Protocol of the Session on March 13, 2019

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Und nun Frau Abg. Kersten. Bitte sehr, Frau Kersten.

Vielen Dank. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Trotz mehrerer Debatten zum Thema „Endlich schnelles Internet für alle“ müssen wir konstatieren, dass Sachsen in diesem Bereich kaum vorangekommen ist. Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung und auch Sachsens, bis 2018 flächendeckend ein schnelles Netz zu ermöglichen, musste gecancelt werden. Von Sachsen wurde dieses Ziel mal schlappe sieben Jahre nach hinten verlegt, bis 2025. Ich befürchte, dass sich der Breitbandausbau zur Zwil

lingsschwester des Flughafenprojektes Berlin-Brandenburg entwickeln wird.

Dazu wiederholt ein Blick auf meinen Heimatlandkreis Mittelsachsen. Hier fand Mitte Februar die zweite Regionalkonferenz Breitband statt. Obwohl gleich zu Beginn der Veranstaltung vom Breitbandkompetenzzentrum

dargestellt wurde, dass Mittelsachsen bei einer Versorgung mit Internetgeschwindigkeiten von mehr als 50 Mbit pro Sekunde sachsenweit auf dem letzten Platz liegt, wurde verkündet, der Landkreis befände sich auf einem guten Weg. Der sieht konkret so aus: Seit 2016, also seit über drei Jahren, stellen die Kommunen haufenweise Förderanträge, bezahlen Planungsleistungen und externe Berater, führen wiederholt Markterkundungen durch und nehmen Kredite zur Vorfinanzierung auf. Dennoch wurde seitdem nicht ein einziger Meter Glasfaser in Mittelsachsen verlegt. Das heißt, dass nicht ein einziges Ausbauprojekt begonnen hat.

Jetzt, sehr geehrte Damen und Herren, liegt dieser Antrag auf dem Tisch. Ich frage Sie, sehr geehrte Fraktion der LINKEN: Glauben Sie ernsthaft, dass mit Ihrem Antrag irgendein Haushalt, irgendein Unternehmen, irgendeine Verwaltung, Schule oder anderweitige öffentliche Einrichtung schneller an einen Glasfaseranschluss kommt?

Schauen wir uns dazu Punkt 1 Ihres Antrags an. Sie fordern einen individuellen Rechtsanspruch auf die Versorgung mit schnellem Internet. Was bedeutet das konkret? Das ist ein von jedermann gegen den Staat einklagbarer materiell-rechtlicher Anspruch. Mit Blick auf die aktuelle Erschließungsquote bedeutet das nichts anderes als eine Klageflut. Was würde dabei herauskommen? Nichts, was mit schnellem Internet zu tun hätte, allenfalls ein Entschädigungsanspruch gegen den Staat. Dies wird wovon bezahlt? Natürlich aus Steuergeldern, also von den Bürgern dieses Landes.

Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Politisches Handeln darf in erster Linie keine Juristerei sein, sondern – und die Juristen in diesem Hohen Haus mögen mir das verzeihen – politisches Handeln muss zuallererst Handeln mit gesundem Menschenverstand sein.

Damit bin ich auch schon bei der Forderung nach ungehindertem Zugang zu schnellem Internet für jedermann. Wenn ich das zu Ende denke, bedeutet das nichts anderes, als dass der Staat jedermann einen lokalen Computer oder gar ein mobiles Endgerät zur Verfügung stellen muss. Erst mit diesen Geräten ist ein ungehinderter Zugang zum Internet überhaupt möglich. Mit gesundem Menschenverstand hat das nichts zu tun.

(Heiterkeit des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Ihrer Forderung nach einer nationalen Roamingpflicht können wir uns allerdings anschließen. Auch wenn die Sorgen von Unternehmen, dass eine solche Roamingpflicht einen Eingriff in die Marktwirtschaft bedeutet, nicht vom Tisch zu wischen sind, so machen uns doch andere Länder vor, dass es funktioniert. Wir erwarten aber auch, dass die Telekommunikationsunternehmen selbst

erkennen, wie wichtig es ist, dass ihren Kunden flächendeckend – das heißt immer – ein Netz zur Verfügung steht und es ein Marktvorteil ist, diese Flächendeckung anbieten zu können.

Zu Punkt 2: Die Bundesratsinitiative von MecklenburgVorpommern können wir vergessen. Das ist Larifari. Wenn wir lesen: „Der Bundesrat stellt fest …“, „Der Bundesrat fordert auf zu prüfen …“ oder „Der Bundesrat erwartet …“, dann weiß man ganz genau, dass dabei nichts Handfestes herauskommt. Diese Initiative ist etwas für Nichtentscheider und Bedenkenträger. Der braucht Sachsen nicht zuzustimmen.

Zu Punkt 3 werden wir uns enthalten, sofern eine Fraktion hier punktweise Abstimmung beantragt. Einerseits korrespondiert diese Forderung mit der von uns Blauen seit Langem aufgemachten Forderung, dass der Freistaat die Gesamtverantwortung für den Breitbandausbau übernimmt, andererseits lehnen wir eine dafür zu schaffende Landesgesellschaft, also eine weitere kostenintensive Verwaltungsstruktur, ab.

Darüber hinaus bleibt festzustellen, dass der Freistaat die Kommunen bei deren Förderprojekten bereits unterstützt – Stichwort: Breitbandkompetenzzentrum – und, obwohl nichts dabei herauskommt, mithin diese Forderung als erfüllt angesehen werden kann. Einmal mehr stellt sich uns in diesem Zusammenhang die Frage, warum von allen Ministerien gerade das Wirtschaftsministerium an die SPD gegeben wurde.

(Heiterkeit bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Schlussendlich appelliere ich an alle Entscheidungsträger – sowohl die politischen als auch die in den Telekommunikationsunternehmen: Der flächendeckende Ausbau von schnellem Internet – und damit meine ich mit mehr als 100 Mbit pro Sekunde – muss endlich zur Chefsache gemacht werden, und das jenseits von Bürokratismus, angeblichen förderschädlichen Kriterien oder des Hin- und Herschiebens von Verantwortlichkeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weiteren Redebedarf? – Herr Brünler, bitte sehr. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Kollege Rohwer, es ist schön, dass Sie sich über die Fortschritte im Digitalisierungsindex freuen. Ich freue mich auch darüber. Ich denke, der Staatsminister wird sich ebenfalls darüber freuen. Er wird es uns danach auch noch blumig schildern.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist eine Freude hier!)

Ja, Freude an allen Orten. Es ist auch in Ordnung, dass man sich über Fortschritte freut. Aber wenn man sich den Index einmal in Ruhe anschaut, dann sagt er leider nichts über den Ausbauzustand der Infrastruktur und über die Zukunftsfähigkeit der Infrastruktur aus. Das muss man sich tatsächlich dann näher anschauen.

(Staatsminister Martin Dulig: Dann müssen Sie sich mal den Index anschauen!)

Sie brauchen nur mit den Menschen im Land zu reden, die etwas ganz anderes erleben, Herr Minister.

(Staatsminister Martin Dulig: Jetzt drehen Sie es doch!)

Nein, nicht „Jetzt drehen Sie es doch“. Reden Sie doch einfach einmal mit den Leuten.

(Zuruf des Staatsministers Martin Dulig)

Genau, genau! – Ja, Kollege Rohwer hat sich auch noch Fragen nach der Infrastrukturgesellschaft gestellt und dann Thüringen angeführt. Ich weiß nicht, ob ich Sie jetzt erfreue oder enttäusche: Auch für uns besteht die Welt nicht nur aus Thüringen. Sie können auch gern nach Bayern schauen, oder – wir betonen immer die Bedeutung von Partnerschaften mit anderen Regionen, so auch mit Niederösterreich – schauen Sie doch einmal nach Niederösterreich. Es lohnt sich in diesem Fall, einmal einen genaueren Blick darauf zu werfen bzw. den Gedankenaustausch mit dieser Region in diesem Punkt gezielt zu vertiefen; denn Niederösterreich macht uns vor, wie eine solche Landesgesellschaft aussehen kann, und das nicht nur vollkommen konform zu den EU-Beihilfe- und -Wettbewerbsregelungen, Kollege Mann – da kann ich Sie beruhigen –, sondern sogar noch von der EU als mustergültig mit den European Broadband Award ausgezeichnet.

Die NÖ Glasfaserinfrastrukturgesellschaft – so heißt diese Landesgesellschaft – errichtet öffentliche Infrastruktur in Regionen, wo andere Anbieter kein Glasfasernetz bis zum Haushalt bauen. Dabei kommt es nicht auf die Schließung von Wirtschaftlichkeitslücken an, sondern es werden leistungsfähige Breitbandanschlüsse vor allem auch in ländlichen Regionen bereitgestellt, und davon hat Niederösterreich außerhalb des Wiener Speckgürtels viele. Die gebaute Infrastruktur verbleibt, ähnlich wie Straßen- und Wassernetze, im öffentlichen Eigentum, wird jedoch an Dritte vermietet, die den eigentlichen Netzzugang gegenüber Endkunden bereitstellen. Die öffentlichen Mittel fließen somit nicht als verlorene Zuschüsse an internationale Mobilfunkkonzerne, sondern mehren das öffentliche Vermögen, wobei die nöGIG ihrerseits Umsätze in Form von Pachtgebühren erwirtschaftet. Dadurch erhält die ganze Sache noch eine zusätzliche Dynamik.

Es lohnt sich in der Tat, darüber nachzudenken. Es geht auch nicht darum, das Aktuelle schlechtzureden, sondern es geht darum, sich die Frage zu stellen, wie es weitergeht. Sind wir auf die vor uns stehenden Herausforderungen vorbereitet oder nicht? Sich dann einfach hinzustellen und zu sagen, wir haben doch in den letzten Jahren

Fortschritte gemacht, das wird uns leider so nicht über den Berg helfen. Deshalb möchte ich Sie noch einmal auffordern: Stimmen Sie unserem Antrag zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die zweite Runde ist eröffnet. Gibt es weiteren Redebedarf? – Herr Rohwer? – Nein. Herr Mann? – Bitte, Sie haben das Wort.

Ja, wenn es der Antrag nicht ist, dann ist vielleicht die Debatte ein Fortschritt für uns alle. Ich möchte kurz auf einen Teil der Kritik antworten. Bei der AfD habe ich das Gefühl – Herr Urban, erlauben Sie es mir –, dass Sie sich bei all Ihrer Geste sehr in der Generalkritik gefallen. Es geht aber nicht darum zu kritisieren, sondern darum, Vorschläge zu machen, wie man es verbessern kann. Mir ist keine AfD-regierte Kommune in Deutschland bekannt, in der MicroTrenching-Verfahren dazu geführt hätten, dass wir eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das wird auch zukünftig nicht der Fall sein. Deswegen können Sie ja weiter ins Plenum ziehen und die Geste üben, aber das hilft keinem Sachsen.

(Heiterkeit bei der AfD)

Zu den GRÜNEN möchte ich in aller Kürze sagen: Ja, auch wir sind aus Landessicht nicht so glücklich, wie die Regulierung bei der Lizenzvergabe gelaufen ist. Auch da gibt es andere Überlegungen, andere Vergabemodelle. Nichtsdestotrotz muss man sagen: Im Zweifelsfall muss man irgendwann einmal eine Mehrheitsentscheidung treffen. Wie wir jetzt sehen, ist die einstweilige Verfügung der drei großen Mobilfunkunternehmen, um einen weiteren vierten Player aus dem Markt zu halten, am Ende auch kein Garant dafür, dass es schneller vorangeht. Das liegt aber nicht an der Politik, sondern an der Rolle der Wirtschaft, die sie in diesem speziellen Sektor hat. Deswegen glaube ich: Wir können uns vieles wünschen, aber ich bin mir nicht so sicher, ob es das ideale Modell der Regulierung sowohl bei der Vergabe von Lizenzen als auch beim Ausbau gibt.

Zu guter Letzt noch ein Hinweis an Herrn Brünler: Ich glaube nicht, dass wir Tausende oder gar Hunderttausende von Funkmasten brauchen, um 5G zu realisieren, weil wir genau daran in Sachsen – nicht zuletzt hier in Dresden – forschen. Die Funkmasten, die kabelgebunden angeschlossen werden, müssen nicht in so geringen Reichweiten vorhanden sein, sondern mindestens drei, vielleicht auch fünf oder acht Kilometer entfernt voneinander.

(Zuruf des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Das ist eine Variable, die von Topografie, Funkfrequenzen und auch von Leistung abhängig ist. Wenn man sich die

technischen Grundlagen dafür vor Augen führt, versteht man auch, dass diese Technologie schlicht noch nicht ausgereift ist. Deshalb kann sich hier jeder in den Raum stellen und fordern, dass wir übermorgen 5G brauchen. Aber an der Stelle brauchen wir erst einmal Grundlagenforschung und entsprechende Standards und Technologie.

Was wir heute schaffen können, ist der Breitbandanschluss. Dabei sind wir wirklich auf einem guten Weg. Deshalb möchte ich mit ein paar Zitaten von Herrn Brünler aus den letzten zweieinhalb Jahren schließen, die zeigen, dass es auch hier einen Fortschritt gegeben hat. In der Aktuellen Debatte zu einem ähnlichen Thema vom 22. Juni 2016 sagten Sie noch: „Wir haben nun Gott sei Dank endlich eine Digitalisierungsstrategie. Das muss man dem Minister zugute halten; das unterscheidet ihn von der Vorgängerregierung. Aber wirklich aufgeholt haben wir bisher noch nicht.“

Wir haben es vorhin bereits gehört: Inzwischen haben wir 25 % aufgeholt.

In derselben Debatte sagten Sie noch, dass der damalige Ansatz „Technologieneutralität einseitige Förderung von Vectoring“ heißt.

Was haben wir heute? Eine ganz eindeutige Priorität auf Glasfaser. Sie sagten vor noch nicht einmal einem Jahr: „Gott sei Dank gibt es die Sozialdemokratie. Deshalb gibt es bald Breitband.“ – Also ein Erkenntnisfortschritt, dem ich nicht widersprechen will.

(Zuruf des Abg. Nico Brünler, DIE LINKE – Zurufe von den LINKEN)