen Jahr haben wir einen Kompromiss auf Bundesebene unter

Beteiligung der Länderkammer erzielt, was die Frage sicherer Herkunftsländer und eines konsequenten Umganges mit dem Thema Asyl betrifft und gleichzeitig die Frage des Sachleistungsprinzips beantwortet.

Seit 01.01.2015 ist das geänderte Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft, das den Vorrang des Sachleistungsprinzips relativ klar abschafft, und das nicht ohne guten Grund. Ich glaube, man muss jetzt sehr vorsichtig sein, an dieser Stelle pauschal von einer Anreizsystematik zu sprechen; denn es geht nach bundesrechtlicher Betrachtung und nach den uns gegebenen Regeln um eine Mindestversorgung, eines sozialen Standards, der auch für Asylbewerber in unserem Land gilt.

Die Frage ist also, was ein angemessener Rahmen ist. Das ist im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt und darüber hinaus durch höchstbundesrichterliche Rechtsprechung beantwortet. Ich erinnere dabei an entsprechende Urteile der Jahre 2012/2013. Es ist ganz klar: Alleinstehende haben einen Grundleistungssatz von 227 Euro, zuzüglich des sogenannten Taschengeldes von 143 Euro.

Insoweit ist auch Ihr Antrag inhaltlich zu korrigieren: Es sind keine 27 Euro in der Woche, die Summe beträgt 143 Euro im Monat.

(Dr. Frauke Petry, AfD, steht am Mikrofon.)

Herr Hartmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Präsident, bitte.

Frau Dr. Petry.

Herr Hartmann, wie erklären Sie, dass schon seit Jahren aus anderen Bundesländern, wie Baden-Württemberg, bekannt ist, dass sich die tatsächliche Abfrage von Leistungen bei gleicher Anzahl von Anspruchsberechtigten eklatant gesteigert hat, als vom Sachleistungsprinzip auf Geldleistungsprinzip umgestellt wurde?

Sehen Sie, Frau Petry, es geht als Erstes um die Frage eines sozialen Existenzmindeststandards und darum, wie dieser Existenzmindeststandard in unserem Land umzusetzen ist und welche Aufwendungen in der praktischen Umsetzung geboten sind.

Ich will Ihnen auch sagen, dass die Aufwendungen, die sie im Sachleistungsprinzip haben, durch die damit verbundenen Folgebetrachtungen höher sind, weil Sie nämlich entsprechende Ausgabestrukturen schaffen

(Zuruf von der AfD)

doch, das ist so –, und dass Sie auch auf die individuelle Lebenswirklichkeit unterschiedlicher Menschen nicht eingehen können. Auch in unserer Gesellschaft sollte es anerkannt sein, dass es religiöse Hintergründe gibt, die eine bestimmte Nahrungsmittelaufnahme ausschließen.

Deshalb denke ich, dass eine individuelle Eigenverantwortung in diesem Bereich geeignet ist. Ich denke auch nicht, dass der Aspekt des Sachleistungs- oder Bargeldprinzips die Antwort auf die Frage ist, warum Menschen bei uns Asyl beantragen.

Deshalb sei noch einmal klar gesagt: Wir haben uns in einem Kompromiss im vergangenen Jahr darauf verständigt, dass das Sachleistungsprinzip als Vorrangprinzip zurückgestellt wird, dass es eine entsprechende Ermessensentscheidung der zuständigen Stellen gibt, aber keine Nachordnung des Bargeldprinzips. Auch aus meiner Sicht ist es richtig und angezeigt, in diesem Rahmen zu verfahren. Die entscheidende Steuerung findet im Verfahren der Anerkennung statt und nicht im Verfahren der Ausstattung des Prinzips.

Kurzum: Zum Themenkomplex 1 – der Frage der sicheren Herkunftsstaaten – sind wir überzeugt, dass die laufenden Maßnahmen und Prozesse der Bundesregierung, des Bundestages und auch der Sächsischen Staatsregierung und die klar formulierten Positionen der Parteien im politischen Diskurs den Prozess der Anerkennung sicherer Herkunftsstaaten auch umsetzen wird. Aus unserer Sicht bedarf es keiner Bundesratsinitiative.

Zum Thema Vorrang von Geldleistungen vor Sachleistungen sind wir ganz klar der Auffassung, dass der im vergangenen Jahr getroffene Kompromiss richtig und der Ermessensspielraums angezeigt ist.