Protocol of the Session on March 14, 2019

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Wir haben in den letzten 25, 30 Jahren die Kraftwerke umgebaut, damit nicht mehr so viel CO2 ausgestoßen wird, da die Luft sauber gehalten werden muss. Schauen Sie sich doch einmal die Braunkohlekraftwerke an! Normalerweise müsste man diese Braunkohletechnologie nach China exportieren,

(Marco Böhme, DIE LINKE: Das wird doch gemacht!)

weil sie dort noch Braunkohlekraftwerke aufbauen, die einen Standard ähnlich wie zu DDR-Zeiten haben. So sieht es aus. Das negieren Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN hauptsächlich.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das ist Quatsch!)

Wir haben Dinge festgeschrieben, die die technologieoffene Forschung und Entwicklung zum Inhalt haben. Wir sind auch für den bedarfsgerechten Ausbau der Leitungsnetze unter Mitwirkung der Bevölkerung bekannt. Wir stehen dafür, dass das Kraft-Wärme-Kopplungsgeschäft weiter ausgebaut wird. Wir sagen auch, Energiespeicher müssen ausgebaut und weiterentwickelt werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das ist die Grundvoraussetzung für unsere Energieversorgung

überhaupt

(Beifall bei der CDU)

und das neue Strommarktdesign nach dem Motto: Mehr Markt, weniger Politik. Wir können es uns einfach nicht leisten, die Kilowattstunde für 50 Cent zu verkaufen. Das ist doch Ihr politischer Blindflug, den Sie hier gerade deutlich gemacht haben. Sie wissen noch nicht, wo der Strom herkommt, wie ich vorhin schon sagte, wenn es finster ist oder sich das Windkraftrad nicht dreht, weil Windstille ist. Das haben Sie zu verantworten. Die Dinge, die Sie hier vortragen und immer wieder wie eine Monstranz vor sich hertragen, machen die Stromversorgung in Sachsen nicht sicherer – im Gegenteil. Sie sind diejenigen, die diese Dinge stören wollen.

Deshalb müssen wir sagen: Wir haben den richtigen Weg. Die Energie muss bezahlbar bleiben. Sie muss Versorgungssicherheit gewährleisten. An der Nachhaltigkeit werden wir auch arbeiten.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die Linksfraktion, bitte; Frau Dr. Pinka.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sagt mein Kollege Stange immer so schön: „Heidans Welt“.

(Heiterkeit)

Weder die GRÜNEN noch wir waren in dieser Kommission Strukturwandel. Von daher haben wir dieses Ausstiegsdatum wirklich nicht zu verantworten. Es hätte anspruchsvoller sein können, aber es ist nun einmal, wie es ist.

(Zurufe von der CDU)

Die 6. Legislaturperiode hat sich, glaube ich, wie keine andere vorher mit dem Thema Energie und verschiedenen Dingen wie Braunkohleausstiegsszenarien, aber auch Zeitpunkten befasst. Wir können kurz vor Ende der Legislaturperiode schon einmal eine Art Resümee ziehen. Gleichzeitig haben wir gestritten, wie es mit den erneuerbaren Energien vorangeht. Das haben wir sehr oft gemacht.

In dieser Legislaturperiode lagen Meilensteine dazwischen. Ich erinnere an das Klimaschutzabkommen von Paris, aber auch an den Kommissionsbericht zum Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, einen Vorschlag, 2038 ist das Kohlezeitalter in Deutschland zu verlassen.

Sachsen wird in diesem Transformationsprozess eine große Rolle spielen, nicht nur, weil wir die Lagerstätten auf unserem Territorium haben, sondern auch, weil wir historisch seit vielen Jahrhunderten mit Rohstoffen und Energie befasst sind. Daher ist es für mich ebenfalls nicht nachvollziehbar, dass Sie den begonnenen Prozess der Fortschreibung des Energie- und Klimaprogramms von 2012 im Januar dieses Jahres abrupt beendet haben.

Ich erinnere Sie gern noch einmal an die fünf Prüfsteine, die ich Ihnen im Januar zur Aktuellen Debatte mitgegeben habe, zumindest an einen, um sich an Ihrer progressiven Energiepolitik messen zu lassen. Dieser eine war der Ausbau der erneuerbaren Energien. Hier hat die Regierung meines Erachtens vollkommen versagt. Dieser Punkt ist offenbar einer Art Klientelgeschacher zum Opfer gefallen. Sagen Sie mir jetzt nicht, dass Sie der geplanten Zuwendung für den Strukturwandel den Vorrang gegeben haben; denn diese ersetzt keine programmatische Neuausrichtung in der Energiewirtschaft.

Ich erinnere mich noch an die Forderung hier im Landtag, die vorhandenen Energieträger solle man ideologiefrei bewerten. Ich muss leider feststellen, dass die Staatsregierung nach wie vor einseitig die Kohleverstromung fördert, indem sie die Ergebnisse der Kohleausstiegskommission vorsätzlich fehlinterpretiert und die Erneuerbaren nicht beachtet. Wer also ideologisch hier vorgeht, ist die Staatsregierung, und diesen Vorwurf müssen Sie sich schon gefallen lassen.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Da aber die Lebenszeit dieser Regierung dem Ende entgegengeht und alle Parteien ihre Wahlprogramme

gerade schreiben, hoffe ich, dass die Wählerschaft tatsächlich registriert, wer sie an der Nase herumführt. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und in das Wahlprogramm der SPD für diese Legislaturperiode geschaut. Dort steht drin: Wir wollen die Energieversorgung in Sachsen umstellen. Bis zum Jahr 2030 soll die Hälfte der Energie aus erneuerbaren Energien kommen, bis zum Jahr 2050 soll sie vollständig ersetzt werden. Da war sie der CDU damals weit voraus. Deren Wahlversprechen und das Wissen, wo es langgeht, hat sich in der Absage der Fortschreibung des Energie- und Klimaprogramms letztendlich verlaufen.

Was glauben Sie eigentlich, Herr Dulig, können Sie den Bürgerinnen und Bürgern noch zumuten? Sie beerdigen hier tatsächlich in Gutsherrenart und aus Angst um Wählerstimmen einen bereits weit fortgeschrittenen öffentlichen Beteiligungsprozess zur Fortschreibung dieses Programms. Ihre Koalition hat die Glaubwürdigkeit verloren, wenn die selbst gesteckten Ziele das Papier nicht mehr wert sind, auf das sie geschrieben wurden.

Ich habe immer einmal Kleine Anfragen gestellt. Das wissen Sie. Da haben Sie mir irgendeinmal geantwortet, die absolute Neuigkeit in diesem Grün- und Weißbuchprozess sei das Konsultations- und Beteiligungsverfahren. Sie wollten ergebnisoffen arbeiten und dem Informations- und Beteiligungsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung tragen.

An diesem Prozess haben letztendlich 1 372 Personen in vier öffentlichen Veranstaltungen teilgenommen. Jeder im Hohen Haus mag darüber nachdenken, ob das ausreichend ist. Schlussendlich hat Sie das aber 70 000 Euro gekostet. Das ist nun alles für die Katz. Es wurde also Geld verschwendet, es wurde rausgeschmissen. Das ist schon schizophren, wenn man eine Bilanz Ihrer Arbeit nach fünf Jahren zieht.

Es freut mich daher, dass mich gestern ein Schreiben von zehn Verbänden und Initiativen aus dem Bereich erneuerbare Energien, Verkehr und Umwelt erreicht hat, die sich dahin gehend positionieren, dass wir den Klimaschutz und eine Energiewende auch in Sachsen brauchen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPD Herr Abg. Vieweg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will eines gleich vorwegnehmen: Ja, das Kabinett konnte sich nicht auf einen Eckpunktekompromiss zur Fortschreibung des Energie- und Klimaprogramms einigen. Ja, das ist schade. Ich sage aber auch: Es ist ehrlich, erst einmal auseinanderzugehen, ohne einen faulen Kompromiss zu schließen.

(Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Oder gar nicht regieren zu können!)

Auf unmotivierte und unambitionierte Energie- und Klimapolitik können wir in diesem Freistaat wahrlich verzichten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wir haben das gleiche Ziel. Wenn es darum geht, ein ambitioniertes Energie- und Klimaprogramm im Freistaat Sachsen auf den Weg zu bringen, haben wir im Ziel eine große Einigkeit. Die SPD-Fraktion in diesem Haus wird diese Forderung auch in der nächsten Legislaturperiode weiter vorantreiben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nun zur eigentlichen Frage, die in dieser Aktuellen Stunde im Raum steht: Wie sicher ist die Energieversorgung im Freistaat Sachsen? Diese Frage ist klar zu beantworten: Die Energieversorgung im Freistaat Sachsen ist gesichert.

Lieber Kollege Lippold, auch wenn Sachsen kein neues Energie- und Klimaprogramm hat, steht die Energiewende im Freistaat nicht still. Der von Ihnen hier vermittelte Eindruck ist einfach falsch. Sachsen ist nämlich keine Insel, ist nicht losgelöst von Berlin, ist nicht losgelöst von europäischer Gesetzgebung, nicht von internationalen Märkten.

Dazu zwei Anmerkungen. Das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 ist für uns auf der einen Seite die neue Richtschnur auch in der Energie- und Klimapolitik im Freistaat Sachsen. Auf der anderen Seite ist es der Kommissionsbericht „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“.

Die Welt hat sich weitergedreht. Für uns ist das jetzt die Richtschnur, an der wir Energie- und Klimapolitik in diesem Freistaat ausrichten, auch das Ausstiegsdatum aus der Kohle 2038. An dieser Stelle sage ich Ihnen ganz deutlich: Eine Aufweichung dieses Kompromisses, ganz egal, in welche Richtung, wird es mit uns als SPDFraktion nicht geben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Dr. Lippold, bitte.

Danke, Herr Kollege Vieweg.

Ich habe bisher immer gedacht, dass maßgeblich für den Ausbau der erneuerbaren Energien der Landesentwicklungsplan und dessen Durchgriff auf die Regionalpläne ist. Können Sie mir sagen, auf welche Art und Weise jetzt das Pariser Klimaschutzabkommen direkt auf den Ausbau erneuerbarer Energien in Sachsen wirkt und wie uns das weiterhelfen kann?

Ich kann versuchen, Ihnen einige Anregungen zu geben. Die Antworten kennen Sie alle selbst.

Wir reden nicht mehr nur über die reinen Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien, sondern über Sektoren. Wir berücksichtigen zukünftig in einem neuen Energie- und Klimaprogramm die Sektoren Verkehr und Mobilität genauso wie die Sektoren Wärme, Gebäude und eben den Stromsektor. Das heißt, wir müssen uns natürlich an das Pariser Klimaabkommen und an den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung halten.

Nun zu Ihrer Suggestion, die Energieversorgung im Freistaat Sachsen wäre nicht gesichert. Fakt ist: Die Versorgungssicherheit in Sachsen ist gestiegen. Wir liegen bei annähernd 100 %. Da geht es um Abweichungen von 0,05 %. Das ist nicht so, weil wir besonders viel Strom aus Braunkohlekraftwerken oder aus den erneuerbaren Energien Wind und Sonne hätten, sondern es ist der Netzausbau, es sind also die neuen Stromtrassen, die zu mehr Versorgungssicherheit führen. Für mich ist es erfreulich, dass es immer mehr Strom aus den sich erneuernden Energien von Wind, Sonne und Wasser gibt, weil die bekanntlich keine Rechnungen schicken.

(Lachen bei der AfD)

Vielleicht ist es Ihr Anliegen zu sagen, dass wir die Energiewende nicht anderen überlassen dürfen. Da würde ich mir wünschen, dass wir alle erst einmal zur Kenntnis nehmen, dass es in Sachsen Menschen gibt, die in den letzten 25 Jahren eine ganze Industrie aufgebaut haben, nämlich die im Bereich der erneuerbaren Energien. Über 15 000 Menschen arbeiten hier. Ich würde mir wünschen, dass wir über diese Menschen sprechen.

Diese Menschen sagen uns: Kümmert euch um uns! Wir haben eine Industrie aufgebaut. Wir sorgen für Arbeitsplätze, für Wertschöpfung und Wohlstand in diesem Land.

(Jörg Urban, AfD: SolarWorld!)